Twenty eight
"Lebenslängliches Hausverbot!", donnerte uns der dürre Mann mit italienischen Akzent entgegen, dessen Haare ruhig mal eine Nachfärbung und einen ordentlicheren Schnitt benötigen könnten, während sein langer krummer Finger zuerst schimpfend auf uns, dann auf den Ausgang zeigte.
Das Lachen blieb Cole und mir in der Kehle stecken. Wir verstummten schlagartig. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, uns unbemerkt in die Küche des Restaurants hineinzuschleichen, zumal uns der Film Ratatouille hierfür bewegt und motiviert hatte.
Den Adrenalinkick spürte ich immer noch, mein Herz hämmerte gegen meine Brust und ich erwiderte Coles Blick, der mich sekundenlang aus seinen grauen Augen panisch anschaute. "Ihr beide habt hier nichts mehr zu suchen! Ich will euch nicht noch einmal sehen. Arrivederci!"
Grob schubste er uns nach draußen. Natürlich hatte dieser Tumult auch die Aufmerksamkeit der anderen Gäste geweckt. Ich fühlte mich furchtbar beobachtet. "Tja, da werfen Sie aber die Falschen heraus, denn mein Vater ist ein angesehener Restaurantkritiker! Null Sterne für Sie!"
Ohne sich von meinen überheblichen und gelogenen Worten beirren zu lassen, knallte der strenge Mann die breite Holztür hinter uns zu. Sie knarzte währenddessen. Danach wurde es still. Cole und ich starrten uns lediglich an, bis wir wieder in schallendes Gelächter ausbrachen.
"Hast du seinen Blick gesehen, als er uns dabei erwischt hat, wie wir seine Eiscreme essen?", entfuhr es ihm, worauf ich grinsend nickte, weil ich im Moment keineswegs in der Lage war zu sprechen. Ich fächelte mir mit beiden Händen Luft zu, um mich wieder einkriegen zu können.
"Ich muss schon sagen, von zwei Läden herausgeschmissen zu werden und in einmal Lokal Hausverbot erteilt zu bekommen, ist zwar an einem ersten Date ungewöhnlich, aber damit lässt es sich definitiv leben", äußerte ich anschließend, was Cole mit einem Schmunzeln quittierte.
Eigentlich wollte er mich zuerst in ein schönes, edel aussehendes Restaurant ausführen, doch schnell hatten wir festgestellt, dass das nicht zu uns passte. So verließen wir den Ort wieder, ohne überhaupt die Bestellung aufgeben zu haben. Danach taten wir nur noch das, wonach uns war.
Wir waren längst nicht mehr in Greenwich. Wo genau wir uns befanden, wusste ich nicht, denn irgendwann hatte ich den Durchblick verloren. Das war aber kein Problem. Es war nur umso aufregender, ahnungslos herumzuschlendern und die nächste Verrücktheit zu begehen.
"Wie wäre es, wenn wir nochmal die U-Bahn unsicher machen und danach an irgendeiner beliebigen Station aussteigen", schlug mein Freund gut gelaunt vor, nachdem wir wieder unsere Finger miteinander verschränkt hatten und nun weiter die lange Straße entlang liefen.
Mein Grinsen wurde breiter, als mir unsere vorherige Fahrt in den Sinn kam. "Diesmal sollten wir uns aber lieber Fahrkarten kaufen", gab ich zu Bedenken. "Ich glaube, einen weiteren Streit, weil du während meiner Geschäftsreise mit meiner Schwester geschlafen hast, halte ich nicht aus."
Schwarzfahren war ja ganz witzig, bis jedoch der Kontrolleur kam und wir uns schnellstens etwas einfallen lassen mussten, um bei der Fahrkartenkontrolle nicht erwischt zu werden. Dadurch, dass wir uns gezankt hatten, traute sich der Mann nicht, uns näher zu kommen.
"Celia, deine Ohrfeige fühlt sich immer noch erschreckend präsent an", murmelte Cole und rieb sich kurz diese Stelle. Sofort gab ich einen mitleidigen Laut von mir, derweil ich meine Hand an seine Wange legte. "Tut mir leid, Liebling. Das war rein impulsiv gehandelt gewesen."
Einen Moment lang hatte es nämlich den Anschein gemacht, als ob der Kerl doch den Mumm dazu besaß, seinen Job zu erledigen, weswegen ich Cole vor lauter Panik eine gescheuert hatte. Und das nicht gerade unsanft. Dennoch zahlte es sich aus und wir wurden nicht kontrolliert.
"Echt krass aber, wie sich niemand einmischen wollte. Nicht mal der Kontrolleur hat sich dafür getraut", fiel ihm ein, wozu ich ihm lachend zustimmen konnte. "Viel mehr kam es mir so vor, als hätten uns die Leute dort sogar gespannt belauscht, weil der Konflikt zu interessant war."
Ich gab ja zu, der Streitpunkt war nicht besonders kreativ gewesen. Der Partner, der mit der Schwester seiner Partnerin fremdgegangen war. Es war für Cole und mich nicht einmal ansatzweise realitätsnah, aber leider war mir auf die Schnelle nichts besseres eingefallen.
Die Außenstehenden zeigten dieselbe Reaktion wie bei einem Unfall. Unser inszenierter Streit hatte denselben Effekt. Man sollte nicht hinsehen, dennoch konnte man diesem Drang nicht widerstehen. "Wir sind nun mal verdammt gut darin, uns zu streiten. Klar, dass sie starren."
Er bejahte lachend und ich fand es ein wenig absurd, wie wir etwas derartig Negatives in unserer Beziehung als etwas Positives darstellten. Und trotzdem hatte genau dieser Aspekt, nämlich unsere Streitlust, uns vor dem eigentlichen Resultat gerettet und dieses wäre echt teuer gewesen.
Wir kauften beim Automaten die nötigen Fahrtickets und stiegen wenige Minuten später in die U-Bahn ein. Zu unserer Überraschung fanden wir diesen Bereich leer vor. Zumindest auf dem ersten Blick. Beim genauen Hinsehen entdeckten wir einen alten Senioren, der eine Zeitung las.
Er hatte sich tief in die Ecke verfrachtet und versteckte förmlich das Gesicht hinter dem beschrifteten Papier, alles andere schien er gar nicht wahrzunehmen. Wir beachteten ihn nicht all zu lange, sondern fanden schnell unseren eigenen Platz. Cole saß lieber, während ich stand.
Durch ein Zufallsprinzip einigten wir uns darauf, die nächsten fünf Stationen durchzufahren, bis wir tatsächlich aussteigen würden. Das war völlig in Ordnung, denn irgendwie wollte ich auch so weit wie möglich von Zuhause sein. Neue Orte sehen. Abwechslung spüren. Und genießen.
Mir war nach Tätigkeiten, die risikohaft genug waren, somit man sie nicht in der Öffentlichkeit ausführen sollte. Oh, ich war eine Meisterin darin, Gesellschaftsregeln zu brechen und konnte dabei trotzdem den Anstand bewahren. Ich kannte meine Grenzen. Und auch Coles Grenzen.
Wissend, dass ich seine sicherlich gleich überschreiten würde, nahm ich seinen Blick auf, der mich bis ins Innerste wärmte. Kostete ihn aus, ließ mich von ihm ermutigen. Ich lagerte mein ganzes Gewicht auf ein Bein, indem ich mich seitlich gegen die gelbe Haltestange anlehnte.
Ich erwiderte das Lächeln, während sich meine Finger in den weichen Stoff meines Schals bohrten. Mit einer anzüglichen Bewegung befreite ich mich davon, nur um es daraufhin ihm zuzuwerfen. Perplex fing er diesen auf und beobachte bedacht meine nächsten Bewegungen.
Lasziv glitt ich zur nächsten Stange herüber, dicht gefolgt von seinen grauen Augen, die unablässig meinen gesamten Körper musterten. Ein Schmunzeln zupfte an seinen Mundwinkeln, als ich dasselbe mit meinem Mantel unternahm und diesen ebenfalls auszog.
An der jetzigen Stange war ich ihm näher, direkt vor ihm. Cole schien noch immer nicht ganz mein Vorhaben begriffen zu haben, denn statt mich warnend anzusehen, wie er es normalerweise tun würde, lehnte er sich gemütlich zurück und genoss meinen Anblick, den ich ihm gerne anbot.
Angetrieben von der reizvollen Tatsache, dass wir nicht alleine waren, schmiss ich schwungvoll meinen Mantel zu meinem Freund, der diesmal das Kleidungsstück geschickter ergriff. Ich fühlte mich befreiter, couragiert und wirklich in Stimmung für eine minimal verbotene und kurze Show.
Elegant rutschte ich dicht mit dem Rücken an der Stange in die Knie, derweil der erste Knopf meiner Bluse geöffnet wurde. Cole schluckte sichtlich, womit er mir ein Grinsen entlockte, das ich jedoch mit einem verführerischen Biss auf meine Unterlippe zu unterdrücken versuchte.
Offensichtlich konnte er sich nicht zwischen meiner Brust, die immer mehr den spitzen Stoff meiner Unterwäsche preisgab, und meinen rot angemalten Lippen entscheiden, denn seine Augen hüpften hoch und runter, bis er schließlich bei meinen innehielt. Das war sein Moment der bittersüßen Schwäche.
Mir wurde plötzlich ganz heiß, die Aufregung legte sich wie ein Schleier über mich und ich spürte das Adrenalin in meinen Adern rauschen. Ich war zwar diejenige, die ihn provozierte, aber seine Reaktion, die mich regelrecht begehrenswert fühlen ließ, ging nicht spurlos an mir vorbei.
Geschmeidig zog ich mich wieder hinauf, kreiste neckisch meine Hüften, als sich auf einmal der alte Mann räusperte. Er bemerkte uns nicht, aber traf dennoch Cole mit der Erkenntnis, dass er die stille Anwesenheit dieses Fahrgastes vollkommen ausgeblendet und vergessen hatte.
Sein Gesicht nahm automatisch einen panischen Ausdruck an, er dachte ab sofort nur noch rational nach und versuchte mich mit stummen Gesten und Worten zu stoppen, aber keine Chance. Erst jetzt hatte der ganze Spaß angefangen. Ich testete seine Grenzen aus, tanzte langsam und taktvoll.
Bekanntlich legte Cole verdammt viel Wert darauf, in der Öffentlichkeit nicht negativ aufzufallen, daher kam auch seine pure Verzweiflung. Oder er fürchtete sich davor, letztlich meinen halbnackten Körper mit anderen Blicken teilen zu müssen, doch so grausam würde ich natürlich nicht sein.
Ich ergötzte mich regelrecht daran, während ich beschloss, es ihm einfacher zu machen, dadurch dass ich seiner Qual, mich nicht berühren zu können, ein Ende bereitete. Unter meinen Händen spürte ich seine breiten Schultern, sah ihm fest in die Augen und setzte mich auf seinen Schoß.
Wieder schluckte er, diesmal wegen der einladenden Sicht auf meinen Ausschnitt, was selbstverständlich nur ihm gegönnt war. "Du bist ganz angespannt, mi amor", hauchte ich neckisch. "Gefällt dir etwa nicht, was du siehst?" Ich könnte schwören, dass er verlegen wurde.
Coles Stimme klang eine Spur tiefer und rau, als er gedämpft zu Sprechen ansetzte. "Es würde mir mehr gefallen, wenn sich das hinter geschlossenen Türen abspielen würde", erklärte er, merklich sich am Riemen reißend, um ja keiner unanständigen Versuchung zu kommen.
Trotzdem entnahm er sich es nicht, meine Seiten entlang zu fahren, bis er anfing, selbst die vier Knöpfe meiner Bluse an ihrem vorherigen Platz zu verschließen. Ich kicherte leise und beugte mich anschließend vor, um an der freien Stelle seines Halses einen federleichten Kuss zu platzieren.
Mein Freund nahm den Seidenschal, legte diesen mir an, bevor er mir auch in meinen Mantel hineinhalf, somit ich ganz nach seinem momentanen Geschmack sogfältig angezogen war. Ich grinste ihm entgegen, weil ich es als lustig empfand, wie sich diese Situation ergeben hatte.
Cole küsste mich auf die Nasenspitze. "Mach das nie wieder, Celia", flüsterte er. "Nur der Gedanke, dass dich jemand anderes auf dieser Weise sehen könnte, treibt mich in den Wahnsinn. Ich werde eifersüchtig." Ich genoss es viel zu sehr, dass er das auch offen zugab.
"Mhm, daran habe ich sowieso keinerlei Interesse. Alles von mir ist schließlich dir versprochen", versicherte ich ihm ehrlich. Vorsichtig strich ich ihm liebevoll die schwarze Strähne aus der Stirn, erkannte dabei, wie glücklich er von jetzt auf gleich über meine Worte schien. Wie wundervoll.
Die Bahntür öffnete sich nun zum vierten Mal, es grenzte bereits an einem Wunder, dass auch diesmal kein neuer Fahrgast einstieg, doch Cole benutzte diesen Halt um auszusteigen. Ich fragte nicht nach, warum wir nicht bis zu der abgemachten Station fuhren. Ich folgte ihm nur.
"Ich fürchte, dass der Mann vielleicht doch von deiner kleinen Show Wind bekommen hat, weswegen ich nicht länger in der U-Bahn sitzen wollte", klärte er mich nach wenigen Sekunden, als wir wieder an die Oberfläche gelangten, auf und brachte mich mit dieser Erklärung zum Lachen.
"Oh, ich bitte dich!", entfuhr es mir belustigt. "Der fremde Herr hat nicht einmal die Zeitung vor seiner Nase lesen können. Wie soll er da schon erkennen, was ich in fünf Meter Entfernung tue?" Cole schnaubte. "Unterschätze bitte niemals das Sehvermögen älterer Menschen. Vertrau mir."
Glasklar deutete er auf seine Großmutter an. "Wenn es um Nana Rose geht..." Ich griff nach seiner warmen Hand, während er mir antwortete. "Diese Frau sieht trotz ihres Alters wie ein Adler und scheint einen sechsten Sinn für meine Angelegenheiten zu haben, die sie nichts angehen."
"Und nicht zu vergessen, dass sie immer noch fit darin ist, dir hinterher zu rennen." Genau aus diesen Gründen gab es für mich die Senioren und Nana Rose. Cole sollte sich glücklich schätzen, dass sich seine Abuela stets um ihn kümmerte. Leider besaß nicht jeder dieses Privileg.
"Genug von meiner coolen Großmutter", meinte Cole, ehe er nach seiner Zigarettenpackung forderte, die in meiner Tasche verstaut war. Ich runzelte die Stirn. "Wieso?" Er seufzte. "Du hast mich gestresst. Ich muss wieder runter kommen." Oh, dann musste die Panik echt gewesen sein.
Ich tastete widerwillig nach der Schachtel und übergab sie ihm. Nach einer Zeit bemerkte ich, dass er ein typischer Stressraucher war, doch seit wir zusammen waren, hatte er sich von dieser Angewohnheit entfremdet, da ich ihm anscheinend in solch einem Fall genauso helfen würde.
"Guck mich nicht so an", tadelte er, als er meinen missbilligen Gesichtsausdruck registrierte. "Du bist überhaupt Schuld daran, dass mein Stressfaktor ganz oben stand." Ich bereute nichts. Ich verspürte sogar Wiederholungsbedarf, aber besser war es, wenn ich das für mich behielt.
Cole nahm eine der Zigaretten in den Mund, streckte anschließend auffordernd die Hand aus, wobei ich nicht sofort verstand, was er dieses Mal von mir verlangte. "Was denn noch?", entfuhr es mir patzig. "Feuerzeug, Celia." Oh. Peinlich berührt kramte ich erneut in meiner Tasche.
Er hielt sie zwischen Zeigefinger und Mittelfinger, bevor er die leuchtende Flamme an die Spitze des Krebserzeugers hielt. Mit der anderen Hand schützte er geübt die Flamme. Der konzentrierte Ausdruck, der bei dem ersten Zug in den entspannten Modus wechselte, war ungemein sexy.
Diese kurzen Sekunden, in denen ich heimlich schmachtend starrte, waren der einzige Augenblick, in dem ich nichts gegen sein Rauchen hatte. Ich zeigte bei meinen nächsten Worten keinerlei Scheu. "Ich will nicht, dass du rauchst." Cole grinste verschmitzt. "Morgen höre ich auf."
Diesen Satz vernahm ich gewiss nicht zum ersten Mal. Daher schaute ich ihn auch unbeeindruckt an. "Cole, das kann nicht deine Rechtfertigung für alles sein. Sie ist komplett gelogen." Er nickte bestätigend. "Schön, dass du aufpasst." Dieser Mistkerl ging nicht mal auf diese Diskussion ein.
Aber schön, mir war durchaus klar, dass er sich hierbei gut unter Kontrolle hatte, weswegen ich ihn jetzt damit in Frieden lassen würde. Große Sorgen brauchte ich mir bei ihm ohnehin nicht zu machen, denn er würde seiner Gesundheit niemals ernsthaft schaden wollen. So war er nicht.
"Was wollen wir nun tun?", erkundigte ich mich mit neuer Motivation und musste wohl begonnen haben, über das ganze Gesicht zu strahlen. Cole überlegte bei seiner Antwort nicht lange. "Etwas zu Essen wäre nicht schlecht. Lust ein Restaurant oder einen Imbiss zu besuchen?"
Essen klang richtig, jedoch war mir nicht danach, sich üblicherweise anständig an einen Tisch zu setzen und das Menü des Tages zu bestellen. Ich schaute mich kurz um und entdeckte ein informierendes Plakat, worauf stand, dass in 200 Metern ein Supermarkt aufzufinden war.
So entschieden wir, dass wir dort unser Essen zusammensuchen würden. Der Weg verlief mit ein paar schlechten Witzen, die ich stolz Cole erzählte und dementsprechende irritierte Blicke, dicht gefolgt von seinen frechen Witzen, die er über meine riss, bis das Geschäft sichtbar wurde.
Ich verlangte extra nach dem Einkaufswagen, da ich Pläne hatte, wie dieser Kurzeinkauf ablaufen sollte. Cole guckte mich mit zweifelhafter Miene an, als ich blindlings in den Wagen gestiegen und mich in den Schneidersitz positioniert hatte, aber äußerte nichts dazu.
"Was möchtest du essen?", fragte er, worauf mir die Idee kam, auch das dem Zufall entscheiden zu lassen. Schließlich basierte unser ganzes Date auf diesem Prinzip. "Ich weiß, wie wir das machen! Ich schließe meine Augen und strecke den Arm aus, während du mich schiebst."
"Dann sagst du Stop und das, worauf dein Finger zeigt, wird sofort gekauft", beendete er meinen Gedankengang und schien sogar zufrieden mit dieser Herangehensweise. "Klingt nach Spaß." Ich wusste doch, dass das Cole gefallen würde. Der Kerl besaß nun mal die Neigung für Unsinn.
Irgendwie hatten wir uns darauf telepathisch geeinigt, ohne Worte zu verwenden, dass wir den Fokus auf ungesundes Zeug legten, denn binnen von Minuten hatten wir Kekse, Cracker und Lachgummis in den Wagen geschmissen. Das Zufallsprinzip taugte sogar besser als erwartet.
Wie amüsant es auch wurde, innerlich betete ich, dass uns die Mitarbeiter dieses Supermarkts nicht auch noch hinausschmissen und Hausverbot erteilten, als mein Freund das Tempo nach Lust und Laune beschleunigte, sich dranhing und den Einkaufswagen ausrollen ließ.
Cole war der Ansicht, dass wir in der Brotabteilung etwas heraussuchen mussten, das sich sowohl als gesund als auch sättigend erwiesen würde, da er wohl das vernünftige Denken dennoch nicht gänzlich ausschalten konnte. Das war zwar enttäuschend, aber akzeptabel.
"Komm, hier schummeln wir einfach und nehmen uns Butterhörnchen mit", meinte dieser und packte zwei der besagten Brötchen in eine Papiertüte. Nachdem er mir die Tüte überreichte, hielt er kurz inne, bis er mein leicht verrutschtes Haarband wieder an die richtige Stelle rückte.
Mir wurde bei dieser einzigen simplen Geste sofort warm ums Herz. Er wusste genau, wie sehr ich es hasste, wenn das Haarschmuck nicht so saß, wie ich es haben wollte. Dankbar erwiderte ich sein Lächeln. "Ich glaube, es fehlt nur noch das Trinken", sagte Cole und ich nickte bejahend.
Ohne irgendwelche Aktionen, die eventuell unseren Rausschmiss fördern könnten, machten wir uns auf den Weg in die Getränkeabteilung. Cole stoppte inmitten abrupt, da etwas Bestimmtes unsere Aufmerksamkeit gleichzeitig erregte. Zweifellos schauten wir beide in dieselbe Richtung.
"Cole, denkst du das, woran ich auch denke?", fragte ich nach Sekunden der Stille langsam nach, ohne den Blick von diesem Meisterstück abzuwenden. Derartig Schönes hatte ich wirklich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. "Oh scheiße, ja!", entfuhr es ihm. "Tun wir es, Celia!"
Ich wusste nicht, was in den letzten Minuten sonst noch geschehen war, weil ich nur noch an eines denken konnte, aber nun saßen wir auf einer Tischtennisplatte eines großen Spielplatzes. Dieser verdammte Schokoladenkuchen war bisher das Highlight unseres gesamten Dates.
"Jetzt mach schon hinne!", spornte ich meinen Freund an, da sich dieser Mistkerl viel Zeit dabei ließ, mir eine doofe Plastikgabel zu geben. Zudem erlaubte er mir nicht, den Kuchen anzufassen, wodurch ich umso sehnsuchtsvoller wurde. "Geduld, Kleeblatt", mahnte er mich auch noch.
Es tat mir in den Augen weh, Zeuge seiner Inkompetenz zu werden. Seufzend und grob entwand ich ihm die Packung, da Cole es zwar versuchte, aber kläglich an seinem Tun scheiterte. "Was verstehst du unter geduldig bleiben nicht?", entkam es ihm entrüstest. Ich riss die Packung auf.
Während ich seinen Job erledigte, indem ich uns jeweils Plastikbesteck herausholte, setzte ich einer Erwiderung an. "Tja, wärst du einen Ticken schneller, wäre ich geduldiger gewesen." Er schnappte sich grimmig die Gabel. "Du bist doof." Ich schmunzelte über seine Anmerkung.
Unsere unseriösen Differenzen wurden auf der Stelle Geschichte, als die Schönheit in ihrer vollen Pracht vor uns lag. "Auf diesen Moment habe ich so lange gewartet, ohne dass es mir überhaupt bewusst war", murmelte Cole. Ich nickte, obwohl seine Worte wenig Sinn ergaben.
Er wollte den Kuchen in die Hälfte schneiden, um uns somit das Essen zu verleichtern. Instinktiv hatte ich meine Finger um sein Handrücken gelegt, wodurch wir gemeinsam den Messerschnitt durchführten. Der Anblick, wie der Kuchen im Innern ausschaute, war abgefahren himmlisch.
Abwechselnd zählten wir bis zur Zahl drei, als uns endlich der erste Bissen gegönnt war. Wir stöhnten beide genussvoll auf. Ich kostete den süßen Geschmack in vollen Zügen aus, ließ ihn auf der Zunge zergehen und konzentrierte mich auf das schöne Gefühl, das es mir beschwerte.
Jeder, der behaupten würde, dass man sich nicht in etwas Essbares verlieben könnte, hatte noch nie diesen Kuchen probiert. "Gott, diese Kalorienbombe wird mein ganzes Leben prägen", brachte ich zwischen dem nächsten Biss hervor, wozu diesmal Cole zustimmend nickte. "Dito."
Unwillkürlich trafen sich unsere Augen, was zur Folge hatte, dass wir ohne Kontext anfingen zu lachen. Das war heute oft passiert und ich erinnerte mich wirklich nicht, wann ich mich zuletzt so ausgelassen und frei gefühlt hatte. Vor ihm konnte ich einfach so sein wie ich sein wollte.
Mir war es völlig fremd, mich einer bestimmten Person so sehr zu öffnen, dass mir nichts mehr unangenehm wurde oder ich Reue zeigte, wenn ich zu viel von mir preisgab. Cole hatte diese Einstellung niedergeschmettert, indem er mir das Gefühl gab, wirklich verstanden zu werden.
Bei ihm fühlte ich mich wohler als in meinen eigenen vier Wänden, was vielleicht bedeutete, dass er mein tiefgründigeres Zuhause symbolisierte. Er war mein sicherer Halt, der Fels in der Brandung. Durch ihn gab ich Neuheiten eine Chance, ging Wagnisse ein und lebte.
Und während ich ihn musterte, mit Schokoladenkrümel an seinem Mundwinkel und dem winzigen Fleck an seinem weißen Polohemd, wurde mir bewusst, wie sehr ich diesen schönen Mann liebte. Ich konnte mir furchtlos eingestehen, dass ich mich längst in Cole verliebt hatte.
Auf eine spaßige Lesenacht (1/3)
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