Thirty three

Ich war überrascht darüber, wie urplötzlich erleichtert ich mich fühlte, als ich zu Hause ankam und alleine in meinem Zimmer stand. Es mochte ungewohnt sein, Cole nicht bei mir zu haben, obwohl wir normalerweise weiterhin Zeit miteinander verbracht hätten, und dennoch war es befreiend.

Hier umgab mich nicht diese Negativität, die ich den ganzen Morgen über in seiner Gegenwart gespürt hatte. Ich konnte endlich zur Ruhe kommen und tief durchatmen. Das bedeutete, dass ich auch nicht länger darüber nachdenken wollte, woran es gelegen oder gescheitert hatte.

Vielleicht war es für uns beide besser, wenn er seinen schlechten Tag ohne mich überwältigte und zu Ende brachte, denn ich besaß nicht einmal mehr die Nerven oder die Geduld dazu, ihm dabei zu helfen, indem ich mir Dinge für ihn ausdachte, die seine Laune wieder heben könnten.

Außerdem war es keine Pflicht, in jeder freien Minute beieinander zu sein. Das hatte ich heute zum ersten Mal besonders gut nachvollzogen. Insofern schien eine kurze Pause genau das Richtige für mich zu sein. Ich wusste jetzt nur nicht, womit ich mich beschäftigen sollte.

Gott, ich war nicht sonderlich klug. Ich redete mir ein, dass es normal wäre, wenn ich auch mal etwas ohne ihn machte, doch mein Gehirn gab mir ausschließlich Ideen, die wir nur gemeinsam unternehmen könnten. Ich hätte nicht erwartet, dass das mal zu einem Nachteil werden würde.

Ich seufzte frustriert und zog mein Haarband aus meinen Locken. Anschließend benutzte ich das Band, um mir einen unordentlichen Knoten zu binden. Ich könnte meine Haare glätten. Ein Blick in meinen Spiegel riet mir allerdings sofort davon ab, weil das Ergebnis Stunden dauern würde.

Mal sehen, in meinem Regal sammelten sich haufenweise Bücher an, die ich seit dem Kauf kein einziges Mal angerührt hatte. Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn ich lesen würde. Als ich jedoch meinen Laptop entdeckte, der mich verführerisch anlächelte, kam mir eine bessere Idee in den Sinn.

Onlineshopping. Ja, das war die perfekte Zeitverschwendung. Moment mal- nein, mein Monatsgehalt wurde noch nicht ausgezahlt. Mist. Dann würde ich mir eben Kleidung ansehen und eventuell dabei heulen, bloß weil ich mir all die schönen Sachen nicht leisten konnte.

Das war ein guter Plan. Ein sehr guter sogar, da es mir die Möglichkeit gab, wegen anderen Gründen enttäuscht und traurig zu sein. Zumindest würde es mich ablenken und das war alles, was ich aktuell bewirken wollte. Und vielleicht hatte ich Glück und fand doch Angebote. Ich liebte es, mir insbesondere an Scheißtagen selber Geschenke zu kaufen.

Im nächsten Moment nistete ich mich unter meiner Bettdecke ein, während ich den Laptop auf meinen Schoß platzierte. Zuvor hatte ich noch die Rolladen heruntergezogen und meine Jeans und Bluse in ein Shirt, das mir viel zu groß war, mitsamt einer grauen Jogginghose umgetauscht.

Cole und seine blöden Stimmungschwankungen für einen Augenblick zu verdrängen, hieß nicht, dass ich mir seine T-shirts nicht überziehen durfte. Dass sein Duft permanent in der Nase hing und ich mich glatt darin verlieren könnte, beeinflusste nicht mein eigentliches Vorhaben.

Ich öffnete die Startseite von ASOS, weil mir das zuallererst in den Sinn gekommen war und klickte mich durch. Ich wusste nicht einmal, worauf ich den Fokus legen sollte, ob Hose oder Oberteil, oder doch Schuhe und Taschen, weswegen ich das ganz einfach dem Zufall überließ.

Mit ziemlicher Sicherheit würde ich mir ohnehin nichts bestellen, also sollte ich damit aufhören, besonders die Angebotspreise ins Visier zu nehmen, aber schließlich schadete es nicht, wenn ich mir schonmal eine geistliche Liste von Dingen erstellte, die für nächsten Monat geplant waren.

Unwillkürlich schoss mir erneut das Bild in die Erinnerung, wie unwohl sich Cole in Amaras Nähe gefühlt hatte. Ich hatte ihm deutlich angesehen, dass er sie nicht bei sich haben wollte, und trotzdem kam von ihm kein Wort, dass mächtig genug gewesen war, um sie loszuwerden.

Das war vor allen Dingen deshalb seltsam, weil Cole normalerweise ein Meister darin war, Menschen sich unerwünscht fühlen zu lassen. Genauso wie ich. Ich hielt mich nur so zurück, zumal sie eine Bekannte von ihm war und ich sie nicht gut genug kannte, um sie einschätzen zu können.

Amara war mir suspekt, irgendetwas war faul an dieser Frau und wenn sie weiterhin andauernd in unserer Nähe auftauchte, musste ich es mir zur Aufgabe machen, mehr über sie zu erfahren. Sie war Grays Cousine. Ich könnte Suela fragen, ob sie mir Information liefern würde.

Wie immer ich das auch anstellte, am Ende bekam ich meinen Willen. Sie reizte mich nicht genügend. Ich würde sie eine Weile lang lediglich beobachten und so entscheiden, ob sie es meiner Mühe wert war, geschweige denn dass ich mir ordentlich den Kopf über sie zerbrach.

Schließlich vertraute ich meiner Intuition und wenn diese mir verriet, dass jemand fragwürdig wirkte, dann stimmte das auch in den allermeisten Fällen. Meine Anzweiflungen waren nie vollkommen unberechtigt. Früher oder später fand ich den Kern, der sich tief im Innern verbarg.

Ich sollte aufhören, jetzt schon Pläne zu schmieden, wie ich Amaras wahre Interessen zum Vorschein bringen könnte und vielleicht einfach Cole fragen, was es mit ihr auf sich hatte. Das war mir einerseits schon bewusst. Anderseits würde er mir gewiss nicht alle Antworten geben.

Hinterlistigkeit strömte nun mal in meinem Blut und wenn ich etwas misstraute, rückte es ganz schnell in den Vordergrund von Dingen, die ich anwandte. Davon abgesehen war die letzte bösartige List die Trennung von Venora und Reece. Seither lief alles sehr langweilig friedlich ab.

Ich brauchte das Drama, neue Beschäftigungen außerhalb meiner alltäglichen Aktivitäten oder Pflichten wie zur Schule zu gehen oder zu arbeiten. Da eignete sich das altneue Mädchen, das ganz plötzlich wieder zurück in die Stadt kehrte, perfekt. Ich sollte mir andere Hobbys suchen.

"Gut Celia, konzentrier dich weiter auf die Sachen, die du Loser dir nicht leisten kannst", murmelte ich, als ich endgültig realisierte, dass ich schon wieder  gedanklich in Richtungen abdriftete, die fürs Erste tabu waren. Meine Vorfreude für neue Hinterhältigkeiten sparrte ich mir für später auf.

Mir kamen ein paar tolle Stücke vor Augen, die ich mir auf jeden Fall für die nächsten Monate merkte, obwohl ich sie nicht dringend brauchte, bis mir auf einmal eine Handtasche auffiel, die gar nicht mal zu viel kostete. Ich könnte mir diese nur wegen meiner Frustration tatsächlich kaufen.

Würde ich das Meiste von dem, was ich in meinem Kleiderschrank oder im Regal stehen hatte, nicht jährlich spenden, würde ich mich definitiv miserabel fühlen, während ich die Tasche unnötigerweise im Einkaufswagen speicherte. Jetzt dagegen war ich mir sicher, dass ich sie bald besitzen würde.

Meine Kaufsucht, die ich ungern als Kaufsucht bezeichnete, hing stark von meinen Gefühlen ab. Fühlte ich mich deprimiert? Onlineshopping. Fühlte ich mich glücklich? Onlineshopping. Hatte ich es wirklich nötig? Gott, nein. Trug ich es dann auch regelmäßig? Nö. Schenkte ich viel? Natürlich. Also war alles im grünen Bereich.

Meine Spende allein an bedürftige Menschen sorgte dafür, dass ich mit reinem Gewissen einkaufte. "Und bestellt", sagte ich zufrieden, als die Zahlung abgeschlossen wurde. In wenigen Tagen würde eine wunderschöne cremefarbene Abendtasche ankommen, die mit Gold verziert war.

Es klopfte an meiner Zimmertür und ich bat die Person herein. Vermutlich war es meine Mutter. Die Besagte erschien im Raum und fragte mich, ob ich noch mit ihnen essen wollte. Nach diesem Frühstück hatte ich absolut keinen Appetit mehr. "Nein, danke", winkte ich daher lächelnd ab.

Ich dachte, sie würde anschließend gehen, aber stattdessen schloss sie die Tür ab und kam auf mich zu. "¿Qué estás haciendo?" Die Wahrheit kam nicht in Frage. "Ich mache nichts besonderes, nur Schulkram erledigen." Sie tolerierte mittlerweile meine ständigen Einkäufe nicht mehr.

Dementsprechend wartete ich, bis das Paket ankam, da sie so weniger schimpfte. Es sei denn ich erwischte sie an ihrem schlechten Tag. Da kann es nämlich vorkommen, dass sie mir befahl, es zurückzusenden. Niemand wollte sich mit Triana Navarro anlegen, also widersprach ich nicht.

"Ist alles in Ordnung?", erkundigte sie sich sorgenvoll und ich klappte den Laptop zu, stellte ihn auf den Nachtisch und machte ihr Platz, damit sie sich zu mir legen konnte. "Natürlich", antwortete ich. Mamá deckte uns beide zu, worauf ich mich an sie kuschelte. "Warum fragst du?"

"Du bist fröhlich gegangen und bist gekommen, als hätte es vierzig Tage lang nur Regenwetter gegeben", meinte sie und fuhr mir sanft durch die Haare. Ich wusste nicht, dass ihr das aufgefallen war, da ich schnellstmöglich den Weg auf mein Zimmer aufgesucht hatte.

"Außerdem erwische ich dich selten dabei, wie du im Dunkeln faul im Bett liegst." Ich lachte auf, denn es stimmte. Ich war niemand, der unproduktiv sitzen konnte. Ich musste immer etwas zu tun haben. Daher fiel es mir morgens nach dem Aufwachen auch schwer, liegenzubleiben.

Wenn mir Cole eines beigebracht hatte, dann war es bedenkenlos zu chillen. Der Kerl war ein Spezialist in diesem Bereich. Durch ihn schaffte ich es, mir arbeitslose Zeit zu gönnen. So wurde auch die Liste von Serien, die ich ziemlich schnell durchgeschaut hatte, erstaunlich lang.

"Quatsch, mir geht es gut. Mein Tag verlief bisher lediglich nicht so, wie ich es mir erhofft hatte", erklärte ich und ertappte mich dabei, dass es mich dieses Mal nicht stören würde, wenn sie tiefer nachhakte. Ich konnte mit Mamá alles bereden. In den meisten Fällen wollte ich nur nicht.

"Hm, woran lag es denn?", fragte sie behutsam nach. An Cole, der sich wegen einer anderen Frau noch komischer verhalten hat, als ich es je für möglich gehalten habe. Nein, so konnte ich das schlecht sagen. Sie würde es missverstehen und glauben, wir hätten uns deswegen gestritten.

Ich entschied, es ihr anders zu vermitteln. "Kann ich dich etwas fragen?" Sie nickte. "Hast du manchmal das Gefühl, dass Papá ungewöhnlich verschlossen zu dir ist?" Wenn sie gleich bejahte, wäre ich ernsthaft überrascht. Die Beiden verschwiegen sich seit Jahren nichts mehr.

"Du meinst, ob er mir etwas verheimlicht?" Ich bejahte langsam. Meinte ich das so? Keine Ahnung, vermutlich. "Selbstverständlich, Celia. Nicht alles kann sofort gesagt werden." Weil es einem manchmal schwerfiel, belastende Dinge auszusprechen. Ich sollte das am besten wissen.

"Misstraust du ihm dann?", gab ich unverfroren zurück. Es stellte sich als kleiner Fehler heraus, denn mein Ton war scharf gewesen und nun musste sie sich wohl denken, dass ich diese Worte präzise wählte, weil es mich betraf. "Nein, ich gebe ihm stattdessen die Zeit, die er braucht."

Zeit geben. Ist notiert. "Ich vertraue ihm nämlich und weiß, dass er mir letzten Endes alles sagen wird. Nichts bleibt zwischen uns auf ewig geheim. Schließlich hat vieles seinen richtigen Zeitpunkt." Das klang schön. Es erschien mir gesund. Zwang und Misstrauen harmonierten nicht sonderlich.

Einen Moment lang musterte sie mich nachdenklich und ich erwiderte ihren Blick schweigend, da ich wollte, dass sie zu Sprechen ansetzte. "Glaubst du etwa, Cole verheimlicht dir etwas?" Die Frage aus ihrem Mund zu hören, war seltsam, als wenn ich sie mir selber stellte.

Wenn sie das von mir wissen wollte, hatte ich nämlich die Antwort ganz klar. "Nein. Das denke ich nicht." Sie hob überrascht die Augenbrauen. "Wenn das so ist, wieso führen wir dann dieses Gespräch, Schatz?" Das konnte ich mir auch nicht wirklich erklären. "Was genau ist passiert?"

Ich seufzte tief, bevor ich mit den offenen Worten herausrückte. "Ich hatte heute das Gefühl, dass ich nicht mit meinem Cole unterwegs war, sondern mit einer miserablen Kopie von ihm, die alles falsch aufgegriffen hat. Er hat kaum mit mir gesprochen, so als wolle er mich nur meiden."

"Hm, klingt so, als sei eure Kommunikation gescheitert." Das war sie und ich verstand einfach den Grund dafür nicht. Klar, alle hatten mal schlechte Tage und wahrscheinlich übertrieb ich, aber ich war mir sicher, dass es anders gewesen war. Dieses Anders gefiel mir überhaupt nicht.

"Celia, mein Rat an dich ist, dass du ihn erstmal nicht drängst. Wenn er ein Problem haben sollte, wird er dir das schon mitteilen", sprach sie einfühlsam auf mich ein, als ich meine Zweifel nicht mehr ablegen konnte. "Außerdem ist Cole ein guter Junge. Er weiß sicher, was er tut."

"Ich hoffe es", murmelte ich und sie drückte mich aufmunternd stärker an sich. Und es half. Ich fühlte mich tatsächlich besser und nahm jede positive Energie von ihr auf, die sie mir schenkte. "Es freut mich, dass du damit zu mir gekommen bist", sagte sie, worüber ich schmunzelte.

Es erfreute sie natürlich, wenn ich ihr von meinen Beziehungsproblemen erzählte, für die sie dann die Extrasammlung ihrer Ratschläge öffnen könnte. Doch ich musste zugeben, sie machte diesen Job verdammt gut. "Du kannst mit mir jederzeit über alles reden, wenn dir danach ist."

Im selben Moment rief mein Vater nach ihr, dicht gefolgt von einem Niesen, das uns beide angeekelt das Gesicht verziehen ließ. "Tja, das war's dann schon mit meiner kurzen Pause", lachte sie. Pause. Auch sie benötigte ihren Abstand von ihm. Daran war nicht verwerfliches.

Mamá stieg vorsichtig aus dem Bett. "¡Gracias!", entfuhr es mir ehrlich, was sie mit einem Lächeln quittierte. "Nicht dafür, Celia." Anschließend ging sie aus dem Zimmer und ließ mich mit einem besseren Zustand zurück. Sie hatte Recht. Ich musste nun wirklich aufhören nachzugrübeln und abwarten.

Cole benötigte schließlich keine Freundin, die ihm bei dem kleinsten Unterschied in seinem Verhaltensmuster misstraute und genau diese Freundin wollte ich nicht sein. Es war logischer, wenn ich ihm das Gefühl gab, dass er mir alles anvertrauen konnte, sofern er bereit dazu war.

Die Haustür klingelte. Meine Mutter war sicher mit Papá beschäftigt, weswegen ich mich aufrappelte und schnellstens nach unten lief. Ich hatte schon eine gewisse Vorahnung, wer das sein könnte. Entweder war es mein Nachbar, mein Arbeitskollege oder mein Freund.

Es war Cole, der sich mit der Schulter gegen die Türwand angelehnt hatte. Er tauchte erst auf, nachdem ich meinen Frieden mit dem heutigen Vorfall geschlossen hatte. Perfektes Timing gehörte schon immer zu seinen Stärken. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. "Was kann ich für dich tun?"

Plötzlich brachte er eine Tulpe zum Vorschein, die höchstwahrscheinlich in einer der Vasen von Nana Rose gesteckt hatte. Sie war weiß. Er hielt sie mir entgegen und ich kämpfte dagegen an, sie nicht sofort anzunehmen. So einfach machte ich es ihm nicht. Zuerst musste er sich erklären.

"Ich war ein Idiot", sagte er beteuernd. Schwach, Carver.  "Nein, ich war ein idiotisches Arschloch, das dich unfair behandelt hat. Oder ein ekliger Mistkerl. Ich versuche mich auf die harmlosen Beleidigungen zu beschränken, weil ich die, die ich noch im Sinn habe, nicht aussprechen darf."

"Ja, heute warst du nicht das übliche Arschloch, das du sonst immer bist", bestätigte ich, was Cole zum Grinsen brachte. "Ganz genau. Und wenn du mich auf spanisch verfluchen willst, verstehe ich das." Ich konnte mir das Auflachen nicht verkneifen. "Du bist wirklich ein Idiot."

Seine Miene wurde weicher. "Celia, ich will es wieder gut machen und wenn du diese unschuldige Tulpe annimmst, ich habe extra die am wenigsten entwickelte ausgewählt, da ich wollte, dass sie in deinem Wasser aufblüht-", er stoppte sich, "Gott, klang das kitschig...- ich dir versprechen werde, mich zu benehmen."

Ich legte den Kopf schief und betrachtete ihn verwirrt. "War gerade deine Absicht, das Aufblühen der Tulpe mit der Entwicklung unserer Beziehung gleichzusetzen?" Cole nickte. "Wenn sie in deinem Wasser weiter blühen darf, symbolisiert das innige Vergebung. Ich sollte Poet werden."

Er schien wahrhaftig stolz über seine Wortwahl, sodass ich gar nicht anders konnte, als ihm die schöne Tulpe abzunehmen. "Letzteres rate ich dir dringend ab", äußerte ich dabei trocken, was diesmal ihn zum Lachen brachte. "Begleitest du mich in die Karaokebar? Wir werden erwartet."

Ein Schmunzeln schlich sich auf meine Lippen, während ich eifrig nickte. Ich brauchte keine Pause mehr, die Anspannung war fort und ich war mir ziemlich sicher, dass ich meinen Cole zurückhatte. Er war zuverlässig, was seine Versprechungen angingen. "Nichts lieber als das."

•°

Die heitere Stimmung, die uns in der Bar erwartete, machte sich bereits draußen vor dem Eingang bemerkbar. Gray und Suela waren schon dort. "Jeden dritten Samstag im Monat kommt ein Liveorchester, deswegen ist es drinnen randvoll", raunte mir Cole ins Ohr und ließ mich strahlen.

"Oh mein Gott, heißt das, dass jeder Song, der gesungen wird, von dem Orchester begleitet wird?", vergewisserte ich mich, ob ich das richtig verstanden hatte und er bestätigte es grinsend mit einem Nicken. Ich stieß einen halblauten Freudenschrei aus. "Ziemlich cool, ich weiß."

Ich schlug ihm spielerisch gegen die Schulter, da er absichtlich auf lässig tat. "Das ist nicht nur cool, sondern bombastisch. Wer hat das überhaupt organisiert?" Es war eine rhetorische Frage, aber Cole beantwortete sie trotzdem. "Gray. Die Bar gehört praktisch ihm, es sind seine Einfälle."

Perplex starrte ich ihn an. Seine Worte ergaben wenig Sinn. "Das musst du mir jetzt genauer erklären." Er warf den Kopf in den Nacken und lachte. "Ach, Suela hat dir das nicht erzählt?" Ich runzelte die Stirn. "Die Innhaber dieser Bar sind Grays Eltern. So hat er sehr viel Einfluss."

"Und trotzdem arbeitet er als stinknormaler Barkeeper?", gab ich zurück. "Niemand weiß das, außer seine engsten Freunde. Ist so ein Geheimnis vor den Mitarbeitern, Gray will nämlich nicht, dass sie ihn anders behandeln. Daher kennen sie ihn nur mit dem Mädchennamen seiner Mom."

"Das ist dann wohl seine Macke, die er nicht ablegen kann", vermutete ich, worauf Cole bejahte. Er zuckte mit den Schultern. "Ich bin davon überzeugt, dass ihn seine Freunde, die mit ihm arbeiten, nicht mit anderen Augen sehen werden, bloß weil er ihr Boss ist, aber er hört nicht zu."

"Wenn er sich so am wohlsten fühlt, sollte er für sich selbst entscheiden", erwiderte ich, da ich das irgendwie auf meiner eigenen Art nachvollziehen konnte. "Bin da ganz deiner Meinung. Lass uns jetzt reingehen, sonst krieg ich noch von Gray Schläge, weil er es hasst, auf mich zu warten."

Ich lachte amüsiert auf und ergriff seine Hand, damit wir uns gemeinsam in die erstaunliche Menge mischen konnten. Suela entdeckte uns auf der Stelle, winkte uns zu sich herüber und fiel mir schließlich in die Arme. "Warum hat das nur so lange gedauert?", schimpfte sie gespielt.

Die Jungs führten währenddessen ihren typischen Handschlag durch und ich gab ihr eine Antwort, die sie zufriedenstellte. "Wir dachten schon, ihr kommt nicht." Wären wir vermutlich auch nicht, wenn Cole nicht zum richtigen Zeitpunkt vor meiner Haustür gestanden hätte.

"Irrtum, das lasse ich mir doch nicht entgehen!", sagte ich dicht an ihrem Ohr, da sich die Musik als eine echte Herausforderung herausstellte, sobald man sich unterhalten wollte. Scheinbar war noch Clubstimmung angesagt. Aus den Anlagen dröhnten nur Charts, HipHop oder Remixe.

Wir stellten uns gegenüber von ihnen an den runden Stehtisch und Cole legte seine Hand an meine Taille. "Was möchtest du trinken, Kleeblatt?", fragte er mich. "Suchst du mir bitte einen Drink aus? Du weißt besser, was gut schmeckt." Oder was mir gefallen könnte. "Natürlich."

Ich sah meiner Freundin an, dass sie bereits angetrunken war. Ihr Glas war halbleer, sie mussten wohl schon eine ganze Weile hier sein. Gray dagegen wirkte noch völlig nüchtern. Ich schmunzelte über den Anblick. Eng umschlugen sangen sie gemeinsam zur Musik und lachten jede Sekunde.

Für einen kurzen Moment ließ mich Cole mit den beiden alleine und kam mit zwei Gläsern wieder zurück. Ich wollte erst gar nicht wissen, was er mir mitgebracht hatte. Ich vertraute auf seinen Geschmack. Und nach meinem ersten Schluck merkte ich, dass er richtig gewählt hatte.

Ich ließ den Blick umherschweifen und suchte die Bar nach bekannten Gesichtern ab. Ich konnte nicht abstreiten, dass ich den Fokus auf eine ganz bestimmte Person legte. Das Licht war zwar gedämmt, weshalb ich mir keine gute Sicht erhaschen konnte, aber sie schien nicht hier zu sein.

Cole ließ auch gar nicht zu, dass ich weiter Ausschau nach Amara hielt, denn nun schloss er mich von hinten in eine Umarmung, sodass mir unweigerlich angenehm warm wurde. Ich legte meine Hände auf seine, während wir uns rhythmisch zum Takt bewegten. Und vergessen war sie.

Er flüsterte mir lauter Dinge ins Ohr, die mich unterschiedlich fühlen ließen oder ratterte mit mir gemeinsam die Zeilen der Songs runter, bis ich spüren konnte, dass er sich gänzlich lockerte. Und als die Karaokerunde endlich eröffnet wurde, wurde die Atmosphäre noch viel schöner.

Hin und wieder sangen welche, die sich offensichtlich nur zum Spaß oder durch den Alkohol auf die Bühne gewagt hatten, doch unter ihnen gab es auch welche, die wirklich talentiert waren. Vor allem spielte das Orchester wahnsinnig gut, dass wir gar nicht aus dem Staunen herauskamen.

Das besondere an dieser Runde war, dass man einen Song aus dem Glas ziehen musste, somit das Zufall entschied, was als nächstes gespielt wurde. Es gab völlig unterschiedliche Genren, weswegen sich die Stimmung ständig wechselte. Von emotional bis fröhlich war alles dabei.

"Lass uns bitte auch ein Duett singen", sagte ich begeistert und blickte Cole mit großen Augen an. Er schmunzelte darüber. "Auf gar keinen Fall." Die Ablehnung überraschte mich nicht, natürlich würde er zuerst zicken, aber bekanntlich hatte ich meine speziellen Methoden.

"Komm schon, das wird lustig!", versuchte ihn zu überzeugen, drehte mich dabei mit dem ganzen Körper zu ihm und sah flehend zu ihm auf. Cole blieb dennoch unbeeindruckt. "Nö." Ich verschränkte als nächstes unsere Finger miteinander. "Ich erinnere dich an deine Worte."

Er hob fragend die Augenbrauen. Ich war mir sicher, dass ich ihn in Kürze definitiv umstimmen würde. Da spielte es auch keine Rolle, ob ich mit Unfairness spielte, indem ich ausgerechnet sein sensibles Thema ansprach. "Ab sofort sei es dir egal, was andere über deine Stimme denken."

Cole wollte merklich protestieren, doch entschied sich klugerweise dagegen und ließ die Schultern sinken. Er zog die Nase kraus. "Das habe ich gesagt?" Ich fing an zu grinsen. "Du hast auch gesagt, dass es dir mit mir an deiner Seite leichtfällt. Also bitte, sei kein Spielverderber!"

Er zweifelte noch ein kleines bisschen, was ich ihm wirklich nicht verübeln durfte. Ich ging auf die Zehenspitzen, wodurch wir uns noch näher kamen. "Außerdem haben wir bisher nur füreinander gesungen. Das müssen wir ändern", säuselte ich dicht an seinen Lippen.

Ich drängte Cole nicht nur, weil ich ihn unbedingt wieder singen hören wollte, sondern auch um ihm ein sicheres Gefühl zu geben. Wenn er es nämlich jetzt nicht wagte, vor einem richtigen Publikum aufzutreten, würde er das nie können. Er würde seine Angst niemals vollständig besiegen.

"Lass uns endlich herausfinden, ob unsere Stimmen miteinander harmonieren." Ich küsste ihn sanft auf den Mund und noch ein weiteres Mal, da er nach wie vor nichts erwiderte. "Nur ein Duett?", versicherte er sich. "Nur ein einziges." Ein liebevoller Kuss folgte als seine Zustimmung.

Das nächste Kapitel wird ein kleines Extra ;)

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