Four

Ich schaffte Ordnung in meinem Koffer und sortierte meinen Schmuck sowie meine Haarbänder, als Suela in meine Schlafkabine hereingestürmt kam. "Celia, das musst du dir anhören!", rief sie wie in Aufruhr versetzt und zerrte mich von meinem Koffer weg.

Unbeholfen und ein wenig verdutzt stolperte ich ihr hinterher, da sie mich an der Hand aus der Kabine führte. "Würdest du mir bitte erklären, was los ist?", forderte ich, als wir komischerweise vor Venoras Schlafkabine standen.

Meine Freundin erwiderte nichts, sie gab mir nur ein Fingerzeichen, dass ich still sein und genauer hinhören sollte. Nachdem ich kurzerhand später ihrer Aufforderung nachgegangen war, konnte ich mir meine eigene Frage selbst beantworten.

Nämlich vernahm ich Noras Stimme, sie telefonierte auf der anderen Seite der Tür. Dabei klang sie deutlich verärgert, als würde sie mit jemandem gewisse Probleme ausdiskutieren. Es war mir kein Rätsel, wer dieser Jemand war.

Scheinbar fand Venora nach zwei Tagen endlich den Mut, um Reece zur Rede stellen zu können. Gott, in seiner Haut wollte ich jetzt nicht stecken. Sie machte ihn mit ihren Worten, wie er es verdiente, enorm herunter. Ich konnte nicht stolzer auf mein Mädchen sein.

Suela und ich näherten uns der Bootstür an, damit wir besser das Telefonat verstehen konnten. Ein Ohr drückten wir beide dagegen und lauschten konzentriert, währenddessen wir uns ansahen.

Hin und wieder schien auch sie geschockt, als wir die ganzen Vorwürfe und Beleidigungen mitbekamen, die gerade die Spanierin ihrem Freund an den Kopf warf. Zudem fluchte sie manchmal mittendrin auf spanisch und wenn das der Fall war, musste sie ziemlich wütend sein.

"Ich denke, dieses Mal ist Reece wirklich zu weit gegangen. So außer sich habe ich Nora schon lange nicht mehr erlebt", flüsterte ich Suela zu, welche beistimmend nickte. "Seit fast zehn Minuten reden die Beiden aneinander vorbei. So kommen sie doch niemals auf eine Lösung."

Nach all dieser Zeit bezweifelte ich, dass sie jemals auf eine angemessene Lösung kommen würden, in welcher keine Trennung in Erwägung gezogen wird. Das einzig Hilfreiche, wovon Nora nichts wissen wollte. Lieber zerbrach sie daran. Aber vielleicht war es diesmal anders, so aufgekratzt wie sie momentan war.

"Reece, so geht das nicht weiter", sagte Venora plötzlich mit belegter Stimme. Denselben Hoffnungsschimmer, den ich augenblicklich hatte, schien auch Suela zu bekommen, als sie diesen Satz hörte. Würden wir gleich Zeuge von dieser einen richten Entscheidung werden?

Die Blondine und ich pressten uns noch weiter gegen die Tür und spitzten die Ohren. Wie besessen warteten wir darauf, dass unsere beste Freundin weiter sprach. "Wir sollten das nicht am Telefon besprechen. Lass uns das klären, wenn ich nächste Woche wieder zu Hause bin."

Und somit platzte die schöne Blase der Hoffnung. Frustriert seufzte ich aus, worauf Suela und ich einen enttäuschten Blick miteinander austauschten. "Warum macht sie das nur immer wieder?", murmelte sie kopfschüttelnd. Wenn ich das nur wüsste.

Normalerweise war an ihrer Ergänzung nichts falsch, Streitigkeiten sollte man von Angesicht zu Angesicht klären. Jedoch bedeutete das bei Venora, dass sie weich werden und ihm wieder verzeihen würde, sobald sie Reece gegenüber stand.

Immerhin wickelte ihr Freund sie mit ein paar süßen Worten, Blicken und Küssen wieder um den Finger, wobei er ihre Leichtgläubigkeit und Naivität gewissenlos ausnutzte. Reece Donovan war definitiv in die Hölle verdammt, dieser Junge brachte bloß Unheil mit sich.

"Scheiße; Abstand, Abstand! Sie kommt gleich-", mit einem Knarzen öffnete sich auf einmal die braune Bootstür, wodurch Suela und ich nach hinten taumelten. Nora begriff sofort, was wir eben getan hatten, weshalb sie uns halb im Scherz tadelnd anschaute.

Faszinierend, wie ihre Laune wie ausgewechselt schien. Als hätte sie eben nicht noch wutentbrannt geredet und geflucht. Als sei alles in bester Ordnung. Wie schaffte dieses Mädchen das nur immer?

"Wann hört ihr endlich damit auf, mich bei meinen Gesprächen mit Reece zu belauschen?", wollte sie vorwurfsvoll wissen. "Niemals!", kam es von Suela und mir wie aus einem Munde entschlossen zurück. "Mädels, habt ihr schon mal was von Privatsphäre gehört?"

Während die Blondine anfing zu grinsen, lachte ich auf. "Zwischen uns gibt es keine Privatsphäre. Schon gar nicht, wenn es um Reece und dich geht", erwiderte ich ablehnend. "Jetzt erzähl uns noch die restlichen Details, dir wir nicht mitbekommen haben."

Die Spanierin machte nicht den Eindruck, als wolle sie uns eine angemessene Erklärung liefern. Sie zuckte mit einem unbekümmerten Laut die Schultern und machte Anstalten, den Aufenthaltsraum zu verlassen.

"Celia, sie hat ihm vorhin unter anderem auch ein Ultimatum gestellt!", beichtete Suela plötzlich anklagend, worauf diesmal ich Nora äußerst vorwurfsvoll anblickte. "Ist das wahr?", wollte ich wissen. Sie murmelte etwas unverständliches, wovon ich schloss, dass es stimmte.

Ich ging auf sie zu, umfasste sanft ihre Wangen und schaute dabei innig in ihre tiefschwarzen Augen. "Venora, Schatz?", ich lächelte ihr falsch entgegen. "Hm?", kam es verunsichert zurück. Sie wagte nicht, sich zu bewegen. "Meine Süße, wer hat dir nur ins Gehirn geschissen?"

Suela stellte sich auch zu uns und stützte ihre Hände an Noras Schulter ab. "Ja, Süße- Wieso triffst du immer die falschen Entscheidungen?", betonte sie nochmals und setzte ebenso ein Lächeln auf. Unsere Freundin atmete genervt aus, bevor sie Abstand von uns nahm.

"Was ist an einem Ultimatum denn so falsch?", verwirrt hatte sie die Augenbrauen zusammengezogen. "Ich habe ihm gesagt, dass er sich entweder zusammenreißt oder den Kontakt zu seinen weiblichen Bekannten beendet. Familienmitglieder ausgeschlossen."

"Hast du das gehört, Suela? Sie hat ihm eine äußerst wirksame Forderung gestellt!", entfuhr es mir theatralisch entzückt. Sie bejahte belustigt. "Ja, Venora- Damit wird er garantiert nicht noch einmal denselben Fehler begehen. Du hast ihm wirklich gezeigt, wo es lang geht."

Meine Stimme triefte nur so von Sarkasmus, weshalb Nora entnervt ausatmete. "Klappe, Celia. Es ist immer noch meine Angelegenheit, also entscheide ich. Tut mir einen Gefallen und mischt euch bitte nicht ein. Ich weiß schon, was ich tue und wie ich mit Reece zu sprechen habe."

Ohne uns ein weiteres Mal anzuhören, verzog sie sich zurück in ihre Kabine. Suela und ich starrten ihr wie angewurzelt nach. Das war doch einfach nicht zu fassen. "Weiß sie wirklich, was sie tut?", kam es von ihr leise. "Sieht nicht danach aus", antwortete ich seufzend.

"Im Ernst, sie kann ihm so viele Forderungen stellen, wie sie möchte- Letztendlich nützen sie doch sowieso nicht", traf es die Blondine genau auf den Punkt. "Solange sie dabei Reece das Gefühl vermittelt, dass sie ihm vergeben wird, interessieren ihn ihre Ultimatums nicht."

Dieser Ansicht war ich auch, deswegen zog ich vorhin ihre wiederholt getroffene Entscheidung auch ins Lächerliche. Reece war kein Mann, der sich einschüchtern ließ. Schon gar nicht von Venora. Dieser Widerling genoss ihre nicht vorhandene Schlagfertigkeit und nutzte dies zu seinem Willen aus.

"Am besten gehen wir vorerst ihrer Bitte nach. Sonst endet das noch in einem großen Streit und ich möchte nicht, dass dieses Arschgesicht einen Keil zwischen uns treibt. Früher oder später wird auch Venora sein wahres Gesicht sehen", meinte ich einen Moment später entschieden.

Suela stimmte mir dem zu. "Entweder das oder wir warten, bis wir ihn tatsächlich bei einem Fehltritt erwischen. So blind wie Venora vor Liebe ist, werden Worte allein nicht ausreichen. Wir brauchen einen handfesten Beweis, der zeigt, dass er nicht so ist wie er vorgibt zu sein."

Sehnsüchtig wartete ich bereits auf den Tag, an dem wir Reece ein für alle Mal aus unserem Leben ausschließen durften. Doch jetzt mussten wir weiterhin geduldig bleiben und zumindest Nora versteckt in die korrekte Richtung leiten. So viel wie sie eben zuließ.

"Gut, falls es nicht anders kommen sollte, steht dieser Plan. Aber ich habe allmählich das ganze Reece-Drama satt, für heute kann ich mir das wirklich nicht mehr geben. Ich gehe frische Luft schnappen", informierte ich sie enerviert. "Willst du mit?", schob ich schwach lächelnd nach.

"Wäre zwar mitgekommen, aber in diesem Zustand sollte Venora lieber nicht alleine sein. Zur Sicherheit bleibe ich hier." Damit einverstanden zog ich sie zum Abschied in eine kurze Umarmung. Wenige Minuten danach verließ ich das Boot.

Ein Spaziergang würde mir jetzt gewiss gut tun, demnach entschied mich am Hafen entlang herunter zu laufen. Ich wollte nahe am Wasser sein und die letzten Momente vor unserer Abreise genießen. Da ich alleine war, steckte ich mir meine Kopfhörer ein und lauschte meiner Musik.

Mir würde diese Reise fehlen. Natürlich vermisste ich auch mein Zuhause und besonders meine Eltern, aber dort war alles so eintönig. Ich brauchte einen Wechsel, zumal das wahrscheinlich auch daran lag, dass ich bisher nie länger als zwei Jahre an einem Ort geblieben war.

Wäre ich nicht hier, hätte ich mit meinen Eltern meine Verwandten in Venezuela besucht. Wir reisten nämlich jede Sommerferien dorthin- eine Art Tradition- doch es langweilte mich, dass wir Jahr für Jahr in Mamás und Papás Heimatland immer dasselbe unternahmen.

Diese Ferien erlebte ich etwas, was ich zuvor noch nie gesehen hatte und genau das fühlte sich befreiend und gut an. Ich lernte viel neues kennen, sammelte Erfahrungen und wurde vor allem reifer, somit ich nun wusste, wie es war, ohne die Eltern auskommen zu müssen.

Zudem tat ich all das mit meinen zwei Lieblingen, besser hätte dieser Urlaub nicht sein können. Sofern ich natürlich die unschönen Ereignisse- Cole mit eingeschlossen- teilweise gedanklich ausblendete. Ihm war ich in diesen letzten zwei Tagen auch nicht mehr begegnet.

Seit er mich an der Straßenlaterne stehen gelassen hatte, fehlte jede Spur von ihm. Ob er sich immer noch in Bristol aufhielt oder längst abgereist war, konnte ich nicht sagen. Heute wäre der letzte Tag, an dem ich ihn eventuell noch begegnen könnte, denn morgen früh reisten wir ab.

Ich merkte, dass meine Gedanken wieder unwillkürlich zu ihm schweiften, was seit unserem Kuss ständig der Fall war. Manchmal glaubte ich immer noch, ich könnte seine Lippen spüren. Oder dass der grauenhafte Duft seines Parfums nach wie vor in meiner Nase hing.

Sobald ich an Cole dachte, verspürte ich solch ein undefinierbares Gefühl, welches mir garantiert nicht bekannt vorkam. Eines, wobei ich mich wie beim Wechsel von heiß auf kalt fühlte. Der unvermutete Kuss war mir mehr oder weniger gut in Erinnerung geblieben.

Dagegen mich unsere Gespräche verwirrten. Einerseits verfluchte ich seine dreiste Art, doch andererseits reizte sie mich auch auf gewisser Weise. Hinter all seinen Worten steckte nämlich sowohl ein Charme als auch eine Herausforderung, welche ich einfach annehmen musste.

Genau das gefiel mir, er redete mit mir nicht so wie jedes andere männliche Wesen. Statt billig mit mir zu flirten, provozierte er mich, indem er seine Unverfrorenheit gezielt einsetzte. Als kenne er meine Reaktion-Schalter und betätigte diese bewusst, um mich dahin zu locken, wo er mich haben wollte.

Cole versetzte mich entweder in eine Art Ekstase oder die Runde seines Reizspiels ging an mich, indem ich ihm eine Irritation zufügte, wenn er es am wenigsten erwartete. Ich gab ja zu, dass er nicht der Einzige war. Ich liebte das Reizen und die Provokation genauso.

Vielleicht sollte ich wegen eines Unbekannten keine derartigen Gedanken pflegen, gar mich von ihm verunsichern und beeinflussen lassen, aber das machte das Ganze doch so reizvoll- Dass wir zwei Fremde waren. Wir kannten uns nicht, was es umso aufregender machte.

Und da wir uns sowieso nie wieder sehen würden und gewisse Urlaubs-Geschehnisse im Urlaub blieben, spielte es im Endeffekt vermutlich keine Rolle, ob ich über Cole nachdachte oder nicht. Trotzdem wäre es schön, wenn mir nicht ständig dieser verdammte Kuss in den Sinn käme.

In Gedanken versunken stieß ich plötzlich mit jemandem zusammen. "Oh, excusa! Ich wollte nicht, in Sie hineinlaufen", gab ich sofort schuldbewusst von mir und nahm einen Kopfhörer aus dem Ohr. Als ich in das Gesicht des Mannes sah, schien er nicht im Geringsten verärgert zu sein.

Stattdessen lächelte er mir freundlich zu. Er war vermutlich bloß einige Jahre älter als ich. Offensichtlich war er Brite. "Schon gut, ich stoße nicht oft mit einer Spanierin zusammen. Da macht mir dieses eine Mal nichts aus", witzelte er lachend, was ich zurückhaltend erwiderte.

"Die richtige Bezeichnung ist Venezolanerin. Ich bin nicht aus Spanien", korrigierte ich ihn höflich. Sobald mir vor Engländern meine Muttersprache herausrutschte, stempelten mich diese sofort als Spanierin ab. Als wäre spanisch nur dort die Amtssprache. Wie ich das hasste.

"Sorry, ich werde es mir merken", meinte er, wozu ich mit dem Kopf nickte. Was sollte ich auch schon groß dazu sagen. Ich verabschiedete mich von ihm und wollte bereits meinen Weg fortsetzen, da ertönte seine Stimme erneut.

"Möchte mir die hübsche Latina nicht ihren Namen und vielleicht noch ihre Handynummer verraten?", versuchte er mir zu schmeicheln und grinste schief. Idiota! Warum musste mir die Mehrheit der fremden Typen bereits auch in den ersten dreißig Sekunden immer so ankommen?

"Süßer, ich bin lesbisch", schwindelte ich scheinheilig. Diese Lüge tischte ich normalerweise selten bis überhaupt nicht auf, aber manchmal war ich eben dazu gezwungen, insbesondere wenn ich keine Lust auf lange Gespräche mit schlechten Andeutungen hatte.

"Was?", gab er perplex zurück. Wenn er sich jetzt als Homophob herausstellte, würde ich sicherlich noch die Krise bekommen. "Ganz richtig. Ich gehe dann mal weiter, schönen Tag noch..." Gerade als ich meine Kopfhörer einstecken möchte, hinderte er mich schon wieder.

Jedoch konnte er nicht weiter sprechen, da überraschend jemand neben mir auftauchte. Ich brauchte nicht hinzusehen, wer mir innerhalb eines Herzschlags bestimmend den Arm um mich gelegt hatte. Das Giorgio Armani Parfum verriet ihn nämlich.

"Wer bist du?", stellte der Brite schnippisch eine Frage, dessen genaue Antwort ich ebenso nicht kannte, während er Coles eisernem Blick standhaft blieb. Eigentlich beschäftigte mich das noch nicht einmal. Für mich war viel mehr seine Anwesenheit von Bedeutung.

Was um Himmelswillen tat er hier? Er kam mir seit Tagen nicht vor Augen, sodass ich schon glaubte, er sei längst abgetaucht. Jedoch war er mir nun wieder einmal dicht herangerückt und offenbar machte es mit dieser Position den Eindruck, als wären wir vertraut miteinander.

"Ihr Freund", behauptete Cole, ohne die Miene zu verziehen, wodurch ich sofort die Augen fassungslos weit aufriss. Das konnte doch nicht wahr sein! Er hatte zur Erwiderung lauter Möglichkeiten gehabt, aber ausgerechnet sagte er das, was nicht hätte sein müssen.

Beispielsweise könnte er sich als einen Kumpel vorstellen, als meinen Nachbar oder sogar als mein Cousin. Selbst letzteres wäre angemessener gewesen. Fand der Kerl irgendwie Gefallen daran, sich in brenzlichen Situationen als den Freund eines fremden Mädchens auszugeben?

"Wie kann das sein? Sie hat eben erst gesagt, sie stände nicht auf Männer", entfuhr es dem Briten konfus, er hatte die Augenbrauen eng zusammengezogen und schien die Situation überhaupt nicht nachvollziehen zu können.

Als Cole das hörte, blickte er mich zwar für den Bruchteil einer Sekunde erstaunt an, aber ließ sich vor dem Mann nichts anmerken, sondern schaute ihn weiterhin völlig neutral an. "Oh, dann hat sie sich extra als lesbisch ausgegeben, damit sie so schnell wie möglich von dir weg kommt."

"Ist das wahr?", gab der Brite an mich gerichtet zurück. Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern und lächelte süß, wobei ich gleichzeitig schon wieder zuließ, dass Cole und ich als ein Paar auftraten. Im Augenwinkel erkannte ich diesen grinsen.

"Und? Muss es jetzt nicht demütigend sein, dass sie selbst ihre Sexualität vortäuscht, nur weil sie kein Interesse an dir hat?", bohrte Cole provozierend nach. An der Stelle des Fremden hätte ich damit gekontert, dass es bedenklicher war, dass hierbei nicht der feste Freund erwähnt wurde.

Doch er war nicht ich und scheinbar nicht einmal ansatzweise schlagfertig. "Ich wollte doch nur nett sein!", meinte er beleidigt und verschränkte die Arme. "Nein, du wolltest erheblich stillos die Nummer meiner Freundin klären. Aber so läuft das nicht, Bruder. Und jetzt zisch ab!"

Wie versteinert starrte der Brite uns an. Er reagierte erst, als Cole einen Schritt nach vorne trat, wodurch er augenblicklich beängstigt die Fliege machte. Ein belustigtes Grinsen huschte über meine Gesichtszüge, während ich ihm nachschaute.

Dann konzentrierte ich mich wieder auf die Person, dessen Anwesenheit ich wahrlich am wenigstens erwartet hätte. "Cole, ich hatte alles unter Kontrolle gehabt", sagte ich mürrisch. Sein Blick schellte zu mir. Unbeeindruckt zog er die eine Augenbraue nach oben.

"Celia, du hast ihm gesagt, dass du nicht auf Männer stehst und doch wollte er nicht locker lassen", fasste er zusammen, zeitgleich blickte ich ertappt zur Seite. "Hättest du also die sogenannte Kontrolle gehabt, hätte er dich nicht weiterhin trotz deines Desinteresses belästigt."

"Ach, und deswegen musstest du wieder meinen Freund spielen?", gab ich missbilligt zurück, worauf Cole lässig die Hände in die Hosentasche schob und mich amüsiert beäugte. "Wenigstens habe ich dich dieses Mal nicht geküsst, um die Glaubwürdigkeit zu stärken."

Schrill lachte ich auf, nickte und deutete anschließend auf sein Hosenbund. "Besser so, sonst hättest du dich glatt von deinem kleinen Freund da unten verabschieden können!" Lautlos formte er seine Lippen zu einem Autsch, wodurch ich leise auflachte.

"Ich ignoriere jetzt mal die Tatsache, dass du ihn zu Unrecht als klein betitelt hast", meinte er hinterher gespielt gekränkt und griff sich an die Brust. Die Augen verdrehend fasste ich nach meinem linken Kopfhörer und steckte diesen wieder ein. Meine Playlist lief immer noch.

Enttäuscht darüber, dass ich aufgrund der jetzigen Situation die beste Stelle des Songs verpasst hatte, sah ich wieder zu Cole auf. "Läufst du weiter oder kehrst du zurück zum Hafen?", erkundigte sich dieser komischerweise, worauf ich das ersteres Erwähnte bejahte.

Sodann wollte ich an ihm vorbei laufen, wurde jedoch von ihm abgehalten, indem er mich an meinem Handgelenk zurückhielt. "Sieh nach oben, Celia. Die Wolken sind grau und der Himmel dunkel. Sieht nach einem heftigen Gewitter aus. Möchtest du wirklich nicht zurück?"

Der Himmel nahm tatsächlich die Farbe ein, die ich auch in Coles Augen ausmachte. Zuvor war mir nicht aufgefallen, wie faszinierend seine Iris war. Der gewittergraue Farbton verlieh ihr das gewisse Etwas, wovon ich niemals genug haben könnte.

"Ich gehe doch zurück zum Hafen", erwiderte ich kleinlaut, was er mit einem schwachen Lächeln quittierte. Seine warme Hand umschloss nach wie vor meine etwas kühle Haut, was zu meiner Überraschung einen angenehmen Kontrast bildete.

Coles Nähe entfachte in mir immer noch ein Gefühl, das ich nicht in Worte fassen konnte. Ich wusste nur, dass seine Berührung ein pikantes Kribbeln auf dieser Stelle meines Körpers hinterließ und dieses sich garantiert nicht zum ersten Mal bemerkbar machte.

Vermutlich war das unsere letzte Begegnung, denn mir war bewusst, dass ich ihn spätestens nach meiner morgigen Abreise nicht mehr wiedersehen würde. Es mochte verrückt klingen, aber ich konnte mich in diesem Moment nicht mit diesem Gedanken anfreunden.

Schließlich war Cole der Mensch, der in mir innerhalb von wenigen Tagen ein andersartiges Chaos der Gefühle verursacht hatte. Er ließ mich auf einer Weise spüren, wie niemand zuvor. Und doch waren wir letztendlich bloß zwei Fremde mit einer unvergesslichen Erinnerung.

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