9. Erklärung ✔

Of all the lies I have ever lived, My favourite was You and I.

Lied ~ „What a man gotta do" by Jonas Brothers

"Ich hätte es wissen müssen...", knurrt Clive leicht gereizt und steigt tonlos ins Auto, ehe wir ihn überhaupt erreicht haben.

Rasch werfe ich Linda und Candice einen genervten Blick zu. Clive ist ein Idiot. Was glaubt er denn, dass ich die beiden anlügen werde? Hatten wir diese Diskussion nicht schon einmal?

Mein Kopf ist so vollgepfropft mit Momenten, Gefühlen und einem unendlich großen Fragezeichen. Da bleibt kein Platz für unnötige Diskussionen mit ihm. „Sorry.", murmle ich an sie gewandt und schlurfe mit Linda ums Auto, während Candice hinter Clive einsteigt.

„Was soll das eigentlich?"

Clive zieht eine Braue nach oben und wartet offensichtlich auf meine Antwort.

„Was soll was? Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich die beiden anlüge? Kannst du vergessen.", fauche ich. 

Wieso kann er das nicht verstehen? Er gibt doch immer den Rosie-Kenner, als könnte er jede meiner Handlungen prophezeien.

Daraufhin bekomme ich nur ein nüchternes Ausatmen und er fährt los. Diesmal rappt niemand im Hintergrund, sondern er schaltet den Radio an, vermutlich hat er keine Lust sein Handy extra dafür zu verbinden.

So ein Pech, da nerve ich ihn doch glatt. Etwas ganz Neues in unserer zwischenmenschlichen Beziehung... Tja, war an der Zeit. Rasch wende ich mein Gesicht ab und starre still aus dem Fenster, damit er bloß nicht meine ironischen Gedanken lesen kann – als würde er das sonst können...

Warum eigentlich nicht? Ich muss sein bescheuertes arrogantes Gegrinse auch jeden verfluchten Tag ertragen, soll er merken, wie angefressen ich bin.

Plötzlich kommt mir ein völlig anderer Gedanke. Ich weiß nicht woher, oder warum er auf einmal in mein Bewusstsein tropft, aber er schlägt hohe Wellen. „Weißt du eigentlich, was in dem Brief stand?"

Clive schenkt mir einen müden Blick, eine Hand fest am Steuer, die andere lässig daran, den Ellenbogen am Fenster.

„Glaubst du ich hab reingeschaut?"

Okay, diese gereizte Seite an Clive ist mir noch etwa fremd. Natürlich kenne ich sie, aber es ist nicht so, als würde ich sie oft zu spüren bekommen. Normalerweise ist eben arrogant oder ironisch, aber nicht so leicht entzündlich.

Ein Bauchgefühl lässt mich den Spott und Sarkasmus hinunterwürgen, es wäre keine schlaue Idee ihn jetzt noch weiter zu ärgern, was auch immer der Ursprung für seine Laune sein mag...

„Nein, aber vielleicht hat dein Vater was zu dir gesagt.", meine ich diplomatisch mit ruhiger Stimme und richte meine Augen klar auf ihn.

Die Ampel vor uns wir orange, ich bin mir eigentlich sicher er wäre durchgefahren, wenn wir nicht über dieses geheime Thema sprechen würden, doch er hält an und wendet sich mir aufmerksam zu.

Ihm ist anzusehen, wie sehr er sich bemüht seine miese Laune hinunter zu schlucken. Die Sache zwischen unseren Eltern ist etwas, das uns beide interessiert und etwas angeht.

„Meine Eltern verlieren kein Wort darüber... keinen Schimmer was das soll. Ich meine, warum können sie es uns nicht einfach sagen, wir sind keine kleinen Kinder mehr."

„Naja, manchmal benehmen wir uns schon so, zumindest in ihren Augen."

Clive bringt ein schmales Grinsen zustande und ich spüre zum ersten Mal ein warmes Gefühl dabei, ihn so zu sehen. Hastig verdränge ich es, nein, so läuft das nicht.

„Trotzdem, es ist albern."

„Mhm.", brumme ich. Ich habe keine Lust mehr mich mit ihm zu unterhalten. Das Gefühl, er könnte die Vergangenheit ungeschehen machen und sich mit mir wieder verstehen wollen, ist mir suspekt. Warum sollte er das beabsichtigen, wenn er doch derjenige war, der alles kaputt gemacht hat.

Es war nicht mein Fehler, obwohl ich vielleicht kämpfen hätte sollen...

Nein, nicht meine Schuld, seine...

Die Stimmung im Auto ist eigenartig. Linda und Candice schweigen, vermutlich weil sie keinen Schimmer haben, worüber Clive und ich da eben gesprochen haben oder warum wir ohne Spott miteinander kommunizieren. Clive und ich schweigen, weil... unnötig zu erklären, vielleicht weil er einfach Clive ist.

Als wir mit Friedhofsambiente vor meinem Haus halten sehe ich Clive zum ersten Mal seit der Ampel wieder ins Gesicht. „Wir müssen glaube ich nochmal über die Details sprechen.", presse ich schließlich hervor und da ist es wieder, sein arrogantes Grinsen.

Automatisch rolle ich mit den Augen. „Ich muss zugeben, du bist ziemlich gerissen. Wusste ich gar nicht..."

„Tja, du bist nicht Gott."

„Hmm, vielleicht doch."

„Du bist ekelhaft arrogant und..."

„Ein eitler Pfau?"

Verkniffen verziehe ich die Lippen zu einer schmalen Linie. „Ein Idiot!", knirsche ich und kann meine Zähne malmen hören. Wie Mister Huckle, so muss er sich also in etwa gefühlt haben... nicht besonders angenehm.

Ohne ein weiteres Wort an ihn zu verschwenden, springe ich aus dem Wagen und stapfe ohne Rücksicht auf Linda und Candice voraus zur Haustür. Ich möchte keine Sekunde länger in Clives Nähe ein.

„Rose!", seufzt es hinter mir synchron.

Erst als der Teufel Richtung Hölle abgebraust ist, drehe ich mich zu ihnen um. „Er ist doch unglaublich. So ein widerlicher, arroganter Affe. WIE, wie kann man nur so eingebildet sein und sich als Gott bezeichnen?"

Linda grinst mich schelmisch an und Candice verkneift sich sichtlich das Lachen.

„Schön, dass ihr euch darüber amüsiert."

„Also ich nehme mal an, ihr seid nicht wirklich ein Paar?" Sehr schöne Schlussfolgerung, Linda, sehr schön. „Ach? Erwecken wir nicht den Eindruck?", spotte ich bitter und schließe endlich die Haustüre auf. „Nicht zwingend..."

***

„Eine Fake-Beziehung."

Mit drei Worten hat Linda meinen fünfminütigen Monolog perfekt zusammengefasst. Es beunruhigt mich etwas, dass sie mit ihrer Gabel in der Hand wild vor meinem Gesicht herumfuchtelt, weswegen ich mich rasch zurücklehne.

„Exakt!"

Endlich lässt das spitze Besteck sinken und schenkt mir einen entgeisterten Blick, als hätte ich drei Augen. Ich nutze den Augenblick, um mich über meine Spaghetti herzumachen, ich sterbe mal wieder vor Hunger.

Es ist mein Glück, dass Linda und Candice beide äußerst gute Köchinnen abgeben. Linda für die simplen Dinge wie Pizza, Nudeln, Omelett und Candice ähnelt eher Eliza mit Zauberkünsten. Tatsächlich bin ich von ihr sogar ziemlich fasziniert, denn sie kann das Rezept für Kaiserschmarrn, Pfannkuchen und ihre traumhafte Lasagne auswendig.

Tja, und dann bin da noch ich, komplett unfähig für alles was nicht in die Mikrowelle kann oder aus kalt serviert werden kann.

Zurück zu den Nudeln mit Tomatensoße.

„Oh. Mein. Gott."

Candice starrt mich mindestens genauso verständnislos an, die Skepsis springt aus ihren riesigen Augen.

„ABER WIE?"

Linda nippt an ihrem Glas Wasser, als könnte es gegen den Schock helfen.

Ratlos zucke ich mit den Schultern. Es ist schwierig zu sagen, da wäre Sebastian und das Argument mit dem Kontakt und dann sind auf der anderen Seite Clive und mein Hass ihm gegenüber... „Keine Ahnung, es ist einfach irgendwie passiert." Ich klinge so, als müsste ich meinen Eltern beichten, dass ich schwanger bin und es ein Unfall war.

In der Tat, Linda und Candice nehmen haargenau die Sitzplätze meiner Eltern ein, Dad gegenüber auf der Bank, Mom links auf dem Stuhl und ich sitze auf der anderen Bankseite.

Eigentlich habe ich ihnen eben einen feinsäuberlichen Bericht geliefert, was an jenem Abend geschehen ist, was wir in der Nacht besprochen haben und warum ich letztlich Ja gesagt habe.

Trotzdem verstehen sie es ganz offensichtlich nicht. Aber, wer kann es ihnen verübeln, wäre ich Candice oder Linda, würde ich mich sicher auch nicht verstehen.

Mit jemanden eine unechte Beziehung einzugehen, obwohl man sich bei jeder Gelegenheit über diese Person aufregt, sich über sie auslässt und in jedem Lächeln eine Provokation sieht, ist nicht logisch zu erklären.

Aber genau das versuche ich gerade. Ich möchte meinen besten Freundinnen erörtern, warum es eine gute Idee ist. Obwohl... ich glaube ich will es nicht nur ihnen vermitteln, sondern auch mich selbst nochmal überzeugen. Ich kann nicht mit dem Gedanken leben, dass ich gerade eine riesige Dummheit begangen habe, für einen Wunsch, von dem ich nicht mal weiß, ob er möglich ist.

Man kann Liebe nicht erzwingen und wenn Sebastian mich trotz allem nur in die Friendzone verbannt, dann muss ich das akzeptieren.

„Wie ist er darauf gekommen? Also warum überhaupt, steht er doch auf dich, oder wie?"

Diesen kleinen Teil habe ich allerdings ausgelassen. Einerseits bin ich überzeugt, dass Clive damit rechnet, dass ich Linda und Candice über seine Gefühle für Madison - nein, stopp, ich darf sie Maddie nennen – in Kenntnis setze. Andererseits ist die Sache mit den Gefühlen für ein anderes Wesen etwas so Persönliches, dass ich mich fast schon fürchte, es preis zu geben.

Dahinter steckt keine Logik, sondern einzig und allein Empathie. Ich muss mir nur vorstellen, wie es wäre, würde Clive dasselbe mit mir machen und ich komme ins Zögern.

„Nein, ähm... okay. Aber ihr lasst euch nichts anmerken, kapiert?"

Einstimmiges Nicken. „Okay, also Clive... er mag Madison. Ihr wisst schon, Azuras beste Freundin. Und... sagen wir so, er will ihr etwas beweisen."

Die Zwei verstehen es, dass ich nicht mehr dazu sage, hoffe ich zumindest. Sie kennen mich, sie wissen, wie schnell mich mein schlechtes Gewissen einholt, da hilft auch kein Sport – den ich sowieso nicht betreibe, aber... egal.

Stockend beginnt Candice auf einmal zu nicken und verzieht den Mund halbherzig. „Okay... okay, ja, das ist ein guter Grund. Eifersüchtig machen."

Diesmal grinse ich amüsiert. „Nicht eifersüchtig, nicht mit mir, aber sowas in die Richtung."

„Hä? Rose, du weißt schon, dass du es mit ihr aufnehmen kannst?"

„Nein! Und ich diskutiere mit euch jetzt ganz sicher nicht über meine Selbstwahrnehmung. Es ist Fakt, dass Maddie eine zehn. Punkt, Ende, Finito."

Linda will den Mund aufmachen, doch ich dimme das Licht in meinen Augen drastisch, sodass sie schließlich die Klappe hält. Stattdessen tastet sie nach ihrer Herzkette, dem ollen roten Teil... ich fand es anfangs grässlich, heute kann ich mir sie nicht mehr ohne vorstellen.

Es gehört zu ihr, wie die unzähmbar buschigen Augenbrauen, die nussbraunen Augen und der kinnlange Haarschnitt. Ihre Haarfarbe ist mittlerweile ein rötliches Braun, wie Ahorn. Ich habe sie gewarnt, eine Packung feuermelderrot könnte das walnussbraun nicht vollkommen überfärben.

Tja... Ihr Gesicht erinnert mich an Lily Collins und Lily Reinhart, Riverdale glaube ich, oder war es Stranger Things... ich komme nicht mehr mit, Candice schaut zu viele Serien und zwingt uns definitiv zu oft dazu.

„Und wie lange? Was ist euer Plan, die Geschichte?"

Mir bleibt nichts anderes übrig als meinen Mund unbeholfen zu verziehen und planlos mit den Schultern zu zucken. „Gute Frage."

***

Ich fasse es nicht, dass ich freiwillig vor Clives Haustür stehe und meinen zarten Finger auf den Knopf legen will, der das Tor zu Hölle öffnet. Dahinter verbirgt sich kein Meer aus Flammen, das Haus der Westwoods ist märchenhaft schön. Es ist kuschelig und in warmen Naturtönen gestaltet, ich liebe Elizas Geschmack. Allein die zwei Fotografien im Flur bei ihr sind faszinierend, so sehr, dass ich jedes Mal – was nicht oft ist, wenn ich bei ihnen bin, mindestens eine Minute darauf starre.

Es sind zwei simple Bilder in zwei schlichten eichenbraunen Rahmen, aber für mich sind sie beeindruckend. Das erste zeigt zwei Frauen von hinten, am Strand, ein feiner goldener Filter liegt darüber und beide haben dieselben Jeansshorts an. Meine Mom und Eliza... Das andere zeigt eine Rose, die unter einem Sepia-Filter versteckt ist.

Ich schweife ab, nur um nicht zu klingeln.

Ganz freiwillig ist es auch nicht, eher gezwungenermaßen, um nicht noch mehr Kohlsuppe in den randvollen Teller zu löffeln – ich hasse Kohlsuppe, mein Vater liebt sie...

„Rosie. Es fällt mir immer noch schwer zu glauben, dass es der zweite Tag hintereinander bist, dass du hier auftauchst."

Als würde es ihn überraschen! Haha.

Ohne abzuwarten quetsche ich mich an seinem – leider – trainierten Körper vorbei, streife mir tonlos die Jacke und Schuhe ab und setze mich in der Wohnküche auf den Sessel.

Clive lehnt sich in den Türrahmen und mustert mich amüsiert, von der miesen Laune auf der Heimfahrt merke ich gar nichts mehr. „Wir müssen reden.", stelle ich klar und Schlinge die Arme um meine Beine, um meinen Kopf auf die Knie zu legen.

Gelangweilt blinzelt er mich an und entschließt sich gnädiger Weise doch noch sich auf die Sofa-Lehne zu setzen. Wir sitzen beide falsch auf Polstermöbeln, aber das ist egal, ich bin nicht hier zum Sitzen.

Ich kenne mich hier viel zu gut aus, denke ich und sträube mich gegen diesen Gedanken, immer noch.

„Wie lange ziehen wir das eigentlich durch?"

Weder Clive noch ich halten etwas von sinnlosem Herumgeplapper.

„Was denkst du?"

Dafür hasse ich ihn auch. Das hat er früher schon getan. Auf meine Frage mit einer Gegenfrage geantwortet, um sich kurz darauf darüber zu amüsieren und meine Naivität zu genießen, fast so wie man die erste Gabel eines frischen Erdbeerkuchens genießt, ohne Sahne – ich hasse Sahne, Clive auch. Ein Jammer, dass ich das weiß, ich sollte wirklich versuchen dieses Wissen über ihn aus meinem Kopf zu löschen, aber es will nicht.

„Clive...", jammere ich endgültig verzweifelt über ihn. „Ich bin hergekommen, also bist du jetzt dran." Mein Verhalten ähnelt dem einer zickigen Vierjährigen, aber das ist mir einerlei.

Ich will Antworten und ich muss endlich meine Nerven beruhigen.

Der Junge fährt sich einmal durch die dunklen Haare, dann lässt er seine Footballhände in den Taschen seiner Jogginghose versinken. „Ein halbes Jahr, reicht für uns beide."

„EIN HALBES JAHR?" Zweifellos, damit habe ich nicht gerechnet. Natürlich hätte ich mir das denken KÖNNEN, alles andere wäre viel zu kurz oder schlichtweg zu lang, doch es jetzt verbal noch einmal zu hören... „Ein halbes Jahr...", murmle ich etwas leiser und weiche Clives Blick aus.

„Du klingst schockiert."

„Bist ja ein ganz Schneller.", murre ich und meine Lider stehen auf Halbmast. Darüber grinst er nur amüsiert. Anscheinend bin ich für ihn eine einzige Witzfigur. Schön!

Der Wunsch, von hier zu verschwinden, überfällt mich wie ein Blizzard. Meine Augen gleiten zur Uhr. Halb sieben, ich bin noch nicht einmal fünf Minuten hier...

„Vielleicht solltest du anfangen mich nicht immer mit deinem Blick zerfleischen zu wollen, oder was für Fantasien du auch immer hast."

Überrascht sehe ich auf, seine Augen glitzern schelmisch und für einen winzigen Augenblick bin ich fasziniert davon. Nicht viele Menschen können so eine Expression in einen einzigen Blick legen. „Das wird schwer...", nicke ich, er hat recht. „Und du solltest aufhören mich Rosie zu nennen."

„Nein, geht nicht.", schießt er blitzschnell zurück und ich seufze verzweifelt, einen Versuch war es wert. „Wie wäre es mit weniger Spott?", schlage ich vor und Clive beginnt zu grinsen. Seine Grübchen bohren sich in die Wangen und machen mich seltsam verrückt. „Das könnte ich vielleicht schaffen." „Vielleicht?" „Vielleicht!"

Ergeben lasse ich meine Stirn auf meine Knie sinken. „Warum habe ich nur ja gesagt..."

„Weil Sebastian zeigen willst, dass du einen super Geschmack hast."

„So! Genau SO darfst du nicht vor Maddie reden. Kapiert? Das ist ekelhaft und arrogant!"

„Da ist es besser rot anzulaufen wie eine Tomate und Ähm Äh zu stammeln?"

„Ja?"

„Nein, Rosie. Jungs stehen auf selbstbewusste Mädchen, ein bisschen schüchtern, ja, aber du bist schneller nervös als Benji aufspringen kann, wenn die Cowboys einen Touchdown machen."

„Wer?"

Clives Züge entgleiten ihm und er starrt mich mit leicht offenem Mund an. „Dallas Cowboys?"

„Ach, die... du musst dich schon verständlich ausdrücken.", nuschle ich und verfluche das Blut in meinen Adern, das sich in meine Wangen pumpt. 'Wie eine Tomate'... toll, das werde ich wohl auch nie wieder vergessen können.

Ich bin mir sicher Clive hätte bei jedem anderen Wesen genervt aufgeseufzt, sich die Haare gerauft oder denjenigen als „Banause" bezeichnet, aber mich grinst er nur auf diese spezielle Clive-Weise an – Linda und Candice haben gesagt, dass Clive selten arrogant grinst, dementsprechend bilde ich es mir also ein...

Er stößt sich geschmeidig vom Sofa ab und ist mit einem langen Schritt bei mir. In Zeitlupe stützt er links und rechts die Hände auf die Lehne und kommt mir bedrohlich nahe. Ich bin viel zu perplex, um mich darüber aufzuregen oder ihn fort zu stoßen, weswegen ich schlichtweg mit dem Kopf zurückweiche, während er mich angrinst. „Oh Rosie, ich würde es ja glatt süß finden, aber ich kenne dich zu gut und du bist ein kleiner Teufel, der nicht das geringste Bisschen für Football übrig hat."

Eine Handlänge trennt unsere Gesichter. Eine lächerliche kleine Handlänge, die mir eindeutig zu kurz ist.

„Ähm..."

Verdammt! Ich werde rot und stammle... genau das, was ich angeblich nicht tun soll.

Er lacht leicht und entfernt sich zum Glück endlich, sodass ich wieder normal atmen kann.

„Tu das nicht mehr." Meine Stimme ist weit weg, aber ich hoffe er kann die Skepsis in meinen Augen klar und deutlich sehen.

Ich frage mich, was ich mir davon erhoffe, denn er grinst. ER GRINST. Wieso grinst er immer? Kann er nichts anderes und warum fällt mir das so extrem auf?

„Soll ich dir etwas sagen? Wir müssen uns vermutlich auch mal küssen." Gespielt schockiert saugt er die Luft ein und schlägt sich auf den Mund. „Unfassbar, oder? Wir sind ein Paar und müssen sowas machen... ob du das überlebst?"

„Hör auf.", zische ich und greife nach dem erst besten Gegenstand in der Nähe, ein Kissen – sein Glück – und pfeffere es ihm gegen den Kopf.

Clives Prusten daraufhin beruhigt mich nicht, sondern reizt mich noch viel mehr, sodass ich mit hochrotem Kopf aufspringe und ihm das Kissen aus der Hand reiße, er hat es natürlich gefangen, er spielt auch Football...

Westwoods besitzen IKEA-Kissen, sowohl die weichen mit Watte innen als auch die festen mit Federn. Das, mit flauschigem Kunstfellbezug in meiner Hand, ist eines von den Festen. Kläglich versuche ich Clive damit zum Schweigen zu bringen, doch er lacht und lacht und lacht und landet irgendwann auf dem Sofa, aber das Kissen – ja, ein Kissen – scheint ihn nicht im Geringsten zu stören.

„Klappe!", flehe ich.

Plötzlich hält er das Kissen fest, greift nach meinen Händen und bevor ich überhaupt realisiere was da eigentlich passiert oder wie er das anstellt, knalle ich auf die Couch, er über mir und seine Augen funkeln provokant, aber seine Lippen sind immer noch zu einem einzigen Lachen verzogen.

Es wäre logisch, dass ich nun durchdrehe und wie ein Fisch an Land beginne zu zappeln, oder ihn anschreie, aber mir stockt einfach nur der Atem. Diese Situationen passieren in letzter Zeit viel zu häufig und ich befürchte, es wird sich in naher Zukunft nichts ändern.

Die Hitze steigt mir zu Kopf.

„Wie viele Beziehungen hattest du eigentlich schon?"

Die Frage verlässt seine Lippen wie ein beiläufiger Kommentar über das Wetter, aber mir lässt sie das Herz stolpern. Es ist mir peinlich.

Ich schlucke. „Eine" Streng genommen... war es keine Beziehung. Joseph und ich haben zwar rumgeknutscht, aber mehr war das nicht. Wir hatten keine echten Dates, höchsten Treffen bei mir oder ihm, einen Film gesehen und lagen nebeneinander... aber das muss Clive ja nicht wissen. „Und du?", piepse ich, um das beklemmende Gefühl in meiner Brust zu überspielen.

„Zwei."

Schweigen.

„Geh runter von mir.", meine ich abrupt und spüre wie das zickige Verhalten in mir überhandnimmt – zum Glück. Clive grinst.

„So sensibel.", seufzt er.

„Wie kommst du eigentlich darauf?", frage ich ihn geradeheraus, sobald sein Körper meinen nicht mehr berührt. „Interessiert mich."

Ich wollte gerade etwas Patziges erwidern, als das Geräusch von Schlüssel und Schloss meinen Mund austrocknen lässt.

Meine Augen werden groß, panisch blicke ich zu Clive. „Hat deine Mom nicht erst um sieben aus?", wispere ich und er zuckt nur lässig mit den Schultern.

Warum bin ich eigentlich die Einzige, die sich deswegen verrückt macht? Hat er keine Angst davor erwischt zu werden? Zum Schluss glauben unsere Eltern noch, dass zwischen uns etwas läuft...

„Clive?"

„Hier!"

„Bist du wahnsinnig.", zische ich lautlos und springe vom Sofa auf. Wie ein Zinnsoldat stehe ich neben Clive, der keine Spur Nervosität aufweist. „Warum?" „Weil wir nie etwas zusammen machen?"

Elizas Schlüssel klirren, vermutlich legt sie sie gerade auf die Kommode, Schuhe ausziehen, Mantel aufhängen...

Mein Puls steigt. Was könnten wir ihr sagen? Oh Gott! Verdammt, sie bekommt das sicher raus.

Ihr feines Lachen erhellt den Flur. „Ich bin zuhause. Clive, Schatz, das war heute wirklich lustig in der Arbeit. Helene hat mich doch tatsächlich gefragt, ob du letztens auf dem Rathausplatz in der Innenstadt jongliert ha... Mary? Hey, was machst du denn hier?"

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Meinungen?

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💌 N°13:

Würdet ihr euch als mutig oder schüchtern einstufen?

Hmm, ich würde mich selbst glaube ich als relativ mutig einstufen. Ich meine, warum nicht, was gibt's zu verlieren? Andererseits... ich kann auch verflucht schüchtern sein.🤷‍♀️

XX Ane

Ps. Checkt mein Insta aus: sxmelittlestories

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