67. Zurück zum "Idiot"✔

Unable are the loved to die, for love is immortality. - Emily Dickinson

Song: Part of me - Joel Leggett

Rosemary P.o.V.

"Ich liebe deine Familie!"

Clive grinst mich überaus belustigt an, er sollte sich eigentlich auf die Straße konzentrieren.

„Hmm, ich auch."

„Ach, und Mary... die ist ja Zucker."

„Hmm, sicher."

Jeder, absolut jeder – selbst Sheldon Cooper – hätte den ironischen Unterton aus Clives Stimme gehört. Trotzdem sagt er das auf so eine süffisante und geschmeidige Weise, dass ich widerwillig grinsen muss.

Ich spüre seinen Blick auf mir, aber ich weigere mich Clive anzusehen, sonst sieht er mein Grinsen und das gibt ihm nur wieder Anstoß zum arrogant sein.

„Und wen hast du alles eingeweiht?"

„Alle natürlich, außer Don." Jetzt drehe ich mich doch noch zu ihm. Ich schenke ihm einen scharfen Blick. „Wag es ja nicht zu übertreiben."

Abwehrend hebt er eine Hand und blinzelt unschuldig. „Wow, wow, wow. Langsam. Ich bin nicht derjenige, der vor seiner Familie herausposaunt hat, du wärst meine Freundin."

Empört schnappe ich nach Luft, aber ich schweige. Clive hat recht.

„Mary ist einfach so ätzend! Ich kann nichts dafür."

„Dann lieber behaupten ich wäre dein fester Freund? Warum?" Ich weiß genau, worauf er hinaus will, aber ich möchte ihm diese Genugtuung nicht geben.

„Außerdem weiß meine Familie Bescheid, nur eben Don und Mary nicht. Wir müssen also nur so tun, wenn Mary da ist."

„Das ist keine Antwort."

„Weil sie dich heute Morgen so angegeiert hat und dir am liebsten die Klamotten vom Leib gerissen hätte, nur weil 'mir gehörst'." Sobald ich die Worte laut ausgesprochen – oder besser, ausgeschrien – habe, wird mir ihre Bedeutung bewusst.

Himmel, ich habe Clive gerade als 'Meines' bezeichnet.

Meine Wangen fangen Feuer.

„Ach?"

„Tu nicht so.", fauche ich leise.

„Bist du etwa eifersüchtig?"

„Worauf denn?"

„Rosie..." Er neckt mich, ich muss nicht hinsehen, um mir sein arrogantes Grinsen zu verinnerlichen. Es erscheint automatisch vor meinem inneren Auge.

„Mary will einfach alles was ich habe."

„Und ich gehöre dir?"

„Ähm, nein, also ja, schon irgendwie?"

„So? Und was, wenn ich Mary richtig geil fände?"

„CLIVE!"

Kreischen, eine Sache, die ich wirklich so selten tue, wie mein toter Grandpa Andrew seine Ohren geputzt hat – fast nie.

Er lacht, der Teufel in ihm lacht.

Ich weiß nicht was mich mehr entsetzt: Dass er 'geil' und Mary im selben Satz gesagt hat oder, dass er es überhaupt in Erwägung gezogen hat. Wir reden hier immer noch von meiner Cousine.

„Okay, sie ist mir vielleicht ein wenig zu jung."

„Wirklich? Das ist dein Problem?"

„Naja... sie sieht schon ziemlich gut aus..."

Dafür kassiert er einen harten Knuff in den Oberarm.

Nicht meine beste Idee, dem Fahrer zu schlagen. Das ist überhaupt nicht meine Art und trotzdem weckt Clive jede schlechte Ader in mir.

Beleidigt verschränke ich die Arme und starre demonstrativ aus dem Fenster. Montour ist eingeschneit.

„Och Rosie... komm schon..."

Nein, nichts da.

„Du musst da vorne rechts."

Gut möglich, dass ich es jetzt schon bereue behauptet zu haben, er wäre mein Freund.

Natürlich, die Idee war so simpel und schien so genial, so nahe. Wir haben diese Scharade schon einmal gespielt und jeden hinters Licht geführt, warum nicht jetzt auch.

Wir müssen dabei noch nicht mal wirklich jemanden belügen – außer Mary und Don. Ich habe die anderen kurz darauf aufgeklärt, sobald besagte zwei aus dem Raum waren.

„Rosie, ich bin nur interessiert an deinen Beweggründen."

„Oh, sind wir jetzt Mr. Psychologe?"

Pff! Meine Beweggründe...

Keine Ahnung...

Ehrlich gesagt, ich habe keinen Schimmer, was mich geritten hat. Ich weiß nicht einmal jetzt, warum ich so zickig und schnippisch bin.

Als ich mit Clive aufgetaucht bin brandete das Getuschel auf, eigentlich wollte ich es sofort im Keim ersticken, aber dann habe ich Marys Gesicht gesehen -ihren Blick, ihre Augen.

Sie hat Clive gemustert, so, als hätte sie ihn am liebsten mit Haut und Haar verschlungen, oder in ihr Zimmer geführt. Wie ihre Lippen ein Stück auseinandergedriftet sind und wie sich ihre Fäuste gelockert haben...

Schock-verliebt.

Dann kam ich ins Bild und die Giftpfeile sengten sich nur so auf mich nieder.

Und plötzlich, dieses Gefühl in meiner Brust, diese unbekannte Wut ihr gegenüber war nicht mehr länger unter meiner Kontrolle. Ich kannte diese Art von Zorn gar nicht. Aber ich schätze es war die Kombination, wie sie Clive betrachtete und dann mich.

Als könnte ich nie jemanden wie Clive haben, als hätte ich keine Chance und sie würde ihre erste sofort nutzen und ihn sich angeln, und wenn es nur aus Protest war, um mir eins reinzuwürgen.

Es war allseits bekannt, dass Clive und ich nur Freunde sind.

Aber in diesem Moment, meine Sicherungen brannten durch, verschmorten.

Völlig fremdgesteuert nahm ich Clives Hand, zog ihn so nah wie nur möglich hinter mich und funkelte ihr scheinheilig lächelnd entgegen.

Ich konnte an Clives Hand spüren, wie verwirrt er war, dazu musste ich mich nicht umdrehen. Aber allmählich entspannte er sich und er drückte meine ein bisschen, ich drückte zurück und dann schlang er – als hätten wir es vorher abgesprochen und einstudiert – seinen Arm um mich, um meinen Bauch.

Schock in ihren Augen.

Genugtuung für mich.

Und jetzt habe ich das hier davon. Einen Clive, dessen Ego sich dadurch auf Level eine Million geschaukelt hat.

„Rosie, bitte..." Er schmollt, ich sehe es im Augenwinkel.

Ich hasse es, wenn er schmollt.

„Dann hör auf mich zu ärgern."

„Ich ärger dich doch gar nicht."

„Doch!"

„Weil ich frage?"

„Weil du du bist!"

„Oh... sorry."

„Es tut dir nicht leid."

Wieder lacht er. „Jetzt komm schon. Ich wollte doch nur ein bisschen Spaß... deine Family weiß Bescheid und du hast Mary eins reingewürgt, zufrieden?"

„Ein bisschen...", gebe ich schließlich zu und stoße die angestaute Luft aus.

***

„Danke, ihr seid zwei Goldstücke." Fröhlich singend nimmt uns Grandma die beiden Boxen ab – eine mit Kuchen, die andere voll Brötchen und Brezeln.

Ich weiß nicht genau warum sie so gute Laune hat, aber mir soll es recht sein. An Weihnachten braucht man eigentlich auch keinen Grund.

„Können wir sonst noch was helfen?"

Clive, der Schleimer.

Nur weil meine Familie im gestern im schönsten Glühwein-Fieber das Du angeboten hat und meine Grandma ihn heute Morgen in den Arm genommen hat...

Es ist schön, keine Frage – mir war von Anfang an klar, dass meine Familie Clive lieben wird, er kann auch zuckersüß sein, aber, dass sie ihn so herzlich willkommen heißen.

Gut, er ist nicht wirklich ein Fremder, man kennt sich von so manchem Geburtstag meiner Eltern, aber mehr nicht. Er hat mit keinem von ihnen je ein wahrhaftig intensives Gespräch geführt.

„Ihr beiden könntet den Tisch decken. Gigi und Max helfen mir drüben." Sie seufzt dramatisch, dann hebt sie den Kopf wieder und zwinkert uns verschwörerisch zu. „Das restliche Pack schläft ja noch."

Wir müssen beide grinsen.

Dann rauscht sie aus dem Raum.

„Also gut, dein Vater kann kochen und deine Mom. Wieso du nicht?"

Natürlich. Er grinst nicht wegen Grandmas letztem Satz, sondern weil er einmal mehr fünf Ecken voraus denkt.

Halb genervt, halb verblüfft über seine Gedanken-Verkettung, rolle ich mit den Augen. Aber dann... dann erinnere ich mich plötzlich an vorgestern, an Heiligabend, an den Rauch...

Und ich kann nicht aufhören ihn siegessicher anzugrinsen. „Ich hab vorgestern nicht das Lebkuchenblech verbrennen lassen."

Sein Lachen verblasst für eine Sekunde, er mustert mich prüfend. Ich traue mich sagen, er analysiert mich. Schließlich lacht er wieder, er lacht schrecklich arrogant und zieht eine Braue nach oben. „Erstens, es ist nicht VERbrannt, sondern nur oberflächlich angebrannt, sonst hätten wir kein so göttliches Haus mitnehmen können. Und zweitens, ich habe gestern zufällig aufgeschnappt, dass du schon mal Spaghetti hast brennen lassen."

Meine Augen werden groß.

„Wer hat dir Das verraten?!", zische ich und versuche ihn mit meinem Blick zu erdolchen.

Lachen. Nur Lachen.

„Tja..."

„CLIVE!"

„Ich habe geschworen meine Quelle zu schützen."

„Deine Quelle kann nur meine Mom, mein Dad oder Grandma sein. Also?"

Egal wer von den Dreien die Details über jenen „Unfall" ausgeplaudert hat, den verfluche ich. Sie haben mir hoch und heilig versprochen Todschweigen zu bewahren.

Wieder so ein tiefer Blick von ihm.

Ich kann schwer sagen, ob er mich gerade ernst nimmt oder abwägt mich weiterhin auszulachen.

Plötzlich beugt es sich nach vorne, er kommt immer näher, bis ich seinen teuflischen Atem an meinem Ohr spüren kann. Mein Herz pumpt immer schneller. „Rosie... verrat du mir zuerst..." Die folgende Pause spannt meine Lungen auf Anschlag. Was zur Hölle ist los mit mir?! „... wie kann man rohe Spaghetti in einem Topf voll Wasser zum Brennen bringen?"

Puff!

Weg!

Aber mein Herz rast weiter.

Entrüstet donnere ich meine Hand auf Clives Bauch.

Nur um es kurz darauf zu bereuen. Ich hätte es besser wissen müssen. Gut möglich, dass es mir mehr weh getan hat als ihm.

Bin ich so leicht zu durchschauen, hat er geahnt, dass ich ihn schlagen wollte? Also... nicht schlagen, aber boxen... Boxen klingt gut.

Es würde mich auch nicht wundern, wenn sein schallendes Lachen das „restliche Pack" aufwecken würde.

„Idiot!", fauche ich und mache auf dem Absatz kehrt. Ich will nicht eine Sekunde länger neben ihm stehen.

Er macht mich den ganzen Vormittag über schon rasend. Erst die Autofahrt, jetzt das. Was kommt als nächstes? Will er mir letzte Nacht auch noch vorhalten?

Oh oh! Letzte Nacht...

Möglicherweise teile ich mir üblicherweise ein Zimmer mit Jake – Jake, dem Schnarcher. Aber eine andere Alternative gibt es nicht. Ich weigere mich mit Mary oder Don ein Zimmer zu teilen und das sind meine Alternativen für ein Zimmer, für ein Bett.

Die einzige Option, die mir also bleibt, ist die Matratze im Dachboden.

Und dieses gute Stück nutze ich jedes Jahr. Am ersten Abend kann ich mich durch die Nacht quälen, aber am zweiten und Dritten bin ich am Ende mit meinen Nerven und stehle mich – wenn Jake eingeschlafen ist – nach oben. Es ist zwar unbequem, aber friedlich.

Nur das Problem, dieses Mal, heißt Clive.

Clive, der eigentlich keinen Schlafplatz mehr hat und den ich – um meiner Familie zu beweisen wir wären kein „echtes" Paar – nach oben verbannt habe, natürlich so, dass Mary das nicht mitbekommt.

Drei lange Schritte und er steht mit einem süffisanten Grinsen neben mir vor der Vitrine. Ich weigere mich ihn anzusehen.

Vorsichtig stupst er mich in den Arm.

Ich bleibe stur und staple einen Teller nach dem anderen aufeinander.

„Rosie..."

„Nein, diesmal nicht."

„Aber das ist wirklich lustig... das musst du zugeben."

Er pikst mich unnachgiebig weiter.

Solange bis ich mit einem genervten Seufzen die Teller abstelle und zu ihm drehe. Abwartend funkle ich ihn an.

Es hat etwas von einem Kleinkind und einer Mutter.

Der Unterschied ist nur, dass Clive größer ist als ich und älter – historisch gesehen.

„Oh komm schon."

„Du bist ein...-"

„Idiot. Ich weiß schon. Aber einer, der recht hat."

Und plötzlich zischt es wieder und ein widerwilliges Lachen stiehlt sich auf meine Lippen.

„HA!"

„Du bist schlimmer als Benji."

„Benji ist acht."

„Und auf deinem Ausweis steht achtZEHN, und trotzdem benimmst du dich so?", schieße ich zurück.

Clive zuckt desinteressiert mit den Schultern. „Nur ne Zahl. Wenn wir danach gehen, dann solltest du auch kochen können. Selbst Benji kann besser kochen."

„Können wir endlich aufhören über meine Kochkünste zu reden?"

„Ähm, ja, aber nur, wenn du nie wieder KochKÜNSTE sagst. Das, was du... fabrizierst, ist keine Kunst. Das kannst du auf einer Leinwand und mit Farbe, aber nicht in einer Küche."

Wo er recht hat...

„Du nervst."

„Du auch."

Er grinst... ich grinse auch.

***

Die zweite Nacht hier...

Lautlos schäle ich mich aus dem Bett, tapse mit patschenden Füßen über das alte Eichenparkett und seufze still, sobald ich Jakes Schnarchen hinter mir gelassen habe.

Im Dunkeln schleiche ich den Flur hinunter.

Die Müdigkeit hat meinen Verstand komplett abgeschalten. Ich lasse mich allein von diesem Gefühl leiten und der Sehnsucht nach Schlaf.

Seltsames Gefühl, denke ich.

Der Flur scheint endlos zu sein, ich taumle mehr, als ich laufe...

Die Wendeltreppe wird zum Maislabyrinth.

Aber ich schaffe es. Nur noch ein kleines Stück, wie gestern.

„Rosie?"

„Darf ich?", wispere ich schlaftrunken. Ich blinzle in den Mondschein.

Sebastian hat mir erzählt, er würde es hassen mit hochgefahrenem Rollladen zu schlafen.

Mir macht das nichts, eigentlich liebe ich den Mondschein, Sterne und am Morgen das Licht... es ist friedlich.

Ich glaube Clive mag das auch.

Keine Antwort, stattdessen rollt er ein Stück zur Seite, lupft die Decke nach oben und ich kann im Schimmer sein halbes Lächeln ausmachen.

Ob es arrogant ist? Keine Ahnung.

Ich bin müde...

Er legt seinen Arm um mich.

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Hello,

Wie gefällt euch die Aktion zwischen den Beiden? Wollt ihr mehr davon?

***

💌N°70: Würdet ihr euch als fotogen bezeichnen?

Hmm, an und für sich bestimmt, aber ich bin leider viel zu kritisch.

XX Ane

Ps. Folgt mir gerne auf Instagram: @sxmelittlestories

Gleicher Name wie hier auf Wattpad, dort gibt es alles rund um Wattpad und co. u allgemein BÜCHER. 😏

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