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When love is not madness, it is not love. - Pedro Calderon de la Barca

Song: Home - Dotan

„Clive, warte mal."

Er bleibt tatsächlich stehen und dreht sich um. Was heißt tatsächlich, es ist Madison, die seinen Namen ruft, natürlich bleibt Clive stehen.

Ich frage mich ernsthaft was mir das Schicksal damit sagen möchte, dass ausgerechnet diese beiden vor mir in den Gang einbiegen müssen. Wieso nicht Rebecca oder Sebastian oder... jeder andere, nur nicht die Zwei.

An der Stimmung zwischen mir und Clive hat sich nicht sonderlich viel geändert, nur, vielleicht habe ich nicht mehr das Gefühl es würde mich innerlich zerreißen, wenn unsere Blicke sich kreuzen.

Das Maddie jetzt so dicht neben ihm vor mir schwebt stört mich. Schon klar, wir sind seit gut drei Wochen „getrennt", aber ich dachte Maddie und ich sind Freundinnen und das... das sieht aus wie die Suche nach Körpernähe.

Zugegeben... Clive dachte auch, dass er und Seb Freunde wären – oder wir, aber diese Dinge haben sich offenbar geändert.

Uns trennen vielleicht fünf Mitschüler, aber das heißere Gemurmel vor mir ist nicht einmal ansatzweise laut genug, um ihr Gespräch davon abzuhalten meine Ohren zu erreichen.

Ihre Schultern streifen sich... Maddies zierliche Schultern... „Wie war der Test?" Test?! Clive hat einen Test geschrieben, was hatte er eben? Dienstag, sechste Stunde... Biologie!

Er zuckt mit den Schultern, wendet seinen Kopf ein winziges Bisschen zu ihr. Ich kann sein verschmitztes Grinsen erahnen. „Geht schon, es gibt schöneres als Mrs. Hamiltons Liebe für Photosynthese und Chemie zu spüren."

„Sie liebt es Chemie hinein zu streuen."

Ihr Lachen ist so glockenhell und warm, dass sich eine Gänsehaut über meinen Körper zieht.

„Oh ja. Am liebsten wäre ich aufgestanden."

„So schlimm?"

„Schlimmer."

„Du Armer." Sie knufft ihn vorsichtig in die Schulter und es hätte mich nicht gewundert, wenn ihr jetzt rein zufällig die paar Bücher aus der Hand fallen. Das wäre eine Schande gewesen, dann hätte Clive sie ihr sicher aufsammeln dürfen.

Mein Herz pocht dumpf in meiner Brust. Ob er mich vielleicht doch gesehen hat? Und das Absicht ist? Gott, wie er sie anlächelt und dieser verdammte Körperkontakt!

„Rosemary, hey!"

Was erwarte ich? Dass Clive sich umdreht und mich vollkommen betroffen anblinzelt, merkt, dass er überreagiert hat und wir zu Friede, Freude, Eierkuchen zurückkehren? Nein, natürlich nicht...

Er hört Sebastian nicht einmal, so vertieft ist er im Gespräch mit der werten Maddie.

Himmel, ich sollte wirklich damit aufhören. Clive wird sich irgendwann wieder einbekommen – und wenn es mit fünfunddreißig ist...

„Hey." Ich kann nicht anders als ihn anzulächeln, auch wenn es nicht mein ehrlichstes oder breitestes Lächeln ist.

Prompt spiegelt sich mir dasselbe entgegen. Er mustert mich einen Augenblick lang, dann knufft er mich gegen die Schulter. „Bist du okay?" Für eine Sekunde spiele ich mit dem Gedanken zu nicken, Ja zu sagen, letztlich entscheide ich mich für ein ehrliches Kopfwiegen.

Ich weiß nicht genau was ich sagen soll. Bis eben ging es mir sogar einigermaßen gut, aber jetzt... vielleicht trifft okay es ganz gut.

Sebastian folgt meinem Blick nach vorne und sobald wir uns wieder anblicken verzieht er aufmunternd einen Mundwinkel. „Immer noch sauer?"

Ich nicke.

„Tut mir leid."

„Seb. Hör endlich auf damit! Es war nicht allein deine Schuld."

Ich hätte gerne lauter gesprochen, es ihm durch Lautstärke klargemacht, aber um uns herum sind zu viele Menschen und dazu noch Clive mit Maddie keine zehn Meter entfernt.

Seine warmen Augen lächeln mich schwach an. Ich glaube das hat mich als erstes an ihm fasziniert, wie kunstvoll er den Ausdruck ändern kann, mit seinen bloßen Augen. „Doch..."

Mit einem Seufzer ergebe ich mich. Ich kann es ihm ja doch nicht ausreden. „Meine war es auch. Und das Clive jetzt sauer ist... lass ihn." Ich kann ihn irgendwie verstehen, hätte ich am liebsten hinzugefügt. Um ehrlich zu sein, weiß ich immer noch nicht genau wie ich mit der Information umgehen soll, dass Sebastian Anita geküsst hat und jetzt mich. Es kann nicht daran liegen, dass wir Clives Freundin beziehungsweise „Freundin" waren, denn sonst hätte Seb jetzt kein Interesse mehr, oder? Außerdem hat er mir doch gebeichtet, dass er mich schon eine ganze Weile lang mag und sich nur Clives wegen nicht getraut hat...

Vielleicht war das alles nur ein ganz großes Kuddelmuddel aus dem keiner wirklich gut davon gekommen ist. Der einzige Unterschied ist, dass keiner von Clives und meiner Lüge weiß und uns dadurch die Schmach erspart bleibt, aber unser Verhältnis hat sich von schlecht zu perfekt und wieder grauenvoll-gebrochen geändert...

Man kann sich eben nie sicher sein, hätte Grandma Joy jetzt zu mir gesagt und mir über die Wange gestrichen.

Jetzt neben Sebastian zu schlendern, auf dem Weg zur Mensa, hat einen leicht komischen Beigeschmack... wir haben zwar die letzten Wochen immer wieder geschrieben, oder gequatscht, aber zwischen uns war stets diese Spannung.

In der Mensa saßen wir an separaten Tischen mit unseren Freunden, in Kunst haben wir uns über die Künstler ausgelassen und sonst ging es um jenes Kunstprojekt oder neutrale Themen. Sobald Clive auch nur im Geringsten ins Gespräch gekommen ist, haben wir gewechselt.

Andererseits freue ich mich, dass wir uns vielleicht nun auf dem Weg befinden das Komische hinter uns zu lassen, obwohl ich glaube, dass es niemals ganz weg geht...

„Hast du mit ihm eigentlich mal gesprochen?"

Seine vorsichtige Tonlage lässt mein Herz eine Etage tiefer sacken. Zögerlich nicke ich. „Benji wollte ein Versprechen von ihm einfordern und das hat mich irgendwie beinhaltet."

„Oh."

„Es war komisch, aber... keine Ahnung."

„Ihr schafft das schon..."

„Ich hoffe es."

Er lächelt wieder so halbherzig. Ein Blinder könnte ihm in diesem Augenblick ansehen, dass er sich dasselbe für ihn und Clive wünscht.

„Hast du heute Zeit?", platzt es gedankenlos aus mir und dementsprechend überrascht ist Sebastians Blick. Aber nicht nur er ist überrascht, ich auch.

Der Junge neben mir nickt scheu. „Magst du zu mir kommen?"

Jetzt nicke ich. „Drei?"

Ich bin überrascht davon, dass ich tatsächlich den Mut gefunden habe zu fragen, aber nicht von meinem Beweggrund. In meinem Kopf prangt eine Frage ganz groß: Warum hast du Anita damals geküsst?

Genau das will ich ihn fragen, aber hier und jetzt wage ich das nicht.

„Passt."

Ich kann ihm ansehen wie unentschlossen er über seine Gedanken ist, dass er sich fragt, wieso.

„Du musst mir dann übrigens beim Gras ein bisschen helfen, das bekomm ich immer noch nicht gescheit hin."

Als er leise gluckst kann ich spüren, dass ich ihm damit ein kleines Stück der Spannung genommen habe.

Was habe ich da gerade getan?

Wollte ich nicht das Komische beenden, hinter mir lassen und jetzt treffe ich mich mit ihm, obwohl nichts wirklich geklärt ist?

Was ist nur los mit mir, wieso tue ich all das.

Das Ganze hätte jetzt auch ein Ende gefunden, wenn nicht plötzlich „LEUTE, was rennt ihr hier vor uns weg." Hinter uns geschallt hätte. Justin, Leroy und Cole grinsen uns munter entgegen, als wir uns umdrehen.

Mein Herz sackt noch tiefer. Ich bin in diesen drei Wochen nicht einmal mit Sebastian den Gang hinuntergelaufen, die Clique hat uns „Hallo" und „Tschüss" sagen hören, aber nicht mehr.

„Wir sind garantiert nicht gerannt.", lacht Seb kopfschüttelnd.

„Hmm, vielleicht vor dem Gespenst?"

„Alter, Jus, was redest du schon wieder für einen Scheiß?!" Cole stöhnt leise auf und grinst mich anschließend an. „Na, alles wieder fit bei euch beiden?"

Die Röte steigt mir automatisch ins Gesicht, ob ich will oder nicht – ich will nicht. Aber bevor ich auch nur verlegen herumstammeln kann, kommt mir Sebastian zum Glück zuvor.

„Wieder?"

„Naja, ihr hattet, sagen wir mal... eine schweigende Zeit?"

Im Moment frage ich mich eher wie Cole es hinbekommt, dass die Situation nicht peinlich ist, sondern eher provokant, als dass ich mir Gedanken über die eigentliche Frage mache.

Wir stehen hier mitten im Flur, vereinzelt streifen Schüler an uns vorbei und ich kann Sebastians hilfesuchenden Blick spüren.

Offenbar hat keiner von ihnen eine Ahnung, warum hier alles drunter und drüber ging, oder dass Sebastian und ich uns geküsst haben. Hat Clive etwa nichts erzählt?

„Ist es ein Geheimnis, oder wie?" Justin fehlt gelegentlich wirklich Taktgefühl...

Dafür kassiert er von Leroy einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Was? Nein, ähm... ich... ich."

„Schon gut, wir wollten euch nicht in Verlegenheit bringen, es war nur alles ziemlich seltsam in letzter Zeit. Zuerst Clive und du und dann der Streit zwischen euch... wir sind nur... wir sind eure Freunde..."

Sebastian atmet schwer, ich halte die Luft an.

Mir ist bewusst, dass die Jungs eins und eins zusammenzählen können und natürlich nicht ausgeschlossen haben, dass etwas zwischen mir und Seb passiert ist, warum sonst sollten Clive und Seb sich fast prügeln.

„Leute, es war... ich...-", beginnt Sebastian und ich ahne, dass er es ihnen beichten möchte. „Ich war sauer auf Sebastian, weil er sich fast mit Clive geprügelt hätte und das mit mir und Clive war... wir passen einfach nicht zusammen, das ist alles.", platze ich dazwischen und die Mienen um mich herum wechseln von fragend zu überrascht zu verständnisvoll und doch immer noch fragend.

„Okay..." Cole sieht nicht nach „Okay" aus, er hat noch Fragen. Fragen wie: Warum hätten die Zwei sich beinahe in die Haare bekommen? Was genau hat bei euch beiden nicht gepasst, ihr wart doch ein Herz und eine Seele? Und warum warst du sauer auf Sebastian, das war eine Sache zwischen ihm und Clive?

„Rose...-" Ich schneide Sebastian sofort das Wort ab. Das letzte, was ich jetzt möchte, ist ein riesengroßes Drama. Meine Gedanken sind Chaos genug.

„Hat Clive nichts gesagt?"

Es ist glaube ich das erste Mal in meinem Leben, dass ich so bissig reagiere, ja fast schon schnippisch.

Genauso verwundert von meiner Art mustern mich die Jungs, bis sie schließlich einstimmig ihren Kopf schütteln.

„Okay, dann... das war kompliziert, aber ja..." Und damit ist der bissige Moment vorbei, meine gewohnte Zurückhaltung und Sprachlosigkeit ist zurück und natürlich die Tomatenröte.

Ich verstumme, was sollte ich auch noch sagen.

„Schon okay, das ist eure Sache." Vorsichtig nicke ich, insgeheim bin ich Cole allerdings unfassbar dankbar, dass er dem Ganzen offenbar einen Deckel aufsetzen möchte und, dass er Richtung Mensa nickt. „Sollen wir?"

Noch mehr Genicke.

Aber wenn ich ehrlich bin... den Deckel können wir jetzt nicht mehr gescheit zuschrauben, jetzt schweben die Fragen in der Luft und ich habe keine Ahnung was Clive den Jungs noch erzählt, wenn sie IHN drauf ansprechen sollten.

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Hey...

💌N°62: Lieblings-Xmas-Song?

„Do they know it's Christmas – 2014" von Band Aid 30

XOXO Maggie🌷

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