53. Bus-Freunde ✔
A man is already halfway in love with any woman who listens to him.-Brendan Francis
Song: Eyes Shut - Years and Years
Rosemary P.o.V.
Ich habe es ihm gesagt...
Oh Gott!
Ein bisschen spät, um mit dem Denken anzufangen, um Folgen abzuwägen und den Schaden vorauszusehen.
Wie betäubt tragen mich meine Beine zum Auto, ich weiß nicht einmal genau, wie ich es zu mir nach Hause in die Auffahrt geschafft habe, aber hier sitze ich nun und umklammere das Lenkrad fester als ein Baby den Daumen seines Vaters.
Was habe ich da gerade getan?
Und warum habe ich das getan? Was um alles in der Welt hat mich da eben geritten, wie konnte ich nur so... so wütend und zügellos werden?
Es ist so, als hätte mein Verstand sich für ein paar Minuten verabschiedet und ich irgendwelchen wirren Gefühlen, die ich nicht einmal gescheit kenne, das Kommando übergeben.
Jetzt ist nicht nur einer schwer verletzt, sondern zwei – mit mir sogar drei.
Gut, Sebastian weiß noch nichts davon, aber mich graust es vor dem nächsten Schultag. Himmel, ich habe es ihm doch irgendwie versprochen, dass ich meinen Mund halte... er hat mir erlaubt es zu sagen, wenn ich es nicht aushalte, aber...
Oh Gott!
„Verdammt!", schluchze ich und die nächste Träne rollt über meine Wange.
In meiner Brust sticht es heftig und unkontrolliert, meine Augen brennen, aber ich will nicht weinen. Ich möchte nicht, sonst höre ich nicht mehr damit auf.
Was bin ich für ein Mensch?
War ich wegen Clives Glück so getroffen, weil er es herausposaunen konnte und ich meines nicht? Habe ich deswegen so unsensibel reagiert...
Ich hätte mit Clive reden sollen, er hat recht. Wir sind... wir waren Freunde, beste Freunde, und vielleicht wäre er nicht ausgetickt oder gar zu verletzt gewesen, hätte ich es ihm in aller Ruhe beigebracht, mit einer feinen Wortwahl und Mitgefühl. Aber nein, natürlich nicht! Natürlich musste ich ihm all das Vorgefallene vor die Füße pfeffern und noch ein bisschen darauf herumtrampeln.
Und diese Frage... was Clive mir über Sebastian erzählen wollte...
Die nächste Träne platzt heraus.
Wann hat dieses Drama angefangen?
Vielleicht hätte ich nie Ja sagen sollen... Vielleicht hätte ich einfach mehr Mut haben müssen und Sebastian nach Kunst, in Kunst oder vor Kunst ansprechen sollen, ihn fragen, ob er einmal mit mir etwas machen wollte oder zum Zeichnen treffen.
Vielleicht bin ich die Wurzel allen Übels und nicht Clives beschützerisches Gehabe.
Irgendwas davon...
„Ihr seid mehr als das..." Candice Worte dringen in mein Bewusstsein. Mehr als Freunde, meinte sie.
Was ist schon mehr? Beste Freunde, Geschwister, Liebespaar?
Nein, ich empfinde für Clive nichts auf dieser Ebene. Clive ist für mich wie ein... wie ein... wie ein Clive eben. Er ist kein Bruder für mich, aber er ist auch nicht mein bester Freund... er ist einfach Clive.
Verdammt! Was soll ich jetzt nur tun?
Ich kann nichts davon rückgängig machen und diesen Schmerz... den muss ich jetzt ertragen.
***
Montag.
Ich fand Montage schon immer ekelhaft, aber nie grausam oder brutal. Doch dieser, heute, lässt das Blut in meinen Adern gefrieren.
Gestern habe ich Sebastian geschrieben: Er weiß Bescheid... Vermutlich habe ich nicht verdient, dass er mir so verständnisvoll 'Schon okay, ist besser so' antwortet, oder dass er versucht mich zu beruhigen, obwohl er nicht einmal bei mir war und hätte sehen können, wie fertig ich mit der Welt war und es immer noch bin.
„Hab keinen Hunger, ich geh schon mal.", rufe ich tonlos Richtung Küche zu meinen Eltern. „Bis heute Abend."
Damit lasse ich die Türe ins Schloss fallen. Ich stelle mir vor, wie meine Mom unruhig den Stuhl zurückschiebt, in den Flur schaut und mir mit einem ihrer 'Du kannst mir alles sagen'- Blicke zuwirft. Aber ich bin schon weg, ich muss heute Bus fahren.
Zeit für ein eigenes Auto... wofür sonst sollten letzten drei Jahre Nachhilfe geben gut gewesen sein?
Schnellen Schrittes marschiere ich zur Bushaltestelle, die entgegengesetzte Richtung von Clive... in meinem Kopf herrscht ein krampfhafter Kampf der Gedanken: die Stille gegen den Gedankensturm, der vermutlich sämtliche Dämme in meinem Körper niederreißen würde.
Natürlich wünsche ich mir, dass Clives Wagen plötzlich neben mir herfahren würde, er das Fenster herunterlässt und mich angrinst, mir sagt, dass das alles nur ein scheußlicher Albtraum war, oder dass er mir verzeiht – und Sebastian – und wir Freunde bleiben...
Ich wünsche es mir, aber wie oft gehen Wünsche in Erfüllung? Und wie oft gehen solche in Erfüllung, das passiert nur in einem Katherine Heigl Film oder bei George Clooney.
Sobald ich die Menschen an der Haltestelle sehe macht sich dieses ungute Gefühl wieder in mir breit.
Menschen...
Clive und Sebastian sehen sich heute zum ersten Mal seit dem... Vorfall, meinem Aussetzer, wieder.
Oh Gott, bitte lass Clive vernünftig sein.
„Rosemary?"
Verwirrt wirble ich herum. Die Stimme gehört keinem der jüngeren Schüler hier, sondern einem älteren... und ich weiß genau wem.
„Lamar."
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch einmal hier sehen würde. Was ist mit Clive?" Sein Lachen verpufft schlagartig, sobald er mein Gesicht genauer betrachtet.
„Wir ähm..."
Und bevor ich irgendwie das Grauen aussprechen hätte können, zieht mich Lamar in seine Arme.
Komisch, wie manche Menschen einfach immer wissen, was zu tun ist, auch wenn man sie eine ganze Weile nicht mehr gesehen hat. Lamar ist so einer... wir haben uns vor drei Jahren hier kennengelernt, er war neu und ist zu spät zum Bus gekommen, neben mir war noch ein Platz frei und ich bin alles und jedem dankbar, dass ich den Mut hatte ihn mit einem vorsichtigen Witz zum Lachen zu bringen.
Draus ist eine Freundschaft entstanden, ich weiß nicht genau, warum wir außerhalb des Busses nicht wirklich etwas miteinander zu tun hatten, abgesehen von einem „Hallo" auf den Schulfluren und schüchternem Lächeln.
Lamar und ich sind eine der wenigen alten Schüler, die noch kein eigenes Auto besitzen, oder eine Fahrgemeinschaft...
„Willst du reden?"
„Nicht hier.", presse ich hervor und Lamar nickt stumm.
„Meine Schwester kann jetzt übrigens einen Handstand auf meinem Football machen." Sein Lächeln zieht sich übers gesamte Gesicht, aber in den Augen steckt immer noch das Mitgefühl. „Ich hab Videos von den ersten Versuchen."
Und dann zeigt er mir die Stürze seiner Schwester. Am Ende ist ihre hellblaue Hose mehr rasengrün und braun, als blau, aber die kleine gibt nicht auf.
„Wow..." Mehr kann ich nicht sagen, als sie es tatsächlich schafft auf dem braunen Ei ihr Gewicht zu halten.
„Ja, oder? Hätte ich Charity niemals zugetraut. Vor allem hatte ich Angst um meinen Ball."
„Nicht um sie?"
„Ein bisschen vielleicht."
Ich muss lachen und Lamar knufft mich aufmunternd in die Seite. Er versucht mich abzulenken, obwohl er nicht mal etwas genaueres weiß. Im Grunde habe ich ihm nicht einmal gesagt, dass wir uns getrennt haben, Clive und ich könnten auch nur einen riesengroßen Streit haben.
„Bus kommt..." Lamar mustert mich eine Weile stumm. „Ich hab dich trotzdem vermisst."
„Ich dich auch..."
Und das ist keine Lüge...
Bus-Freunde sind eine andere Sorte Freunde, sie sind besonders...
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Eure Meinung zu Lamar? Wie stellt ihr ihn euch vor?
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💌N°56: Dies oder Das: Lieber: Warm oder kalt, wie könnt ihr besser einschlafen?
Ich schätze wenn, dann kalt. Ein warmer Pulli, Fleece Hose, Kuschelsocken und Decke und es geht, aber wenn es zu heiß ist? Nein!
XOXO Maggie🧡
Ps. Folgt mir gerne auf Instagram: @sxmelittlestories
Gleicher Name wie hier auf Wattpad, dort gibt es alles rund um meine Lieblingsbücher, oder allgemein BÜCHER. 😏
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