49. Reue und Glaube ✔

Where there is love there is life. - Mahatma Gandhi

Song: Burn that bridge - by Donovan Woods

"Rosemary!"

Schlagartig verkrampfen sich sämtliche Muskeln in meinem Körper. Ich fühle mich, wie in einem Horrorfilm: das unschuldige, naive Mädchen wandert durch das gespenstisch stille Haus, bei Nacht, und plötzlich kracht etwas hinter ihr oder jemand presst ihr eine Hand vor den Mund, erstickt ihren Schrei.

Nur ist das hier kein Horrorfilm und kein gruseliges Haus, sondern der Schulflur im ersten Stock und es ist kein Krachen oder Hand, sondern nur mein Name.

Und Sebastian.

Vielleicht hätte ich nicht herumtrödeln sollen.

Meine Intention dahinter war im Grunde nur, ihm aus dem Weg zu gehen. Solange Clive, Josh, Linda oder weiß Gott wer bei mir sind, können wir nicht darüber reden, aber allein...

Gut möglich, dass Sebastian und ich den Punkt erreicht haben, an dem er darüber sprechen möchte und ich am liebsten vergessen. Kindisch und dumm. Und wenn wir ehrlich sind, mit meinem Verhalten bin ich drauf und dran meine Zukunft mit ihm vollkommen zu ruinieren.

Er muss mich nicht einmal festhalten, wie gesagt, meine Muskeln lassen mich beim bloßen Klang seiner Stimme erstarren.

„Rose... ich glaube wir sollten reden."

Das ist also jenes „Andermal", mit dem er mich an jenem Nachmittag so bleischwer zurückgelassen hat.

Seine Schritte hallen im Gang umher, tief und schwer.

Wir sind allein, nicht einmal die Lehrer tummeln sich noch hier und wir haben Mittagspause. Keine Schüler, die noch bei klarem Verstand sind, haben jetzt Lust darauf durch die Gänge unserer Schule zu schlurfen – alle haben Hunger und wollen ihre geliebten Freunde sehen, ihren Schatz oder sonst was.

„Ja...", krächze ich völlig neben mir stehend. Ich habe das Gefühl, als stünde ich tatsächlich neben meinem Körper und könnte das Ganze von außen betrachten.

Ich stelle mir Sebastian vor, wie er wohl bis eben an der Wand gelehnt haben muss, auf mich gewartet hat und sich mit kontrollierter Nervosität davon abgestoßen hat und meinen Namen gerufen hat... wie er nun zielstrebig auf mich zusteuert, um mich herum geht und da...

Und mich mit seinen faszinierend blau-gesprenkelten Augen anblinzelt.

Wie lange ich das hier wohl ertrage?

„Klassenzimmer?"

Normalerweise sind die Räume allesamt abgesperrt, aber es ist ein offenes Geheimnis, dass einige Lehrer – wie Mr. Aldous oder Mr. Wayslean – ihre Zimmer offen lassen – warum auch immer.

Stumm nicke ich und wir schlurfen in Grabesstille nebeneinander den Flur hinunter, dann links, rechts und Sebastian stößt entschlossen eine Tür auf. Leer!

Die Stühle sind ordentlich eingerückt, die Tafel säuberlich gewischt und die Kreide liegt in der Plastikbox auf dem Pult. Hier kommt keiner mehr rein, man hat hier wohl eben die letzte Stunde abgehalten.

Fremdgesteuert lehne ich mich gegen eine Tischplatte und starre aus dem Fenster, ehe Sebastian mir die Sicht versperrt und mir entschlossen in die Augen blickt.

„Hast du mit ihm gesprochen?"

Ich schüttle den Kopf.

Er weiß genau, dass ich nicht mit Clive gesprochen habe, sonst wäre hier gar nichts mehr so friedlich. Vielleicht doch, nein, ach! Zum Teufel! Ich hab keine Ahnung, was los wäre, wenn ich ihm alles erzähle.

Vielleicht wäre er sauer auf mich, vielleicht würde er das hier beenden, vielleicht wäre er glücklich für mich und trotzdem ein wenig sauer auf Seb, aus Prinzip, weil er mich geküsst hat.

Wer weiß das schon? Das könnten wir nur herausfinden, wenn ich es ihm beichte.

„Willst du?"

Ich zucke mit den Schultern. Ich schätze, meine Stimmbänder haben vergessen, wie man spricht, als er meinen Namen gerufen hat.

Die Uhr tickt unerbittlich weiter, als würde sie aus Protest gegen mich laufen, mich anschreien, denn jede Sekunde zieht sich schlimmer als ein Kaugummi auf heißem Asphalt in der glühenden Sommersonne.

Schweigen erfüllt das astreine Klassenzimmer. Da haben wir die gespenstische Stille.

„Ich bereue es nicht."

Das zweite Mal heute bleibt mein Herz stehen.

Hat es Sebastian wirklich zwei Wochen gekostet, um sich dessen bewusst zu werden? Nein, er hat mir am ...- „Ich bereue den Kuss nicht, Rose. Und du?"

Ob sich das für ihn auch so anfühlt wie für mich? Als würde jemand unsichtbare Fäden an meinen Gliedmaßen angebracht haben und mich inmitten einer Manage hinunterhängen lassen – und dieser Jemand besitzt auch die Macht jeden Faden einzeln zu durchschneiden, mich Kunststückchen machen zu lassen.

Falls sich das so für ihn anfühlt, mein Schweigen, dann tut es mir leid.

„Ich glaube nicht." Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. „Nein..."

Schwer zu sagen, ob ich es mir gerade wünschen würde, dass jemand klischeehaft in den Raum platzt und uns völlig perplex anblinzelt. Oder, dass ein Lehrer hereinstürmt, uns anherrscht, dass wir hier so schnell wie möglich verschwinden sollen und mit einer Verwarnung davon kommen lässt.

Vielleicht wäre es auch besser, wenn ich Sebastian die Wahrheit gesagt hätte, dass ich den Kuss zumindest ein kleines Bisschen bereue. Es ist keine große Reue, aber ein bisschen.

Seine Augen sprechen mit mir, funkeln und glitzern mich überrascht an. Wahrscheinlich hat er mit einem klaren JA gerechnet.

„Ich weiß nicht, was das mit mir und Clive ist. Wir... wir kennen uns so lange schon und er... bedeutet mir etwas und, aber ich weiß nicht. Ich fühle mich schlecht und irgendwie... ich wollte das."

Was rede ich da?!

Wieso erzähle ich Sebastian diese Dinge? Ich könnte ihm genauso gut auf die Nase binden, dass unsere Beziehung eine einzige Lüge ist?!

Seine Lippen gleiten ein Stückchen auseinander, während er mich immer noch sprachlos betrachtet.

„Vielleicht, war das mit uns eine schlechte Idee. Vielleicht hätte ich nicht JA sagen sollen, vielleicht sieht er das genauso."

Ich lüge nicht, das, was ich zu ihm sage, ist die Wahrheit – nicht die Ganze, aber ein guter Teil davon. Es ist das, was in meinem Inneren vor sich geht.

„Rose, wenn es wegen dem ist, was ich gesagt habe..."

„Vielleicht, vielleicht. Ich weiß es nicht... Sebastian, ich mag dich – ein bisschen zu viel vielleicht und deswegen bereue ich das auch nicht."

Von Schweigen und Beklommenheit zu einem regelrechten Wasserfall... Wow!

„Meinst du das Ernst?" Seine Stimme klingt nicht im Geringsten verachtend oder veräppelnd, sondern ehrlich überrascht, als hätte ich ihn mit einer ganzen Horde Elefanten überrannt.

Ich nicke und erwidere seinen Blick standhaft.

„Aber wir müssen Clive das sagen."

„Ja..." Diesmal krächzt er. Das schlechte Gewissen steht ihm klar und deutlich ins Gesicht geschrieben. Am liebsten hätte ich ihn in den Arm genommen, fest gedrückt und ihm durchs Haar gefahren, gemurmelt: Das wird schon, wir schaffen das.

Was könnte schlimmstenfalls passieren?

Clive würde sauer auf ihn sein, weil er ein Prinzip gebrochen hat. Aber im Grunde ist Sebastian ja nicht allein Schuld, ich genauso. Ich habe ihn auch geküsst. Dementsprechend ist es geteilte Schuld.

„Zusammen...", presse ich hervor.

Wo kommt das her?

Nein! Oh Gott, wie soll ich jemals den Mut aufbringen Clive das zu gestehen, wenn Sebastian direkt neben mir steht, oh je, nein, das geht nicht.

Das kann ich nicht!

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Hey Ho.

Sebastian?

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💌N°52: Dies oder Das: Lieber: Yoga oder Laufen ?

Yoga, always Yoga.

XOXO Maggie🧡

Ps. Folgt mir gerne auf Instagram: @sxmelittlestories

Gleicher Name wie hier auf Wattpad, dort gibt es alles rund um meine Lieblingsbücher, oder allgemein BÜCHER. 😏

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