47. Verletzungen ✔
I love you a lottle, it's like a little but a lot
Song: Love Song - Sara Bareilles
Meine Augen gleiten immer wieder zu ihm, ob ich das nun will oder nicht... ich will nicht.
Warum hat er mich vorhin mit diesem Blick angesehen, als... als würde in mir nicht nur seine Fake-Freundin sehen, als würde er... Nein! Er ist einfach nur ein genialer Schauspieler, das war Training für die Schule.
Was sonst?!
Ich sollte darüber gar nicht nachdenke, ich sollte mir lieber Gedanken darüber machen, wie ich Clive die Geschichte mit Sebastian und mir verklickern will. Vielleicht: „Hey Clive, übrigens... bevor du gestern aufgetaucht bist war Sebastian da und... also möglicherweise haben wir uns geküsst, mehrmals und dann ist er völlig durch den Wind verschwunden."
Wenn ich mir das so auf der Zunge zergehen lasse, fühle ich mich schäbig. Es macht keinen Unterschied, dass Clives und meine Beziehung nur ein riesengroßer Schwindel ist, ich habe ihn so oder so betrogen.
Ich habe danach mit Clive in einem Bett geschlafen und... Oh Gott! Was ist nur los mit mir?
Seit wann bin ich so?
„Du bist so still."
„Ich bin immer still.", presse ich hervor und linse flüchtig zu Clive.
Er ist still, nicht ich. Er macht Konversation im Auto, zieht mich auf und lacht mich anschließend aus, weil ich mich darüber aufrege.
Heute ist er ruhig. Clive ist ungewöhnlich schweigsam, seit wir mein Haus verlassen haben. Es kam nicht einmal ein genervter Kommentar von ihm, dass ich ein wenig länger gebraucht habe und er im Flur auf mich warten musste, oder Spott über mein extralautes Treppengepolter – damit meine Eltern Clives Schritte nicht hören. Normalerweise hätte er sich darüber köstlich amüsiert, sich über meine Paranoia und Panik lustig gemacht.
Aber nichts.
Clive hat mich nur mit diesem funkelnden Blick bedacht. Einer der Sorte: „Ich kann nicht glauben, dass ich das Glück habe, dich meine Freundin zu nennen. Du bist das Wertvollste in meinem Leben und ich liebe dich über alles." Gleichzeitig könnte ich schwören, dass auch so etwas wie pochender Schmerz darin versteckt war.
Und selbst wenn ich ihn nun darauf ansprechen würde, Clive würde es vehement abstreiten und mich aufziehen, ob ich plötzlich mehr in dieser Beziehung sehe...
„Du bist still."
Prompt begegne ich seinem Blick. Nur eine Sekunde, dann richtet er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße vor uns und ich spüre ein dumpfes Poltern in meinem Bauch.
Nervös ziehe ich meine Lippe zwischen den Zähnen hindurch, knabbere darauf herum und versuche irgendwas Verräterisches an seiner Haltung zu erkennen.
Nichts!
Wieso kann ich ihn nicht so lesen wie er mich?
Ich würde zu gerne wissen, was in ihn gefahren ist.... OH GOTT! Was ist, wenn er mitbekommen, dass Sebastian bei mir war, oder wenn Sebastian ihm eine Nachricht geschickt hat – ein Geständnis.
Vielleicht war das kein Glücks-Funkeln vorhin, sondern ein klagendes „Wie kannst du nur!".
Nein, dann würde er anders sein. Clive hätte mich zur Rede gestellt. Er hätte mir Vorwürfe gemacht und mich vielleicht sogar beschimpft, er wäre enttäuscht gewesen, oder?
Aber... er ist ein super Schauspieler. Was, wenn er abwartet? Wenn er darauf wartet, dass ICH es ihm sage... OB ich es ihm überhaupt sage...
Nein, nein, nein.
Das kann nicht sein.
Ich kenne Clive gut genug, das war nicht so ein Blick.
„Ich bin nervös."
Überrascht halte ich inne und kneife die Brauen zusammen. Ich drehe meinen Kopf ein Stückchen, um ihn besser ansehen zu können. „Nervös? Du?" Meine Stimme klingt schärfer als beabsichtigt, weswegen ich sofort meinen Blick senke.
„Ja, wir schreiben heute Mathe."
Ich halte die Luft an. Das Poltern in meinem Bauch wird schlimmer....
Clive lügt.
Ich hab gestern noch mit Linda geschrieben, über Josh und wir haben darüber gesprochen, ob im Leistungskurs irgendwelche Arbeiten anstehen...
Warum lügt Clive? Und warum so schlecht?
Mein Clive würde niemals wegen einer Arbeit in Mathe nervös sein, er ist ein Genie. Clive ist vor einem Football-Match nervös oder vor einer Präsentation vor der gesamten Klasse, aber nicht vor etwas, dass mit Mathematik zu tun hat.
„Oh." Mehr fällt mir ehrlich gesagt gerade nicht dazu ein. Was soll ich auch sagen? „Du lügst und ich weiß es.", auf keinen Fall!
***
„Rosemary, du musst es ihm sagen!"
Schweigen. Unruhiges Geknabber auf meiner Unterlippe.
Das flauschige Stückchen Saum zwischen meinen Fingern ist schon glühend heiß, so nervös zwirble ich es herum.
„Ich habe Angst." Ich schlucke. So ehrlich habe das das bisher noch nicht zugegeben, nicht vor mir selbst.
Mir fehlt gänzlich der Mut einen von den Beiden ins Gesicht zu blicken, weswegen ich stumm und kindisch auf den gefrorenen Teich starre. Ich habe auch noch immer keine Erklärung für Clives Lüge, ich habe keine Ahnung, wie ich mit dem Kuss umgehen soll und... und ich habe Angst.
Ich bin mir sicher, dass Linda und Candice sich zurücklehnen um eine telepathische Konversation hinter meinem Rücken führen.
Irgendwann räuspert sich Linda schließlich. Vermutlich sollte das eine Aufforderung an mich sein, sie anzusehen, aber ich wage es nicht. Ich möchte ihren mitfühlenden oder fragenden Blick nicht sehen.
„Meinst du nicht, dass er das versteht? Darum ging es doch bei eurem Deal, oder?"
Kälte durchflutet meinen Körper. Es liegt bestimmt an den frostigen Temperaturen. Vielleicht war es nicht unsere beste Idee, sich in Lindas Garten auf die Hollywoodschaukel zu setzen. Da helfen auch keine drei Kuscheldecken...
Aber im Haus bekomme ich Panik.
„Vielleicht..."
Eigentlich Nein.
Mein Kuss mit Sebastian war der Bruch unserer Vereinbarung, und vielleicht unserer Freundschaft.
„Du willst Sebastian und er will Maddie."
Ich weiß genau, was Linda eigentlich sagen will. Sie war von Anfang an nicht sonderlich begeistert von Clives und meiner Scharade, ebenso Candice. Aber sie spricht es nicht laut aus.
„Ja."
„Ihr seid kein 'Paar'. Du bist ihm nichts schuldig... der Kuss war vielleicht nicht gut für euren Deal, aber ihr habt..."
Im Augenwinkel nehme ich Candice Handbewegung war und Linda verstummt. Plötzlich legt sie mir ihre zierliche Hand auf meine und unwillkürlich starre ich dort hin. „Rose, fühlst du dich schlecht, weil du Sebastian geküsst hast und die Vereinbarung geschädigt hast oder, weil du Clive vielleicht verletzen könntest, wenn du es ihm sagst."
Ich kann genau spüren, wie mein Herz für einen Moment aussetzt, wie sich alle Gefäße und Adern in meinem Inneren verkrampfen.
Sie hat einen Punkt.
Es ist nicht so, als hätte ich das noch nicht in Erwägung gezogen. Natürlich bereue ich diesen Kuss an und für sich nicht, ich wollte Sebastian schon seit einer kleinen Ewigkeit küssen, allerdings nicht so – unter diesen Umständen.
Mir fällt es schwer auszumachen, was genau mir solche Angst einjagt. Ob es tatsächlich Clive ist, den ich damit verletzen kann. Andererseits, wieso sollte ihn das verletzen?
Okay, Sebastian ist sein bester Freund und... offiziell bin ich mit Clive zusammen, sprich Seb hätte etwas zwischen den beiden gebrochen.
„Beides?"
„Er bedeutet dir mittlerweile was, oder?"
„Natürlich, wir sind wieder Freunde."
Zögerlich blicke ich zu ihr auf und bereue es sofort. Candice weicher Blick reißt die Mauern in mir ab.
„Freunde?"
„Ja?"
„Ihr seid mehr als das... ihr kennt euch von... seit ihr Babys seid. Euch verbindet mehr."
Mehr als Freunde? Was ist das? Ein Paar, nein, das sind wir nicht. Nicht wirklich, kein echtes. Aber was dann, so etwas wie Geschwister sind wir genauso wenig.
„Wenn du es ihm erzählst... dann... dann wird es kompliziert zwischen ihm und Seb."
„Er wird ihn hassen.", presse ich hervor und lasse meinen Kopf in den Nacken sinken, schließe meine Augen und bete, dass das alles nur ein Übler Traum ist.
Ich schätze ich habe soeben entdeckt, was mir so ungeheuerliche Angst macht. Wenn ich Clive davon erzähle, enttäusche ich ihn nicht nur, sondern ich gefährde auch seine Freundschaft mit Sebastian. Ich könnte alles zum Einstürzen bringen.
„Er glaubt, ihr seid ein echtes Paar und er hat dich trotzdem geküsst. Die Freundin seines besten Freundes...", mischt sich Linda nun ein und ich muss nicht aufblicken, um Candice warnenden Blick zu ihr zu sehen. Linda ist eben... Linda, ehrlich und direkt.
„Aber Clive kann ihm das doch nicht übel nehmen, es war doch seine Idee...", seufze ich hilflos und weiß, wie lächerlich das klingt. Ich richte mich wieder auf und wechsle zwischen den Beiden hin und her.
Gleichzeitig legen sie mir einen Arm um die Schulter und Candice dumpfes Ausatmen führt mir vor Augen, wie verzwickt das alles gerade ist.
Kaum zu glauben, was ein einziger Kuss für Chaos anrichten kann. Ein Kuss, den ich seit Monaten herbeigesehnt habe und nun mein ganzes Kartenhaus und Clives ins Schwanken bringt.
Wenn ich es ihm sage... Es wird unserer Freundschaft einen ordentlichen Knacks versetzen, wenn nicht sogar Bruch. Und der von ihm und Sebastian das Genick brechen.
„So war das nicht geplant."
„Es läuft nie nach Plan."
„Ja, aber wieso musste es so... so perfekt sein. Wieso konnte das nicht einfach alles später passieren? Maddie hätte sich in Clive verliebt, Sebastian sich in mich und zack, Clive und ich hätten uns freundschaftlich getrennt. Alle sind glücklich."
„Vielleicht mag Maddie Clive schon..."
Verwirrt kneife ich die Stirn zusammen. „Wie meinst du das?" Was redet Candice da. „Maddies Blick zu ihm... das ist... so habe ich Josh angestarrt, am Anfang." Ich wirble zu Linda herum.
Wie konnte mir das entgehen?
„Das heißt..."
„Maddie steht vielleicht schon auf Clive."
„Aber wieso jetzt so plötzlich?"
„Keine Ahnung, vielleicht weil sie ihn jetzt nicht mehr so einfach haben kann, wegen dir."
„Mir? Sie braucht nur mit den Fingern schnippen und Clive hätte das mit mir in einer Sekunde beendet."
„Ich weiß nicht..."
„Natürlich. Deswegen haben wir das Ganze angefangen. Maddie sollte ihn anders wahrnehmen."
„Und das tut sie."
„Und Sebastian dich."
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Complicated...
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💌N°50: Dies oder Das: Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang?
Sonnenaufgang...
XOXO Maggie🧡
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Gleicher Name wie hier auf Wattpad, dort gibt es alles rund um meine Lieblingsbücher, oder allgemein BÜCHER. 😏
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