35. Schauspielpaar ✔

And I fell for you like raindrops

Song: Love her – Jonas Brothers

Scharf verschmälere ich meine Augen und fokussiere ihn aus schmalen Schlitzen. Warum tut er so scheinheilig? Kann er nicht einfach zugegeben, dass er mit Maddie beisammen war?

Und dazu hat er mich noch denunziert, mir wieder den Stempel aufgedrängt, ich würde immer zu spät kommen, unsere Beziehung auffliegen lassen wollen. Der Einzige, der das tut, ist er.

„Nichts. Ich war müde." Es wäre so einfach zuzugeben, dass mich sein Verhalten gestört hat und es immer noch tut. Er redet hier mit mir, als wäre alles normal.

Clive tritt einen Schritt auf mich zu. Mein Instinkt will einen Schritt zurückweichen, doch meine Füße scheinen sich mit dem Boden verwurzelt zu haben.

Die Nähe zu Clive löst ein seltsames Gefühl in mir aus. Es ist... merkwürdig, aber nicht mehr wirklich unangenehm. Vielleicht ist es die Gewöhnung daran – wir müssen schließlich fünf bis sechs Tage die Woche Händchen halten und hier und da küssen.

Seine Augen lassen ebenso wenig eine Flucht zu, dazu muss er mich nicht einmal berühren oder packen. „Rosemary, du warst schon immer eine beschissene Lügnerin. Bleib beim Malen und sag mir endlich was los war..." Seine Hand bewegt sich reflexartig zum Kopf, bis ihm wohl bewusst wird, dass er eine Mütze trägt und sich nicht verwegen durchs Haar fahren kann.

Deshalb rückt er den blauen Stoff zurecht, vermutlich das gleiche Blau wie Benjis. „Bitte..."

Überrascht lockern sich die Muskeln um meine Augen. Hat er eben „Bitte" gesagt? Clive? Nein, ich muss mich verhört haben. Vielleicht hat er „Dalli" oder „Billig" gesagt, warum auch immer.

Mein Schweigen spornt ihn offensichtlich weiter an, mich zum Reden bringen zu wollen. Noch ein kleiner, feiner Schritt auf mich zu. „Rosie?" Seine Stimme ist weicher als vorhin, kein Spott oder Hohn, aber ich bin mir im Klaren darüber, dass Clive ein Meister der Schauspielkunst ist.

Irgendwie schaffe ich es mich aus seinen Augenfesseln zu lösen und starre an ihm vorbei. Es ist seltsam zwischen uns. Wir kennen uns und spüren auf eine verkorkste Art und Weise, wenn etwas mit dem anderen nicht in Ordnung ist. Wir können einander lesen und trotzdem ist er für mich ein Rätsel – ich schätze, ich bin das manchmal auch für ihn.

„Was willst du hören?", murmle ich, ohne meine Augen auf ihn zu lenken. Ich weiß, dass er mich anstarrt, dass er mich mit seinem Schokoladenbraun durchbohren will und verlocken möchte, ihm alles zu erzählen – damit er sich am Ende vielleicht darüber lustig machen kann.

Im Augenwinkel nehme ich wahr, wie er seinen Kopf leicht schief legt.

Benji landet einen Schultertreffer bei Parker, wird aber gleich darauf von ihm wieder attackiert.

Ich muss über den miserablen Zustand der Pappschwerter schmunzeln. Im Grunde bestehen sie viel mehr aus Klebeband als Pappe.

Clive hat sicher eine Rolle mitnehmen müssen, andernfalls wäre von den Schwertern nicht mehr viel übrig.

„Die Wahrheit. Rosie, ich bin nicht dumm. Ich habe mit dir am Montag auch gesprochen und mir ist das nicht leichtgefallen. Ich dachte wir sind weiter..."

„Dachte ich auch.", zische ich lautlos und lasse meinen Blick einen Augenblick zu ihm gleiten, nur eine Sekunde, dann wieder zu den beiden Jungs. Damals war alles viel einfacher, als wir noch Kinder waren, naiv und dumm. Ja, genau! Schrecklich naiv.

Plötzlich greift er nach meiner Hand, ich bin heilfroh, dass sie in einem Handschuh steckt. Nichts desto Trotz berühren seine langen Finger meine nackte Haut am Handgelenk.

Vielleicht sollte ich über eine Verlängerung nachdenken.

Gezwungenermaßen sehe ich zu ihm. Clives Augen fordern etwas, sie fordern eine Antwort und irgendwie weiß ich, dass er recht hat. Etwas in mir will es ihm sagen. Er hat ein Recht darauf zu erfahren, warum ich wütend auf ihn bin, aber der andere Teil von mir sieht es nicht ein. Er soll selbst draufkommen.

Ich weiß, wie kindisch das ist und wie lächerlich, aber...

„Rosie, jetzt komm schon."

„Keine Ahnung."

„Doch, die hast du. Ich kenn dich."

Tut er nicht!

„Was ist los mit dir? Du bist nicht zickig oder zynisch."

„Woher willst du das wissen? Wir haben jetzt seit drei Monaten wieder etwas miteinander zu tun und...-"

„Genau das meine ich. Rosie, du läufst eher rot an, als mich hier so zur Rede zu stellen."

„Ich habe dich schon oft zur Rede gestellt."

Was bildet er sich gerade ein, dass er mich besser kennt als ich mich selbst? Ha! Ich bin so oft zickig in seiner Nähe – nicht, dass ich darauf stolz wäre. Bei ihm bin ich immer so, hört er mir nie zu, beachtet er mich nicht?

„Ja, aber nicht so... so verbittert."

„Verbittert" Meine Stimme nimmt einen schrillen Ton an, der mir selbst nicht gefällt.

„Ja, verbittert."

„Ich bin überhaupt nicht verbittert."

Er seufzt. „Rosie..." Flehen verbirgt sich dahinter.

Es fällt mir schwer ihm das zu glauben.

Ich schlucke. „Du bist selbst zu spät gekommen und rufst mir dann zu, dass ich auch endlich da bin."

Clives Lippen öffnen sich leicht, dann schließt er sie wieder. „Woher weißt du das?" Die kleinen Falten auf seiner Stirn schreien nur so nach ehrlicher Verwirrung. Ich senke meinen Blick, seine Hand ist immer noch an meiner... „Ich, ähm... wir haben dich und Maddie ein Stück vor uns reinlaufen sehen."

Wahrscheinlich grinst er gerade arrogant. Vielleicht denkt er über den Moment mit ihr im Klassenzimmer nach und...

Oh Gott, ich will gar nicht weiter darüber nachdenken.

Soll er doch, sein Ziel ist immer näher und meines... meines auch. Sebastian und ich verstehen uns blendend.

„Oh... Rosie, ich habe das nicht böse gemeint. Du bist nur... langsam, meistens. Eigentlich immer, aber manchmal auch wieder so hektisch und aufgeregt... und... ach egal. Bist du deswegen so... zickig?"

Seine Worte brennen sich in meinen Verstand. Langsam, hektisch, aufgeregt? Wann hat er die Zeit auf das alles zu achten? Wann bin ich bitteschön hektisch? Okay... ja, manchmal vielleicht.

Ich zucke mit den Schultern, ich brauche Zeit, um seine Worte gescheit zu verarbeiten. „Ich..."

Plötzlich höre ich einen Motor. Einen alten, knatternden Motor, der nur zu dem alten VW Käfer von Lindas Vater gehören kann. Dieser Mann ist der größte Oldtimer-Fan, den ich in meinem gesamten, jungen Leben je kennenglernt habe, schlimmer als Onkel Beck oder Adams Kumpel aus Alaska.

Irgendwie bin ich dem Timing dankbar, irgendwie auch nicht.

Ich wusste zwar nicht genau was ich Clive sagen wollte, aber...

Eigentlich hätte ich eingeschnappt sein sollen, er hat mich „zickig" genannt und „verbittert". Ich verstehe nicht, warum es mich so... so fasziniert, wie er mich offenbar beobachtet hat.

Ich verstehe ihn nicht.

Er widerspricht sich andauernd. Er sagt das eine und im nächsten Moment kommt so etwas.

Er...

„Ich muss gehen."

„Rosie!"

Ich entziehe ihm meine Hand.

Dieser eine Schritt zurück, ein Schritt von ihm weg, hat in diesem Augenblick viel mehr symbolischen Charakter. Warum habe ich mich ihm nicht anvertraut? Ich weiß es nicht, ich vertraue Clive auf eine schrecklich verkorkste Art, aber nicht so weit als dass ich ihm hätte das erzählen können?

Würde es um mein Leben gehen, ich würde es in seine Hände legen...

Und genau das ist das Problem. Ich habe absolut keinen Schimmer wohin mit all diesen verwobenen Zweigen.

Sobald ich meinen Kopf zum Käfer umdrehe, trifft mich Candice warmer Blick. Ihre großen Augen blinzeln mich einmal voller Geduld an, dann tritt sie aus der Türe heraus und nickt flüchtig ins Auto.

Ich hätte meinem Abgang um einiges mehr Dramatik und Nachdruck verliehen, hätte ich mich noch einmal zu Clive umgewandt, ihm den kitschigen, tiefen Blick geschenkt, aber das habe ich nicht. Clive und ich sind ein Schauspiel-Paar, das seine jeweiligen Ziele verfolgt und sich nicht um den anderen schert, solange es nicht die Beziehungshülle nach außen gefährdet...

Oder?

Nein, das kann ich auch nicht sagen.

Argh!

Es ist zum verrückt werden.

Ich kann nicht behaupten, Clive sei mir egal. Clive bedeutet mir mittlerweile etwas, ob ich das nun will oder nicht.

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Clive ist Rosie wichtig, denkt ihr Rosie Clive auch oder ist er nur ein verdammt guter Schauspieler?

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💌N°38: Dies oder Das: Comedy oder Drama

Grundsätzlich kann ich mich für keines von beiden entscheiden. Schließlich kommt das immer auf die eigene Stimmung an. Bin ich glücklich, will ich eigentlich kein Drama anschauen und weinen, das dann vielleicht lieber, wenn ich traurig bin.

Und genauso ist es mit Comedy. Natürlich, manchmal hilft es zu lachen, wenn man traurig ist, aber ich finde man sollte seinen Gefühlen eine Chance geben und ihnen den Raum geben, man sollte auch mal Weinen können und nicht sofort alles unter einem Lachen begraben (obwohl lachen natürlich gesund ist :D).

Aber, da das hier ein „entweder oder" ist, würde ich sagen... Comedy (ich liebe ja schwarzen Humor🤭)

XOXO Maggie 🧡

Ps. Folgt mir gerne auf Instagram: @sxmelittlestories

Gleicher Name wie hier auf Wattpad, dort gibt es alles rund um meine Lieblingsbücher, oder allgemein BÜCHER. 😏

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