34. Unergründliche Verhalten ✔
Only you can make me smile after a bad day
Song: The man who can't be moved – the script
Candice zupft an meinem Ärmel und ich werfe ihr einen grimmigen Blick zu. Als mir das bewusst wird, erweichen sich meine Züge sofort und ich lasse mich bereitwillig von ihr um die Ecke ziehen. Gerade rechtzeitig, denn Clive und Madison treten aus dem Klassenzimmer heraus, keine drei Meter von dem Punkt, an dem ich eben noch stand und lauschte.
„Es ist beeindruckend, wie du dich damit auseinandersetzt. Literatur ist so aufregend."
Aufregend?
Ich presse meine Stirn an die kühle Spindtür und wünsche mich ganz weit weg.
Wie kann sie nur sagen, Literatur wäre aufregend? Literatur ist nicht aufregend, sie ist eine Kunst für sich. Nicht so faszinierend wie malerische Kunst, aber mindestens so spannend und fesselnd.
Literatur bietet mehr als „Aufregung". Dahinter stecken Gefühle und Werte, jemand versucht seiner Seele Ausdruck zu verleihen und sie nennt das „aufregend"!
Wie... wie kann sie nur!
Erst als Candice mir ihre Hand auflegt und meine umschließt, spüre ich, dass sie zu einer Faust geballt ist.
„Ja, sie ist... faszinierend, wenn man mit viel Leidenschaft dabei ist."
Meine Augen werden groß bei seinen Worten. Die Wut brodelt in meinem Bauch. Wie kann er es wagen!?
Leidenschaft?
Clive bringt höchstens Leidenschaft für Football oder Mathe auf, aber garantiert nicht für Literatur. Pff... Mathe... Ich war es, die...
„Rose?" Candice Stimme lotst mich vorsichtig zurück in die Realität, sodass ich sie fassungslos anstarre, stumm. „Hey, alles okay?", flüstert sie und ich vernehme ganz klar ihr Misstrauen.
„Okay?", äffe ich sie nach und halte prompt wieder inne.
Das ist nicht meine Stimme.
Was ist... was ist los mit mir?
Überrumpelt von mir selbst schüttle ich meinen Kopf und kneife die Augen fest zusammen, so fest, dass es fast schon schmerzt.
„Entschuldig, ich... ich weiß nicht. Ja, ich schätze schon, aber... irgendwie... Kopfschmerzen.", stammle ich und kaufe es mir selbst nicht mal ansatzweise ab. „K-können wir das vielleicht einfach vergessen, so tun, als wäre es nicht passiert?"
Candice mustert mich eindringlich, nickt aber schließlich zögerlich. „Okay, aber du weißt, dass du immer mit mir reden kannst?"
„Ja, ja, das weiß ich, danke." Bevor ich reagieren kann, zieht sie mich in ihre dünnen Ärmchen und allmählich erwidere ich die Umarmung. Ich wusste nicht, dass ich das so dringend nötig hatte.
Ich bin sauer auf Clive, dass er so etwas von sich behauptet hat, dass er mit Poe und dem Raben geprahlt hat, obwohl er vermutlich nicht mal aufgepasst hat und nur meine Worte kopiert hat.
Nach unserem Gespräch am Montag dachte ich ernsthaft wir könnten es nochmal mit der Freunde-Sache versuchen. Nach Dienstag hatte ich meine übliche Meinung von ihm, dass er kein Interesse an Kunst und Literatur hat. Und heute?
Heute gibt er sich als Liebhaber der schönsten Sache der Welt aus, als Experte und schleimt sich damit bei Maddie ein?!
Sie macht mich genauso wütend.
Wie sie über Literatur spricht, als wäre es irgendein neumodischer Trend, den man cool findet.
„Rosemary, bist du dir sicher?"
„Was?"
„Dass du nicht reden willst?"
„Äh, ja, ja, bin ich.", murmle ich ertappt und meide Candice durchdringenden Blick. Sie ahnt garantiert etwas, da bin ich mir sicher. Versichernd hake ich mich bei ihr unter und setz ein halbherziges - aber hoffentlich überzeugendes - Grinsen auf.
Sie muss meine Gedanken ja nicht kennen. Es genügt, wenn sie sie erahnt und Candice kennt mich lange und gut genug, um das zu tun.
Im Grunde erkenne ich mich ja selbst nicht einmal. Seit wann denke ich so über Madison. Das... sie ist ein netter Mensch, Punkt. Ende der Geschichte. Warum habe ich solche abfälligen Gedanken über sie...?
...
„Da bist du ja endlich."
Sein arrogantes Lächeln jagt meinen Puls schlagartig in die Höhe. Endlich? Bitte?! Er ist doch selbst erst gekommen. Will er mir gerade weiß machen, er säße hier schon seit Ein Uhr – seit fünfzehn Minuten – und wartet auf mich?
Mein Blick verunsichert ihn offenbar, denn sein Lächeln verliert an Zuversicht und Überzeugung, bis nur noch ein zweifelnder Blick in meine Richtung übrig ist.
„Alles gut?"
Candice kneift mich sanft in den Arm und ich linse beklommen zu ihr. Ihre Augen drängen mich Clive zu antworten. Mein Gefühl sagt mir, dass sie etwas ahnt, dass sie ahnt, wie ich gerade über die beiden gedacht habe und, dass sie Fragen habe wird.
Ich weiß selbst nicht, warum ich wütend auf die beiden bin, warum ich lauschen wollte und Madison... warum mich ihre Art heute dermaßen nervt. Vielleicht sind es meine Hormone, genau, das ist es.
Und der Frust über die Arbeit. Hätte er einfach nur das Lob über seine Präsentation eingestrichen, wäre das für mich in Ordnung gewesen, aber jetzt diskreditiert er die Kunst und gibt sich als Liebhaber davon aus, obwohl er nicht das Geringste damit zu tun hat!
Genau!
So ist es.
Das kann ich herunterschlucken, außerdem sitzt Sebastian direkt vor mir, wenn ich mich neben meinen „Freund" setze, das sollte mich beruhigen...
„Ja, natürlich. Nur müde."
Candice löst sich von mir und trabt zu Azura hinüber – die beiden verstehen sich wirklich gut.
Ich hingegen stehe immer noch wie versteinert vor Clive und warte auf eine Eingebung, eine Antwort, die mir mein Verhalten erklären könnte.
Konzentrier dich auf Seb!
Genau, das ist eine gute Idee, eine sehr gute.
Plötzlich spüre ich Clives Hand an meiner, wie sie meine umschließt und wie er mich zu sich ziehen möchte, dass ich mich endlich auf meinen Stuhl setze. Es kostet mich unendliche Überwindung den Reflex zu unterdrücken, ihm meine Hand nicht zu entziehen.
Ja, ich bin wütend.
Wütend auf ihn, sie, auf mich und meine Reaktion, dass ich wütend bin.
Gott!
Brav lasse ich mich nieder und krame mein Sandwich aus der Tasche. Mir entgeht Clives fragender Blick nicht, er weiß, dass etwas nicht stimmt, aber ich werde ihm garantiert nicht diese Genugtuung gönnen.
Nein, dieses Mal nicht.
Er ist selbst schuld!
„Wie war Chemie?", wende ich mich an Sebastian.
Linda und Josh starren mich genauso wie Candice von schräg gegenüber an, für den Rest der Welt scheint alles völlig normal zu sein.
Sebastian strahlt mich warm an. Das ist, so möchte ich angesehen werden und nicht mit Spott oder Arroganz. Sebastian verhöhnt mich nicht und macht sich nicht über mich lustig. Er benutzt meine Worte nicht, sondern er versteht Kunst und wie bedeutend sie ist.
***
Um ehrlich zu sein, ich hatte schwer gehofft, er würde mein – zugegeben – zickiges Verhalten vergessen, zumal er den Kopf mit Footballtraining, Mathematik-Klausur und Thomas Geburtstag nächste Woche voll hat.
Aber natürlich erinnert er sich daran.
Ich verhalte mich nicht jeden Tag wie eine unausstehliche Zicke.
„Rosie, willst du mir irgendwas sagen?"
Für einen winzigen Augenblick lasse ich mich in seinen Augen fallen. Ich spüre wie leicht ich mich fühle, wenn ich dieses Noisette seiner Iris betrachte, die kleinen Unebenheiten darin – mal heller, mal dunkler.
Nur einen Moment...
„Ich, dir? Was denn?", stammle ich überrollt und bete inständig, dass Linda und Candice bald kommen – sofort, um präzise zu sein.
Clive nickt sanft und beinahe würde ich darauf hereinfallen. Beinahe hätte ich meine leicht köchelnde Wut auf ihn vergessen, wegen Benji, wegen... wegen... oh Gott, ich weiß nicht weswegen, aber nur beinahe.
Er kann noch so sanft und fein agieren, er hat Kunst beleidigt, mich ausgenutzt und jetzt soll alles wieder super sein?
Ich schnappe nach Luft, will etwas sagen und schließe meinen Mund wieder. Mein Verhalten ist einfach nur noch albern, zum Kaputtlachen.
„Was war heute Mittag los?"
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Hey Ho 🌼
Eure Theorien😏???
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💌N°37: Tag oder Nacht?
Nacht ist für Schreiben; Tag für anderes.
XOXO Maggie🧡
Ps. Schaut mal bei meiner Instagram-Seite vorbei: @sxmelittlestories (wie hier auf Wattpad) alles rund um Bücher.📚
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