26. Die Sache mit dem mögen ✔
Collect beautiful Moments not money
Song: Something about you ~ Rudimental X Elderbrook
Mein Mund klappt auf und ich presse ihn zusammen, aber nicht lange, denn meine Züge sind außer Kontrolle. Anfangs gefiel es mir nicht, dass Clive nicht einmal die Nachttischlampe anschaltete, aber jetzt...
„Und Chloé ist ihre Schwester?"
Er nickt und es wirkt eher mechanisch als menschlich.
Plötzlich überkommt mich eine Woge des schlechten Gewissens. Nervös zwirble ich das Stückchen Bettdecke in meiner Hand herum. Wieso habe ich ihn nicht gleich gelöchert und eher auf mein Gefühl gehört, dass etwas nicht stimmt? War ich so von Sebastian eingenommen, dass mir das entgangen war? Nein, nicht Sebastian – nicht nur – es war die Party, es war, wegen seines verletzenden Verhaltens.
Clive lässt den Kopf nach unten gleiten und starrt irgendetwas an, nur nicht mich. „Anita hat mir nie geglaubt, dass zwischen Azura und mir nichts läuft."
„Habt ihr euch deswegen so gezofft."
Wieder schüttelt er den Kopf, das hat er vorhin schon ganze vier Mal getan, nachdem ich immer wieder weiterbohren musste, bis es mir die ganze Geschichte präsentiert hat.
Geduldig warte ich und fahre währenddessen seine schemenhafte Mondlichtgestalt ab. Die Fenstertür liegt ihm direkt gegenüber und erhellt seine Züge. „Naja, auch, aber es gab noch einen Grund."
Ich warte, aber es kommt nichts mehr.
Plötzlich kribbelt es merkwürdig in meiner Hand und meine Instinkte lenken mich eine Sekunde lang. Ich kann gar nichts dagegen tun, sie streckt sich von selbst aus und klemmt sich um Clives Hand wie beim Händeschütteln.
Seine Hand ist warm und etwas rau, trotzdem empfinde ich es als äußerst angenehm.
„Deswegen warst du so angespannt?"
Der größte Teil in mir verstand nun sein Verhalten. Ich schätze, ich hätte mich genauso benommen, hätte ich meinen Ex-Freund – hätte ich denn einen – nach eineinhalb Jahren wiedergesehen und mich zuvor noch mit seiner Schwester unterhalten müssen.
Trotzdem regt sich in mir weiterhin Unverständnis und ein letzter Rest Zorn. Ganz gleich wie sehr ich mitfühle, meine Eltern haben mir beigebracht, meine Gefühle und Wut nicht an anderen auszulassen.
„Es tut mir leid, ehrlich." Clive hebt den Kopf minimal, linst mich durch den Haarvorhang an. Ich stelle ihn mir ohne die Haare über der Stirn vor und die Narbe strahlt mich blendend an. Vor meinem Auge tauchen Bilder von damals auf. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre ich ein Zuschauer meiner eigenen Erinnerungen und darf das Spektakel durch buntes Glas verfolgen.
Ich kann meinen Herzschlag klar und deutlich hören, ruhig... oder ist es seiner?
„Okay, ich... erzählst du mir den Grund irgendwann?"
Er schluckt. „Das willst du nicht wissen."
„Hast du sie betrogen?" Ich passe ihm den Ball zurück und Clive blinzelt mich erschrocken an. „Traust du mir das zu?" Enttäuschung glitzert in seinen Augen, aber er hätte mich nicht ansehen müssen, seine Stimme verrät ihn.
Behutsam schüttle ich den Kopf und drücke kurz seine Hand, sie ist wärmer als Sebastians. „Nein."
Wahrscheinlich hat er es nicht bewusst gemacht, aber Clive hält meine Hand für einen Moment ein bisschen fester, als würde er einen Teddybären umarmen.
Und damit zerfällt mein Zorn. Ich weiß nicht warum, oder wie, aber er verpufft wie Wasser auf einem schwarzen Stein in der prallen Mittagssonne.
Schweigen hüllt uns ein wie eine warme Decke. Automatisch ziehe ich das zweite Bein hoch und schlinge meine Hände um sie. Clive lässt weiterhin ein Bein auf dem Boden, das andere abgeknickt auf dem Bett.
Es ist kein spannungsgeladenes Schweigen, dass bei der kleinsten Erschütterung explodieren könnte, sondern eines von der Sorte, die man sich tatsächlich wünscht.
So ist es fast immer mit ihm. Ich weiß nicht warum. Ich weiß nicht, wieso Zeit und Stille mit Clive immer erträglich ist. Selbst wenn ich wütend auf ihn bin, oder wenn wir uns gegenseitig hochschaukeln, die Stille war mit ihm noch nie bedrückend, sodass ich das Bedürfnis hatte in einem Heißluftballon davon zu schweben.
„Joseph... ich weiß nicht, ob du ihn noch kennst."
Meine Stimme zerbricht nichts, sondern legt eine weitere, flauschige Decke über uns.
Ich drehe mich im Sitzen herum und lege mich auf den Rücken, dann strecke ich meine Beine aus und falte meine Hände wie bei einem Gebet auf meinem Bauch.
„Ja."
Warum erzähle ich ihm das? Noch während ich mich selbst darüber wundere, ertönt meine Stimme wieder. „Wir... er war mein erst Kuss und..." Ein absurdes Lachen entfährt mir und ich verstumme.
Wegen Joseph weine ich schon lange nicht mehr, aber sobald ich daran denke verspüre ich unweigerlich ein unangenehmes Ziehen in meiner Brust. Das Ziehen verdient es nicht, als Schmerz bezeichnet zu werden.
Plötzlich sinkt die Matratze neben mir herab.
Jeder andere hätte mich ins Wanken gebracht oder einen mordsmäßigen Lärm – relativ zur Still – veranstaltet, aber nicht er. Clive hatte schon immer ein Talent für das Lautlose und Ruhe, ganz gleich ob ich es zugeben möchte oder nicht. Es ist eine Eigenschaft, die ich an ihm bewundere.
Wir berühren uns nicht. Es ist nicht nötig.
Ich spüre, dass er mich ansieht. Er möchte etwas sagen, aber er weiß nicht was. Genauso erging es mir eben.
Also lecke ich mir über die Lippen, meine Zehen kribbeln. „Ich war so verliebt in ihn... ich war sechzehn, was weiß man da schon. Man kann nicht sagen, dass er mein Freund war, vielleicht eine Woche. Nach dem Kuss..." Meine Pausen werden länger und sind von meinem schweren Atmen verseucht. „... er wollte mit mir schlafen... aber ich wollte nicht."
Erst als Clive nach meiner Hand greift und sie festhält, spüre ich, wie stark ich zittere. Ich habe es ein einziges Mal erzählt, Candice und Linda und seither nie wieder darüber gesprochen.
„Am Freitag... er hat aufgehört und war damit okay, plötzlich..." Ich schließe meine Augen. Es tut nicht weh, aber ich fühle mich lächerlich. „Wir waren bei mir zuhause und er musste auf die Toilette... sein Handy hat auf einmal vibriert wie verrückt. Es waren bestimmt drei Snaps, die er bekommen hat... von einer Kapareen."
Ich drehe meinen Kopf zur Seite und schlage meine Augen auf. Clive hört mir aufmerksam zu. Es fühlt sich genauso an wie früher.
„Ich sollte nicht, aber ich habe und ich wünsche mir manchmal, ich hätte nicht."
„Was ist passiert?"
„Nacktbilder... und... er hat ihr auch welche geschickt... Gott, ich habe mich so erniedrigt gefühlt."
Stille.
„Was ist den Kapareen für ein Name?"
Er sieht mich ernst an, aber der Schalk in seinen Augen leuchtet heller als der Mond.
Es ist, als hätte er einen Schalter in meinem Inneren umgelegt und plötzlich die unangenehmen Gefühle heraus gekickt. Ein Glucksen steigt meine Kehle hoch und ich kann nicht anders, als leise zu kichern.
„Vielleicht waren ihre Eltern in einer Studentenverbindung, den Kappas? Und sie dachten sich, hey ein P weniger...", grübelt er laut und seine Mundwinkel zucken wild.
So war das früher.
Vereinzelt rinnen Tränen aus meinen Augen und ich blinzle hastig nach oben, während ich immer noch lache, leise natürlich, um niemanden zu wecken.
„Du bist fies."
„Und wenn es stimmt?"
Ich weiß, dass er mich aufheitern will.
Ich kichere wie ein kleines Mädchen, wie damals.
Was wohl aus uns geworden wäre, wenn wir unsere Freundschaft festgehalten hätten, so wie er meine Hand, so wie er gerade an meinem Lachen festhalten will. „Dann hat sie komische Eltern."
Die Uhr tickt weiter, aber es ist mir egal, ob es halb vier oder halb fünf ist, hier, neben Clive zu liegen und mit ihm zu Lachen, herumzualbern, wie in alten Zeiten...
„Sah sie wenigstens gut aus."
Ich verziehe mein Gesicht und sehe ihn anklagend an. Sein Lächeln verschmilzt mit der Dunkelheit. Ich löse meine Hand und knuffe ihn in die Seite. „CLIVE!", zische ich empört und er lacht nur noch mehr. „Was denn, ich bin interessiert."
Einen Augenblick spiele ich mit dem Gedanken es einfach dabei zu belassen, aber dann... „Naja, ihre Brüste waren wirklich flach."
„Also kein Grund dich zu betrügen?"
Ich überlege kurz, dann grinse ich ihn wieder an. „Nein."
Er lacht. „Selbstbewusst, mal was neues."
Unsere Augen verweben miteinander, ich habe das Gefühl, als würde ich ihn besser kennen als mich selbst. Je länger wir so verharren, desto schwerer werden meine Lider.
„Sowas wie Freunde, huh?"
Der Traum krallt mich fest, zieht mich in die entgegengesetzte Richtung, aus der seine raue Stimme dringt. Sein Lächeln verschwimmt im Nebel, aber es ist hier und es ist schön.
„Hmm, aber wir mögen uns nicht mehr...", nuschle ich von weiter Ferne.
Ich spüre, wie er eine hereingefallene Haarsträhne aus meinem Gesicht streift. Ganz sanft... „Ich habe nie gesagt, dass ich dich nicht mehr mag. Im Gegenteil..."
Dann lasse ich mich fallen und verschwinde in fluffigen Nebelwolken, die mich federleicht in sich auffangen.
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Hey Ho 🥀
Ein kurzes Kapitel zur Abwechslung.
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💌N°31: Welches Buch lest ihr aktuell?
Bin momentan (22.8) bei „Love to share" von Beth O'Leary und hier auf Wattpad schmökere ich mich durch @liebeskuss Bücher. (Schaut mal bei der Lieben vorbei, die Bücher sind wirklich toll)
XOXO Maggie🧡
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