꧁ Chapter Three ꧂

Harry POV

Der Schock musste mir förmlich ins Gesicht geschrieben worden sein, als ich den Mann erkannte, der in unsere Unterhaltung hineingeplatzt war. Der Anzug, das Auftreten und das angespannte Gesicht ließ mich keine Sekunde daran zweifeln, dass dies der Mann sein musste, den ich am Morgen in der Stadt angerempelt hatte. Falls er sich noch an mein Gesicht erkennen konnte, was ich nicht glaubte, hätte ich nun wirklich keine guten Karten, hier einen Platz zu bekommen. Dafür war er heute Morgen wirklich zu sauer gewesen.

Dieser Typ mit dem Namen Louis kam mir auch mehr als skurril vor. Es war auch ihm anzusehen, dass seine Körperhaltung angespannt war und er sich am liebsten aus der Situation ziehen wollte, doch diese Möglichkeit schien ihm nicht gegeben zu sein. Alles in allem fühlte ich mich gerade einfach mehr als unwohl, denn die Leidenschaft für das, was er da eben vollbracht hatte, schien in den Blauen Augen nun vollkommen zu fehlen und hinterließ eisige Kälte.

Das der Direktor Zayn so angesehen hatte, war für mich jedoch keine Überraschung. Schon am Morgen hatte ich mir ein Bild von ihm machen können und dieses, hatte sich jetzt nur bestätigt. Zayn schien ihn in dieser Situation einfach nur zu stören und umso verwunderter war ich, dass es den schwarzhaarigen gar nicht interessierte. Stattdessen verdrehte er die Augen und zuckte mit den Schultern, nur um mir dann freundschaftlich auf die Schulter zu Klopfen und sich mit einem Nicken von mir zu verabschieden.

"Wenn du das Ganze jetzt schon angefangen hast, kannst du es auch beenden. Ich erwarte dich direkt danach in meinem Abteil." Der Mann mit dem Schnäuzer machte diesem Louis mit einem Blick klar, dass es keine Wiederrede geben würde und ich? Ich war überfordert damit, dass ich noch kein Wort mit einem der beiden gewechselt hatte und mir trotzdem etwas auferlegt worden war, an dem ich vielleicht gar kein Interesse hegte.

Natürlich wollte ich hier arbeiten und hatte auch nichts gegen ein paar lausige aufräum-arbeiten, aber woher zum Teufel sollte der Wuschelkopf das bitte wissen?

Das Blonde Mädchen stellte sich mir noch als 'Lottie' vor und verschwand dann wieder auf das Trapez, um an ihren Übungen weiterzumachen. Da ich immer noch den eisigen Blick auf mir spürte, kam ich nicht drum herum, mir Zayn zurück zu wünschen, doch dafür war es nun wohl zu spät. Stattdessen machte mir dieser Louis mit einem Kopfnicken Richtung Ausgang klar, dass er keine Sekunde verschwenden wollte und ohne Wiederworte, folgte ich ihm nach draußen in die Freiheit, die mir schon jetzt so viel bekannter vorkam, wie noch vor ein paar Minuten.

"Ich zeige dir einfach direkt den Pferdestall und dann kannst du da dein Ding verrichten. Ich habe eigentlich gar keine Zeit, mich um diesen Mist zu kümmern", den letzten Satz murmelte er nur so vor sich her und ich musste mir wirklich eine Dumme Antwort verkneifen, denn ich hatte ihn nun wirklich nicht darum gebeten, mich herum zu führen. "Was hast du eigentlich für ein besonderes Talent? Können wir dich hier überhaupt vernünftig einsetzen oder hast du vor, für den Rest deines Lebens die Drecksarbeit zu machen?"

Unschön überrascht von seiner forschen Art, die eben bei den leichten Bewegungen die er am Trapez vollführt hatte, gar nicht zu erwarten gewesen war, brauchte ich eine Sekunde, um ihm zu antworten. Doch mir wurde auch genau in dieser Sekunde klar, dass ich keine Antwort für ihn hatte, denn ein Talent besaß ich nun wirklich nicht. Zumindest nichts, was für einen Zirkus interessant sein könnte. Im selben Moment verfluchte ich mich dann dafür, nie daran gedacht zu haben, dass ich ja eine besondere Begabung haben musste, damit sie mich gebrauchen konnten.

Mein langes zögern schien Antwort genug zu sein und Louis seufzte genervt, ehe er, mehr für sich selbst, den Kopf schüttelte und so etwas wie 'Hatte ich mir schon gedacht' vor sich her sagte. Ich tat so, als hätte ich dies nicht mitbekommen und ging eher auf das ein, was er im letzten Satz gemeint hatte.

"Was meinst du mit 'Den Rest meines Lebens'?"

"Der Zirkus ist kein Spaß, Harry." Er sah mich ernst an, ehe er mit seinen Händen gestikulierte. "Der Zirkus ist nicht einfach nur eine Arbeit, er ist dein Leben. Du wirst jede Sekunde deines Tages hier verbringen, da ist keine Zeit für eine Familie außerhalb. Du kannst nicht drei Stationen mitfahren, nur damit dir dann auffällt, dass du deine Frau vermisst und zu ihr zurück möchtest. Das ist nicht drin."

"Ich habe keine Frau", war das Einzige, was ich auf die Schnelle antworten konnte und bekam ein nicken von ihm zurück.

"Der Zirkus wird deine Familie werden. Du wirst ein warmes Bett haben und immer genug zu essen und zu trinken, um zu überleben. Im Gegenzug dafür bist du eine neue Schraube, die das Gerüst Zusammenhält und wenn du einen Fehler begehst, stürzen wir alle ein."

Normalerweise war ich niemand, der schnell sprachlos war, doch dies hatte er geschafft. Man konnte heraushören, dass er im Zirkus groß geworden ist und was es für ihn bedeutete, hier zu sein. Das war auch der Grund, wieso ich gleich ein Stück mehr Interesse daran hatte, hier zu sein. Denn das Gefühl von Familie, hatte ich nun schon zu lange nicht mehr gehabt.

"Woher wusstest du, dass ich Arbeit suche? Hätte ich nicht einfach jemand sein können, der sich schon Tickets sichern wolle?" Die Frage lag mir tatsächlich schon auf den Lippen, seitdem er diesen Faktor einfach rausgehauen hatte und es für mich keine Möglichkeit gegeben hatte, mich rauszureden. Louis hingegen antwortete nicht sofort, sondern schaute mich nur von oben nach unten an, bevor er skeptisch seine Augenbrauen hochzog.

"Gute Menschenkenntnis." Nach dieser Aussage waren wir nun auch endlich im Wagon angekommen, der den Stall der Pferde darstellte. Auf den ersten Blick konnte ich drei Stück erkennen, die sofort aufgeregt ihren Kopf hoben und uns anschauten. "Du kannst hier jetzt einfach.. irgendwas machen. Ich weiß es selber nicht so ganz genau und ich habe auch keine Zeit, mich irgendwie damit zu beschäftigen aber du wirst es schon herausfinden."

Louis wurde von Lottie unterbrochen, die in diesem Moment in den Wagon sprang und ihn aufgeschreckt anschaute. Ich hingegen versuchte immer noch zu verarbeiten, was er mir gerade gesagt hatte. Wie kam er darauf, dass ich wusste, was ich zu tun hatte? In meinem Leben habe ich noch nie auf einem Pferd gesessen, geschweige denn mich ihnen auf weniger als zehn Meter genähert. Ich hatte also wirklich gar keine Ahnung, was hier nun meine Aufgabe sein sollte.

"Der Direktor hat mich losgeschickt um dich zu suchen. Du sollst dich sofort auf den Weg zu ihm machen, er muss noch ein paar Sachen mit dir besprechen", das blonde Mädchen sprach leise und doch schien sie nicht bedacht darauf zu sein, dass ich etwas nicht hören sollte. Stattdessen schien diese Aussage auf dieser Art und Weise einfach weniger böse klingen zu sollen, wie sie sie wahrscheinlich zu hören bekommen hatte.

"Ja, ich war hier sowieso schon fertig", Louis drehte sich zu mir um und richtete seine Hosenträger, ehe er einmal tief durchatmete. "Dann mal... viel Spaß. Oder so."

Mein darauf folgendes nicken schien ihm als Antwort zu reichen, da er danach ohne ein weiteres Wort aus dem Wagen hüpfte und das blonde Mädchen gleich hinterher. Davor hatte sie mir noch ein entschuldigendes lächeln geschenkt, doch damit wusste ich nicht wirklich etwas anzufangen. Ich stand hier immerhin trotzdem noch wie bestellt und nicht abgeholt und wusste nicht, was jetzt meine Aufgabe war oder wie dieser Tag ablaufen würde. Hatte Louis mir gerade noch unter der Blume gesagt, dass ihr Tagesablauf hier sehr genau und strikt durchgeplant war, so hatte er mich auch hier stehen lassen und mich in ein Meer aus Nichts geworfen.

"Nimm es ihm nicht übel, er weiß manchmal nicht, wer ihm gerade über die Schulter schaut."

Die Stimme, die plötzlich hinter mir erschien, ließ mich hochschrecken und ich wandte meinen Blick von dem Ausgang des Wagons ab, um mich zu ihr zu drehen. In einem der Ställe stand nun eine braunhaarige junge Frau mit grünen Augen, die ihre Lockenmähne etwas zurückgesteckt hatte. Sie hatte ein freundliches lächeln auf den Lippen, als wollte sie sich fast sofort dafür entschuldigen, dass sie mich so erschreckt hatte.

"Kein Wunder wenn aus dem Nichts plötzlich Personen hinter einem stehen", gab ich also nur zurück und ging ein paar Schritte auf sie zu, um ihr meine Hand hinzuhalten. "Ich bin Harry und scheinbar nun dafür zuständig, euch hinterher zu räumen."

Sie lachte und nickte, ehe sie meine Hand annahm und diese kräftig schüttelte.

"Ich bin Amalia und schon seit ein paar Jahren dafür zuständig, die Show mit den Pferden zu planen und durchzuführen."

Obwohl ich es mir schon hätte denken können, passte es auch noch zu ihr. Außerdem war ich mehr als dankbar dafür, dass ich anscheinend genau in dem Moment wo ich es am meisten brauchte, jemanden an meiner Seite hatte, die mir weiterhelfen konnte. Immerhin schien es so, als sollte ich vor allem ihr unter die Arme greifen und dann musste sie ja einen genauen Plan davon haben, was hier gemacht werden muss.

"Vielleicht kannst du mir ja zeigen, was ich hier zu tun habe?", fragte ich sie also vorsichtig, woraufhin sie wieder nur lachte, dann mit einem eleganten Sprung aus der Box hüpfte und mit sanften Füßen vor mir aufkam.

"Könnte ich schon, aber ich habe bereits alles erledigt. Du kannst mir allerhöchsten später dabei helfen, die starren Böcke für die Show vorzubereiten." Ich nickte auf diesen Vorschlag hin nur und dann lief sie auch schon an mir vorbei, um ebenfalls aus dem Wagon zu hüpfen und damit zu verschwinden. Gerade in dem Moment, wo ich mir doch überlegt hatte, einfach schnell zu abzuhauen und nicht wieder zu kommen, steckte sie ihren Kopf wieder durch die Tür und sah mich auffordernd an. "Kommst du oder was?"

"Wie?" Verwirrt sah ich sie an, woraufhin sie spielerisch ihre Augen verdrehte und mich zu sich winkte.

"Ich möchte dir die anderen alle vorstellen, sie sind immer Feuer und Flamme wenn wir jemanden neues haben. Sie müssten nun eigentlich alle wach sein und haben noch ein paar Minuten bis zu den Vorbereitungen, deswegen ist jetzt der beste Moment. Also, kommst du?"

Dankbar darüber, dass ich doch nicht einfach ins kalte Wasser geworfen worden war und Amalia mich an die Hand nahm, schaffte ich es doch tatsächlich, mit einem lächeln und einem besseren Gefühl im Bauch aus dem Wagon zu hüpfen und die Sonne auf meiner Haut zu genießen, die sich gerade ihren Weg durch die Wolken gesucht hatte und mich somit in meinem neuen Leben begrüßte.

[...]

So, dass war dann schon Kapitel drei. Louis macht keinen besonders entspannten Eindruck und Harry ist ein wenig überfordert. Verständlich bei dem, was ihm gleich auferlegt wurde :D

Ich bedanke mich noch einmal herzlich bei euch für eure lieben Kommentare unter den Kapiteln, aber vor allem bei dem von Carina. Ich hatte ihr zwar schon gesagt, dass ihr alle toll seid aber das konnte ich nicht einmal ansatzweise in Worte fassen. Ihr solltet motivationstrainer werden 🤔❤️

Ich wünsche euch noch einen schönen Sonntag und bleibt gesund.

Lasst uns was kleines da ❤️

Lots of love
Michelle xx

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