04. Wicked Stepmother


"Oh, und du musst Sadie sein.", quietschte Dru, kam zu mir und umarmte mich. Ihre Umarmung war überraschend einschüchternd.


"Ähm, hi.", grüßte ich unbeholfen. "Du musst Dru sein."


"Das ist richtig, Schätzchen.", antwortete sie. Schätzchen? "Und meine Töchter.", fügte sie hinzu und zeigte auf die Zwillinge.


"Wir haben uns bereits kennengelernt.", teilte ich ihr mit und schenkte ihr mein bestes gefaktes Lächeln. Jenes, das ungefähr siebenundachtzig Muskeln beanspruchte und aussah, als hätte ich mich nur an  Papier geschnitten, anstatt mit einer Machete in den Bauch gestochen zu werden. Nicht das ich wüsste, wie das aussah.


"Ja.", warf Lucy ein. " Sadie ist in zwei unserer Klassen."


"Wie schön.", erwiderte Dru und klatschte in die Hände. "Ihr könnt alle gemeinsam Hausaufgaben machen."


Eindeutig lebte Dru in einer Märchenwelt, wenn sie dachte, dass ich jemals Hausaufgaben mit Ding Nummer eins und Ding Nummer zwei machen würde. Als würden sie mich nicht erstechen und meine Chemie-Notizen stehlen. 


"Ich habe Dru gebeten, zum Abendessen zu bleiben.", teilte mein Vater mir mit. "Sie hat gesagt, dass sie schon lange kein gutes hausgemachtes Essen mehr hatte."


Sie würde auch ebenfalls in langer Zeit keins bekommen, weil mein Vater darauf bestand, alles selbst zu kochen. Man würde meinen, dass es nicht schwer wäre. Ich meine, Kochen ist genau wie Chemie (beides beherrsche ich ausgezeichnet). Aber mein Vater ist kein Chemiker. Er besitzt eine Buchhandlung.


Ich konnte sehen, dass Dru jemand war, der es gewohnt war immerfort wirklich ausgefallene Mahlzeiten zu bekommen.  Sie hatte perfekt gefärbte blonde Haare, mit passenden Augenbrauen und all ihre Klamotten waren mit Designernamen übersät. Ich rede hier auch nicht von Chanel. Ich rede hier von der ausgefallenen französischen Sorte, die sie nur in Frankreich verkaufen.


Ich sollte, während mein Vater kochte, mit Dru und den Zwillingen im Wohnzimmer sitzen und Smalltalk halten. Das war nur ein klein wenig unangenehm. Unsere Unterhaltung verlief wie folgt:


Dru: Wie war euer Tag?


Flor: Luce und ich waren im Tierheim. Nicht wahr, Luce?


Lucy: Ja, diese armen kleinen Kinder. Ich wünschte jeder von ihnen würde adoptiert werden.


Flor: (finsterer Blick zu Lucy)


Dru: (völlig ahnungslos)  Wie schön.


For: Und wie war dein Tag, Sadie? (Sie wusste ganz genau, wie der war. Sie hatte mich am Freitag in der Mittagspause konfrontiert, um sicherzugehen, dass ich niemanden sagen würde, wer es wirklich war)


Ich: Es war, ähm, interessant.


Aber dann zerbrach mein Vater etwas in der Küche und Dru rannte zu ihm, und ließ mich mit Lucy und Flor alleine.


"Also sowas.", sagte Flor. "Dein Vater mag meine Mutter."


"Ähm, ja.", antwortete ich und zog eine Augenbraue in die Höhe.


"Das werden wir noch sehen.", war alles, was sie sagte, mit diesem bösen Lächeln auf dem Gesicht. Ich war jedoch nicht allzu besorgt. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Was könnte sie schon tun? So wie ich das sah, mochten sich unsere Eltern wirklich sehr, so wie sie in der Küche lachten.


Andererseits bedeutete das, dass ich wahrscheinlich mehr Zeit mit den Zwillingen verbringen musste, was ein Gedanke war, den ich nicht so toll fand. Aber wie auch immer, es war nur vorübergehend.


Als sie endlich mit dem Abendessen fertig waren (ein Dank an Dru), wurde es spät und sie mussten gehen. Endlich.


Flor sprach mit meinem Vater mit diesem total gefakten (obwohl es immer noch wie eins aussah) Lächeln auf ihrem Gesicht und Lucy  stand dicht dahinter.


"Also.", sagte ich zu Dru, "Es war wirklich toll, euch ..."


"Hör zu du kleiner Hooligan.", zischte sie und erwischte mich so völlig unvorbereitet, dass ich buchstäblich spüren konnte, wie mir die Kinnlade aufklappte. "Glaub nicht, dass ich nicht wusste, wo du heute warst. Wenn du irgendwas in der Nähe meiner Mädchen machst, um sie in Schwierigkeiten zu bringen, werde ich dafür Sorgen, dass du ins Internat geschickt wirst, bevor du -"


"Aber ich habe nichts -"


"Ich weiß, was du deinem Vater erzählt hast, aber erwartest du wirklich, dass ich das glaube?"


Ähm, ja. In Anbetracht dessen, dass es deine Tochter war, die mich hereingelegt hat. "Aber ich-"


"Florinda und Lucinda waren da, als es passiert ist. Sie haben die ganze Sache gesehen, Sadie."


"ABER -", versuchte ich es ein letztes Mal und wünschte, ich wäre aggressiver.


"Ich kann Lügen nicht ausstehen, Sadie.", fuhr sie erneut dazwischen. Dazu hatte ich nichts zu sagen. Nicht, dass sie zugehört hätte, wenn ich das hätte.


Ich musste daran denken, meinen Vater gegenüber zu erwähnen, dass Dru möglicherweise eine  bipolare Serienmörderin auf freiem Fuß war, denn als er: "Saddie? Dru?", aus Drus Auto rief, wurde sie wieder total süß und freundlich.


Und das war erst der Anfang.


*****


Am Montag darauf freute ich mich nicht gerade auf die erste Stunde. Als ich dort ankam, erwies sich mein Verdacht als richtig. Es war keineswegs angenehm. Lucy entschied, dass es eine gute Idee wäre, mir die ganze Zeit kleine Papierkügelchen ins Haar zu werfen.


Die Mittagspause war wie üblich der Höhepunkt meines Tages. Ich aß mit Rose (was auch sonst) und mit ein paar anderen Leuten die wir irgendwie, aber nicht wirklich kannten, zusammen. Wisst ihr, die Schule ist so groß, dass es vier verschiedene Mittagszeiten gab und keiner unserer anderen engen Freunde, hatte sie mit uns zusammen. Aber das war okay, da ich unbesorgt mit Rose über persönliche Dinge reden konnte und mir keine Sorgen machen musste, dass die Leute zuhörten.


"Also.", begann ich und versuchte dabei beiläufig zu klingen. "Ich traf - na ja, sah - diesen Typen."


"Ooh, wa wa.", erwiderte sie und schluckte das zerkaute Stück Sandwich in ihren Mund herunter. "Sadie 'Keine Jungs' Fisher ist in jemanden verknallt?"


"Nun, nicht unbedingt. Ich meine -"


"Ooh, ist es der Typ, mit dem ich dich vorhin habe reden sehen, mit dem leckeren gerade-erst-aus-dem-Bett-gerollt Look?"


"Was?", ich blinzelte und dachte zurück. "Oh." Sie musste von dem Biest sprechen, mit dem ich auf dem Weg zur dritten Stunde zusammengestoßen war (nein, nicht wörtlich, Gott sei Dank), und der mir irgendwas davon erzählte, dass er wegen irgendwas auf dem Weg zum Berater war.


"Oh, meine Güte, nein.", stieß ich aus und fühlte mich dann schlecht. Aber nicht schlecht genug, um Rose nicht sofort von meiner Begegnung mit Prinz Charming zu erzählen. "Diesen anderen Typen. Er heißt Erik."


Sie runzelte die Stirn und hörte auf zu kauen. "Erik?", hakte sie nach. "Wie in Erik Weido?"


"Ähm ... Ich kenne seinen Nachnamen nicht."


"Wenn es Erik Weido ist, dann denk nicht einmal daran, Mädchen. Der Junge bringt nichts als ärger."


"Nun, dann war es wahrscheinlich nicht ..."


"Der Typ ist eine Art Hit und Run Person, wenn du verstehst, was ich meine."


Okay, igitt. "Ich bin mir sicher, dass es nicht derselbe Typ ist.", versicherte ich ihr und merkte, dass ich sie einfach fragen könnte, ob der Typ von dem sie sprach, einen englischen Akzent hatte, da es nicht allzu viele von denen auf meiner Schule gab, aber ich schätze, ich wollte es nicht wirklich wissen.


*****


Der einzige andere bemerkenswerte (und das nicht einmal auf eine gute Art) Teil meines Tages, war Englisch in der siebten Stunde, was mein zweitliebstes Fach war, weil wir dort soviel lesen konnten. Der Lehrer, Mr. Langdon, war dieser Typ Anfang dreißig, der bereits eine Glatze bekam und diese rechteckige, schwarze Plastikbrille trug, von der ich mir nicht sicher war, ob er sie tatsächlich brauchte oder sie ihm einfach nur gefiel.


"Tag zusammen.", sagte er und räusperte sich, um uns ruhig zu bekommen. Ich schaute zu seiner kleinen weißen Tafel hinüber, die er jeden Tag für einen Schüler öffnete, um einen interessantes, bedeutungsvolles, lustiges Zitat zu schreiben, das sie gehört hatten und das sie "inspirierte".  Heute stand dort: "Das Leben ist scheiße, dann stirbst du." Und er hat es nicht einmal weggewischt.


Jetzt versteht ihr, warum dies einer meiner Lieblingsklassen ist.


"Heute fangen wir mit 'Der Fänger im Roggen' an, was euch gefallen sollte, da es so viele Schimpfwörter enthält.", gab er bekannt und ein paar Jungs johlten scherzhaft. Glaube ich. "Also, wir schreiben keinen Test über die Handlung, aber ich erwarte, dass ihr es lest, denn es wird eine große Facharbeit darüber -"


Die Klasse stöhnte.


"Ja, ja, ich weiß. Das Leben ist scheiße. Aber ihr solltet das Buch wirklich mögen, denke ich, solange ihr euch niemals fragt, warum ihr es lest, während ihr es tatsächlich lest."


"Oh, das ist weise, Mr. Langdon.", sagte jemand, als sie durch die Tür kamen. "Haben sie das von einem Autoaufkleber?"


Es war das Biest. Was machte er hier?


Mr. Langdon verdrehte die Augen. "Was machst du hier, Jeremiah?", wollte er wissen. Ein paar Leute kicherten, über die Verwendung seines ganzen Namens. Das war die Sache mit Mr. Langdon. Trotz seiner üblichen Coolness, bestand er immer darauf, die Leute beim vollständigen Vornamen zu nennen. Er sagte, es hatte etwas mit den Spitznamen und der Bedeutung der Einzelperson zu tun. Ich habe an diesen Tag nicht wirklich aufgepasst.


"Ich bin jetzt in dieser Klasse.", gab dieser nüchtern zurück.


"Was hast du mit Ms. Hurst gemacht?", fragte unser Lehrer, was ich für eine lustige (im gruseligen Sinne) Art hielt, das zu fragen.


"Wir, äh, hatten einen kleinen Streit.", er zuckte mit den Schultern.


"Gut, gut, setz dich einfach.", sagte Mr. Langdon und wedelte mit den Stapel Papiere herum, den er in der Hand hielt. 


Er setzte sich auf den allerletzten Platz der zweiten Reihe, der zufällig der einzige freie Platz und zufällig der Platz direkt hinter mir war, was mir die siebte Stunde ruinierte. Ich hatte keine Ahnung wie das Bie - ich meine, Jerry, ich musste wirklich aufhören, ihn so zu nennen - in einen Fortgeschrittenenkurs kam (um nicht diskriminierend zu sein), aber ich wollte nicht, dass die Leute wussten, dass ich ihn kannte, nur aus dem Grund woher ich ihn kannte. Wie ich schon sagte, ich bin nicht wirklich ein Stunkmacher und sitze in der Regel nicht nach.


Nur, dass er mich nicht mal eines Blickes würdigte. Okay, so hatte ich gehofft, dass es passierte, aber in der Praxis war ich beleidigt. Ich meine, er hätte wenigstens Hallo sagen können.


Als die Glocke läutete und wir aus dem Unterricht entlassen wurden, holte ich ihn ein und wollte wissen, warum er nichts zu mir sagte. 


Er sah mich komisch an und zuckte dann mit den Schultern. "Ich dachte, du erinnerst dich nicht an mich. Du hast auch nicht Hallo gesagt."


"Oh.", gab ich zurück.


Ich hasste es wenn Leute recht hatten.


Seine Mundwinkel zuckten, als fände er das Ganze lustig (was alles gut und schön für ihn war, aber ich fand das Ganze peinlich) und er sagte etwas darüber, dass er gezwungen wurde, nach den Vorbereitungen für den bevorstehenden Schulball aufzuräumen (oder der Herbstball, wie er offiziell genannt wurde).


Ich stöhnte. Wie unglaublich peinlich. Oh, seht nur, da kommt der Nachsitztrupp, um aufzuräumen, damit wir das nicht müssen, weil wir alle so schön, beliebt und so ein Müll sind. Aber Huch - Ist das Sadie Fisher? Wann wurde sie zur Missetäterin? Lassen wir sie die einzelnen Konfettistücke aufsammeln.


Aber dann vergaß ich völlig, an etwas Negatives zu denken, weil er vorbeilief (Habe ich schon erwähnt, wie schön es ist, wenn er läuft? Es ist wie eine Frühlingsbrise und der Geruch von Kaffee).


"Erik.", grunzte dieser große Kerl im Footballtrikot. "Gehts du immer noch mit den Mädchen zum Dekorieren und so?"


"Ich dekoriere nicht.", antwortete dieser, "Na ja, doch schon. Aber andererseits befinde ich mich in der Gesellschaft von einigen all dieser reizenden Damen.", verkündete er und zwinkerte diesem älteren Mädchen zu, von dem ich mir ziemlich sicher war, dass sie Präsidentin des Literaturkreises war, was bewies, das Erik sehr freundlich und aufgeschlossen war und unmöglich jener, über den Rose gesprochen hatte. Erik ist ein gebräuchlicher Name. Aber nicht allzu häufig, so dass er dumm wäre.  Perfekt.


Genau wie mein Plan, ihm klarzumachen, dass er Prinz Charming ist. Hey, es hat bei Hillary Duff in A Cinderella Story funktioniert. Welcher eigentlich ein dummes Ende hatte, auch wenn es ein guter Film war, schätze ich. Aber das ist nebensächlich.


Erik und ich werden glücklich bis ans Ende unsere Tage leben, bevor ihr "gute Fee" sagen könnt.



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