Sehnsucht-Miksu/Macluud x T-low
„Wir müssen reden“ , stellt sie beklommen fest.
Ja, darauf läuft es hinaus, als ich aus Chesters Wohnung trete und Katja mich sofort ins Visier nimmt. Ich schaffe es nicht einmal in ihre Augen zu blicken. Aus Angst was ich darin vorfinde. Bestürzen, Angst oder doch Eckel? Den das würde ich empfinden wenn ich in ihrer Haut stecken würde. Der geballte Hass der sich in mir zusammengeformt hat wie ein Geschwür den man nicht los wird, spüre ich direkt unter meinem Herzen. Er drückt den Sauerstoff aus meinen Lungen. Lässt mich den Schmerz der Vergangenheit deutlicher wahrnehmen und erkennen das ich es nicht wert bin von jemanden geliebt zu werden.
Und dennoch setze ich all meine verbliebende Hoffnung in dich. „Katja...“ , will ich ansetzen. Doch meine Stimme bricht. Es ist mir Peinlich und obendrein unangenehm. Wenn es nach mir ginge würde ich den letzten Abend komplett ausradieren. Nicht darüber sprechen und tun als hatte ich diese Panikattacke niemals durchlebt. „Du hast das richtige getan, als du Chester um Hilfe gebeten hast. Ich wünschte nur, du hättest das nicht mit ansehen müssen“ , versuche ich ihr schlechtes Gewissen zu besänftigen.
Statt einer Antwort nimmt sie mich fest in den Arm. Eine Sekunde kann ich nichts darauf erwidern. Stehe Hilflos da und bemerke dieses seltsame Stechen in den Augen, bis die Tränen daraus hervorzutreten. Dann erst lege ich so sanft wie mir eben möglich meine Arme um sie, vergrabe mein Gesicht in der Kuhle ihrer Schulter und atme tief ein. Womit habe ich dich verdient?
„Ich muss für ein Paar Tage zur Beobachtung bleiben“ , nuschel ich in ihr Haar. Noch immer unfähig auch nur ein Zentimeter von ihr her zu geben. Ich kann nicht mehr tun, als mich von ihr halten lassen. Sanft wiegend, wie ein Kind das ich nicht mehr sein sollte. Es sollte umgekehrt sein. Die Rollen sind verschoben. Ich sollte dich halten und dir Kraft geben, anstatt sie dir zu nehmen. Erneut überrollt mich eine Welle der Reue. Ich bin unfähig dich zu lieben, wie du es verdienst.
„Für wie lange?“
Eine berechtigte Frage, auf die ich keine Antwort habe. In der Klinik wir man als Notfallpatient mindestens drei Tage aufgenommen, um sicher zu gehen dass sich der Patient stabilisiert hat. Aber zum Glück befinde ich mich nicht in einer Klinik. Ich kann nur hoffen das es so bleibt. Einen weiteren Rückschritt kann ich mir nicht leisten. Und das obwohl ich meine Vergangenheit so krampfhaft abzuschütteln versuche. „Keine Ahnung.“ gebe ich wahrheitsgemäß zu. „Aber mich unter die kalte Dusche zu manövrieren,... dass war schon länger nicht mehr nötig.“ Für einen Moment brennt eine Frage auf meinen Lippen. Würdest du auf mich warten? Bin ich deine Zeit wert?
Ich kenne die Antwort längst und will sie nicht wahrhaben. Lege meine Stirn stattdessen an ihre. Schon in diesem Moment spüre ich die Sehnsucht nach ihr aufflackern. In dieser Nacht wird der Platz neben mir leer sein und das jagt mir eine scheiß Angst ein. Am nächsten Morgen werde ich verloren aufwachen und beten das es bei dieser einen Nacht bleiben wird. Das die Nachbeben verklungen sind und ich so unwahrscheinlich es in diesem Moment auch klingen mag, grünes Licht erhalte und in unser gemeinsames Zuhause zurückkehren werde.
6120 Minuten langer Erholungsurlaub. 102 Stunden komplette Isolation und einhergehende Selsbtreflexion. Wie kahm es zu dem Anfall? Welche Strategien kann ich anwenden, um micht selbst vor diesen Ausmaßen zu bewaren?
Vier quälende Tage und eine unvollkommene Nacht sind nach meiner auferlegten Zwangspause vergangen. So lange hat es gedauert, bis ich meine Sporttasche mit meiner gebrauchten Wechselkleidung über die Schulter schwingen kann und das Haus von Chester Ghillton wieder verlassen darf. Ich blicke den Mann dessen Haaransatz vereinzelnde graue Strähnen aufweist mit müden Augen entgegen. Da liegt so viel Wärme in den Zügen dieses Mannes. So viel wohlwollen, das ich nicht verdiene. Ohne ihn wäre ich längst nicht mehr hier. Ohne jemanden der die Augen und Ohren steif hielt. Der mich womöglich besser lesen kann als ich mich selbst. Seine Worte verfolgen mich. Klingen in meinem inneren nach. Worte die mir Versprechen, dass ich es eines Tages verstehen würde und sogar danken.
Ein aufmunterndes Klopfen auf die Schulter, dass mir einleuchtet, dass ich meinen Weg schon machen werde, später, trete ich über eine weitere Türschwelle. Sie steht parallel zu Herrn Gilltons Haustür und führt auf direktem Wege in mein Elternhaus. Es hat etwas endgültiges, als die Tür sich hinter mir in den Rahmen festsetzt. Als würde sich nach meinem Versagen ein neuer Abschnitt kundtun. Ein Reset, der nie stattgefunden hat. Die Werkseinstellung die nach zehntausendster Ausführung noch immer einen Knacks weg hat.
Seltsamerweise ist das Ticken der Uhr das einzige Geräusch das mich im Empfang nimmt. Dad muss nicht rechtzeitig vom Bau los gekommen sein. Momente wie diesen, in denen das Haus sich so leer anfüllt wie meine Körperliche Hülle , erlebe ich selten. Deswegen sollte ich auch gleich umdrehen und Chester über die Lage informieren. Ich weis das ich es sollte... aber ich tue es nicht. Wie immer schaffe ich es nicht auf mein Inneres Bauchgefühl zu vertrauen.
Stattdessen bewege ich mich wie ferngesteuert in den ersten Stock in einen Raum, der vollkommen unberührt ist und es nur eine einzige Faustregel gibt. Keine Frauen!
Keine Dramen, keine Flirts, keine Macht Spielchen, keine Fummelei, keine emotionale Erpressung, keine Nötigung, keine falschen Versprechungen, keine Pettings, keine Fingerfertigkeiten, keine abturns, keine nur mal kurz, keine es tut nicht weh, keine Vertrau mir... aber das wichtigste. Kein Sex.
Ich lasse mich ungehalten auf das Bett fallen und bleibe eine gefühlte Ewigkeit einfach so liegen. Den Blick starr gegen die weiße Zimmerdecke geheftet die einen unnatürlich hellen Kontrast zu der dunkelblauen Zimmerwänden bildet. Je länger ich dagegen starre desto bedeutungsloser komme ich mir vor. Was wäre wenn sie ungehemmt auf mich nieder brettern würde? Dann wäre ich nicht mehr im Stande auch nur etwas zu fühlen. Nicht diese Abgestumpftheit oder diese Emotionale Instabilität. Das Leben würde um so vielfaches einfacher werden...
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