5. Daddy y Papá


Daddy y Papá

»Er fühlt sich nicht wohl«

Langsam öffnete Magnus wieder seine Augen, die er gerade erst geschlossen hatte, und ließ Alecs Worte auf sich wirken. Es war schon spät abends, vermutlich nicht so spät für Leute, die keine Kinder hatte, doch für Magnus fühlte es sich an, als hätte er bereits zwei Nächte durchgemacht. Er liebte seine Kinder über alles, doch heute waren sie der absolute Albtraum gewesen, als Alec und er versucht hatten sie ins Bett zu bringen.

»Rafael?«, war Magnus' verspätete Reaktion, auf die er keine Antwort bekam. Stattdessen hörte er, wie sich Alec neben ihm auf die Seite drehte. Er konnte Alecs Blick schon fast auf sich spüren, weshalb er seinen Kopf zur Seite drehte und seinen Verlobten verwundert musterte.

Alec hatte seine Stirn in Falten gelegt und obwohl der Raum so dunkel war, dass man kaum etwas sehen konnte, konnte Magnus die Müdigkeit deutlich in seinem Gesicht erkennen. Dunkle Schatten lagen unter einen Augen und er war sehr blass. Allgemein war es eher ein trauriger Anblick, der Magnus dort präsentiert wurde, weshalb er sich ebenfalls auf die Seite drehte und seine Hand vorsichtig an Alecs Wange legte.

»Er muss sich erst an das alles gewöhnen und wahrscheinlich trauert er noch um seine Familie«, versuchte er ihn zu beruhigen und strich mit seinem Daumen sanft über seinen Wangenknochen. Alec sah nicht besonders überzeugt aus. Er atmete tief durch und legte seine eigene Hand auf die von Magnus. Ein warmes Gefühl breitete sich in Magnus' Körper aus, als Alecs Finger über seine eignen strichen und er konnte nicht anders, als seine Lippen zu einem schmalen Lächeln zu verziehen.

»Was ist, wenn wir das Falsche tun? Vielleicht reicht das alles nicht aus. Ihm konnte auf der Straße irgendetwas passiert sein oder damals mit seinen Eltern. Wir wissen nicht, was er gesehen hat, Magnus. Vielleicht braucht er Hilfe ... mehr Hilfe«, besorgt schaute Alec in seine Augen und Magnus meinte ein Glitzern wahrnehmen zu können. Alec weinte sehr selten vor ihm, weshalb ihm das Thema wohl sehr am Herzen liegen musste. Magnus rückte etwas näher an ihn heran und ließ seine Hand, die eben noch auf Alec's Wange gelegen hatte, durch seine Haare gleiten. Vorsichtig zog er Alec an sich, sodass dieser einen Arm um den Warlock legte und seinen Kopf in Magnus' Halsbeuge drückte. Er spürte Alec tief einatmen.

»Gib ihm noch ein bisschen Zeit. Er ist noch nicht lange hier und es ist wahrscheinlich nicht leicht sich von einer Straße in Argentinien an so etwas zu gewöhnen«, auch Magnus hatte seine Sorgen um den kleinen Jungen und er würde lügen, wenn er behaupten würde, dass er seinen Worten hundert Prozent Glauben schenkte. Er sagte es eher, um Alexander zu beruhigen, doch vermutlich brauchte er diese Worte auch für sich selbst.

Natürlich hatte auch er Rafaels Verhalten bemerkt, vor allem neben Max fiel es sehr auf, da der kleine Warlock konstant am Lachen und Grinsen war. Dazu hatte er jedoch festgestellt, dass Rafael vor allem sehr an Alec hing und deswegen annahm, dass er sich nicht ganz unwohl fühlte, zumindest nicht wenn Alec in der Nähe war. Magnus versuchte seine Augen offen zu halten, doch er konnte nicht; er spürte Alecs regelmäßigen Atem an seinen Hals und wurde schlagartig von einer Welle von Müdigkeit überrascht.

»Glaubst du, dass er uns auch eines Tages als Familie ansehen wird?«, hörte er Alec leise flüstern. Er hörte sich so besorgt an, dass sich Magnus' Herz schmerzhaft zusammenzog. Alec sollte nicht daran zweifeln, ob er ein guter Vater war. Er war mehr als das. Magnus hatte selbst nie einen Vater gehabt, der ihn geliebt hatte; eher das genaue Gegenteil. Solange Alec seine Kinder also nicht versuchte zu ertränken, konnte er mit Magnus' Stiefvater wohl nicht mithalten.

Manchmal wollte Magnus Alec einfach bei den Schultern packen und kräftig durchschütteln, bis all die schlechten Gedanken von ihm weichen würden. Alec hatte so viele Selbstzweifel in sich, dass es selbst Magnus schmerzte. Für ihn war Alec perfekt und er konnte nicht verstehen, dass er es selbst nicht sehen konnte. Magnus konnte nicht eine Sache finden, die an Alec nicht liebenswert oder anziehend war, und er wünschte, Alec könnte dies ebenfalls sehen.

»Ja, das glaube ich«, versicherte er ihm somit, wusste jedoch nicht mehr, ob er diese Worte wirklich laut ausgesprochen hatte.

***

»Nur das Blatt, Max. Die anderen Sachen wollen keine Farbe abbekommen«, seufzte Magnus, als er mit beiden Kindern am Esstisch saß und seinen jüngsten Sohn wieder davon abhalten wollte, dass dieser nicht nur sein Blatt bepinselte, sondern auch den Tisch und Magnus' Kleidung. Er hatte den Tisch schon mit Zeitungspapier ausgelegt und auch Max selbst hatte er einen Kittel angezogen, aber trotzdem fand der kleine Warlock Wege diese Abdeckungen zu umgehen.

Max' Interesse am Malen hielt sich sowieso in Grenzen. Die Farbe war wahllos auf sein Blatt getupft worden und er fand eher Freude daran Magnus' oder Rafaels Kunstwerke zu zerstören. Hier und da versuchte er auch die Finger seines Vaters anzumalen, der darüber alles andere als glücklich war. Zum Glück sah Rafael das ganze gelassen und beschwerte sich nicht, wenn sein Bruder ihn wieder ärgern wollte. Still saß er auf seinem Platz und tunkte seinen Pinsel in das Wasserglas, bevor er in die blaue Farbe ging.

Alec war im Institut und Magnus war auf sich allein gestellt, was die beiden Jungs betraf. Es war das erste mal gewesen, dass Rafael kein großes Theater veranstaltet hatte, weil Alec ohne ihn gegangen war. Jedes mal hatte es Magnus das Herz gebrochen, wenn Rafael so bitterlich geweint hatte, sobald Alec aus der Tür verschwand. Erst wenn der Shadowhunter abends wieder in die Wohnung gelaufen war, hatte sich der Kleine wieder entspannt. Heute hatte Magnus tatsächlich zum ersten mal nicht lügen müssen, als Alec ihn per SMS gefragt hatte, wie es Rafael ging. Damit sich Magnus' Verlobter keine Sorgen machte, hatte er ihm oft geschrieben, dass Rafael nach wenigen Minuten aufgehört hatte zu weinen, obwohl es nicht so war. Heute musste er nicht lügen, denn Rafael hatte keine einzige Träne vergossen.

Es war der erste Februartag, außerdem regnete es in Strömen und es war eiskalt, weshalb Magnus und die Kinder heute keinen Fuß vor die Tür gesetzt hatten. Dies sorgte jedoch leider dafür, dass Max noch viel zu viel Energie hatte und sogar keinen Mittagsschlaf benötigt hatte. Auch Rafael schien er langsam auf die Nerven zu gehen, doch Magnus hatte überraschender Weise gelernt, dass selbst Max es nicht schaffte, den kleinen Shadowhunter an seine Grenzen zu bringen. Max konnte ihn ärgern so viel er wollte, Rafael war nie genervt. Diese Grenzen nutzte Max jedoch voll aus.

»Max«, zischte Rafael leise, als der kleine Warlock schon wieder unvorsichtig mit seinem Pinsel umging und rote Spritzer auf Rafaels Kunstwerk landeten. Max beachtete die Mahnung nicht, sodass Magnus gereizt nach dem Arm seines Sohnes griff und ihm den Pinsel aus der Hand zog, woraufhin dieser laut protestierte.

»Entweder du machst das ganze richtig, oder du gehst in dein Zimmer, Max«, befahl ihm Magnus streng. Natürlich schenkte Max seinem Vater keine Aufmerksamkeit, beugte sich über den Tisch und malte einen dicken roten Strich auf Rafaels dunkle Haut. »Max«, empört griff Magnus nach seinem Oberarm und zog den Jungen wieder auf seinen Platz zurück. Dieser war jedoch nicht schnell genug. Rafael nutzte die Gelegenheit für eine kleine Revanche und ließ seinen Pinsel über Max' Arm gleiten. Ein blauer Strich erschien auf Max' sowieso schon blauer Haut.

»Fällt gar nicht auf«, sagte er stolz und streckte seine Zunge in Rafaels Richtung aus. »Ich bin sowieso schon blau«, erklärte er und lachte breit. Schnell ging Rafael mit seinem Pinsel in die pinke Farbe und zeichnete noch einen Stich auf Max' Haut, der auch dieses mal nicht schnell genug war. »Hey!«, zischte er und revanchierte sich ebenfalls mit blauer Farbe.

Magnus sah das große Chaos schon vor sich und wollte dazwischen gehen, jedoch wurde er zurückgehalten, als er Rafael lachen hörte. Es klang fast so wie das von Max, nur ein bisschen tiefer. Magnus konnte nicht anders als breit zu grinsen und den kleinen Shadowhunter vor sich sprachlos anzuschauen. Er warf seinen Kopf in den Nacken und versuchte seine Hand vor Max in Schutz zu bringen. Vor lauter Lachen konnten beide Kinder nicht richtig zielen und Magnus hielt beide Wassergläser fest, damit sie diese nicht umwarfen.

»Was ist den hier los?«, ruckartig drehte sich Magnus um und entdeckte Alec, der die Wohnungstür hinter sich schloss und seinen Bogen und Köcher in den Flurschrank stellte. Sprachlos schaute Magnus wieder zu beiden Kindern, vor allem zu Rafael, der immer noch laut lachte und schon fast keine Luft mehr bekam. Er versuchte sich wieder über den Tisch zu lehnen, um Max anzumalen und als dieser schließlich die selbe Idee hatte, gelang es beiden nicht nur die Arme voneinander zu verzieren sondern auch die Gesichter.

»Daddy, guck was ich gemalt hab!«, rief Max stolz und hielt sein Papier in die Luft, sodass Alec es bewundern konnte. Dieser grinste breit und ließ vor allem Rafael nicht aus den Augen, als könnte er nicht glauben, was er gerade gehört und gesehen hatte. Auch Magnus warf erneut einen prüfenden Blick zu dem kleinen Jungen, der immer noch breit lächelte. Es war das erste mal, dass auch seine Augen mitlachten. Das Leuchten in den Augen des Shadowhunters hatte Magnus vorher noch nie gesehen.

»Toll, Max«, stolz strich Alec seinem Sohn durch die dunklen Haare und beugte sich schließlich zu Magnus, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu geben.

»Guck auch meins!«, rief Rafael, doch Alec überhörte ihn, als Max erneut sprach: »Meins soll Chairman Meow sein«, informierte er seinen Vater, der seine Stirn in Falten legte und das Kunstwerk von allen Seiten betrachtete. »Mit viel Fantasie«, stimmte er leise zu, sodass es nur Magnus hörte. Dieser lachte leise, da er auch beim besten Willen keine Katze auf dem Bild erkennen konnte. Wenn überhaupt hatte die Katze wohl einen sehr schlimmen Unfall gehabt.

Er schaute zu Rafael, da sein Bild immer noch in Alecs Richtung hielt und drehte sich in die Richtung seines Verlobten, um ihn auf ihn aufmerksam zu machen, doch Max redete seinem Vater erneut einen Klotz ans Bein, sodass dieser überhaupt keine Zeit für seinen anderen Sohn fand.
»Alexander«, fing Magnus vorsichtig an und lächelte erneut in Rafaels Richtung.

»Daddy! Schau!«, sofort schoss Alecs Kopf in Rafaels Richtung und auch Magnus hielt den Atem an, als Rafael stolz sein Bild präsentierte. Breit grinste der kleine Junge und hielt seinem Vater das Blatt Papier entgegen, während dieser unfähig zu reagieren schien. Alecs Mundwinkel zuckten leicht, danach blinzelte er einige Male, seine Augen glitzerten verdächtig. Magnus Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als er seinen Verlobten in diesem Zustand sah.

»Ja«, hauchte Alec und nahm das Bild zögernd entgegen. Abwesend musterte er das Kunstwerk, schaute jedoch sofort wieder zu Rafael, der ihn erwartungsvoll musterte. Magnus erinnerte sich an das Gespräch von gestern Nacht zwischen ihm und Alec. Er dachte an all die Zweifel, die Alec gehabt hatte und hoffte, dass der Shadowhunter nun ebenfalls einsah, dass diese um sonst gewesen waren. Auch Magnus stiegen Tränen in die Augen, als er das Leuchten in Alecs' sah. Genau wegen solchen Momenten wusste er, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, Alec heiraten zu wollen, obwohl es wohl noch ein wenig dauern würde, bis sie dies tatsächlich in Gold tun konnten.

»Das ist toll, Rafael. Sollen wir das sein?«, hakte Alec nach und holte Magnus damit wieder aus seinen Gedanken. Rafael nickte aufgeregt. »Du«, er deutete auf das äußerste Strichmännchen, dass er einfach mit schwarzer Farbe gemalt hatte, »Max«, er deutete auf das kleinere Strichmännchen an Alecs Hand, das er mit blau gemalt hatte, »Ich«, ebenfalls mit schwarz hatte er ein etwas größeres Strichmännchen gemalt, »Y Papá«, Magnus hatte bereits darauf gewartet, dass er zu dem letzten Strichmännchen kam, was genau so aussaß wie das von Alec.

Als Rafael auch ihn Papa nannte, platzte sein Herz beinahe vor stolz und er musste sich tatsächlich eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Rafael betonte das Wort „Papa" mit einem kleinen Hauch eines spanischen Akzents, was Magnus noch viel niedlicher fand, als gedacht. Ein breites Lächeln zierte seine Lippen, während er vorsichtig über Rafaels Oberarm strich und zu Alec schaute, der ihm das Bild mit einem stolzen Lächeln wiedergab.

Übermütig trat er einen Schritt näher an den kleinen Shadowhunter heran und hob ihn in seine Arme, woraufhin dieser fröhlich quiekte. Auch Magnus hätte dies am liebsten getan, doch er ließ Alec seinen Moment, den er zu genießen schien. Mit einem breiten Grinsen drückte er mehrere Küsse auf Rafaels Gesicht und schloss ihn schließlich in eine feste Umarmung. Dabei ertönte erneut das wunderschöne ehrliche Lachen von Rafael.

Immer noch mit Rafael auf dem Arm bückte sich Alec zu Max, um einen Kuss auf seiner Wange zu platzieren. Die Reaktion war eine typische Reaktion des kleinen Warlocks; mit dem Handrücken wischte er dramatisch über seine Wange, wo sein Vater ihn geküsst hatte, und verzog das Gesicht angewidert. Das bewirkte jedoch das komplette Gegenteil und Alec schmunzelte nur, als er ihm noch einen Kuss auf die Wange drückte, danach noch mehrere weitere, bis Max erfolglos versuchte seinen Vater wegzudrücken.

»Ich bin zu alt dafür«, beschwerte sich Max, woraufhin Alec schließlich doch von ihm abließ und ihm durch die Haare strich. Danach trat er zu Magnus' Stuhl und platzierte einen kurzen aber liebevollen Kuss auf seinen Lippen. Für einen kurzen Moment schloss Magnus seine Augen, lächelte und atmete tief ein, als sich Alec wieder von ihm löste. Er würde sich wahrscheinlich niemals an das Kribbeln in seinem Körper gewöhnen, das er immer dann verspürte, wenn Alec ihm so nah war.

»Siehst du; Papa ist nicht zu alt dafür und er ist über vierhundert Jahre älter als du«, argumentierte Alec und auch Max hatte darauf keine Antwort mehr. Er ließ ein kleines Seufzen ertönen, bevor er sich wieder seiner Zeichnung widmete und den Pinsel in gelbe Farbe tunkte, die sich durch die Farbreste dunkel färbte.

»Wie war's im Institut?«, fragte Magnus interessiert und erhob sich von seinem Stuhl, um Rafaels restliche Malutensilien wegzuräumen. Er sammelte die Pinsel in dem Wasserglas, was er später auskippen würde, und faltete das Zeitungspapier zusammen, was als Unterlage gedient hatte. Rafael lehnte seinen Kopf gegen Alecs Schulter und musterte Magnus, woraufhin dieser ihm ein warmes Lächeln schenkte.

»Zum ersten mal seit Wochen keine Dämonen in Sicht«, ließ Alec ihn wissen und legte seine Arme enger um Rafael, dessen Augen schon langsam schwerer wurden. Erleichtert nickte Magnus, klopfte Alec kurz auf den Oberarm, als er an ihm vorbei zu Max ging. Er wusste, dass es Alecs Job war die Welt vor dämonischen Kreaturen zu beschützen und das hatte er bereits gewusst, als er ihn das erste mal gesehen hatte. Trotzdem konnte er nicht anders als sich unendlich große Sorgen zu machen, sobald Alexander das Haus verließ. Er hatte schon mehrere Male gesehen, was dieser Job für einen Schaden anrichten konnte. Die Bilder von Alecs schmerzverzerrten Gesicht und krampfenden Körper würde er niemals vergessen, genauso wenig die Angst, die er verspürt hatte, obwohl er seinen jetzigen Verlobten damals nicht richtig gekannt hatte.

Er freute sich für Alec, dass er aufgrund kürzlicher Ereignisse mehr Anerkennung erhalten hatte, was seine Leistungen als Shadowhunter betraf, trotzdem verfluchte er das Institut jedes mal, wenn es sich mit einem neuen Notfall meldete. Alec wurde seit Sebastians Tod viel öfter eingesetzt, doch Magnus traute sich nicht sich zu beschweren, da er jedes mal das Leuchten in den Augen des Shadowhunters sehen konnte, wenn Menschen tatsächlich nach seiner Hilfe fragten. So viele Jahre hatte Alec im Schatten der anderen gestanden, vor allem in dem seiner Geschwister. Heute kannte jeder Alexander Gideon Lightwood und Magnus würde lügen, wenn er sagen würde, dass ihn das selbst nicht ebenfalls stolz machte.

Vorsichtig zog Magnus Max den Kittel aus und sammelte auch seine Pinsel zusammen, bevor er den kleinen Warlock vom Stuhl auf den Boden hob. Sofort rannte dieser in Richtung seines Zimmers und ließ seine Eltern mit der Unordnung allein. »Magnus?«, fragte Alec irgendwann unsicher, woraufhin sich Magnus zu ihm drehte und seine Augenbrauen erwartungsvoll anhob.

»Was hältst du von einem kleinen Familienessen im Institut, damit die anderen Rafael kennenlernen können?«, fragte Magnus' Gegenüber vorsichtig und setzte ein schüchternes Lächeln auf, dem niemand hätte widerstehen können. Magnus hielt nicht viel von Familientreffen, aber Alec zu Liebe würde er wahrscheinlich auf hunderte gehen, obwohl in den meisten Fällen eher seine Schwester Isabelle dahinter steckte. Auch jetzt nahm Magnus stark an, dass die hübsche Brünette ihre Finger im Spiel gehabt hatte.

»Wann?«, hakte Magnus nach und Alec wurde sichtlich nervöser als zuvor.

»Morgen«, murmelte er, sodass Magnus es beinahe nicht verstanden hätte. »Morgen?«, wiederholte er geschockt und Alec nickte unsicher. An seinem Blick konnte Magnus lesen, dass heute nicht der Tag gewesen war, an dem er diese Einladung erhalten hatte. Irgendwas sagte ihm, dass er es schon länger gewusst hatte. Er kannte ihn schließlich viel zu gut.

»Ich glaube, ich brauche mindestens eine Woche um mich mental auf deine Mutter vorzubereiten«, stellte Magnus klar und erhielt ein Augenrollen seines Gegenübers. Schon seit Maryses Jugend herrschte eine unangenehme Spannung zwischen Magnus und ihr, die hauptsächlich mit Valentine und seinen wilden Ideologien zu tun hatte. Auf die Schnelle hatte Magnus damals nicht gewusst, dass Alec ihr Sohn war und ehrlich gesagt wusste er noch nicht einmal, ob er Alec wirklich seine Aufmerksamkeit geschenkt hätte, wenn er gewusst hätte, dass Maryse seine Mutter und Robert sein Vater war.

»Komm schon, Magnus. Wir müssen nichts vorbereiten; Izzy hat alles unter Kontrolle«, versuchte ihn Alec zu überreden. Magnus hatte mit seinen Vermutungen also recht gehabt. Egal was er nun sagen würde, er sah sich sowieso schon am nächsten Tag das Institut betreten.

»Du hast Glück, dass ich dich so sehr liebe«, kommentierte er. Ein triumphierendes Lächeln erschien auf Alecs Lippen und alleine das ließ ihn alle Zweifel vergessen.

Spät abends saß Magnus an Max' Bett, ein Buch mit Max' Lieblingsgeschichten in der Hand. Mit der anderen Hand strich er vorsichtig über den Arm des kleinen Warlocks, dessen Augen immer schwerer wurden und schließlich komplett zufielen. Obwohl Max nun auch so einschlafen würde, beendete Magnus das Kapitel noch, bevor er sich zur Nachttischlampe beugte und diese ausschaltete. Nur das kleine Nachtlicht auf der Fensterbank brannte und erleuchtete das Zimmer in gemütlichen Farben.

Zufrieden schaute Magnus herunter auf seinen Sohn, der seinen Plüschhasen fest umfasst hielt. Seine Augen waren geschlossen und in dem Licht erkannte man nur die Silhouette des kleinen Jungens, der in diesem Zustand viel friedlicher aussah, als er es normalerweise war. Magnus bückte sich vor und platzierte einen sanften Kuss auf Max' Schläfe, woraufhin dieser seine kleinen Arme um Magnus' Hals warf und ihn fest an sich drückte.

»Gute Nacht«, flüsterte Magnus leise und versuchte sich vorsichtig aus dem Griff seines Sohnes zu lösen, der irgendwann nachgab. »Kann Daddy gleich noch kommen?«, fragte er leise, wobei die Wörter aufgrund seines Schnullers nur genuschelt aus seinem Mund kamen. So gerne wollte ihn Magnus eigentlich davon abgewöhnen, doch Alec war dazu kein konsequentes Elternteil, wogegen Magnus machtlos war. Vor allem war es schwer, da sie Rafael den Schnuller erlaubten, einfach durch die Umstände und da er sich so vielleicht ein wenig wohler fühlte. Wenn Max dies also bei seinem Bruder sah, konnte Magnus das Abgewöhnen vergessen, was auch vollkommen verständlich war.

»Warum? Er hat dir doch eben schon gute Nacht gesagt«, Magnus schaffte es sich aus dem Griff seines Sohnes zu lösen und schaute nun auf ihn herunter, während er gleichmäßig durch die Haare des Kleinen strich. Es war jeden Abend das gleiche; Alec brachte Rafael ins Bett und Magnus Max. Davor sagten sie den Kindern noch gute Nacht.

»Er muss aber noch einmal kommen«, protestierte Max, woraufhin Magnus sich geschlagen gab und mit einem »Ich sag ihm Bescheid« antwortete. »Gute Nacht«, flüsterte er erneut und drückte weitere Küsse auf Max' Gesicht. Dabei genoss er es, dass er sich ausnahmsweise nicht wehrte und sogar lächelte, als Magnus sanft mit dem Handrücken über seine Wange fuhr.

»Ich hab dich lieb«, ließ Magnus ihn wissen und erhob sich von Max' Bett. »Ich dich auch«, antwortete dieser müde und schaffte es noch nicht einmal die Augen dabei zu öffnen.

Um Max' Wunsch nachzugehen trat Magnus kurze Zeit später in Rafaels Zimmer, wo ihn ein ähnliches Bild erwartete wie bei Max im Zimmer; Alec saß mit dem Rücken zu ihm auf dem Bett und hielt ein Buch in seiner linken Hand, das jedoch schon zugeklappt war. Mit der rechten Hand deckte er Rafael bis zum Kinn hin zu und strich schließlich über seine Wange.

Langsam trat Magnus durch den Raum auf die beiden zu und legte schließlich eine Hand auf die Schulter seines Verlobten, der daraufhin aufschaute und Magnus ein schmales Lächeln zuwarf. »Max will, dass du noch einmal zu ihm gehst«, überbrachte er die Nachricht. Erst legte sich Alecs Stirn fragend in Falten, danach nickte er bloß.

»Papá«, ertönte ganz leise von Rafael, woraufhin ich beide Eltern zu ihm drehten. Der kleine Shadowhunter griff nach Alecs Arm, um sich aufzurichten, danach streckte er seine Arme in Magnus' Richtung aus. Dieser überlegte nicht lange und trat einen Schritt näher an seinen Sohn heran, bückte sich herunter und schloss ihn in seine Arme. Es war das zweite mal, dass Rafael Magnus „Papa" genannt hatte und das erste mal, dass er eine Umarmung forderte. Er hatte es schon oft bei Alec gemacht; fast jeden Tag stellte sich Rafael vor den älteren Shadowhunter und deutete an, dass er eine Umarmung wollte, doch bei Magnus hatte er dies noch nie getan.

Magnus war darauf schon immer etwas neidisch gewesen, doch dieses Gefühl verschwand, als Rafael seine kleinen Arme um seinen Hals schlang und ihn fest an sich drückte, so wie es Max eben getan hatte. Kurz darauf richtete sich Magnus auf und hob Rafael vorsichtig ein Stück von sich, sodass er einen Kuss auf seine Schläfe drücken konnte.

»Gute Nacht, Rafael«, Magnus kämpfte mit den Tränen, als er Rafael wieder auf sein Bett setzte und Alec die Bettdecke über den Körper des Jungen legte. »Te quiero«, flüsterte Alec so wie jeden Abend, während Magnus durch Rafaels dunkle Haare fuhr. Kurz strich Alec mit der Hand über den Arm des Jungens, bevor er sich erhob und sich auf den Weg zu Max' Zimmer machte.

»También, Daddy«, erwiderte Rafael kurz bevor Alec aus der Tür verschwunden war. Sofort drehte sich dieser wieder um und schaute erst zu seinem Sohn, danach zu Magnus, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Auch Alecs Mundwinkel hoben sich zu einem breiten Lächeln. Es war der Gesichtsausdruck, den er nur trug, wenn er seine Kinder anschaute, das hatte Magnus schon früh herausgefunden. Schon von Anfang an hatte Alec Max mit diesem Blick angeschaut; mit so viel Liebe und Stolz, dass selbst Magnus bei diesem Anblick die Tränen in die Augen stiegen.

Noch für einen Moment schaute er seinen Sohn an, danach nickte er abwesend und trat aus der Tür, die er danach anlehnte. Magnus schaute erneut zu Rafael, dessen Augen langsam zufielen. Seine eine Hand umklammerte die Plüschtierkatze und die andere versuchte nach dem Schnuller auf seinem Nachttisch zu greifen, den Magnus ihm schließlich überreichte.

»Te quiero, Papá«, wiederholte er Alecs Worte an Magnus gewandt, woraufhin der Warlock für einen Moment das Atmen vergaß. Vollkommen überrascht starrte er seinen Sohn an, der seine Augen bereits geschlossen hatte, und beugte sich vor, um einen Kuss auf seiner Wange zu platzieren. »Ich hab dich auch lieb, mein kleiner Prinz«, flüsterte er schließlich und schob die Decke etwas dichter zu Rafaels Kinn. Danach erhob er sich langsam und ging zur Tür, wo er einen letzten Blick auf Rafael warf, der jedoch schon im Halbschlaf zu sein schien. Zögernd schaltete er das Licht aus und lehnte die Tür hinter sich an, bevor er sich ebenfalls auf den Weg in sein Bett machte.

Kurz blieb er noch bei Max' Tür stehen und warf einen Blick hinein. Im inneren erkannte er Alecs Silhouette, die auf Max' Bett saß. In seinen Armen hielt er Max, den Plüschhasen fest an seine Brust gedrückt. Alec hielt ihn wie früher; Max saß auf seinem Schoß, den Oberkörper an den von Alec gedrückt und den Kopf durch Alecs Arm gestützt. Gleichmäßig wippte Alec hin und her, obwohl Magnus sich sicher war, dass Max schon längst eingeschlafen war.

Alec drückte seine Lippen auf den Kopf seines Sohnes und atmete tief ein, um seinen Geruch aufzunehmen. Etwas, was er so oft gemacht hatte, als Max noch ein Baby gewesen war. Er roch immer noch so vertraut und nach Zuhause, jedoch nicht mehr ganz zu intensiv wie damals vor ein paar Jahren. Trotzdem war er vor allem in diesem Moment immer noch Alecs kleines Baby und vermutlich hätte er alles dafür getan, dass er ihn selbst in fünf Jahren noch so halten würde.

Vorsichtig hob er Max wieder zurück auf die Matratze und deckte ihn zu, ohne dass der kleine Warlock wieder seine Augen öffnete. Auch ihm selbst fielen beinahe die Augen zu, als er sich erhob und zur Tür trat, wo Magnus auf ihn wartete und mit einem Lächeln auf den Lippen musterte.

»Geschafft«, flüsterte er triumphierend und hörte Magnus leise lachen, als er an ihm vorbei ins Schlafzimmer ging. Sofort schmiss er sich dort auf das gemeinsame Bett und streckte alle Viere von sich. Er hörte Magnus, der den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss.

»Er hat uns Daddy und Papa genannt«, sprach Alec seine Gedanken laut aus, während er an die Decke starrte und die vergangenen Ereignisse Revue passieren ließ. »Ja«, hauchte Magnus und Alec hörte seine Schritte, die immer näher kamen.

»Liebst du ihn so sehr, wie du Max liebst?«, hakte Alec interessiert nach. Er hatte schon oft darüber nachgedacht Magnus diese Frage zu stellen, aber sich nie richtig getraut. Alec hatte Rafael schon von Anfang an geliebt, wollte es Magnus aber nicht gestehen, da er sich sicher war, dass der Warlock nicht das gleiche gefühlt hatte.

»Natürlich«, antwortete Magnus liebevoll und schmiss sich zu Alec auf das Doppelbett, woraufhin dieser erschrocken ausatmete, da er Magnus' Gewicht auf ihm nicht erwartet hatte. Er war noch halb auf ihm gelandet, trotzdem stöhnte Alec vor Schmerz auf und hörte Magnus lachen.

»Gut«, sagte Alec schließlich, woraufhin ihn Magnus interessiert musterte. Er trug ein schmales Lächeln auf den Lippen und starrte an die Decke. »Ich auch«, flüsterte er und Magnus glaubte es sofort.

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(20.03.2018) Season 3 premiere yaaaas

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