18. Bis nach Idris und wieder zurück

Bis nach Idris und wieder zurück

»Noch einmal; alle Shadowhunter auf Position!«, rief eine tiefe Stimme durch den Trainingsaal der Akademie, woraufhin sich circa fünfundzwanzig junge Nephilim in einer Reihe aufstellten. Alec konnte sich das Schmunzeln auf seinen Lippen nicht verkneifen, als er mitansah, was für einen Respekt die Lehrer vor ihrem Trainer hatten. Es war Delaney Scarsbury, der schon seit Jahrzehnten an der Shadowhunter Akademie unterrichtete und der mit seinen breiten Oberarmen, der dunklen Stimme und der Augenklappe sogar Alec ein wenig Angst bereitete.

Die Kinder, die sich vor ihm in eine ordentliche Reihe aufstellten, waren ungefähr acht bis zehn Jahre alt und viele von ihnen lebten bereits in der Akademie, anders als Rafael, den Alec nach dem Training jedes mal wieder mit nach New York nahm. Mit Magnus als Ehemann war dies kein Problem, doch nicht jeder hatte eine gute Beziehung zu einem Warlock, der Portale nach Idris öffnen konnte, wann immer man sie benötigte. Die Kinder kamen aus aller Welt und lebten überwiegend in der Akademie. Nur einmal im Monat halfen Catarina und Magnus dabei sie wieder zu ihren Eltern zu portalieren.

Alec konnte sich nicht vorstellen eine solch lange Zeit von seinem Sohn getrennt zu leben, der gerade acht Jahre alt war und somit zu den jüngsten des Trainings zählte. Das Training war hart, Alec kannte es noch aus seiner eigenen Kindheit. Von Montag bis Donnerstag trainierten die Kinder von morgens bis abends und in ein paar Jahren würde noch Freitag und Samstagvormittag dazukommen. Er konnte es deshalb nicht lassen jeden Abend ein wenig früher zu erscheinen, um noch ein bisschen von Rafaels Training mitzubekommen. Magnus erzählte er, dass er den Fortschritt seines Sohnes sehen wollte, doch in Wahrheit vermisste Alec seinen Sohn unheimlich, wenn er den ganzen Tag fort war.

Natürlich wusste Alec, dass es ein Privileg war, dass er den kleinen Jungen abends wieder mit nach Hause nehmen durfte, während die meisten anderen Eltern ihre Kinder erst in einigen Tagen wiedersahen. Diesen Gedanken wollte sich Alec noch nicht einmal ausmalen. Nur zwei weitere Elternteile standen mit ihm an der großen Tür des Saales, beide wie er an die Wand gelehnt, während sie ihre Kinder beobachteten.

Die Kinder standen mit dem Rücken zur Tür und Alec stellte schmunzelnd fest, dass Rafael tatsächlich der kleinste Shadowhunter unter ihnen war, obwohl er nicht der jüngste war. Unsicher schaute sein Sohn erst zu dem Jungen rechts von ihm auf, der wahrscheinlich schon eine Weile beim Training dabei war. Er sah um einiges älter aus als Rafe, obwohl es vermutlich nur höchstens zwei Jahre waren, die die beiden Jungs voneinander trennten. Zu seiner Linken stand ein Mädchen, dessen blonde Haare zu einem langen Zopf geflochten waren, auch sie war einen Kopf größer als Rafael.

Alec konnte nicht in Worte fassen, wie stolz er auf seinen Sohn war. Auf der einen Seite hatte er es kaum erwarten können seinem Sohn das Bogenschießen beizubringen oder zu sehen wie er seinen ersten Zweikampf gewann. Schon als er den Kleinen in seiner schwarzen Ausrüstung gesehen hatte, hatte er seine Tränen zurückhalten müssen. Auf der anderen Seite stieg nun natürlich die Sorge um seinen ältesten Sohn, außerdem realisierte er, dass Rafael nun kein kleines Baby mehr war und lernte sich selbst zu verteidigen. Etwas mit dem Alec nur schwer klarkam.

Ein Kind nach dem anderen trat auf die Matte zu Scarsbury, der jedes mal seine Kampfposition einnahm. Er versuchte jeden der Shadowhunter auf den Rücken zu befördern, die Kinder mussten sich dementsprechend wehren. Natürlich hatte keiner von ihnen die Chance gegen den erfahrenden Lehrer, trotzdem war Alec erstaunt wie sich manche von ihnen ins Zeug legten. Der Junge, der eben noch neben Rafael gestanden hatte, wendete sich geschickt in dem Griff seines Trainers und blieb für eine lange Zeit auf beiden Beinen stehen. Es verging einige Zeit, bis Scarsbury es tatsächlich schaffte den Jungen auf die Matte zu drücken.

Gespannt beobachtete Alec, wie Rafael einige Schritte vor trat, als sich der Junge wieder aufrichtete und sich zu den anderen Kindern stellte. Scarsbury nahm seine vorherige Haltung ein und wartete auf Rafael, der sich sehr viel Zeit ließ.

»Komm schon, Lightwood«, forderte Scarsbury und ließ dabei das dazugehörige Bane weg. Alec wusste genau wieso, wusste was die ältere Generation von Unterweltlern hielt, doch er versuchte sich zusammenzureißen. Scarsburys Worte erinnerten ihn an seine eigene Trainingszeit, damals zusammen mit Jace und manchmal mit Isabelle. Jace war immer der beste gewesen und ständig hatte Alec in seinem Schatten gestanden.

Irgendwann war Rafael auf der Matte angekommen und nahm die gleiche Position wie sein Lehrer ein, der sofort angriff. Aus Reflex trat Alecs Sohn einen Schritt zurück, doch Scarsbury war schneller und griff grob nach dem Handgelenk des Jungen. Dieser versuchte die Hand abzuschütteln und sich aus dem Griff zu lösen, doch es gelang ihm nicht, sodass er schließlich unsanft auf die Matte geschleudert wurde. Auch das Abrollen gelang ihm anscheinend nicht, sodass er direkt auf seinem Rücken landete und danach mit dem Hinterkopf ungeschickt auf dem Boden aufkam.

Automatisch kniff Alec seine Augen bei diesem Anblick zusammen. Er wusste aus eigener Erfahrung wie ein solches Training ablief, aber der Schmerz seines Sohnes war das schlimmste, was Alec ertragen musste. Am liebsten wollte er zu ihm rennen und ihn fest in die Arme schließen und auch Rafael selbst sah aus, als könnte er eine Umarmung gut gebrauchen. Mühselig drehte er sich auf den Bauch und richtete sich wieder auf.

»Was war das, Lightwood? Ich verlange Konzentration in meinem Unterricht! Hast du die letzten Wochen überhaupt nichts gelernt?«, rief Scarsbury dem Jungen hinterher, der mit gesenktem Kopf die Matte verließ. Alec kannte seinen Sohn gut genug um zu wissen, dass dieser weinte; seine dunklen Locken hingen weit in sein Gesicht und seine Arme hatte er schützend um seinen Körper gelegt. Mitleidig beobachtete er, wie Rafael sich zurück in die Reihe stellte, alle Blicke waren auf ihn gerichtet.

Auch in den anderen Übungen erwies sich Rafael als nicht besonders geschickt. Er schien nicht so stark wie die anderen Kinder zu sein, außerdem war er relativ langsam, sodass er keine Chance gegen die anderen hatte. Nichtsdestotrotz war Alec stolz auf seinen Sohn, obwohl er derjenige war, der jedes mal hilflos auf der Matte landete. Beim Bogenschießen wollte Alec seinem Sohn am liebsten direkt zur Hilfe eilen, da ihm die Fehler bereits von Weitem auffielen. Er hielt den Pfeil zu tief und den Bogen zu unsicher, doch Scarsbury korrigierte ihn nicht. Stattdessen ließ er Rafael gnadenlos daneben schießen, während alle anderen Kinder die Scheiben trafen.

Leise seufzte Alec, vor allem weil er Rafael schon mit sechs Jahren das Bogenschießen gezeigt hatte, doch vielleicht war sein Sohn nun mit allen Nerven am Ende. Fast konnte er nicht mitansehen, wie Rafael jeden einzelnen Schuss verfehlte und dabei immer gefrusteter wurde. Er kannte den bockigen Gesichtsausdruck seines Sohnes viel zu gut und er musste sich sehr zurückhalten um nicht sofort an seine Seite zu eilen.

Der letzte Nerv wurde Rafael jedoch beim Stockkampf geraubt. Der Stock in seinen Händen war nicht nur einige Nummern zu groß für ihn, sondern auch sein Gegenüber ragte weit über ihn hinaus. Einige male schaffte er es den Angriff des Jungen abzuwehren, doch zum Angreifen hatte er keine Chance. Prüfend stand Scarsbury die gesamte Zeit über neben den beiden und gab erneut unnötige Kommentare von sich, die Rafael eher demotivierten als ihn besser kämpfen zu lassen.

Alec hatte es schon kommen sehen, doch gehofft, dass es nicht passieren würde, doch sobald der größere Junge weit ausgeholt hatte, wusste Alec genau was Rafael erwarten würde. Der Stock seines Gegners schlug hart auf den von Rafael, den er schützend über seinen Kopf gehalten hatte. Leider traf sein Gegenüber nicht in die Mitte des Stockes, sondern direkt auf Rafaels kleine Hand, die den Stock festhielt. Kurz schrie Alecs Sohn auf und zog seine Hand ruckartig zurück, sodass sein Stock mit einem lauten Knall auf den Boden fiel und sich ein siegreiches Lächeln auf den Lippen des Angreifers bildete.

Alecs Herz zog sich zusammen, als er sah, wie Rafael seine verletzte Hand gegen seine Brust hielt und seine andere Hand schützend auf sie legte. Tränen liefen über sein Gesicht und zum ersten mal schaute er zu seinem Vater, der ihn mitleidig ansah. Der hilflose Blick riss Alecs Herz in tausend Teile und er betete, dass Scarsbury nun endlich seinen Mund halten würde, bevor Rafael noch völlig verzweifelte.

»Ein Shadowhunter kennt keine Schmerzen, komm schon, Lightwood! Heb den Stock auf und mach weiter!«, natürlich hielt sich Rafaels Lehrer nicht zurück, woraufhin Alec wütend seine Augenbrauen zusammenzog. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schüttelte Rafael den Kopf und schaute zu Boden, um seine Tränen zu verstecken.

»Ich möchte keine Tränen mehr sehen, du bist kein Baby mehr, Lightwood. Reiß dich zusammen und versuche es noch einmal«, forderte der ältere Shadowhunter, doch Rafael schüttelte erneut den Kopf, während alle Blicke auf ihm lagen. Ohne irgendjemandem einen Blick zuzuwerfen lief er von der Matte und direkt auf Alec zu, der sich von der Wand abstützte und vor seinem Sohn auf die Knie ging. Erst bei ihm angekommen blickte Rafael wieder auf und Alec sah die unzähligen Tränen, die über seine Wangen liefen. Schnell drückte er ihn an sich.

»Vielleicht solltest du in ein paar Jahren wiederkommen, wenn du nicht mehr wie ein Baby in die Arme deines Vaters rennst, sobald du dir ein bisschen wehgetan hast«, rief Scarsbury Rafael hinterher, worauf Alec ihm einen bösen Blick zuwarf. Rafael war immerhin noch acht Jahre alt und somit ein Kind. Er durfte weinen und in Alecs Arme rennen, wann immer er wollte. Am liebsten hätte Alec Scarsbury seine Meinung gesagt, aber er wusste, dass er Rafael somit für immer auf dem Kieker haben würde und schwieg deshalb. Wortlos richtete er sich auf und griff seinem Sohn unter die Arme, bevor er ihn auf seinen Arm hob. Noch für einen Moment hielt er mit Scarsbury Augenkontakt, bis er sich abwendete und Rafael aus dem Saal trug.

Im Eingangsbereich hatte er Magnus geschrieben, damit dieser ein Portal öffnete, danach hatte er sich auf eine der Bänke gesetzt, Rafael auf seinem Schoß. Er wiegte ihn beruhigend hin und her, was er schon die ganze Zeit über hatte machen wollen, danach betrachtete er seine verletzte Hand, die knallrot angelaufen war. Seine Finger waren angeschwollen und man erkannte die Stelle, wo der Stock aufgekommen war. Es sah geprellt aus, doch auf keinen Fall gebrochen, was Alec erleichterte.

»Alles wird gut«, flüsterte er Rafael zu und drückte einen Kuss auf seine nasse Wange. Der kleine Shadowhunter hatte angefangen laut zu schluchzen, was er vermutlich die ganze Zeit über versucht hatte zurückzuhalten. »Ich will kein Shadowhunter werden«, sprach er unter Tränen und Alec strich gleichmäßig über seinen Rücken.

»Du wirst ein guter Shadowhunter, Rafael, mach dir keine Sorgen. Weißt du, wie oft Onkel Jace mich damals auf die Matte geworfen hat?«, versuchte er seinen Sohn zu trösten, doch bewirkte anscheinend genau das Gegenteil. Energisch schüttelte Rafael den Kopf und schluchzte noch lauter.

»Nein! Ich will kein Shadowhunter sein!«, rief er zu Alecs erstaunen. Erst hatte er gedacht, Rafael würde dies nur aus Frustration sagen, doch nun schien er es ernst zu meinen, was Alec sprachlos machte. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte und war froh, als er das Portal sah, was mitten im Raum entstand.

Magnus war vollkommen außer sich gewesen, als er Rafaels Hand gesehen hatte. Nach und nach überkam Alec ein schlechtes Gewissen, da er selbst merkte, wie abgestumpft er gegenüber solchen Angelegenheiten war. Er selbst war auf diese Art aufgewachsen; irgendwann gewöhnte man sich an die Schmerzen und ein Fall auf die Matte hatte ihn damals eigentlich umso mehr motiviert. Dass solche Zustände nicht ganz normal waren, lernte er erst, als er Magnus' geschockten Gesichtsausdruck gesehen hatte. Erst die strengen Worte seines Mannes ließen Alec realisieren, dass Rafael anders war als er selbst und er dies akzeptieren musste.

Wenig später saß Rafael auf Magnus' Schoß in Magnus' Lieblingssessel im Wohnzimmer. Magnus drückte ein Kühlpack auf Rafael kleine Hand, der seinen Kopf gegen die Brust seines Vaters gelegt hatte. Immer noch liefen Tränen über seine Wangen, jedoch schluchzte er nicht mehr, sondern blieb still. Ab und zu hob Magnus das Kühlpack an, um die Hand seines Sohnes fürsorglich zu betrachten, Alec saß auf der Couch am anderen Ende des Raumes und beobachtete die beiden nachdenklich.

»Mein Sohn geht nicht wieder dahin zurück«, sprach Magnus irgendwann, seine Stirn war in Falten gelegt. Leise seufzte Alec, da er diese Diskussion schon so oft geführt hatte. »Es ist normal sich beim Training zu verletzten, Magnus«, versuchte Alec zu erklären, obwohl er Rafael am liebsten ebenfalls in Watte packen wollte.

»Damit er sich noch alle Knochen bricht? Ich eröffne kein Portal mehr für euch«, erwiderte er bestimmend.

»Ich möchte kein Shadowhunter werden«, sagte Rafael erneut, diesmal an Magnus gewandt, wobei er natürlich den richtigen ansprach. Sofort wandelte sich dessen Gesichtsausdruck in einen überraschten, danach schoss sein Kopf in Alecs Richtung. Vielsagend sah er ihn an, bevor er sich wieder Rafael zuwendete.

»Dann musst du das nicht, mein Schatz«, versicherte er ihm und strich vorsichtig durch seine dunklen Locken. Alec wusste nicht, ob er enttäuscht war, aber er war immer davon ausgegangen, dass Rafael in seine Fußstapfen treten würde. Er hatte sich stolz vorgestellt ihn als Leiter eines Instituts zu sehen oder sogar in einer höheren Stellung in Idris. Er hatte nie darüber nachgedacht, dass Rafael auch andere Möglichkeiten hatte, schließlich war es das Engelsblut in den Adern der Nephilim, das ganz automatisch den Instinkt hervorbrachte ein Shadowhunter zu werden. Er konnte daher nur schwer verstehen, warum sich Rafael dagegen entscheiden wollte, schließlich hatte Alec es als Kind nicht erwarten können einer großer Krieger zu werden.

»Vielleicht kann ich mit ihm trainieren. Er ist kleiner als die anderen Kinder, vielleicht muss er mit jüngeren üben«, schlug Alec vor und lehnte sich auf der Couch zurück. Charlotte kletterte an seine Seite und warf ihre kleinen Ärmchen um seinen Hals. In letzter Zeit tat sie dies öfter und Alec vermutete, dass die somit versuchte Magnus und ihn nachzuahmen, die ihren Kindern oft Küsse auf die Wange drückten. Charlotte war dabei leider oft etwas unvorsichtig und hatte einen ziemlich starken Griff, vor allem wenn sie versuchte ihre Cousins zu umarmen. Dazu drückte sie nicht nur einen kleinen Kuss auf Alecs Wange, sondern sabberte diese förmlich an. Sanft versuchte Alec sie von sich zu drücken und ihrer Spucke zu entkommen, doch Charlotte schaffte es trotzdem.

»Wenn er nicht trainieren möchte, muss dein Nephilim-Ego das verstehen, Alexander«, erwiderte Magnus streng. Dieser konnte nicht anders als übertrieben mit den Augen zu rollen; wenn es um Rafael, Max oder Charlotte ging, sprach Magnus mit Alec auf einmal so, als wäre auch Alec eines seiner Kinder, was dem Shadowhunter unheimlich auf die Nerven ging.

»Er ist ein Shadowhunter, Magnus. Was soll er sonst machen; in einer Bank arbeiten oder Brötchen verkaufen?«, endlich hatte er es geschafft sich aus Charlottes Umarmung zu lösen und setzte die Kleine sicher auf dem Boden ab. Mahnend sah Magnus ihn an und ignorierte seine Aussage. Rafael fuhr mit seinem Finger abwesend über die Hingabe-Rune auf der Hand seines Vater, die dieser sich tatsächlich tätowiert hatte, genauso wie die Liebes-Rune auf seiner Brust.

»Er darf machen, was er will«, Magnus legte seine Stirn in Falten und hielt Rafael beschützend an sich, »Gerade du solltest doch wissen, dass sich Traditionen über die Jahre ändern können«

Genervt atmete Alec aus, »Das hat doch überhaupt nichts-... Ich will nicht streiten. Wir können das ein anderes mal besprechen, wenn Rafael älter ist«, sprach er schließlich, doch Magnus schien nicht zufriedengestellt zu sein. »Du meinst nach dem Training und nach der Runen-Zeremonie? Dann, wenn sowieso schon alles entschieden ist?«, fragte er spöttisch und Alec konnte nicht anders als seine Augenbrauen irritiert zusammenzuziehen und ihn lange wortlos anzugucken.

»Warum ist das ganze auf einmal ein so großes Problem für dich? Ich habe mich nie über deine Lernmethoden mit Max beschwert«, zugegebener Weise war die Magie nie ein großes Problem für Alec gewesen, da er Magnus dabei vertraut hatte. Ihm war bewusst gewesen, dass er ihm nicht mit fünf Jahren beibringen würde, wie man einen Dämonen beschwört. Aus diesem Grund wünschte er sich, dass auch Magnus ihm etwas mehr vertrauen würde.

»Mit dem Unterschied, dass Max nie mit einem blauen Auge oder einer geprellten Hand aus seinen Unterrichtsstunden herauskam«, zischte Magnus wütend und Alec wusste, dass er langsam seine Grenze erreicht hatte. Noch weitere provozierende Worte und Magnus würde Alec vermutlich an den Kragen fallen.

»Rafael ist noch klein. Er ändert seine Meinung sowieso stündlich. Morgen sieht die Welt schon vollkommen anders aus und dann können wir ihn fragen, was er wirklich möchte«, Alec versuchte seine Stimme möglichst ruhig zu halten, um Magnus nicht weiter zu verärgern, doch anscheinend bewirkte er das komplette Gegenteil.

»Rafael geht die nächsten Tage nicht zum Training«, bestimmte er streng.

»Und das entscheidest du nun ganz allein? Habe ich in seiner Erziehung vielleicht auch noch ein Mitspracherecht oder möchtest du das nun ganz alleine machen?«, hakte Alec ironisch nach. Er konnte nicht mehr ruhig bleiben und merkte, wie die Worte einfach so über seine Lippen rutschten, obwohl er vermutlich länger darüber nachdenken sollte.

»Wenn es um die Gesundheit meines Kindes geht, ist mir deine Meinung egal«, sprach Magnus ehrlich und obwohl es Alec nicht gerne zugab, schmerzten die Worte doch mehr als gedacht.

»Gut«, er klopfte einmal auf seine Oberschenkel und erhob sich von der Couch, »Dann hätten wir das wohl auch geklärt. Bringst du deine Kinder dann gleich ins Bett? Ich ziehe deiner Nichte nur schnell eine neue Windel an oder muss ich dafür erst um Erlaubnis bitten?«, er setzte ein gefälschtes Lächeln auf und nahm Charlotte an die Hand, die mit großen Augen zu ihm aufschaute. Als Magnus nichts erwiderte, ging er wortlos an ihm vorbei, um das Zimmer zu verlassen.

Im letzten Moment hielt Magnus ihn auf, indem er grob nach seinem Handgelenk griff. »Setz' dich jetzt hin und rede vernünftig mit mir«, zischte er leise, als ob er nicht wollte, dass die Kinder es mitbekommen, doch dafür war es definitiv schon zu spät. Rafael schaute mit traurigen Augen zwischen seinen Eltern hin und her.

»Ich bin kein Kind, Magnus. Hör auf so mit mir zu reden«, Alec betonte jedes einzelne Wort so deutlich wie möglich. Es gab nichts, was Alec an Magnus mehr hasste, als diesen Tonfall, den er immer verwendete, wenn sie stritten. Alec wusste, dass er um einiges jünger war als sein Mann, jedoch bedeutete dies für den Warlock nicht, ihn wie ein Kind behandeln zu müssen.

»Dann hör' verdammt noch mal auf dich wie eins zu benehmen!«, schlagartig hob Magnus seine Stimme, worauf selbst Rafael zusammenzuckte, der sich auf Magnus' Schoß so klein wie möglich machte. Lange schaute Alec in die goldenen Augen seines Mannes, die ihn böse anfunkelten, danach auf die Hand, die immer noch Alecs Handgelenk festhielt. Schnell ließ Magnus von ihm ab.

»Du benimmst dich immer mehr wie deine Eltern«, fügte Magnus noch hinzu, als Alec schon fast den Raum verlassen hatte. Noch ein letztes mal drehte er sich um. Er wollte irgendetwas erwidern, doch er konnte nicht. Magnus wusste genau, wie sehr er unter seinen Eltern gelitten hatte und dass er ihm so etwas an den Kopf warf, hätte er niemals erwartet. Enttäuscht drehte er sich wieder um und zog seine Nichte förmlich mit sich, während er sich versuchte die Tränen zu verkneifen, die hinter seinen Augenlidern brannten.

Er hatte sich ziemlich lange Zeit gelassen Charlotte ins Bett zu bringen und auch bei Max hatte er noch sehr viel Zeit verbracht, obwohl der kleine Warlock schon längst geschlafen hatte. Er wollte doch nur das beste für seine Kinder, doch ein Elternteil zu sein war schwerer, als er gedacht hatte. Auf keinen Fall wollte er die gleichen Fehler wie seine Eltern machen, doch Magnus' Worte hatten dafür gesorgt, dass er nun daran zweifelte. War er mittlerweile wirklich wie seine Eltern?

Der Gedanke, dass er eines Tages die gleiche Beziehung zu seinen Kindern wie zu seinen Eltern haben würde, ließ ihn übel werden, vor allem weil er Rafael und Max mehr liebte, als Worte es beschreiben konnten. Leise seufzte er, als er sanft über Max' Wange strich, der gleichmäßig ein und ausatmete und von dem ganzen Chaos nichts mitbekommen hatte. Er drückte ihm einen letzten Kuss auf die Wange und verließ leise das Zimmer, bevor er sich wieder ins Wohnzimmer schlich.

Alle Kinder lagen im Bett und nur Magnus war noch wach, der mit einem Buch in seinem Sessel saß, fast so, als hätte er ihn nie verlassen. Eine lange Zeit beobachtete Alec ihn durch den kleinen Spalt zwischen Tür und Rahmen und überlegte, was er nun am besten sagen könnte. Er hasste es nachzugeben, aber umso mehr hasste er es mit Magnus zu streiten. Er beobachtete, wie der Warlock ein Glas mit Rotwein an seine Lippen führte und einen großzügigen Schluck nahm, danach blätterte er elegant die Seite seines Buches um.

Tief atmete er ein, danach drückte er die Tür des Wohnzimmers vorsichtig auf und schlich hinein. Er wusste genau, dass Magnus ihn gehört hatte, doch dieser zeigte keinerlei Regung und konzentrierte sich weiter auf sein Buch. Alec trat immer näher, bis er schließlich vor Magnus stand, der ihm immer noch keine Aufmerksamkeit schenkte.

»Magnus«, versuchte es Alec, doch Magnus ignorierte ihn immer noch gekonnt. Unauffällig verdrehte Alec seine Augen; warum musste der Warlock nur so unendlich stolz und stur sein? Er griff nach dem Weinglas in Magnus' Hand und hob es auf den kleinen Beistelltisch. Kurz bevor er es abstellte zögerte er jedoch und schaute auf den Inhalt des Glases. Ohne groß darüber nachzudenken, hob er das Glas an seine Lippen und exte den gesamten Inhalt. Tatsächlich blickte Magnus daraufhin für eine kurze Sekunde zu ihm. Ohne den Kopf zu heben huschten seine Augen zu dem Shadowhunter, der immer noch auf ihn herunter sah.

»Magnus, es tut mir leid«, brachte Alec endlich über die Lippen und sah, wie sein Gegenüber prüfend eine Augenbraue hob, danach blätterte er noch eine weitere Seite weiter. »Oh?«, gab er bloß von sich und Alec atmete schwer auf. Er trat von einem Bein auf das andere, in der Hoffnung er würde noch eine andere Reaktion von Magnus erhalten, doch diese kam nicht.

Kurzer Hand griff Alec nach dem Buch und nahm es an sich. Er legte er zu dem nun leeren Glas auf den Beistelltisch und wartete auf eine Regung seines Mannes. Dieser Blickte zu seinem Buch und machte gerade Anstalten erneut danach zu greifen, als sich Alec – ohne groß darüber nachzudenken – mitten auf den Schoß des Warlocks setzte. Er legte einen Arm um ihn, um nicht herunterzufallen, und beobachtete amüsiert, wie sich Magnus' Augen weiteten.

»Es tut mir leid«, wiederholte Alec und zum ersten mal schaute Magnus direkt in seine Augen. Eine Hand legte sich sanft auf seinen Rücken und Alec war erleichtert, dass sein Plan aufgegangen war und Magnus ihn nicht stur von seinem Schoß gestoßen hatte.

»Du hattest recht«, fügte er noch hinzu und Magnus summte bestätigend, dazu bildete sich sogar ein schmales Lächeln auf seinen Lippen. »Könntest du das vielleicht noch einmal wiederholen? Ich glaube, ich habe es nicht richtig verstanden«, antwortete er und lächelte verschmitzt. Liebevoll legte er seinen Kopf an den von Alec, als dieser spielerisch seine Augen verdrehte.

»Du hast recht; ich bin ein schrecklicher Vater«, sprach er und seufzte dramatisch. Natürlich war dieser Satz nicht vollkommen erst gemeint, jedoch konnte Alec den bitteren Beigeschmack nicht ignorieren.

»Alexander«, fing Magnus an, seine Gesichtszüge wurden ernst, »Du bist ein wundervoller Vater. Wir werden nicht immer einer Meinung sein und das ist normal, solange wir uns wieder vertragen... und ich finde das hier«, kurz wippte er mit seinen Beinen auf und ab, »Ist eine ziemlich akzeptable Wiedergutmachung«, daraufhin musste sogar Alec leise lachen.

»Du schuldest mir allerdings noch ein Glas Wein«, fügte er hinzu und deutete auf das nun leere Weinglas auf dem Beistelltisch. Schmal lächelte Alec, bevor er seine Lippen auf die des Warlocks legte. Etwas überrascht erwiderte dieser seinen Kuss erst nach wenigen Sekunden. Alec konnte den Wein auf Magnus' Zunge schmecken und war davon überzeugt, dass Magnus es dementsprechend auch konnte. Das musste fürs erste genügen.

Gerade als er den Kuss beenden und seinen Kopf wegziehen wollte, legte Magnus seine freie Hand an die Seite von Alecs Gesicht und hielt ihn bei sich. Er vertiefte den Kuss, während er sanft mit dem Daumen über Alecs Wangenknochen strich. Dieser verstärkte seinen Griff um Magnus und krallte sich in sein Hemd, um nicht von seinem Schoß zu fallen.

Irgendwann lösten sie sich doch voneinander, jedoch nicht ohne dass Alec noch einen letzten Kuss an Magnus' Mundwinkel drückte. Noch für einen kurzen Moment hielt Magnus seine Augen geschlossen, danach öffnete er sie langsam und leckte über seine Lippen, »Das war besser als Wein«, stellte er fest und Alec schüttelte lachend den Kopf.

»Du solltest besser zu deinem Sohn gehen«, sagte er schließlich, diesmal sehr ernst. »Ich habe ihn zwar ins Bett gebracht, aber er schläft bestimmt noch nicht«. Nachdenklich nickte Alec und fiel beinahe von Magnus' Bein, als ihn dieser abschütteln wollte. »Geh schon«, befahl er, worauf sich Alec tatsächlich aufrichtete.

»Ich meinte es übrigens ernst; ich öffne kein Portal mehr für Rafael und dich nach Idris«, sprach er, während sich Alec schon zum Gehen wendete. Langsam drehte sich wieder um und sah seinen Mann lange an. »Ich weiß«, verständnisvoll nickte er. Er konnte sich immer noch nicht mit der Idee anfreunden, dass Rafael doch nicht in seine Fußstapfen treten würde, aber er musste es akzeptieren.

»Ich meinte es auch ernst; sprich nicht so mit mir, als wäre ich dein Sohn«, auch er meinte es ernst, lachte jedoch, als er die Wörter aussprach. Er wollte keinen Streit beginnen und wusste nicht, wie weit er Magnus nun noch reizen konnte. Dieser schien Gott sei Dank nicht verärgert zu sein. Ein Schmunzeln bildete sich auf seinen Lippen.

»Du könntest mein Sohn sein«, stellte er nüchtern fest und Alec verdrehte seine Augen. »Du könntest mein Enkel sein oder mein Urenkel, sogar mein Ur-Ur-Ur-Großenkel«

»Hör auf, das ist widerlich«, unterbrach ihn Alec und griff nach einem Sofakissen, um es nach dem Warlock zu werfen, der es geschickt auffing. »Sag das nie wieder«, befahl Alec und nahm eines der Bücher aus dem großen Bücherregal an der Tür.

»Ich gehe jetzt zu unserem Sohn«, informierte er Magnus noch, bevor er das Zimmer verließ. Gerade wollte er die Tür wieder hinter sich zuziehen, als er Magnus' Stimme hörte: »Alexander!«, rief er dem Shadowhunter hinterher, der sich daraufhin erwartungsvoll umdrehte.

»Du bist übrigens nicht wie deine Eltern«, stellte Magnus klar und bezog sich damit auf das vorherige Streitgespräch, wo er dies angedeutet hatte. Ein schmales Lächeln bildete sich auf Alecs Lippen, danach schloss er die Wohnzimmertür.

***

»Ich weiß, dass du noch wach bist«, sprach Alec neckend, während er im Türrahmen lehnte und in das bereits abgedunkelte Zimmer seines ältesten Sohnes schaute. Dieser brummte etwas unverständliches vor sich hin und versteckte sich unter der Bettdecke, sodass Alec nur noch seine dunklen Locken sehen konnte, die unter ihr hervorschauten.

Er ging einige Schritte auf Rafael zu, der sich auf die andere Seite drehte, weg von seinem Vater. Dieser setzte sich zu ihm auf die Matratze und legte eine Hand auf den kleinen Körper unter der Decke. Ein Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, als Rafael leicht zuckte, nachdem Alec ihn in die Seite kniff. Wieder murmelte er etwas unhörbares, danach schlug er tatsächlich die Bettdecke zurück und warf Alec einen genervten Blick zu. Dieser knipste die kleine Nachttischlampe an und konnte seinen Sohn nun richtig erkennen. Seine Wangen waren gerötet und Alec wusste nicht, ob es von der Wärme unter der Decke stammte, oder ob Rafael heimlich geweint hatte, denn seine Augen wirkten ebenfalls gerötet.

Wortlos hielt Alec das kleine Büchlein in seinen Händen auf Rafaels Augenhöhe, dessen Mundwinkel kurz zuckten, danach setzte er jedoch wieder seinen ernsten Gesichtsausdruck auf. Das Buch mit den zwei Hasen auf dem Cover hatte Alec seinen Kindern oft vorgelesen, als sie noch kleiner gewesen waren. Vor allem bei Rafael hatte er irgendwann aufgehört, da er angefangen hatte selber zu lesen, aber er empfand heute Abend als eine gute Zeit die Geschichte wieder herauszukramen.

»Weißt du eigentlich wie lieb ich dich hab?«, zitierte Alec den Titel des Buches und krabbelte auf Rafaels Bett, der seinen Vater erstaunt musterte. Alec lehnte sich an die Wand und schlug die erste Seite auf. Eigentlich konnte er das komplette Buch auswendig vortragen, aber den Kindern hatten die Bilder mindestens genauso gut wie der Text gefallen, weshalb Alec seinen Sohn auch damit lockte. Er forderte Rafael nicht auf an seine Seite zu kommen, doch er konnte an dem Blick seines Sohnes erkennen, dass er eigentlich nachgeben wollte.

»Der kleine Hase sollte ins Bett gehen, aber er hielt sich noch ganz fest an den langen Ohren des großen Hasen. Der kleine Hase wollte nämlich sicher sein, dass der große Hase ihm auch gut zuhört«, las Alec vor und beobachtete seinen Sohn aus dem Augenwinkel. »Ich kann alleine lesen«, zischte er, doch Alec tat so, als hätte er ihn nicht gehört.

»„Rate mal, wie lieb ich dich hab", sagte er. „Oh", sagte der große Hase, „ich glaub nicht, dass ich das raten kann"«, ganz langsam blätterte er die Seite um und warf einen kurzen Blick zu Rafael, der sich zögernd aufrichtete und nach Benni griff. Alec schmunzelte siegessicher.

»„So sehr", sagte der kleine Hase und breitete seine Ärmchen aus, so weit er konnte. Der große Hase hatte viel längere Arme. „Aber ich habe dich sooo sehr lieb"«, er legte das Buch auf seinen Schoß und breitete seine Arme aus, so wie er es früher immer getan hatte, wenn er den Kindern die Geschichte vorgelesen hatte. Noch einen kleinen Moment verharrte er in dieser Position und wartete auf Rafael, der zögernd auf ihn zu krabbelte. An der Seite seines Vaters angekommen, ließ dieser seine Arme fallen und legte einen von ihnen um Rafael.

»Hm, das ist viel, dachte der kleine Hase«, mit einer Hand griff Alec wieder nach dem Buch, während sich Rafael an seine Seite drückte, Benni immer noch in seinem Arm. Umständlich zog Alec die Bettdecke näher an sich und deckte Rafael so gut es ging zu.

»„Ich hab dich lieb, so hoch ich reichen kann", sagte der kleine Hase. „Ich hab dich lieb, so hoch ich reichen kann", sagte der große Hase. Das ist ziemlich hoch, dachte der kleine Hase. Wenn ich auch nur so lange Arme hätte«, als er erneut umblätterte, bewegte sich Rafael an seiner Seite und legte sich in seinen Schoß, den Kopf auf Alecs eines Bein gestützt, sodass er seinen Vater immer noch anschauen konnte.

»Dann hatte der kleine Hase eine gute Idee. Er machte einen Handstand und streckte seine Füße am Baum hoch. „Bis zu meinen Zehen hoch hab ich dich lieb", sagte er. „Und ich hab dich bis zu deinen Zehen hoch lieb", sagte der große Hase und schwang den kleinen Hasen in die Luft«, Rafael lachte, als Alec nach dem Fuß des Jungen griff und ihn kitzelte. Ein Grinsen breitete sich auf den Lippen des älteren Shadowhunters aus.

»„Ich hab dich so hoch wie ich hüpfen kann lieb", sagte der kleine Hase lachend und hüpfte auf und ab. „Aber ich habe dich lieb, so hoch ich hüpfen kann", sagte der große Hase lächelnd und hüpfte hoch, dass seine Ohren die Zweige berührten. Tolle Hüpferung, dachte der kleine Hase. Wenn ich nur auch so hoch hüpfen könnte«, abwesend strich Alec Rafael durch seine Haare. Der kleine Junge hing immer noch an den Lippen seines Vaters.

»„Ich hab dich den ganzen Weg bis zum Fluss runter lieb", sagte der kleine Hase - «

»Ich habe dich bis zur Küche und wieder zurück lieb«, unterbrach ihn Rafael, worauf Alec ihn überrascht musterte. »Oder bis zur Haustür und wieder zurück«, verbesserte er sich und Alec spürte die Wärme, die sich in seiner Brust ausbreitete.

»Ich hab dich bis zum Institut und wieder zurück lieb«, flüsterte er als Antwort und ignorierte das Buch, das er schließlich zuklappte. Langsam ließ er sich in die Kissen sinken und zog seinen Sohn mit sich, der sofort auf ihn kletterte. »Ich hab dich bis zum Park und wieder zurück lieb«, sagte dieser. Alec war sich ziemlich sicher, dass der Park näher war als das Institut, aber er schwieg.

»Ich hab dich bis nach Idris und wieder zurück lieb«, sprach er schließlich legte die Decke um seinen Sohn, der sich an seine Brust kuschelte. »Ich hab dich bis nach Idris und wieder zurück und wieder hin und wieder zurück lieb«, erwiderte er und Alec konnte nicht anders als zu lachen. Womit hatte er all diese Liebe verdient?

»Ich hab dich lieb bis zum Mond«, sprach Rafael ganz leise, seine Augen waren bereits geschlossen. Alec wusste nicht, ob diese Aussage von ihm aus kam oder ob er wusste wie das Buch endete. Er vermutete letzteres und drückte einen Kuss auf seine Schläfe. »Das ist sehr, sehr weit«, kommentierte er und richtete sich vorsichtig auf, um die Nachttischlampe auszuknipsen. Kurz protestierte Rafael, bis sich Alec wieder an seine Seite legte.

So oft hatte sich Alec in Gegenwart seines Vaters wie ein Versager gefühlt, als ob er seinen Ansprüchen nicht entsprechen würde. Schon von Anfang an war Alec klar gewesen, dass er seinen Kindern immer zeigen würde, dass sie ihn niemals enttäuschen könnten. Er würde Rafael immer lieben; egal ob er sich dafür entschied der beste Shadowhunter oder der beste Bäcker der Welt zu werden, von ihm aus könnte er versuchen Stricken zu seinem Beruf zu machen und Alec würde ihn trotzdem unterstützen.

»Bis zum Mond und wieder zurück haben wir uns lieb«, zitierte Alec das Ende der Geschichte und drückte erneut einen Kuss auf Rafaels Wange.

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(09.08.2018)

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