2 || in der Halle der Mondgöttin
JESTER
Die prachtvolle Halle leuchtete durch die Fenster hindurch und wirkte von außen unheimlich. Der Mond erhellte das Dach, den Vorgarten und den Innenhof. Jester stieg von seinem Pferd ab und blickte auf den Sichelmond, welcher an der Spitze des Gebäudes angebracht war. Ilmar sagte immer, er fühle sich hier den Göttern am Nähesten. Er war einer der wenigen Menschen, die zu der Mondgöttin Ilar beteten, statt zu den Göttern, welche ihre Rasse eigentlich bewunderten. Bizi-Kosa, Zaren-Kosa, Ren-Kosa und Jainkosa.
Tainja schubste ihn vorwärts. „Sie werden jetzt zu Jainkosa sprechen, sie wird Sie richten und Ihre Strafe aussprechen", sagte sie mit kühner Stimme.
Während des gesamten Ritts, hatte sie sich in ein Schweigen gehüllt, zur Freude von Jester. Er hatte heute genug aus ihrem Mund gehört. Das Gespräch mit Toivo schien ihr noch in den Knochen zu stecken, doch Jester hatte kein Mitleid mit der Frau.
Ihrer Aufforderung widersprach er nicht, auch ihm war ihr Ausfall noch im Kopf und er war zu erschöpft für eine weitere Auseinandersetzung. Sie traten in den Innenhof und Jester war immer wieder überwältigt von dem Anblick der großen Statuen, welche auf dem pompösen Socken standen. Es waren die vier Götter, allesamt dargestellt wie die Menschen, wie der König, welche sie aufstellen hat lassen. Sylas van Hana. Er war derjenige, welcher sein Volk auf die vier Götter getrimmt hatte. Dies jedoch nur in Raalgii, dem Land der Mondgöttin, die Menschen außerhalb glaubten an die Götter, welche in ihrem Land herrschten.
„Wenn das hier doch die Halle der Mondgöttin ist, warum sollte ich nicht mir ihr sprechen?", fragte Jester kalt und knirschte mit den Zähnen.
„Weil es nun mal in diesem Land keine Mondgöttin mehr gibt, sondern unsere vier Götter", antwortete Tainja und stieß die große Vordertür auf. „Und jetzt schweigen Sie, Sie sollten die Stimmung in den heiligen Räumen nicht stören."
Jester verdrehte die Augen und trat hinter der Frau in die Halle. Das gelbe Licht der Kerzen an den Steinwänden warf unheimliche Schatten auf den Marmorboden und Jester wurde wieder daran erinnert, wie arm er war. Genau am Ende der Halle waren vier Statuen gebaut worden, jede einzelne für die Götter, welche auch draußen standen. Jester sträubte es davor, sich vor die linke Statue zu knien und um Vergebung zu beten, doch er wusste, dass kein Weg daran vorbeiführen würde, wenn er nicht die Wut von Tainja auf sich ziehen wollte.
Seine Schritte hörten sich hohl in der Halle an und er erschauderte unwillkürlich. Zögernd blieb er vor der Statue von Jainkosa stehen und blickte sie an. Auf ihrem Kopf thronte eine Krone, sie hatte ein Kleid an, welches bis zum Boden ging und ihr Gesichtsausdruck versprach keine Gnade. Ihr Mund war zu einem schmalen Strich gekniffen und ihre Augen schienen durch den Stein hindurch Feuer zu sprühen. Kein Wunder, dass sie als die Göttin über Alles erwählt wurde, sie konnte den Menschen genug Angst einjagen, dass sie es nicht wagen würden, Straftaten zu begehen.
Neben ihr stand Ren-Kosa, die Kriegsgöttin. In ihrer Hand trug sie ein Schwert, welches genau auf der Augenhöhe von Jester endete. Im Gegensatz zu Jainkosa trug sie jedoch keine Krone, sondern einen Helm, welche auch von den Kriegern Sylas Armee getragen wurden. Bizi-Kosa, die Lebensgöttin und Zaren-Kosa, die Todesgöttin, sahen genau gleich aus, nur hatte die Erstere von ihnen ein Baby in den Armen, welches durch das einfallende Licht wie ein Engel aussah und in Zaren-Kosas Armen lag ein alter Mann, um sein Leben bettelte, welches an seinem Gesichtsausdruck zuerkennen war.
Tainja machte eine ungeduldige Kopfbewegung in Jainkosas Richtung und Jester kniete sich langsam hin. Sein Kopf war wie leergefegt, er wusste nicht, was er denken sollte, um die Gnade der Göttin zu bekommen, weshalb er nur den Ansatz des Kleides anstarrte und hoffte, dass Tainja sich damit zufriedengeben würde. Die Zeit schien sich in die Unendlichkeit zu ziehen, doch Jester empfand Nichts, keine göttliche Macht, die zu ihm sprach, kein kribbeln, rein gar nichts.
„Können wir nicht damit aufhören?" Seine Stimme klang leise im Raum wieder und er hörte Tainja zischend die Luft einziehen. „Es bringt doch nichts, ich sitze hier nur rum, sag einfach, was ich dafür als Strafe bekomme. Das macht ihr doch eh immer so."
Er drehte sich zu Tainja um, welche voller Empörung den Mund geöffnet hatte und wollte gerade noch was nachsetzten, als in das Gefühl der Schwebelosigkeit umfing. Er streckte die Hände nach etwas aus, was ihn halten könnte, doch seine Finger glitten durch den Stein, als wäre es Wasser. Jester starrte Tainja voller Panik an, doch diese war wie vom Erdboden verschluckt. Ein stummer Schrei entfuhr seiner Kehle und sein Blick huschte in der Halle herum, um einen Hinweis auf ihr Verschwinden zu finden.
„Habe keine Angst", flüsterte eine klare Stimme in seinem Kopf und Jester wirbelte herum. Niemand.
„Verdammt Deena, das ist nicht witzig, tut mir leid, dass ich gesprochen habe", sagte Jester.
Doch die Frau, welche hinter der Statue von Jainkosa auftauchte, war nicht Tainja. Es war auch nicht die allmächtige Göttin, es war Ilar, die Mondgöttin. Ein silberner Schein erleuchtete ihren gesamten Körper und Jester musste die Augen zusammenkneifen, um nicht geblendet zu werden. Er stolperte mehrere Schritte zurück und keuchte auf. Er hatte Geschichten davon gehört, dass Ilar manchmal die Menschen aufsuchte, doch er hielt es nur für Gerüchte, Geschichten, die in Kneipen zu ihren Besten gegeben wurden, doch niemals der Wahrheit entsprachen.
„Ihre Hoheit", brachte er gerade noch vor, bevor er auf den Boden sank.
Ilar begann zu lachen, laut, hell und fröhlich, wie ein Kind. „Steh auf Jester, du musst dich nicht fürchten. Du bist aus einem besonderen Grund hier. Nein, nicht wegen des Diebstahls." Sie hatte seinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet. „Obwohl ich dir sagen muss, Jester, das ist nicht der richtige Weg für dich."
Der Tadel der Göttin war das erste Mal seit Jahren eine Kritik, welche in traf. Er schlug unterwürfig die Augen nieder, doch schwieg weiterhin.
„Beim Mond, du kannst mit mir sprechen Jester, ich bin nicht viel mehr als ein Geist einer Frau, die einst über dieses Land geherrscht hat und mit den drei anderen Göttern Frieden gebracht hat", meinte Ilar und reichte Jester ihre Hand.
Voller Ehrfurcht nahm Jester ihre Hand und sie zog ihn hoch. „So und jetzt noch mal von Angesicht zu Angesicht. Du bist heute nicht dafür da, weshalb die verbitterte Frau dich hergeschickt hat. Heute wird sich dein Schicksal verändern, Jester, für immer."
„Sie sind eine Göttin, ich habe nicht das Recht dazu, ohne Ihre Erlaubnis zu sprechen", stammelte Jester und brach den Augenkontakt ab, ohne auf den Satz einzugehen, welchen die Frau vor ihm gesagt hatte.
„Du bist doch sonst nicht so. Der Frau, mit der du angekommen bist, konntest du auch widersprechen und mit ihr diskutieren. Und Sylas van Hana würdest du mit jeder einzelnen Faser deines Körpers gerne umbringen, also was soll dieses Zurückhalten?" Ilar seufzte.
„Aber du bist eine Göttin und der nur ein feiger, hinterhältiger, grausamer-" Jester stoppte und blickte die Frau verlegen an.
„Siehst du. So schwer war das doch nicht. Und jetzt wenden wir uns den wichtigen Dingen zu." Ilar klang erleichtert und trat neben Jester. „Ich habe nicht allzu viel Zeit und du bald auch nicht mehr."
„Warte, noch eine Frage. Wo ist Deena?", wollte er wissen und fühlte sich plötzlich so viel mutiger. Sein Selbstbewusstsein kam zurück.
„In der Halle der Mondgöttin, zur gleichen Zeit wie wir, doch abgeschnitten von dem heiligen Ort, welchen ich mir aufgebaut habe", antwortete Ilar mit Leichtigkeit, „Sie sieht nur dich allein, wie du noch immer betend vor - wie nennt ihr sie gleich - Jainkosa kniest und auf deine Strafe wartest."
„Tauchst du bei jedem auf?", hakte Jester nach.
„Meistens nur in dem Kopf, dann gebe ich ihnen ihren Tadel, der Priester verteilt seine Strafen und nichts weiter als ein Nachhall meiner Stimme bleibt den Menschen in Erinnerung. Wenn es wichtig ist, erscheine ich in meiner wahren Form, die nur viele Jahrhunderte zurück in der Vergangenheit existiert. Ich bin eine Erinnerung, welche durch meine Gedanken ausgelöst werden. Ich war eine Arleá, Jester, ich bin zu einer solchen Fähigkeit in der Lage", erklärte Ilar und blicke an die Decke der Halle. „Nur ein Geist, an den man den Glauben vergessen hat und eines Tages bin ich nichts weiter als eine Legende, dann ein Gerücht und schließlich verschwinde ich in die Vergessenheit der vergangenen Tage."
„Dann tu doch etwas dagegen. Zeig den Menschen, dass du die wahre Göttin bist und die anderen nichts weiter als eine Erfindung des Königs, zeig ihnen wer du wirklich bist!", rief Jester aufgebracht aus.
„Meine Macht wird durch weniger Glauben immer schwächer, es ist kaum noch möglich in meiner körperlichen Form aufzutreten. Und welches Volk möchte schon an eine schwache Göttin glauben. Vielleicht finde ich mich eines Tages damit ab, dass ich in vier Teile zerfalle und die Götter Raalgiis widerspiegelt, an welche sie so festgebunden sind." Sie hob die Hand, als Jester sie erneut unterbrechen wollte. „Aber genau deswegen bist du hier Jester, denn lange vor deiner Zeit hatten die Götter des Universums, die Sonnengöttin Kia, der Wolkengott Deiak, der Sternengott Ra und ich, die Mondgöttin eine Vision von neuen Göttern, die unsere Länder zurück in den Frieden bringen sollen, welche dafür sorgen werden, dass all die Wesen wieder zusammenhalten und sich gemeinsam gegen die Bedrohungen der Welt stellt."
Jester hob seine Augenbrauen. „Und jetzt willst du mir erzählen, dass ich Teil dieser Vision bin?"
Ilar seufzte schwer. „Ja, genau das will damit weismachen."
Jester schüttelte im Unglauben seinen Kopf und ein panisches Lachen drang aus seinem Mund. Er hatte einen Witz gemacht und Ilar schien es ernst zu meinen. Es war eine unmögliche Sache, das ging alles zu schnell, das war zu überfordernd, es war zu viel. Es ergab keinen Sinn in seinem Kopf, er musste träumen. „Tut mir leid, aber ich habe keine Chance gegen Sylas van Hana. Und ich bin definitiv nicht die richtige Person, wenn es um Teamarbeit und Zusammenhalt geht. Entschuldigen Sie, ihre Hoheit, aber ich bin ein Dieb, einer der in der Unterstufe großgeworden ist und jeden Tag nur überleben will, ohne Schwierigkeiten, einfach nur leben. Ich will nichts mit Visionen oder dem göttlichen Amt zu tun haben. Ilar, du musst dir jemand passenderes suchen, ich kann das nicht", meinte Jester und schüttelte seinen Kopf.
„Du bist doch nicht allein. Es gibt noch drei weitere Personen in der Vision, mit welchen du dich zusammentun musst, um das Schicksal der Welt zu erfüllen. Damit ihr alle zusammenbringen könnt, müsst Eins werden."
„Das ist ja wirklich alles schön und gut, aber ich weiß doch nicht, wer die anderen sind, geschweige denn, wo sie sind oder ob wir uns verstehen. Mit allem Respekt Ilar, setzt Eure Hoffnung nicht auf einen wie mich", wehrte Jester ab.
„In den anderen Ländern, dort befinden sie sich." Sie drehte sich zu Jester um und blickte ihn mit ihren hellblauen Augen an. „Ich muss meine Hoffnung in dich setzten Jester, einer Vision muss man trauen, es gibt keine andere Person außer dich, die mich ersetzen kann."
Jesters Gesichtszüge erschlafften. „Ersetzen?"
„Jester, ich sage es nicht noch einmal. Du wurdest auserwählt, du und drei Andere. Erfüll die Vision oder die Welt wird untergehen. Du musst die Länder zum Frieden führen. Du bist der Ersatz für mich, der neue Gott über dieses Land, wenn ihr es schafft. Ich tue dies ungerne, aber ich flehe dich an, ich kann nicht zusehen, wie Raalgii in Scherben zerbricht, weil ein reicher Mensch den Thron des wahren Königs beschmutzt." Ilar war nur noch wenige Zentimeter von Jester entfernt und er konnte erkennen, wie sie flimmerte. „Ich vertraue dir, dass du die anderen findest, ich setzte alles auf dich, ich versuche dich zu führen, soweit meine Fähigkeiten reichen, aber bitte rette diese Welt, in die wir so viel gelegt haben."
Jester Atem zitterte und das vorige Gefühl kam zurück. Er blickte in Ilars Augen, welche immer durchsichtiger wurden, ihm wurde übel als die Welt sich anfing zu drehen und er fiel auf seine Knie. Panisch schloss er seine Augen, krallte sich in seiner Hose fest und hoffte, dass das Gefühl der Körperlosigkeit verschwinden würde.
Als er seine Augen wieder öffnete, war Ilar verschwunden. Er rappelte sich auf, taumelte kurz und erkannte, dass er zurück bei Tainja war. Diese warf ihm einen misstrauischen Blick zu und kam dann auf ihn zu.
„Sprechen Sie!", forderte sie.
„Was soll ich sagen, hab einen netten Plausch mit Jainkosa gehabt", fauchte Jester, welcher sich jetzt nur von Tainjas Gegenwart angegriffen fühlte. Sie hatte ihn hierhergeführt. Hätte sie das nicht getan, wüsste er jetzt nichts über die Vision und sein Kopf wäre nicht so zermürbt von den vielen Gedanken, die durch sein Gehirn fluteten. „Sie hat mir gesagt, sie würde mir verzeihen und ich kann jetzt gehen!"
„Lüge!", zischte Tainja sauer, „Beschmutzen Sie den Namen der allmächtigen Göttin nicht!"
„Allmächtig, natürlich", murmelte Jester und schob sich an Tainja vorbei. Laut sagte er: „Jetzt hast du das Urteil gehört, ich gehe jetzt!"
„Das letzte Urteil fällt immer noch unser Priester!", orderte Tainja ihn zurück, „Vergessen Sie das nicht."
Jester wirbelte herum und blieb aufgewühlt vor Tainja stehen. „Wofür habt ihr eigentlich eure verdammten Götter, wenn eure heiligen Priester sowieso über alles entscheiden? Sind sie dann nicht vollkommen unnötig?"
Tainja zitterte vor Wut. „Wagen Sie nicht!", kreischte sie los, doch wurde dann von einer Gestalt unterbrochen, welche aus den Schatten der Statuen trat.
Doch es war nicht Ilar, wie es bei Jester der Fall gewesen war, sondern ein alter Mann mit ernstem Gesicht und einem Buch unter den Arm geklemmt. Er hatte eine lange, weiße Robe an, welliges Haar, einen langen Bart und blickte düster auf die beiden herab.
„Jester Kang. In die heilige Halle geholt aufgrund Diebstahls, weiteres Vergehen Gotteslästerung-"
Jester schnaubte laut auf und bekam daraufhin einen tödlichen Blick von Tainja ab.
„-an die vier wahren Götter der Menschen. Vorgeschlagene Strafe 150 Goldmünzen, Bezahlung erfolgt diesen Spätherbst. Bei einer Verweigerung kommen 50 Goldmünzen hinzu. Abgesegnet ist die Strafe von Jainkosa, allmächtige Göttin. Zeugin des Prozesses Tainja Deena, Kriegerin unter Sylas van Hana, König von Raalgii. Strafe erhalten durch Semea Ipurdia, Priester in der Halle der Mondgöttin. Jester Kang, noch vor dem ersten Mond des Winters muss die Bezahlung erfolgen, sonst droht Ihnen eine Gefängnisstrafe in den Kerkern des Königs, bis dieser Sie wieder als nützlich genug ansieht, um Sie in die Freiheit zu erlassen."
Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand zurück in die Schatten. Jester stand der Mund weit offen und er merkte wie seine Hände zitterten. Ganz langsam drehte er sich zu Tainja, welche einen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte, der Jester dazu veranlagte ihr an die Gurgel zu springen und solange zuzudrücken, bis die letzte Luft ihren Lungen gewichen ist. Alles, wirklich alles heute lag an ihr. Das Gespräch mit Ilar, die Vision, die sein Schicksal zeigte und die Strafe von einer unmöglich erreichbaren Summe Münzen.
„Sagen Sie nicht, Sie hätten es nicht verdient", griff Tainja ihn an und lächelte überheblich. „Die Ohren sind überall, Gotteslästerung in der Halle der Götter. Seien Sie froh, dass die Strafe nicht schlimmer ausgefallen ist, sonst könnten Sie heute noch ihr Testament schreiben."
„Das kannst du auch nur sagen, weil du unserem König deine Schleimseite präsentierst. Wüsste er wie du wirklich bist, hätte er dich schon längst verstoßen und dich den Elfen zum Fraß vorgeworfen!", giftete Jester sie an. „Außerdem hast du meine Frage nicht beantwortet."
„Kang, ich glaube kaum, dass mich der König verstoßen würde", wich sie dieser erneut aus, „Schließlich befolge ich nur seine Befehle und was ist besser für eine Machtsicherung, wenn nicht eine treue Kriegerin."
„Du bist verachtenswert", war alles was Jester noch zustande brachte.
Dann marschierte er zum Tor, welches ihn raus aus der Halle, raus aus dem Loch seines Untergangs brachte. Bevor er die Tür passierte, warf er noch einen letzten Blick zurück.
„Danke für gar nichts. Als wäre mein Leben nicht schon schwer genug", sagte er zu niemand bestimmtes, doch er meinte damit sowohl Ilar als auch Tainja, welche ihn nun verdattert ansah.
„Soll ich Sie noch nach Hause bringen?", wollte die Frau wissen und folgte Jester nach draußen.
Es war bereits tiefe Nacht, der Mond wanderte langsam nach Westen. Die Sterne leuchteten hell auf den verlassenen Innenhof und es wehte kein Wind. Stille hatte sich über das Land gelegt, kein Flüstern war zu hören in der Dunkelheit. Schatten lauerten hinter den Bäumen. Jester atmete tief durch und legte den Kopf in den Nacken. Tainjas Frage ignorierte er, er brauchte Zeit für sich, er musste nachdenken, wie es jetzt weiterging. Er wusste, dass es keinen Weg für ihn gab, die Zahlung früh genug zu begleichen und er kannte kaum jemanden, der genug Geld dafür hatte. Selbst wenn, mussten sie es für ihn ausgeben und das war eine Sache der Unmöglichkeit. Klauen war noch riskanter, er war sich sicher, dass ab jetzt jeder seiner Schritte beobachtet wurden, dass er sich niemals in Sicherheit wiegen könnte. Ermüdet schloss er seine Augen.
„Kang, ich verlange nach einer Antwort. Sie sind sich bewusst, dass die Pferde Eigentum der Krieger sind und ich Sie nicht allein mit Einem losschicken kann", wiederholte Tainja sich und in ihrer Stimme schwang Mitleid mit.
„Nein danke", beantwortete Jester die Frage. „Ich schlafe draußen."
Tainja seufzte leise. „Sind Sie sich sicher? Es ist recht kühl, Sie könnten erkranken." Sie zog ihren Pelzmantel enger um sich und blies Luft gen Himmel.
„Mach dir mal keine Sorgen um mich, ich habe schon oft genug im Winter draußen geschlafen. Und siehe da, ich bin noch hier, um dich zu nerven", versuchte sich Jester an einer lockeren Stimme, doch sein Körper verweigerte jegliche Emotionen. Alles was in seinem Körper herrschte, war wie eingefroren.
„Wie Sie meinen." Tainja nickte ihm zu, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie schüttelte den Kopf und lächelte steif. „Auf Wiedersehen, Kang. Das nächste Mal in hoffentlich besseren Umständen." Sie wandte sich ab und stakste zu den Pferden.
Jester blickte ihr hinterher. „Niemals gibt es für uns bessere Umstände Deena und das weißt du auch", flüsterte er und sank neben der Halle auf den Boden.
Tainja stieg auf ihr Pferd, nahm die Zügel des anderen in die Hand und gab ihren die Sporen. Das Geräusch der Hufe vermischte sich immer mehr mit der nächtlichen Stille, bis sie vollkommen verschwanden und Jester allein mit seinen schreienden Gedanken ließen.
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