Phase 0

               

Stumm folgten Zara, die anderen und ich Doktor Thin und Doktor Jacks.

Die beiden Lehrkräfte hatten uns durch eine der Hintertüren in einen dunkleren Gang geführt. Die Wände waren zu meinem erstaunen nicht neu gestrichen, sondern in einem moosgrün.

Es waren nur die klappernden Schritte von Doktor Jacks hochhackigen Schuhen zu hören, während ich mich interessiert umblickte.

Dies musste der alte Teil der Schule sein, der verbotene. Wieder schweiften meine Gedanken zu Fanny, und ich fragte mich unwillkürlich, ob sie hier irgendwo in der Nähe war, oder ob sie inzwischen aus der Schule verschwunden war.

»Wartet bitte eine Minute«, sagte Doktor Jacks und riss meine Aufmerksamkeit somit wieder auf sie. Die beiden Lehrer traten durch eine hellblaue Tür, welche mit fünf Schlössern gesichert waren.

Kaum hatte sie sich leise geschlossen zischte mir Zara zu: »Bin ich die einzige die das hier seltsam findet?«

Nervös zuckte ich die Achseln, das die Schule einen den meisten Schülern unbekannten Teil hatte, hatte ich bereits gewusst, aber es wunderte mich schon, dass Doktor Thin und seine Kollegin uns einfach hier hingeführt hatten.

»Ich weiß nicht«, zischte ich letztendlich zurück. Vor mir hörte ich auch die anderen Murmeln, konnte mich aber nicht auf ihre Worte konzentrieren. Doktor Mons Worte geisterten in meinem Kopf herum. Wieder einmal hatte sie mir gezeigt, dass sie mächtiger war als die meisten glaubte und ich vermutete, dass hinter der Auswahl ein weiterer Teil ihres mir unbekannten Plans steckte. Gerade wollte ich noch etwas zu Zara sagen, als die Tür erneut aufging und Doktor Jacks uns hineinwinkte.

Der Raum war in einem hellen lila gestrichen und Ranken zogen sich über zwei der Wände. Fünfzehn Stühle standen in Fünferreihen im Raum, auf die einzige weiße Wand gerichtet. Doktor Thin stand an der weißen Wand und beobachtete uns aus seinen kalten Augen. »Setzt euch«

Unbeholfen ließ ich mich auf einen Stuhl in der zweiten Reihe fallen. Zara setzte sich neben mich und schlug die Beine übereinander, ehe sie sich zurück lehnte. Auch die anderen machten es sich bequem, nur ich saß wie auf heißen Kohlen.

»Hiermit erkläre ich Phase 0 für eröffnet«, sagte Doktor Jacks und eine Sekunde später tauchte hinter den beiden Lehrern auf der Wand ein Schriftzug auf: Phase 0 – Erklärungen, Übungen und Vorbereitung

»Dieses gesamte Unterfangen ist in Phase null bis fünf eingeteilt. Ihr werdet bei jeder Phase anwesend sein. Phase fünf ist der Abschlusstest. Da uns nicht genug Zeit blieb um wie sonst jedes Jahr einen komplett neuen Test zu entwerfen wird einfach der gleiche wie im letzten Jahr verwendet. Das bedeutet, dass der Dachsprung den Schluss macht.«, erklärte Doktor Jacks während Doktor Thin sich scheinbar gelangweilt seine Hände anschaute.

Phase 1 – Gesprächstest

Phase 2 – Aktivitätstest

Phase 3 – schriftlicher Test

Phase 4 – Gedankentest

Phase 5 – Abschlusstest

Erschien nun hinter den beiden und ich stellte überrascht fest, dass bis auf den Gesprächstest alles genauso war wie vor acht Monaten.

»In den nächsten Fünf Tagen werdet ihr nicht am normalen Unterricht teilnehmen, sondern von uns beiden alles wichtige erklärt bekommen. Die Menschen, welche ihr testet werden unterschiedlich sein und ihr müsst vor allem im Gesprächstest die Richtigen Fragen stellen, wie wollte ihr sonst genug über die Person herausfinden?«

Sara hob die Hand und schnipste einmal herausfordernd. »Ja«, fauchte Doktor Thin und beäugte das Mädchen voller Abscheu.

»Bedeutete das, dass wir dieses Mal alle Test durchführen und keine normalen Menschen dabei helfen wie sonst?«

»Ja, es ist eine andere Situation und deshalb haben wir uns nach einer langen Diskussion dazu entschieden, dieses Mal auf Hilfe von außerhalb zu verzichten.« Sara nickte ehe sie wieder ihre Hand hob. Dieses Mal konnte ich es mir nicht verkneifen genervt die Augen zu verdrehen.

»Wird der Test wie sonst auch an vielen verschiedenen Orten stattfinden?« Doktor Jacks lächelte und erklärte: »Nein, der Test wird dieses Mal nur in Cia stattfinden, es ist auch allen Schülern von außerhalb erlaubt daran teilzunehmen, allerdings haben wir nicht die Möglichkeit es wie sonst in allen sieben Städten zu machen«

Sara nickte und ihr brauner Haarschopf wippte mit ihr. »Wenn alle Fragen von dir geklärt wären würde ich jetzt gerne mit der normalen Erklärung fortfahren«, sagte Doktor Thin und stieß sich verwirrend lässig von der Wand ab.

Ich wirbelte um meine eigene Achse und duckte mich vor Zara, welche eine Metallstange in ihren Händen hielt. »Gut, wir müssen auf jede Art des Angriffs vorbereitet sein«, rief Doktor Jacks durch den Raum und stöckelte hin und her.

Zara trat einen Schritt auf mich zu und ich sprang nach hinten, ehe ich unter ihrer Waffe hindurch tauchte und ihr meinen stumpfen Dolch an die Kehle drückte.

»Hey, keine Gaben«, maulte das Mädchen und schüttelte ihre welligen roten Haare.

»Ich habe nichts gemacht«, protestierte ich und trat wieder auf die Anfangsposition.

Es war die dritte Stunde an diesem Tag und nachdem Doktor Jacks und Doktor Thin uns weitgehend erläutert hatten, dass wir mit einem Angriff während des Test rechnen sollten, hatte das Training angefangen.

Zara reichte mir die lange Stange und ich warf ihr meine Waffe zu.

»Los«

Sie stürmte nach vorne und versuchte mich zu überraschen, doch ich machte einen Ausfallschritt nach links und legte ihr die Stange an die Kehle.

»Doch du benutzt deine Gabe«, protestierte sie wieder und ich schüttelte den Kopf.

Eine dunkelblonde Strähne löste sich aus meinem Zopf und fiel mir ins Gesicht.

»Vielleicht machst du es automatisch«, schlug Zara vor.

Ich zuckte die Achseln, auch wenn mir klar war, dass ich meine Gabe nicht eingesetzt hatte. »Neue Teams«, rief Doktor Jacks in diesem Moment und alle kämpfenden Paare ließen von einander ab.

Benjamin, welcher in der letzten Runde ausgesetzt hatte kam nun wieder in den dunkelgrünen Kreis, welcher auf dem Boden der Turnhalle war. »Sucht euch neue Partner« Zara drehte sich von mir weg und ging zielstrebig auf ein schmächtiges Mädchen namens Sophie zu.

»Du kämpfst gut«, sagte jemand hinter mir und ich stellte fest, das Obsidian hinter mir stand. Seine dunklen Augen funkelten.

»Danke«

»Hast du früher schon einmal Kampfsport gemacht?«, fragte der große Junge interessiert während er sich gegenüber von mir aufstellte.

Ich schüttele den Kopf und packte die Stange in meinen Händen fester.

Interessiert betrachtete ich die Waffe meines Gegners, es war eine Scheibe, welche ungefähr zwei Zentimeter dick war und einen Griff auf der einen Seite hatte.

»Was ist das?«, fragte ich mit dem Kopf zu seiner Waffe nickend. »Ich habe keine Ahnung wie dieses Ding heißt, aber es ist eine gute Waffe«, erwiderte Obsidian und drehte sie in seiner rechten Hand.

Wieder gab Doktor Jacks das Startsignal und Obsidian grinste mich an, ehe er auf mich zukam.

Ich wich automatisch einen Schritt zurück, während mich mein Gegner fixierte.

»Keine Gaben«

Ich nickte zustimmend und ging in den Angriff über. Es war seltsam, auch wenn ich vorher noch nie mit Waffen gekämpft hatte fühlte es sich ganz natürlich an, fast so als wäre es komplett normal mit Waffen auf seine Mitschüler loszugehen.

Obsidian wich meinem Hieb geschickt aus und tänzelte zur Seite ehe er von sich aus angriff.

Wenige Sekunden später fand ich mich auf dem Boden der Halle wieder. Obsidian drehte meine Waffe gekonnt in seinen Händen und grinste mich herausfordernd an.

»Viel zu leicht«, verkündete er und half mir auf die Beine. Mein Kopf pochte von dem Aufschlag und ich fühlte mich benommen.

»Noch eine Runde?«, fragte er und reichte mir meine Waffe wieder.

Ich nickte und stellte mich breitbeinig zwei Meter von ihm entfernt. »Dann mal los«, verkündete er und drehte seine Waffe wieder und wieder in seinen Händen. Dieses Mal wartete ich, bis er einen Schritt auf mich zumachte und ließ mich dann auf den Boden fallen. Ich wollte ihm die Beine wegziehen, doch er sprang schnell in die Luft und landete so, dass er auf meine Stange trat.

Meine Hände wurden auf den Boden gepresst und begannen zu pochen, ehe Obsidian mir die Stande aus den Händen trat und einen Fuß an meine Kehle setzte.

»Schade, ich dachte du hättest mehr drauf«

Wütend wischte ich mir weitere Haarsträhnen aus dem Gesicht und rappelte mich auf.

»Du hattest im Gegensatz zu mir anscheinend schon vorher Training«

Er grinste und seine weißen Zähne hoben sich von seiner dunkeln Haut ab. »Natürlich, ich habe seit ich fünf bin regelmäßig Kampftraining«, verkündete er und nickte mir dann zu ehe er sich abwandte.

»Neue Partner!«, rief in diesem Moment Doktor Jacks.

Ich hob meine Stange vom Boden auf und drehte mich auf der Suche nach einem neuen Gegner im Kreis.

Schließlich kam Sara auf mich zu. Sie hatte ihre Haare zu einem festen Zopf geflochten, welcher sich um ihren Kopf legte und trug enge schwarze Klamotten.

»Soll ich dich fertig machen?«, fragte sie. Erfreut stellte ich fest, dass sie ebenfalls eine Metallstange als Waffe hatte.

»Wir werden sehen«, erwiderte ich und blendete meinen pochenden Kopf so gut es ging aus. Doktor Jacks gab das Startsignal und Sara ging sofort in einen Angriff über. Ich parierte ihren Schlag und drängte sie mit einem weiteren wieder einen Schritt zurück. Ihre Augen funkelten als sie die Stange drehte und somit meine Hand traf.

Schmerz durchfloss mich zusammen mit einem elektrischen surren.

Wütend griff ich wieder an und versuchte ihre schwächere rechte Seite zu treffen.

Sara drehte sich und stieß mit ihrer Stange meine Weg, ehe sie sich duckte und versuchte mir die Waffe aus der Hand zu schlagen. Ich grinste und ließ mit der rechten Hand los, ehe ich sie wieder fester in der linken packte und nach Saras Hand stach.

Sie funkelte mich an, ehe sie einen Schritt zurück machte, sich wieder aufrichtete und die Waffe erneut fester packte.

Auch ich nahm die Waffe wieder in beide Hände und atmete kurz durch. Sara kam wieder auf mich zugestürmt und griff mit einer Wucht an, welche mich auf den Boden warf. Entsetzt trat ich nach der Stange.

Das Metall klapperte auf dem Boden während ich mich wieder aufrappelte. Sara hatte ihre Waffe bereits wieder in den Händen und biss auf ihrer Unterlippe herum.

»Freu dich nicht zu früh«, knurrte sie und hechtete nach vorne.

Ich trat zur Seite und sie taumelte an mir vorbei. Ich wirbelte herum und schaffte es gerade noch so den Schlag von ihrer Stange zu parieren, ehe er meinen Kopf getroffen hätte.

Ich kniff die Lippen zusammen und hielt dem Druck stand. Erst, als Sara etwas nachließ stieß ich doller zu und schubste sie somit auf den Boden.

Trotz des Schlages hielt sie die Waffe in ihrer Hand und parierte drei Schläge.

Dann rollte sie sich zur Seite und sprang auf während ich versuchte ihr die Stange aus der Hand zu schlagen.

Meine Gegnerin holte aus und traf mich mit der Stange am rechten Arm. Pochender Schmerz durchzuckte mich und ich schaffte es nur mit Mühe nicht aufzuschreien. Stattdessen holte ich mit links aus und schaffte es sie an der Hüfte zu treffen.

Das Mädchen verzog den Mund vor Schmerzen und griff sich an die Stelle, an welcher ich sie getroffen hatte. Schnell warf ich einen Blick auf den pochenden Arm. Die Haut war knallrot, irgendetwas steckte in meinem Arm. Ein feines Rinnsal Blut lief daran herunter ich musste schlucken. So schnell ich konnte zog ich den kleinen Splitter aus meinem Arm und zog keuchend die Luft ein als sich der Schmerz verdoppelte.

Sara hatte sich inzwischen wieder erholt und kam auf mich zugehechtet.

Ich spannte meine Armmuskeln an und wartete auf den Schlag, doch es kam keiner. Statt dessen rief Doktor Jacks: »Stopp.« Sara blieb mit erhobener Waffe vor mir stehen. Ihre Augen funkelten wütend.

Schmerzgepeinigt wandte ich mich von ihr ab und ging in Richtung von Doktor Jacks Stuhl.

Zwanzig Minuten später saß ich mit immer noch etwas nassen Haaren und einem pochendem Arm in der Turnhalle. Doktor Thin stand vor uns und wartete eindeutig darauf, dass die letzten Schüler aus den duschen kamen.

Zara saß mit einer roten Strieme auf der Wange neben mir und rieb sich die Finger.

»Ich habe immer verloren«, murmelte sie zum wiederholten Mal.

»Das ist nicht fair. So eine schlechte Kämpferin bin ich jetzt auch nicht!«

»Ich habe mich auch nicht wirklich besser geschlagen«, erwiderte ich und beobachtete wie Doktor Jacks etwas zu Doktor THin sagte.

Die junge Lehrerin wirkte entsetzt und sie schüttelte den Kopf, als ihr Kollege etwas zurückgab.

»Jetzt, wo alle sich wieder hier eingefunden haben, möchte ich euch für euer Engagement loben. Ihr habt heute schon viel gelernt und ich hoffe, dass es in den weiteren vier Tagen genauso erfolgreich vorangeht.«

»Engagement?«, murmelte Zara neben mir und verdrehte die Augen.

»Jetzt werden wir euch in zwei Gruppen einteilen, damit ihr in kleineren Lehrgemeinschaften den Umgang mit den Testpersonen lernt.«, rief Doktor Jacks und lächelte in die Runde, ihr entsetzter Ausdruck von vor wenigen Minuten war verschwunden und ihre positive Ausstrahlung zurück gekehrt.

»Sieben Schüler kommen zu mir und acht zu Doktor Thin. Na los« Sofort sprang ich auf und zog Zara mit mir nach oben.

»Ich will auf gar keinen Fall zu Doktor Thin, also sollten wir uns beeilten«, zischte ich ihr zu und lief in Richtung von Doktor Jacks. Auch die anderen Schüler hatten eher den Weg zu der jungen Lehrerin eingeschlagen.

Als wir bei ihr waren, stellte ich erleichtert fest, dass außer mir und Zara nur drei andere Teilnehmer bereits da waren.

»Na dann los«, die Lehrerin führte Zara, Sophie, Obsidian, Sara, mich und zwei mir unbekannte Schüler aus dem Raum und redetet dabei leise vor sich hin.

Erst als wir vor dem Raum 45F angekommen waren blieb sie stehen und drehte sich zu uns um.

»Dieser Raum wird für die nächsten vier Tage euer Lernraum. Morgens kommt ihr hier her und sobald der Unterricht wieder vorbei ist könnt ihr gehen« Ich nickte und auch die anderen folgten meinem Beispiel.

»Da dieser Raum extra gesichert ist gebe ich euch gleich einen Chip, mit welchem ihr die Tür öffnen könnt.«, fuhr sie fort und öffnete dann diese. Das weiße Metall glitzerte und dahinter kam ein kleiner Raum mit ein paar Stühlen, Tischen und anderen Utensilien zum Vorschein. »Setzt euch irgendwo hin und wartet kurz auf mich«, befahl sie und wieder trat der nervöse Ausdruck auf ihr Gesicht.

Ich runzelte die Stirn und folgte den anderen in den Raum. Kaum hatte ich die Tür hinter mir gelassen fiel diese hinter mir zu und.

»Hurra, wir sind eingesperrt«, rief Zara sarkastisch und setzte sich genervt hin.

»Woher willst du wissen, dass wir die Tür nicht einfach wieder öffnen können?«,  konterte ich und wollte nach dem Griff greifen, doch dieser war samt der Öffnung verschwunden. »Das ist ein Mechanismus, welchen man nur von außen öffnen kann«, erklärte Obsidian. »Also sind wir wirklich eingesperrt – wie Gefangene«, stellte Sophie fest. »Mehr oder weniger«

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