No. 1

Ich atme tief ein und aus und hoffe einfach, dass meine Laune in den nächsten Minuten einfach eine hundertachtzig Grad Wendung mach. Schon heute Morgen, als ich mit Flöckchen unterwegs war, und erst in einem Hundehaufen getreten bin und dann zuhause mir auch noch die Futterschale heruntergefallen ist und sich sämtliche Fleischbrocken in meiner kleinen Küche verteilt haben, war mir eigentlich schon bewusst, dass der Tag eigentlich schon gelaufen ist. Das Ganze wurde dann mit schimmliges Brot, weswegen mein Frühstück heute ausgefallen ist, eine gerissene Hose, woraufhin ich mich vor der Arbeit noch einmal umziehen musste und den Bus verpasst hatte, drei zerbrochene Tassen, die mir zum Glück nicht in Rechnung gestellt werden, und dieses beschissene Wetter untermauert. Es schneit - und zwar nicht nur ein bisschen. Nein, gerade heute muss es so feste schneien, dass der ganze Mist auch noch liegen bleibt.

Als der Bus hält, der zu meinem Glück für diese Uhrzeit auch noch extrem voll ist, bin ich froh das ich endlich aussteigen kann. Von der Bushaltestelle aus, ist es Gott sei Dank nicht mehr ganz so weit bis zu dem Wohnkomplex in dem ich wohne, dennoch bin ich in den vier Minuten in denen ich laufe, keine Mütze aufhabe und natürlich auch kein Schirm dabei habe, weil dieser vielleicht ein paar Löcher hat, ziemlich nass.

Durchgeweicht steige ich in den Aufzug um in den vierzehnten Stock zu fahren. Eigentlich will ich jetzt nur noch trockene Sachen, einen warmen Tee und vielleicht auch noch eine warme Dusche - all das muss ich aber noch ein wenig nach hinten schieben, den mein kleiner Bichon Frisé, der mich direkt schwanzwedelnd an der Tür empfängt und meine Laune tatsächlich ein wenig hebt, wartet nun darauf, dass ich endlich nach Hause komme und eine Runde mit ihm in den Park verschwinde; der Arme hat ja keine Ahnung, wie beschissen das Wetter tatsächlich ist. Ausreden lässt der kleine eh nicht gelten. Ich gehe in die Hocke und streichle meinen kleinen Hund, der mich mittlerweile schon vier Jahre Begleitet.

Nachdem ich mir unfreiwillige ein paar Küsschen abgeholt habe, erhebe ich mich wieder und nehme die Leine von Flöckchen, welche an meinem Schlüsselbrett hängt, ohne mich lange aufzuhalten und mich großartig aus- oder umzuziehen. Bevor wir die Wohnung wieder verlassen, schnappe mir noch meine Mütze von der Garderobe und hoffe, dass sich das Wetter vielleicht doch in den knapp fünf Minuten in denen ich hier im trockenen war, etwas gebessert hat.

Da das Ganze noch nicht alt so lange gedauert hat, ist der Fahrstuhl noch immer auf meiner Etage, weswegen wir dort auch direkt einsteigen und mit insgesamt acht kurzen zwischen Stopps wieder in der Eingangshalle landen.

Frustriert bleibe ich am Eingang stehen, woraufhin sich mein Hund zu mir Umdreht und mich auffordernd ansieht. Stumm teilt er mir mit, dass ich nicht so eine Memme sein soll und ihn endlich nach draußen bringen muss - ansonsten passiert hier gleich ein ganz anderes Malheur. Ich hole noch einmal tief Luft, bevor ich mir meine Mütze aufsetze und zu Flöckchen runter schaue. „Na los Kleiner - auf in den Kampf."

Wir müssen nur einmal die Straße überqueren, bevor wir durch einen kleinen Weg auch schon in den Park gelangen. Im Gegensatz zu mir scheint meinem Hund das Wetter überhaupt nichts aus im Gegenteil, er springt nach den Flocken und hüpft durch den Schnee, nachdem ich ihn von der Leine befreit habe.

Anderthalb Stunden später habe ich die schnauze voll, rufe Flöckchen zu mir und laufe mit ihm zusammen wieder Richtung Zuhause.

Bevor wir den Aufzug nach oben nutzen, kämpfe ich noch mit dem Schloss meines Briefkasten, was ich mir auch hätte sparen, denn Post habe ich heute eh keine.

Frierend steige ich mit meinem Hund in den Aufzug und bin froh, als wir diesen endlich verlassen und ich nur noch ein paar Schritte von einer heißen Dusche entfernt bin. Noch bevor ich meine Haustür aufgeschlossen habe, öffnet sich die Türe meines Nachbars, welcher direkt von Flöckchen freudig begrüßt wird.

„Ihr beide seht ja ziemlich nass und durchgefrohren aus." Entsetzt schaue ich ihn an, als er sich zu meinem Hund hinunter hockt. „Ernsthaft? Niall hast du schon mal raus geschaut? „Es schneit! Es ist kalt! Schnee ist nass und kalt!", gebe ich von mir und verschränke die Arme vor der Brust. Leise lachend streichelt er Flöckchen weiter. Oh man, dieser unmögliche Kerl. Wie gerne würde ich ihn jetzt irgendein Ding an den Kopf werfen?

Wobei, nein lieber nicht - ich mag meinen Nachbarn. Ich mag es mit ihm auf dem Flur zu quatschen, herum zu albern. Ich mag es, mit ihm Abends ein Wein zu trinken, Pizza zu essen und zu lachen - vor allem zu lachen.

Als er vor drei Jahren hier eingezogen ist, hatten wir ein paar Start Schwierigkeiten. Er und seine Umzugs Helfer stapelten seine Kisten im gesamten Hausflur, statt sie direkt in seine Wohnung zu stellen. Ich musste Slalom laufen und habe mir mein Zeh an irgendeiner harten Kiste aufgehauen. Er betrat den Aufzug ohne auf seine Mitmenschen zu achten und rannte mich nicht bloß einmal mit meinen Einkäufen um. Als er dann auch noch, ausversehen versteht sich, Flöckchen in seiner Wohnung eingesperrt hat, bevor er den ganzen lieben langen Tag unterwegs war, als wir beide zwei Sekunden nicht aufgepasst haben, war für mich das Fass übergelaufen.

Ich bin tausend Tode gestorben und habe den ganzen Tag geheult, während mein blöder Hund erst freudig Nialls Wohnung erkundet hat und es sich dann in seinem Bett gemütlich gemacht - sein Geschäft, hat er an der großen Palme verrichtet.

Als Niall mir meinen kleinen Ausreißer mitten in der Nacht zurück gebracht hat, war ich im ersten Moment so außer mir, dass ich dem armen Iren eine ordentliche Backpfeife verpasst habe, bevor ich meinen Hund hochgehoben und die Tür hinter mir geschlossen habe.

Natürlich war mir klar, dass Niall es überhaupt nicht verdient hatte und wahrscheinlich am wenigsten etwas dafür konnte. Deshalb hatte ich in der nächsten Sekunde, auch schon ein schlechtes Gewissen und bin bei meinem Nachbarn zu kreutze gekrochen. Ich habe bei ihm geklopft, mich erklärt und entschuldigt und dann Flöckchens Missgeschick sauber gemacht. Zum guten Schluss saßen wir noch bis in den Morgenstunden zusammen und haben auf dem Schreck erstenmal zusammen Whiskey getrunken, der durch meinen Husten Anfall noch immer einen schönen großen Fleck auf seiner beigen Couch ziert - seitdem sind wir sehr gut befreundet, verbringen viele Abende gemeinsam und trinken nur noch Bier oder mittelteuren Wein miteinander - wobei auch dies ziemlich gefährlich sein kann.

„Finnja weißt du, es gibt sowas wir Regenschirme die schützen einen vorm nass werden und Mützen, Schals und Handschuhe halten einem schön warm.", klugscheißert er, woraufhin ich ihm die Zunge raus strecke, meine Tür aufschließe und dann meinen Hund zu mir rufe. „Schönen Abend, Idiot.", gebe ich von mir und betrete meine Wohnung.

Wieder höre ich ihn lachen. „Ich habe vor zwei Minuten Pizza bestellt. Du hast also eine halbe Stunde Zeit um zu duschen und dich in trockenen Sachen zu schmeißen.", ruft er mir nach. Ich strecke meinen Kopf wieder hinaus. „Wenn ich schon etwas gegessen habe?" Skeptisch sieht er mich an und kennt mich sicherlich schon viel zu gut. „Hast du?", hakt er nach und hört zum Glück nicht mein verräterrischen Magen. „Was hast du für Pizza bestellt?", will ich wissen ohne auf seine Frage zu antworten. „Peperoni Salami mit extra viel Käse und Spinat, mit extra viel Knoblauch.", antwortet er mir. Ich schaue ihn böse an. „Ich. Hasse. Dich.", gebe ich von mir und versuche dabei ernst zu bleiben, scheitere aber kläglich, weil sein beschissenes lächeln einfach ansteckend ist. „Tust du nicht." Ich nicke. „Tu ich in der Tat nicht.", stimme ich zu und werfe ihm, wie schon so oft, meinen Haustürschlüssel zu.

„Wer sagt, dass wir bei dir Essen?" „Ich?" Ich sehe wie er die Augen verdreht und nickt. „Seh zu das du aus den nassen Klamotten heraus kommst, warm duscht und dich warm einpackst. Nicht das du dir noch eine Lungenentzündung oder so einfängt." Ich nicke und kommentiere das ganze mit okay Chef, bevor ich die Tür hinter mir schließe.

Ich schnappe mir meinen Hund, schaffe es mir meine Stiefel von den Füßen zu streifen, ohne hinzufallen und gehe dann, noch mit dicker Jacke, im meinem Badezimmer. Es ist nicht groß. Gerade mal eine ebenerdige Dusche, ein doppeltes Waschbecken, ein kleiner Schrank und die Toilette haben hier Platz - aber mir reicht es allemal. Ich setze Flöckchen auf dem Boden und hole mir ein schwarzes Handtuch aus dem Schrank, um ihn ein wenig trocken zu rubeln.

Nachdem mein Hund so gut wie trocken ist, lasse ich ihn wieder raus, bevor ich unter die Dursche springe und das heiße Wasser genieße. Nachdem ich mich ein wenig aufgewärmt habe, wickele ich mich in einem flauschigen Handtuch und trockne mir meine kurzen Haare ab.

Als ich das Badezimmer verlasse, entfährt mir ein kurzer Schrei, als ich Niall auf der Couch sitzen sehe. Etwas beschämt kratzt er sich am Hinterkopf, während meine Wangen sich ein wenig rosa färben, als mir bewusst wird, dass ich lediglich im Handtuch vor ihm stehe. „Du hast mir dein Schlüssel zugeworfen.", erinnert er mich. „Ja, damit du mit der.....", ich stocke als ich die Pizza Kartons auf den Tisch stehen sehe. „Ich gehe mich schnell anziehen.", lasse ich ihn wissen, bevor es noch unangenehmer wird und husche schnell in mein Schlafzimmer.

Nachdem ich mir eine Jogginghose und einen warmen Hoody angezogen habe, stoße ich wieder zu Niall. Bevor ich mich ans anderen Ende auf die Couch fallen lasse, ziehe ich meinen lieblings Nachbarn zuallerst einmal in eine Umarmung, immerhin haben wir uns die letzten zweieinhalb Wochen nicht gesehen. Anschließend ziehe ich mir dann ein paar Socken an. „Ist dir jetzt wärmer?", will Niall von mir wissen und erhält ein Schultern zucken als Antwort. Mein Nachbar reicht mir ein Teller und informiert mich, dass es durchaus auch gefütterte Socken gibt, die einen viel mehr wärme spenden, als meine dünnen Teile.

„Hast du heute irgendwie Klugscheißer Pillen gegessen?", frage ich ihn etwas zickig. „Nein, aber was ist mit dir? Bist du heute zufällig mit dem falschen Fuß aufgestanden? Deine Laune war nämlich auch schon mal besser.", kontert er. „Was erwartest du? Das ich vor Glück nur so strahle? Sorry, dass ich heute keine ganz so gute Gesellschaft abgebe."
Ich nehme mir jeweils ein Stück von der Pizza.

„Was hat dich so verstimmt?" Ich schaue ihn an. „Hast du heute schon mal raus geschaut? Schon den ganzen Tag schneit es. Es ist nass. Arschkalt. Außerdem sind sämtliche Leute gestresst.", antworte ich ihm. Er öffnet den Mund, schließt ihn dann allerdings wieder und nimmt sich ebenfalls etwas von der Pizza.

„Ich habe heute ein Päckchen für dich angenommen.", wechselt er plötzlich das Thema und reicht mir ein Packet. Ich runzle dir Stirn. „O-kay, ich hab doch überhaupt nichts bestellt.", gebe ich nachdenklich von mir und schüttel das Packet einmal. „Vielleicht schickt dir jemand was? Wenn es zerbrechlich wäre, hättest du jetzt lauter Scherben." Ich zucke nur mit den Schultern und frage ihn wer mir denn bitte ein Packet schicken soll.

Ich stelle den Teller auf den Tisch und stehe auf um in der Küche ein Messer zu holen. Ich schnappe mir noch ein paar Möhren und gehe erst an Buttercups Gehege vorbei um meinem freches in den Jahren gekommendes Kaninchen einen Freude zu mache, ehe ich mich wieder auf die Couch setze und das Packet öffne.

Mir kommt ein ziemlich süß-/zimtiger Geruch entgegen. Als ich das Päckchen gänzlich geöffnet habe, entdecke ich als erstes Zimtschnecken. Himmel. Ich liebe Zimtschnecken.

Ich packe die kleine Tüte beiseite und entdecke als erstes ein paar Tannenzweige, die ich ebenfalls beiseite räume.

Gespannt schaut Niall mir dabei zu und sieht mich auffordert an, als ich einen Briefumschlag finde. Skeptisch öffne ich diesen und Tatsächliche eine Weihnachtskarte vor. Zögerlich drehe ich diese um und lese sie laut vor.

Aufgepasst! Ich habe eine Mission! In den nächsten vierundzwanzig Tagen, wirst du täglich ein kleines Päckchen bekommen. Es wird dir Weihnachten wieder näher bringen. Es wird dich überraschen, verwöhnen und manchmal auch aus deinem Schneckenhaus locken. Lass dich drauf ein, genieß es und hab vielleicht an dem einen oder anderen Tag auch ein wenig Spaß. Ich bin mir sicher, dir wird es gefallen!"

Strinrunzelnd schaue ich Niall an, der lediglich mit den Schultern zuckt. Ich drehe die Karte um und suche dann nach einen Hinweis, wer auf diese Irsinnge Idee kommt.

Aber nichts. Kein Name. Keine Initialien.

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