34. I'm born to run!


I'm born to run down rocky cliffs

Give me grace, bury my sins

Shattered glass and black holes

Can't hold me back from where I need to go

Yellow hills and valleys deep

I watch them move under my feet

Stranger things have come and gone

To see the world and take the throne

-American Authors "I'm born to run"

Ich zog mir im Bad meine Jogginghose und den Weihnachtspulli auf dem Rudolf Nase rot leuchtete an, dann machte ich mich so weit fertig, dass ich nicht mehr wie ein Neandertaler aussah. Der Kater und die Müdigkeit waren vergessen, verdrängt von der Nervosität und dem Wissen, dass Alan da war, bei mir zu Hause.

In meinem Zimmer stand Alan an meinem Schreibtisch und schaute sich meine Arbeiten an, die dort alle in einer Mappe verstaut lagen. „So ein Streber. Fast nur Einser", sagte er, als ich mich neben ihn stellte.

Ich zuckte mit den Schultern und er legte meine Arbeiten zurück.

Seufzend machte ich mich daran, die unordentlich hingeklatschten Arbeiten, wieder sortiert in die Mappe zu legen.

Währenddessen schlenderte Alan zu meinem Nachttisch und hob ein Buch, das darauf lag, auf. Er begann darin zu lesen, wobei er eine Grimasse zog.

„Ist was?", fragte ich.

Er hob den Kopf und wedelte mit meinem Tagebuch in meine Richtung. „Ist das dein Ernst?", fragte er ungläubig.

Mein Herz raste los, wie ein Sprinter.

Er räusperte sich theatralisch und las mit erhöhter Stimme vor: „Matts babyblaue Augen sind, wie ein Traum der in Erfüllung geht, seine Lippen, wie süße Früchte und sein Haar, wie die Strahlen der Sonne selbst." Er pausierte und versuchte schnaubend seine Lachattacke unter Kontrolle zu bringen

Knallrot angelaufen versuchte ich ihm das Buch zu entreißen, doch er brachte es außer meiner Reichweite, blätterte ein paar Seiten weiter und fuhr unbeirrt fort: „Ich liebe ihn, wie das Meer die Ufer, unzertrennlich. Meine Seele fühlt sich an wie tausende Sandkörner, die in sein Herz gespült wurden und jetzt können sie nicht mehr getrennt werden. Für immer vereint."

„Hör auf Alan!", quengelte ich und versuchte vergeblich an ihm hochzuspringen. Ich wusste, ich hätte diese schrecklichen Seiten einfach rausreißen sollen, als ich die Chance dazu hatte, aber ich hatte mich für den Wert der Erinnerungen entschieden.

Er lachte und blätterte wieder ein paar Seiten weiter. „Oh, was haben wir denn hier?", murmelte er und ein breites Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Eine böse Vorahnung beschlich mich.

„Die beste Nacht meines Lebens, ein Augenblick den ich nie vergessen werde, intim und wunderschön. Ich werde das was ich mit Matt geteilt habe nie mit jemandem anderen Teilen, da bin ich mir sicher. Als seine Hände meinen Kö- Ah!" Er schrie auf, als ich ihm den Ellenbogen in den Bauch rammte und senkte den Arm mit dem Buch. Sofort sprang ich vor und riss es ihm aus der Hand. „Hey, jetzt ist es endlich spannend geworden."

Mein Gesicht brannte vor Verlegenheit, als ich das Buch wieder an seinen Platz zurückstellte.

„Ein Augenblick? Das klingt nicht so als hätte Matti lange durchgehalten. Sicher, dass es da nicht noch bessere Nächte geben wird?", raunte er mir ins Ohr und sorgte dafür, dass sich Gänsehaut auf meinem ganzen Körper ausbreitete.

Ich holte wieder mit meinem Ellenbogen aus, doch diesmal drehte er sich rechtzeitig weg.

„Du hast kein Recht mein Tagebuch zu lesen. Überhaupt nicht. Und schon gar nicht es zu kritisieren!"

„Kann ich etwas dafür, dass es wie der schlechteste Liebesroman der Welt klingt? Und ich habe Twilight gelesen."

„Echt?"

„Nein, aber ich habe die Filme gesehen und ab dem dritten wars echt nicht mehr witzig." Er grinste und ließ sich rücklings auf mein Bett fallen.

„Hast du wenigstens vor dich zu entschuldigen für diesen unverschämten Eingriff in meine Privatsphäre?"

„Ich finde ich bin derjenige, der die Entschuldigung verdient hat, nachdem ich das Lesen musste."

„Du... ich..." Ich ballte die Fäuste und versuchte mich davon abzuhalten auf ihn einzuschlagen.

Er antwortete mit einem herablassenden Grinsen.

„Genießt du es Menschen zu provozieren, du Arsch?"

„Wenn sie so rot werden wie du dann ja, ich liebe es."

Ich schielte zu meinem Kopfkissen rüber. „Glaubst du, ich kann dich damit ersticken, ohne ins Gefängnis zu kommen?"

Er folgte meinem Blick und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Wird schwierig werden."

Ich schmunzelte und kickte ihn spielerisch gegen das Schienbein. „Runter von meinem Bett!", befahl ich streng.

Er setzte sich auf. „Komm du doch zu mir", forderte er mich auf und bevor ich etwas erwidern konnte hatte er mich schon am Handgelenk gepackt und ich lag mit dem Rücken auf meiner weichen Matratze.

Er lag auf seinen Ellenbogen gestützt auf mir, doch noch berührten sich unsere Körper nicht. Seine Augen glühten.

Ich schnappte nach Luft, wobei ich seinen Geruch tief einatmete. „Du bist ein Idiot", grummelte ich, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich auf die Situation reagieren sollte. Mein Gehirn war geschrumpft und aus meinem Ohr gerollt und alles was ich jetzt noch machen konnte war in seine hypnotisierenden Augen zu starren und mich nach ihm zu sehnen.

Er lächelte und beugte sich weiter runter. Seine Locken streiften meine Stirn und ich hätte schwören können die Wärme seiner Haut sickerte durch unsere Kleidung. Mein Blick wanderte, wie von selbst zu seinen vollen, halb geöffneten Lippen. Er kam immer näher und dann... hielt er inne. Wie als würde er langsam zu sich kommen, kühlten seine Augen ab und seine Lippen schlossen sich. Er stand von meinem Bett auf und räusperte sich.

Ich fühlte mich, als hätte man mir die warme Decke mitten im englischen Winter entrissen. Langsam setzte ich mich auf und versuchte meinen Atem unter Kontrolle zu bringen.

Er lief ein paar Mal auf und ab, blieb dann wieder vor meinem Bücherregal stehe und holte ein Buch raus. „Was findest du eigentlich an diesen Liebesromanen? Die hören sich an wie meine schlimmsten Albträume."

„Warum? Weil die Typen darin keine krankhaften Bindungsängste haben?"

Mit erhobenen Augenbrauen sah er mich über das inzwischen aufgeschlagene Buch forschend an.

Ich holte tief Luft. „Ich mag solche Bücher, weil ich glaube das Liebe wertvoll und wunderschön ist und weil ich irgendwann selbst so etwas haben will. Aber wahrscheinlich hast du dir das schon gedacht nach meinen ausführlichen Tagebucheinträgen."

„Und was genau macht diese Typen so begehrenswert? Ich meine was haben sie denn was ich nicht habe? Ich sehe gut aus..."

„Du bist eingebildet", warf ich ein.

„Ich bin selbstbewusst."

„Arrogant", unterbrach ich ihn wieder, doch er machte unbeirrt weiter.

„Ich bin großzügig."

„Billig."

„Ich bin witzig."

„Schadenfroh."

„Ich bin stark."

„Aggressiv."

„Ich bin leidenschaftlich."

„Temperamentvoll."

„Ich bin kommunikativ."

„Asozial."

„Ich bin fürsorglich."

„Aufdringlich."

„Der strahlende Prinz auf dem weißen Pferd eben."

Ich schnaubte, stand auf, nahm ihm das Buch weg und stellte es wieder ins Regal. „Du bist so weit vom Prinzen auf dem weißen Pferd entfernt, wie ich von einem Sportstipendium."

Er lachte und setzte sich wieder auf mein Bett. „Ich gebe zu, ich mag nicht alle Qualitäten haben..."

„Noch nicht mal annähernd", sagte ich belustigt.

„Aber ist Perfektion wirklich so erstrebenswert? Mit Matti hat's schließlich auch nicht geklappt."

Ich zuckte mit den Schultern. „Jeder will doch ein perfektes, schönes Leben."

Er legte den Kopf schief. „Aber das ist doch langweilig."

Erstaunt hob ich die Augenbrauen. „Langweilig?"

„Ja", bestätigte er seine Aussage heftig nickend. „Langweilig. Wo bleibt denn die Überraschung, das Abenteuer bei einem perfekten Leben, wo nie etwas schiefläuft?"

„Würdest du lieber unglücklich sein nur damit du dich nicht langweilst?"

Er schüttelte den Kopf. „Wer sagt, dass die Abwesenheit von Perfektion, ein unglückliches Leben bedeutet? Ich denke nur, dass jemand der alles richtig macht, der Ritter in strahlender Rüstung ein Langweiler sein muss. Was würdest du von ihm wollen?"

Ich lachte. „Na ein schönes, gutes Leben eben, mit kleinen, süßen Kindern, einem Haus am Strand und einem guten Job."

Er verdrehte die Augen. „Hast du denn keine anderen Wünsche?"

„Ich weiß nicht, was schlägst du denn vor? Was sollte man denn mehr wollen?"

„Man sollte, den Willen wollen, mehr zu wollen", antwortete er mit diesem aufgeregten Funkeln in den Augen.

Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Laut Buddha ist genau das, was du sagst, dass was uns unglücklich macht."

Er winkte genervt ab. „Bullshit. Ich will leben und mich nie zufriedengeben, immer mehr wollen und immer weiter gehen. Nur darum kann es gehen, das Beste aus dieser Scheiße rausholen, alles nehmen was ich kriegen kann. Stell dir vor, du stirbst mit dem Wissen, dass du nicht alles getan hast, was du willst und was dir möglich ist."

„Aber das ist unmöglich, du kannst nie alles erreichen, alles bekommen was du willst. Niemand kann das und genau da liegt die Wurzel des Unglücks."

Er beugte sich vor. „Aber ich kann es versuchen. Jeden Tag meines verdammten Lebens kann ich versuchen zu leben und jedes bisschen Luft in meine Lungen Pumpen, jede Landschaft und jede Stadt in mir aufnehmen, jedes Lied hören und jedes Buch lesen, das mir gefällt. Ich kann alles erreichen, was ich will und das werde ich auch und nur wenn ich mich jeden Tag von Neuem danach verzehre zu leben, kann ich wirklich leben."

Und in diesem Moment als ich in diese intensiv leuchtenden Augen, in dieses überirdische Gesicht blickte, wusste ich: Ich liebte Alan Devil und ich wusste auch, dass mich diese Liebe bei lebendigem Leibe verbrennen würde.

In diesem Moment konnte ich es sehen, diese Neugierde, dieses Verlangen und die Abenteuer, die er erleben würde, alles war dort in seinen Augen. Ein Wunsch, eine Lebenslust, wie ich sie noch nie an jemandem anderen gesehen hatte.

In diesem Moment, der nur ein Moment war, der Bruchteil einer Sekunde, blieb die Zeit stehen und mein Herz schlug, wie ein Hammer auf Amboss, um etwas neues zu schmieden.

Und ich liebte es, dieses Gefühl verschlungen zu werden.

Es kam mir ein Lied von den American Authors in den Sinn, von dem ich mir sicher war, dass es für ihn geschrieben worden war:

I'm gonna live my life like I'm gonna die young

Like it's never enough, like I'm born to run

I'm gonna spend my time like tomorrow won't come

Do whatever I want like I'm born to run 

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