17. Sie ist weg!
There's a place I go to
Where no one knows me
It's not lonely
It's a necessary thing
It's a place I made up
-Matt Simons „Catch & Release"
Am Freitag fand der Gig der Player statt, auf dem Fest der Ankunft, dem einzigen Fest, das es auf Mari gab. Man feierte die Ankunft der ersten Menschen auf Mari. Da die Insel, durch den dichten Nebel, der sie umgab, schwer zu finden war, hatten die Menschen sich erst vor ungefähr hundert Jahren hier niedergelassen. Seitdem gab es dieses Fest immer am 11. Dezember, dem Tag, an dem die ersten Menschen hier hingezogen sind, zumindest wenn man den mündlich überlieferten Fischererzählungen glauben durfte.
Vor dem Fest überquerte ich die paar Meter zu Annis Haus. Früher hatte ich direkt neben ihr, in einem der kleinen Reihenhäuser gelebt. Zum Glück hatte sich an der Entfernung nicht groß was verändert.
Ich klingelte an der Tür und Mrs. Owen machte auf.
Annis Mutter hatte dieselben hellblonden, glatten Haare nur in kurz und dieselben hellen, blauen Augen. Ihr Gesicht war rund und freundlich. Ohne zu zögern, nahm sie mich mit einem begeisterten "Hallo!" in den Arm, dann ließ sie mich wieder los.
"Anni ist in ihrem Zimmer", sagte sie lächelnd.
Ich bedankte mich und ging den schmalen Flur entlang bis zur letzten Tür. Ich trat ein, ohne zu Klopfen.
Anni stand in rosa Spitzenunterwäsche vor dem Spiegel, umgeben von einem Haufen Klamotten.
Ihr Zimmer war das, was man wohl als Prinzessinnenzimmer bezeichnen konnte. Das Bett war umgeben von einem zartrosa Vorhang, an der Wand stand eine weiße Schminkkommode mit einem beleuchteten Spiegel, gegenüber stand ein weißer Schrank, der aussah, als hätte sie ihn Barbie persönlich geklaut und in den Schrank eingebaut war noch ein größerer beleuchteter Spiegel. Die Wände waren rosa gestrichen und auf dem Boden lag ein rosa Teppich. Jedes Mal, wenn ich das Zimmer betrat, hatte ich für einen Moment das Gefühl, dass mit meinen Augen etwas nicht stimmte.
Anni drehte sich zu mir um.
"Angi, ich weiß nicht was ich anziehen soll", klagte sie sofort los, als sie mich entdeckte.
Ich lachte. "Weißt du, das habe ich mir schon fast gedacht. Lass mal sehen." Ich kniete mich auf den Boden und wühlte mich durch ihre Klamotten. Man sollte meinen so oft, wie ich schon in dieser Situation gesteckt hatte, sollte ich ihren Kleiderschrank schon auswendig kennen, doch leider war das nicht der Fall, denn fast jeden Monat gab sie etwas weg und kaufte etwas Neues dazu.
Seufzend sortierte ich erstmal die "Kleider" aus, die mühelos auch als Oberteil hätten durchgehen können. Somit war schon mal die Hälfte der Auswahl weg.
Ich fand noch so ein Ding, diesmal ein schwarzes, das sogar teilweise durchsichtig war. Ich wollte es auf den "Auf keinen Fall"-Stapel legen, als Anni es mir aus der Hand nahm.
"Hey, warte, das mag ich."
Sie hielt es sich vor den Körper und betrachtete sich im Spiegel.
Ich starrte sie ungläubig an. "Anni noch arbeitest du nicht auf dem Strich."
Sie verdrehte die Augen. "Du übertreibst Ang, man muss nicht gleich wie eine alte Jungfrau herumlaufen."
"Soll das eine Andeutung auf mich sein?"
Anni sah mich im Spiegel belustigt an. "Muss ich dazu ernsthaft noch was sagen?"
Empört sah ich an mir runter. Ich trug einen weiten karierten Rock und ein bis nach oben zugeknöpftes Hemd.
Hitze stieg mir ins Gesicht, als mir dämmerte, dass ich wie die Lehrerinnen an meinem Ex-Internat rumlief.
"Oh Gott!", murmelte ich und stürzte mich auf den Stapel der aussortierten Kleider. Bald wurde ich fündig. Ein dunkelblaues Kleid, das nicht ganz so kurz war, dafür aber einen großzügigen Ausschnitt hatte.
Anni hatte sich inzwischen das schwarze Nichts angezogen und war gerade dabei ihre Beine in schwarze Netzstrümpfe zu hüllen.
Ich sah mir das blaue Kleid nochmal zweifelnd an und zog mich dann kurzerhand um. Da Annis Oberweite kleiner war, als meine war es obenrum etwas eng und auch an der Hüfte, an der ich leider mehr dran hatte, spannte es etwas. Ansonsten war es ganz okay für ein Fest.
Anni dagegen sah so aus, als würde sie sich an einer Stange tanzend sofort wieder ausziehen, sie schien aber zufrieden mit ihrem Outfit, also ließ ich sie in Ruhe.
Danach ging es ans Schminken. Ich sah Anni dabei zu, wie sie sich „Smokey eyes" machte und dann wie sie mir etwas blauen Lidschatten und Lipgloss auftrug.
Nachdem wir das auch erledigt hatten, fuhren wir mit dem Bus zum Fest, wo uns die anderen bereits erwarteten. Paul und der Rest der Player trugen aufeinander abgestimmte rot-schwarze Outfits. JJ trug die männliche Version meines „alte Jungfrau-Look" und Mary hatte sich für ein weites orangenes Kleid entschieden.
Um Punkt 19.00 Uhr fingen die Player an zu spielen. Sie begannen mit "Jet Black Heart" und fuhren fort mit ein paar andere Liedern unter anderem dem, das ich geschrieben hatte, was mich erröten ließ.
Nach dem fünften Lied machte ich mich auf die Suchen nach einem Essensstand und fand einen der Langosch verkaufte. Ungefähr zwei Minuten wartete ich, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um.
Hinter mir stand Alan mit weit aufgerissenen Augen, vollkommen außer Atem. "Angela, hast du Precious gesehen?"
Ich schüttelte verwirrt den Kopf. "Nein, wieso? Ist sie wieder weggerannt?"
Alan fuhr sich mit der Hand durch die vom Schweiß feuchten, dichten Locken.
"Ja, ich und meine Geschwister haben schon überall nach ihr gesucht, wir können sie aber nicht finden. Normalerweise taucht sie nach einer halben Stunde von selbst wieder auf, aber sie ist jetzt schon fast zwei Stunden weg. Ich dachte, sie könnte vielleicht bei dir sein, aber..." Er hatte so schnell geredet, dass ich Mühe hatte ihn zu verstehen.
Sanft nahm ich seine Hand und drückte sie leicht.
"Jetzt bloß nicht in Panik ausbrechen. Sie muss hier irgendwo sein. Ich helfe euch suchen. Komm!", sagte ich bestimmt und klang dabei zuversichtlicher, als ich mich fühlte.
Zusammen setzten wir uns in Bewegung und suchten. Keiner sprach es aus, aber das Bild ließ sich nicht verdrängen. Das Bild von Precious kleinem, leblosen Körper, die Augenhöhlen leer und blutend.
Als letztes gingen sie zum Strand. Alan erklärte Angela zwar, dass sich Chiroyli normalerweise ungern am Strand aufhielten, da sie nicht schwimmen konnten, es war allerdings der einzige Ort wo sie noch nicht gesucht hatten. Sie trafen dort auf Jack.
Sie suchten an jedem Stand, in jeder Gasse und siebten die Menge vor der Bühnedurch, fanden sie aber nicht. Die Verzweiflung wuchs immer weiter, presste seinHerz zusammen, verstopfte ihm die Atemwege. Er spürte Angelas besorgte Blicke,kümmerte sich aber nicht darum. Er konnte nur an seine kleine Schwester denken.An ihr fröhliches Lachen, ihre großen Augen, gefüllt mit kindlicher Bewunderungund ihre schlauen Kommentare. Es würde ihn zerstören, wenn man sie ihm nehmenwürde, er könnte das nicht überleben. Er liebte sie so sehr, dass es schon fastwieder schmerzte.
Sein Bruder war genauso panisch, wie er selbst, doch immer noch relativ klar im Kopf. Er war schon immer der nüchterne von ihnen beiden gewesen.
Sie riefen ihren Namen, suchten, bis Alan schließlich brüllte:
"PRECIOUS!"
Er schrie ihren Namen immer und immer wieder und während er schrie, baute sich seine Magie in ihm auf. Seine Herzschläge klangen langsam in seinen Ohren wieder, vibrierten durch seinen Körper. Er konnte an den erschrockenen Blicken von Angela und Jack sehen, dass sie es ebenfalls spürten. Er war kurz davor seiner Magie freien Lauf zu lassen, als Angela die Hand hob.
"Ruhe!", flüsterte sie und irgendwie konnte er sie durch das Schlagen seines Herzens und sein Brüllen hindurch hören.
Er ballte seine Fäuste und hielt seine Magie mit der letzten Beherrschung, die er hatte, fest.
Angela sah sich um, die Augenbrauen vor Konzentration zusammengezogen.
"Hört ihr das?", fragte sie immer noch flüsternd. Alan und Jack lauschten angestrengt, doch da war nichts.
Ohne auf ihre Antwort abzuwarten, ging Angela zum Meer. Sie hockte sich hin, legte ihre Hände ins Wasser und schloss die Augen. Ein paar Sekunden vergingen und Alan war kurz davor wieder die Beherrschung zu verlieren, als sie wieder aufstand.
"Da!", sagte sie, den Finger auf den Klippenabschnitt gerichtet und rannte los.
Ohne zu zögern, folgten sie ihr. Die Magie war vergessen, Alan war voll und ganz auf Angela konzentriert.
Diese rannte zielsicher an den Klippen vorbei, zu dem Teil des Strandes, an dem der Zutritt verboten war. Dieser Teil war voller kleiner Höhlen, die bei Flut alle überschwemmt wurden. Sowie jetzt.
Angela stellte sich in die trägen Wellen und starrte in die Tiefe. Direkt vor ihr in der Tiefe befanden sich besagte Höhlen. Sie drehte sich zu den Brüdern um.
"Ich bin gleich wieder da", sagte sie und sprang ins Wasser.
Alan rannte zusammen mit Jack zu der Stelle, wo sie gerade noch gestanden hatte, peinlich darauf bedacht das Wasser nicht zu berühren und spähten in die Dunkelheit. Das letzte was er von Angela sah, waren ihre Füße.
Ich tauchte immer tiefer, der Stimme hinterher. Auch der Druck, der Wassermassen machte mir nichts aus. In die unterste Höhle schwamm ich rein. Sie war eng und die Strömung arbeitete gegen mich, aber ich hatte schon immer starke Beine gehabt. Sowohl an Land als auch im Wasser, war ich schnell. Ich kämpfte gegen die Strömung an und versuchte mich an das Buch über Nymphen zu erinnern.
Dort hatte gestanden, dass Nymphen und auch Nixen Strömungen zu ihren Gunsten ändern konnten.
Ich stoppte, hielt mich an einem kleinen Steinvorsprung fest, um nicht weggewirbelt zu werden und stellte mir vor, wie die Strömung mich dorthin trug, wo ich hinwollte, ich stellte mir vor selbst die Strömung, das Wasser zu sein. Frei und ohne Hindernisse.
Langsam, aber sicher drehte sie sich und mit einem Ruck wurde ich von dem Vorsprung weggerissen und weiter in den Tunnel reingetragen.
Ich nahm mir vor später auf mich stolz zu sein, falls ich es auch tatsächlich schaffte Precious zu retten.
Um schneller zu werden, strampelte ich mit den Beinen und schließlich machte der Tunnel einen Knick nach oben und ich tauchte auf. Instinktiv schnappte ich nach Luft.
Ich befand mich in einer kleinen Höhle, in der sich eine kleine Plattform aus Stein befand auf der die kleine, verängstigte, aber unversehrte Precious saß.
Sie weinte und rief nach Hilfe, verstummte aber sofort als sie mich sah.
"Angela?", fragte sie mit bebender Stimme.
Ich zog mich an der Plattform hoch. Erleichterung durchströmte mich.
"Precious, wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht."
"Wir?"
"Ja, deine Geschwister und ich haben dich überall gesucht. Komm wir müssen zurück, damit sie sich nicht mehr sorgen."
Sie starrte mich an, die Augen weit aufgerissen. "Aber ich kann nicht ins Wasser", jammerte sie.
Ich legte ihr die Hände ans Gesicht. "Das ist schon okay, ich lasse mir was einfallen, aber du musst jetzt ganz mutig sein. In Ordnung?"
Sie straffte die Schultern und nickte, Entschlossenheit stählte ihre rotenAugen.
Alan lief am Ufer auf und ab.
Angela war inzwischen schon eine halbe Stunde lang im Meer und hätte er nicht gewusst, dass sie zum Teil ein Wesen des Wassers war, wäre er wahrscheinlich ebenfalls nervös rumgetigert. Stattdessen beobachtete er seinen Bruder dabei und versuchte nicht verrückt zu werden.
Er konzentrierte sich auf das Meer. Auf das Geräusch der Wellen durchbrochen von den Schritten im Sand, dem lauten Atem, der Bewegung in seinem Augenwinkel-
"Kannst du nicht mal stillstehen? Das macht mich fertig!", fuhr Jack seinen Bruder an.
"Nein kann ich nicht", gab Alan bissig zurück.
Jack machte mit erhobener Faust ein Schritt auf ihn zu. "Ich schwöre dir, ich bringe dich um, wenn du nicht aufhörst."
Jetzt blieb Alan stehen. Und zwar kampflustig direkt vor seinem Bruder. "Versuch's doch", knurrte er und wahrscheinlich hätte Jack es wirklich versucht, wäre Angela nicht in diesem Moment aufgetaucht.
Zusammen mit Precious.
Ein leises Ploppen war zu hören, als die Blase um Precious herum platzte und Angela sie aufs Ufer hochhievte, während sie sich selbst aus dem Wasser zog.
Alan rannte los und zog beide in eine Umarmung.
Jack hingegen blieb ein paar Meter entfernt von ihnen stehen, in seinem Herzen eine Erleichterung, die er noch nie in seinem Leben verspürt hatte.
Precious bemerkte ihren am Rand stehenden Bruder und lächelte ihn warm und entschuldigend an.
Wie ein Fallschirm breitete das Lächeln sich in ihm aus und milderte den Sturz in dem sein Herz sich befunden hatte, seit sie verschwunden war.
Nachdem Jack alle darüber benachrichtigt hatte, dass Precious gefunden worden war und ich erklärt hatte, wie ich sie gefunden und gerettet hatte, ging er mit ihr nach Hause.
Alan dagegen blieb noch bei mir.
Wir setzten uns in den Sand. Ich spürte seinen intensiven Blick auf mir, tat aber so, als würde ich nichts merken. Irgendwann hob er seine Hand und berührte eine meiner Haarsträhnen.
"Du bist überhaupt nicht nass", murmelte er gedankenverloren.
Ich schaute an mir runter. "Ich wünschte dasselbe könnte man über mein Kleid auch behaupten."
Er grinste anzüglich mit einem Blick auf das klatschnasse Kleid, dass meinen Körper in diesem Zustand etwas zu sehr betonte.
"Also ich finde, es steht dir", sagte er mit seiner tiefen Flirtstimme.
Ich schlug seine Hand weg und rückte etwas von ihm ab. "Wahr ja klar."
Er lachte, dieses schöne, einnehmende Lachen, das ihn, wenn möglich noch attraktiver machte. "Habe ich dir heute schon ein Witz geschickt?", fragte er.
"Ja. Mit dem Bizeps anzugeben ist doch echt oberarm", antwortete ich schmunzelnd bei dem Gedanken, wie ich heute Morgen vor Lachen meine Cornflakes wieder ausgespuckt hatte, als ich seine Nachricht gelesen hatte.
Er grinste zufrieden. "Stimmt, ist einer meiner Besten."
Jetzt grinste ich auch. "Ich gebe zu, er war gar nicht mal so übel."
Er beobachtete mich wieder von der Seite und diesmal erwiderte ich seinen Blick.
"Was?", fragte ich immer noch lächelnd.
Er zuckte mit den Schultern. "Hat man dir schon mal gesagt, dass du hübsch bist?"
Ich lief knallrot an. Das hatte ich jetzt nicht erwartet. "Äh, meine Mom und meine Freunde manchmal, aber ich teile ihre Meinung nicht unbedingt."
Er legte den Kopf schief. "Warum nicht?". Er sah ehrlich verwirrt aus.
Unsicher strich ich mir eine Strähne hinters Ohr, die natürlich sofort wieder nach vorne fiel.
"Ich... ich weiß nicht, ich finde ich sehe durchschnittlich aus. Wie kommst du überhaupt auf so was?"
"Na ja ich habe zufällig Augen im Kopf", antwortete er sarkastisch.
"Aha." Ich nahm ein bisschen Sand in meine Hand und ließ ihn in meine andere rieseln. Verlegenheit wärmte meine Wangen, denn schließlich wurde einem nicht alle Tage von einer überirdisch schönen, männlichen Lilifee gesagt, wie hübsch man war.
"Übrigens, danke. Ich werde nie vergessen, dass du meiner Schwester das Leben gerettet hast. Wäre die Flut noch weiter gestiegen, wäre das ihr Ende gewesen und das... ich weiß nicht was ich ohne sie gemacht hätte." Er sah mir tief in die Augen und ich konnte seine Dankbarkeit schon fast körperlich spüren.
Ich räusperte mich verlegen. "Keine Ursache", erwiderte ich lahm.
Es verging wieder etwas Zeit, in der wir dem Rauschen der tintenschwarzen Wellen lauschten, als mir etwas auffiel.
"Alan, du hast doch gesagt, dass Chiroyli kein Wasser mögen."
Er nickte.
"Aber du kommst mir nicht so vor, als würde es dir hier nicht gefallen."
Ich dachte an Alan im Mondlicht, wie er am Strand stand, die Augen geschlossen, das Gesicht in den Himmel gereckt, vollkommen entspannt.
Er zuckte mit den Schultern.
"Ich bin nun mal kein normaler Chiroyli", erwiderte er knapp und richtete sein Blick wieder auf die dunklen Wellen. Da war sie wieder diese Sehnsucht, die ich schonmal in seinen Augen gesehen hatte, als er das Meer betrachtet hatte. Ich wusste, dass er es liebte, ich wusste es, weil ich es ebenso sehr liebte. Der einzige Unterschied war nur, dass es mir nicht verwehrt blieb.
"Könnt ihr nicht einfach schwimmen lernen?", fragte ich, obwohl mir klar war, dass es höchstwahrscheinlich nicht so einfach war, sonst hätte er es schon längst getan.
"Nein, Salzwasser wirkt lähmend auf uns und wenn man gelähmt ist, kann man schlecht schwimmen", sagte er mit Bitterkeit in seiner Stimme.
"Oh", war meine geistreiche Antwort. Ich konnte mir ein Leben ohne schwimmen und tauchen genauso wenig, wie eines ohne Musik, Freunde und Familie vorstellen. Es gehörte einfach dazu. Der Geschmack von Salz auf der Zunge, das kühle Nass, das einen umgab, dieses unbeschreibliche Gefühl der Freiheit, das ich nur Unterwasser fühlte. "Vielleicht kann ich dich mal in einer Blase mitnehmen, wie Precious", überlegte ich laut.
Alan drehte den Kopf so schnell und ruckartig zu mir um, dass ich Angst hatte, er würde wegfliegen.
"Echt?" Seine Augen leuchteten intensiv in der Dunkelheit.
Ich hob beschwichtigend die Hände. "Ich müsste es erst mal üben, schließlich will ich dich ja nicht umbringen. Zumindest nicht immer", hängte ich noch ran.
Er griff nach meinen Händen und drückte sie.
"Das ist in Ordnung, ich kann dir zeigen, wie man mit Magie umgeht." Seine Stimme überschlug sich fast vor Begeisterung.
Ich lächelte unsicher und nickte.
Er stand energisch auf und zog mich in einer fließenden Bewegung mühelos mit. "Gut ab jetzt jeden Tag nach der Schule hier am Strand zum Training, schreib mir dann einfach, wenn du aus hast. Abgemacht?" Er hielt mir erwartungsvoll lächelnd die Hand hin.
"Abgemacht!", sagte ich und schlug ein.
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