Rain [2]

Der Regen kam und die Magie versiegte.
Es begann stets gleich. Selbst die Wissenschaft konnte keine Erklärung abgeben, dass ganz normaler Regen die Magie in ihren Körper schwinden ließ.
Man munkelte, aufgrund der Wolken, drang kein Mond- oder Sonnenlicht zur Erde. Denn diese zwei Elemente waren die Quellen ihrer Macht. Vor Jahrtausenden fand ein Tropfen Sonnenlicht seinen Weg auf ihren Planeten, durchzog das Erdinnere wie Wurzeln, bis, Tage später, aus purem Zufall, ein Tropfen Mondlicht ebenfalls auf die Erdoberfläche schlug, sich begann durch das Innere zu graben, um letztlich mit dem Sonnenlicht zu kollidieren. Die Explosion, welche darausfolgte, war verherrend, jedoch nicht im negativen Sinne.
Menschen wandelten sich im Laufe der Jahrhunderte, sodass sie mittlerweile nur noch eine geringen Anteil der Weltbevölkerung ausmachten. Es entstanden Wesen mit den unterschiedlichsten Ausprägungen. Von schwarzen, wie weißen Flügeln zu Hörnern, zugespitzten Ohren oder scharfkantigen Zähnen. Man unterteilte hierbei in Wesen der Nacht, welche sich aus dem Tropfen des Mondlichts gebildet hatten und den Wesen des Lichts, deren Ursprung durch das Sonnenlicht entstand.
Er schaute zum Nachthimmel hinauf. Die grauschwarzen Wolken spannten sich über Seoul, wie ein schmutziges Leichentuch. Als wüssten sie, wer er war und was er niemals sein würde. Er seufzte und blickte aus dem Wagen, zu dem Ort, an welchem er gleich seinen neuen Dienst antreten würde. Ein Gedanke säuselte in seinem Hinterkopf, während seine Augen in die Dunkelheit starrten. Mit der Magie kamen auch die Monster, die er jagte.
Lee Felix hatte keine Angst vor dem Weltuntergang. Dieser würde auch den Abschaum, welchen er tagein, tagaus jagte vom Antlitz dieser Erde fegen. Ein Weltuntergang kam jeden Tag, tausendfach. Wann immer eine Bestie tötete, tilgte er eine Welt von diesem Planeten. Der Tod kam für alle, irgendwann, aber, wie er kam, entzog sich der Kontrolle.
Und daran würde er etwas ändern.
Die flackernden Blaulichter der Streifenwagen tanzten durch die beschlagende Fensterscheibe des Taxis, in welchem er saß. Er versuchte angestrengt, durch die zuckenden Reflexionen in das dunkle Innere des Gebäudes, das vor ihm aufragte, zu spähen. Am Rande seines Bewusstseins regte sich ein irrationales, aber überwältigend starkes Gefühl des Grauens. Erklären konnte er es nicht. Er wusste nur, das hier war viel schlimmer. Vielleicht war es der Instinkt eines Polizisten, vielleicht auch seine eigene Intuition oder die Tatsache, dass dutzende Blaulichter wie Fackeln durch die Nacht flammten. Er wusste jedenfalls, dass hier etwas nicht stimmte, ganz und gar nicht.
Er straffte die Schultern, glitt aus dem Sitz und bezahlte den Fahrer. Kaum, dass er die Straße überquert hatte, war er bis auf die Knochen durchnässt. Wieder drang ein Seufzen durch seine Kehle, als er an seine Heimat dachte, welche keineswegs von solch regenverhangenden Tagen heimgesucht wurde. Er vermisste die australische Sonne jetzt schon. Und er verfluchte sich für das Angebot, das er angenommen hatte.
Er schlängelte sich unter dem Absperrband hindurch, an den Polizisten vorbei und hinein in das Gebäude, wo das Grauen auf ihn wartete.

Erwartungsvoll starrte der Fae zum Flur, aus welchem die Aussage des Polizisten drang. Einen Wimpernschlag später trat jemand hinein, der nicht den Anschein hatte, als gehöre er hierher. Kurz wechselte er einen Blick mit Chan, der ebenfalls nicht wusste, was das Auftreten des Mannes bedeutete.
Soll das ein Scherz sein?
Bedrohlich baute sich der Schwarzhaarige vor dem Neuankömmling auf, dessen Haar aufgrund des Regens völlig durchnässt war. Die Sommersprossen in seinem Gesicht erinnerten den Fae an Sternschnuppen. Obgleich er kaum größer war als er selbst, wirkte der Mann dennoch wie eine stattliche und unverwüstliche Erscheinung. Er besaß dichtes, blondes Haar, welche sich im Nacken kräuselten und ihm über die dunklen Augenbrauen fielen. Er hatte hohe Wangenknochen und seine Nase war ungewöhnlich gerade, denn die meisten in ihrem Milieu erlitten mindesten einen Bruch bei irgendwelchen Kämpfen. Die Lippen eindrucksvoll geformt, erweckten in Changbin ein Gefühl von Wärme.
Sein Gegenüber war keineswegs unattraktiv, viel mehr verspürte der Detective das Verlangen ihm alles zu erzählen, bis in seinem Kopf ein seltsames Kreischen begann und seine Augen sich vor Verblüffung weiteten. Und er hasste es.
Er räusperte sich und knurrte.
"Unbefugte haben hier keinen Zutritt."
Der Blonde blickte an ihm vorbei zu seinem Team, wo noch immer drei Leute fehlten. Dann sah er ihm direkt in die Augen. Innerlich zuckte Changbin zusammen. Nach außen hin versuchte er weiterhin bedrohlich zu wirken, obwohl er wusste, dass es nicht funktionierte.
"Ich bin Lee Felix, der Neue aus Australien. Ich dachte, Director Kim hätte Ihnen Bescheid gesagt, dass ich komme. Seiner Meinung nach, ist es an der Zeit, dass Team wieder zu vervollständigen."
Changbins Auge begann zu zucken und er ballte die Hände zu Fäusten. Er wusste, dass sein Gesicht wutentbrannt war. Er konnte es an der Mimik seines Teams erkennen. Magie übernahm die Oberhand im Zimmer. Jegliches Licht erlosch in seinem Tun, stand still, als würde jemand einen Schalter betätigen.
Und dann stürmte der Fae aus dem Raum.
"Wohin willst du?", hörte er Chan rufen.
Er drehte sich nicht um, sondern knurrte nur gepresst:
"Ich mache einen Bootsausflug."

Peinliche Stille durchströmte den Raum, was unheimlicher war, als die Leiche zu ihren Füßen. Ein Husten zerrte Felix wieder zurück in die Realität und er blickte zu dem Ausgangspunkt des Geräusches.
"Ähm, ja, das ist ja gut gelaufen. Ich bin im übrigen Bang Chan", stellte sich ein breitschultriger Dämon vor, dessen Schwingen den Blonden faszinierten. Er streckte ihm der Höflichkeit halber die Hand entgegen.
"Die Sirene links neben mir ist Hwang Hyunjin und der Wolf zu meiner Rechten ist Lee Minho."
Beide nickten ihm distanziert zu, was er ihnen nicht verübelte, schließlich platzte er einfach so in Ihren Tatort herein, ohne sich vorher anzukündigen. Scheinbar hatte der Direktor dieser Sonderheit ebenfalls vergessen diese Informationen weiterzuleiten. Nichtsdestotrotz änderte dies nichts an der Tatsache, dass hier ein Mord verübt wurde. Er starrte an den Dreien vorbei und merkte, wie der altbekannte süßliche Geruch der Verwesung mit dem kupferartige Gestank des Blutes tanzte und in seine Nase strömte.
Er hatte Leichen in allen möglichen Zuständen gesehen. Er wusste, wie furchtbar die verschiedenen Stadien der Verwesung rochen, und konnte sie sogar unterscheiden. Felix hatte Leichen vorgefunden, die bis auf die Knochen verbrannt waren, oder nach Wochen unter Wasser nur noch aus suppigem Schleim bestanden. Keiner dieser Anblicke war angenehm, dennoch gehörte es zu seiner Arbeit und er dachte, er hatte sich daran gewöhnt.
Doch so etwas erlebte er zum ersten Mal. Den ekelig süßen, an verdorbenen Käse erinnernden Gestank des verwesten Fleisches konnte man beinahe greifen. Er schien destilliert und konzentriert worden zu sein und drang mit einer Brutalität in seine Nasenflügel, dass er glaubte, Tränen zu spüren. Er schluckte und betrachtete das Ausmaß, dessen, was sich ihm bot. Von ihrem Körper war nichts mehr übrig. Ihr Skelett musste vollständig in seiner Erhabenheit ausgelöscht wurden sein. Es war, so grotesk es auch klang, ein Kunstwerk all das Blut aufzufangen und im Raum zu verteilen. Ihre Blässe konnte nur dadurch herrühren. Sie war blutleer. Ein Stück weißes Pergament, dessen Oberfläche niemals eine Tropfen Tinte sah. Die Fenster zu ihrer Seele, ihre Augen, schwammen in einem trüben Meer aus Dunkelheit und der schwärzesten Nacht, die es jemals geben würde. Felix wandte sich ab und starrte durch den Raum. Sein Blick heftete sich auf den Schminktisch der Toten.
Mit Blut an dem Spiegel geschrieben, stand:

In einem Wald in Schottland
steht ein kleines, altes Haus.
Drin wohnen keine Menschen mehr,
nur der Wind heult mit Gebraus.
Die Fensterscheiben fehlen,
und am Abend kann man sehn,
wie runde, grüne Augen
in dem Haus spazieren gehen.

Die Anwesenden folgten seinem Finger und staunten fasziniert über diese Entdeckung, als hätten sie gerade das Automobil erfunden.
"Welche Sprache ist das?", murmelte Chan und machte ein paar Schritte auf das blutige Botschaft zu.
Felix trat ebenfalls näher und betrachtete das heruntergeronnene Blut.
Es war wie damals.
Wie bei seinem ersten Fall.
Mit einem Mal fühlte er sich an jenen Ort zurückversetzt, wo die Dunkelheit seine Seele gefressen hatte. Galle begrüßte ihn in seiner Speiseröhre, doch er drängte sie zurück. Den drei Wesen musste die Veränderung an seinem Geruch aufgefallen sein. Angst breitete sich in ihm aus, schien jede Zelle in seinem Körper zum Brennen zu bringen. Der Schweiß in seinem Nacken bildete einen Wasserfall, dessen Weg sich seinen Rücken hinunterbahnte.
Er wusste, was dies bedeutete.
"Es ist ein Kinderlied", flüsterte er und streckte sich zu seiner vollen Größe auf, um sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn diese Entdeckung zu schaffen machte.
Der erste Tag und er benahm sich wie ein Kind.
"Woher weißt du das?", wollte Minho wissen und verschränkte die Arme vor der Brust. Innerlich verdrehte der Blonde die Augen. Werwölfe. Stets mussten sie ihr Misstrauen zur Schau stellen.
"Weil ich diesen Mörder schon seit langer Zeit jage."

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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!
Das zweite Kapitel ist da und Felix somit auch! Was haltet Ihr von Changbins Reaktion? Von Felix' kurzen Gefühlsausbruch, nachdem er das Kinderlied gesehen hatte?

Im übrigen wollte ich einmal Bescheid sagen, dass ich Jetzt jeden Sonntag und Mittwoch updaten werde. Leider schaffe ich es nicht den zwei Tages Rhytmus einzuhalten wie bei meinen anderen Werken.
Ich hoffe, Ihr bleibt dennoch dabei!

Lee Felix

Seo Changbin

Lee Minho

Bang Chan

Oben sieht man Hyunjin

Feel free to comment!

Erin🌸

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