22. Kapitel - Hintergangen
"Warum sind wir diejenigen?", fragte ich.
"Ich vermute, dass ihr die direkten Nachkommen von Delaja, Nafi, Tara und Yuki seid. Die Nachkommin von Aurelia kennen wir nicht."
"Warum bist du so sicher, dass es eine Nachkommin ist?" , fragte Josh Julie.
"Aurelia war weiblich."
"Delaja war weiblich... Daher musste ich auch weiblich sein?", fragte ich.
"Ja. Die Erben der Göttin werden immer nur an Weibliche oder Männliche Nachkommen vererbt. Bei Feen, Hexen und Werwölfen an weibliche und bei Gestaltwandler und Vampiren an männliche."
"Ich bitte euch, mir eure Stammbäume zu geben. So weit, wie ihr sie kennt", sagte Luca. "Alles, was tiefer ins Detail gehen muss, werde ich bei der Regierung nachlesen. Ich habe einen Freund, der bei der Registrierung arbeitet. Er hat Zugang zu allen alten Akten."
"Wir gehen davon aus, dass Jack ebenfalls von der Prophezeiung weiß. Die Regierung hat sie als Original und Jack hat viele Leute in der Regierung. Ihr werdet bald Gesprächsthema Nummer eins sein. Die Macht der Elemente müsst ihr trainieren. Zo, es tut mir leid, aber du musst auch noch mehr trainieren um deine Steine zu bekommen. Ich werde dich von manchen Schulstunden befreien und wir üben dann mit deinen Freunden."
"Okay", ich hoffte, dass Politik eins der Fächer war, von denen ich befreit werden würde.
"Es gab noch nie Übernatürliche, die die Elemente beherrschen konnten... ihr müsst selbst herausfinden, wie ihr das schafft. Luca und ich können dabei nicht helfen."
Völlig irritiert stand ich draußen. Sky war mir Will was essen gegangen. Die beiden nahmen die Sache noch nicht wirklich ernst. Ich hingegen hatte Panik. Ich hatte keine Ahnung, wieso ausgerechnet ich diese blöde Gabe haben musste. Ich wollte nicht diejenige sein, die über Krieg und Frieden und Sieg und Niederlage entscheidend war. Nicht mal meine jetzigen Fähigkeiten hatte ich unter Kontrolle und jetzt sollte ich auch noch Feuer beherrschen. Das schlimmste war allerdings, dass es hieß, dass einer sterben müsse.
"Wollen wir zum Fluss?", Josh hatte sich neben mich gestellt und sah mich fürsorglich an.
"Gerne. Ich muss nachdenken."
"Ich auch", stimmte Josh mir zu und wir rannten, so schnell ich konnte, zum Fluss. "Du bist schneller geworden", sagte Josh. Wir hatten den Fluss und unsere Lieblingsstelle erreicht und ließen uns ins Gras nieder. Es war der letzte Tag im August. Die Sonne war bereits hoch am Himmel und die Vögel zwitscherten laut. Ein angenehmer Wind machte die Texanische Hitze etwas erträglicher.
"Was denkst du?", fragte ich Josh.
"Ich weiß nicht, warum wir ausgewählt wurden. Aber das finden wir noch heraus."
"Ich will nicht wieder anders sein."
"Du bist anders, weil jeder anders ist. Und das ist gut so", sagte Josh. "Denn du bist wunderbar und besonders."
"Am Ende ist die Prophezeiung doch nur Schwachsinn und wir machen uns alle verrückt."
"Ich glaube nicht, dass sie als Schwachsinn bezeichnet werden sollte, Zo. Luca und Julie schienen besorgt zu sein."
"Es soll aber keiner sterben! Niemand soll sterben, aber erst recht keiner von uns. Keiner von meinen Freunden."
"Ich werde nicht zulassen, dass jemand stirbt", sagte Josh und ich wusste, dass er es ernst meinte. Im nächsten Moment spürte ich meine Lippen auf den seinen.
"Ich - Josh es tut mir leid. Ich hätte das nicht tun sollen. Ich bin verwirrt und habe Angst. Es tut mir leid", entschuldigte ich mich und sah beschämt zu Boden. Warum hatte ich ihn geküsst? Was war nur los mit mir?
"Zo", er hob mein Kinn hoch und sah mir in die Augen, "ich warte solange, wie es nötig ist."
"Ich glaube ich sollte gehen", murmelte ich und stand auf. Ich wusste, dass er mir hinterher sah und ich wusste auch, dass ich noch gerne geblieben wäre. Ich fühlte mich wohl bei Josh. Geborgen und auch geliebt. Ich war jemand, der alles kompliziert machte. Jemand, der oft verarscht und hintergangen wurde. Ich war jemand, der nicht schnell vertraute.
Meine Einstellung zum Vertrauen bestätigte sich am nächsten Abend. Es war eine Tradition bei dem Schülern am ersten Sonntag im September ein kleines Fest am Fluss zu feiern. Den genauen Sinn hatte ich nicht verstanden und meine Freunde konnten ihn mir auch nicht genau erklären. Sie wussten ihn selbst nicht genau. Es wurde gegrillt und wir aßen S'Mores am Lagerfeuer. Will und Sky saßen nebeneinander und redeten über die Schule. Mya und ich hatten uns neben sie gesetzt und Ally saß zusammen mit Eric auf der Bank neben uns. Isaac und Liam, der sich seit Freitag sehr zurück gezogen hatte, saßen gegenüber von Mya, Sky, Will und mir. Auch Josh saß bei Isaac und Liam. Summer saß mit Sidney und Sophie auf der anderen Bank neben uns. Die anderen Schüler waren im Fluss schwimmen.
Mein Handy vibrierte. Josh hatte mir geschrieben. Es war ein Wirbelsturm und eine Weltkugel. Ich antworte mit einem lachenden Smiley, denn ich hatte verstanden, was er mir damit sagen wollte. Sky und Will unterhielten sich immer noch, hatten allerdings das Thema gewechselt.
"Gehen wir in den Fluss?", fragte Mya mich und ich nickte. Wir standen gerade auf, als eine rothaarige an uns vorbei stürmte, sich auf Josh schmiss und ihn küsste. Ich wurde wütend und war verletzt. Ich war nicht mit Josh zusammen und er war mir keine Erklärung schuldig, aber es tat trotzdem weh. Isaac war sofort neben mir und führte mich weg vom Lagerfeuer. Wir rannten durch den Wald, bis ich nach Luft schnappend stehen blieb.
"Er ist so ein Arsch", sagte ich außer Atem.
"Ich glaube, dass er selbst überrascht war."
"Das sah nicht so aus", vor meinem geistigen Auge sah ich, wie Josh seine Hand an Abigail's Wange legte.
"Zo..."
"Es sollte mir auch eigentlich egal sein. Es ist sein Leben und wir sind nicht zusammen", ich lachte auf, "wir haben uns ja gestern nur geküsst und er meinte, dass er auf mich warten würde."
"Zo, ich glaube, dass er es mit dir ernst meint."
"Isaac, das glaubst du nicht wirklich. Wenn er es ernst meinen würde, dann hätte er den Kuss von Abigail nicht erwidert."
"Du hast so schnell weggeschaut, dass du gar nicht weißt, was er getan hat und was nicht."
"Er wird nicht auf mich warten. Er wird gar nicht warten müssen, weil ich ihm nie wieder eine Chance geben werde."
"Zo, es ist normal, dass Vampire gezwungen werden einen anderen Vampir zu heiraten. Nicht aus Liebe. Es ist, damit wir reinblütig bleiben. Wölfe tun dasselbe."
"Also willst du mir gerade sagen, dass Josh mich generell nicht heiraten dürfte aufgrund von Tradition? Gut! Dann soll er schön seine Abigail heiraten."
"So meinte ich es nicht. Josh's Eltern sind zwar auf Jack's Seite, aber sie möchten das beste für Josh."
"Das beste für einen Vampir wäre ja wohl eine Hochzeit mit einem anderen Vampir."
"Normalerweise. Aber Josh wollte nie..."
"Mir ist egal was er nie wollte oder was er wollte oder immer noch will oder nicht will!"
"Zo, du liebst ihn."
"Sag du mir nicht, was ich fühle, Isaac Lee!", schrie ich wütend und warf einen Ast nach ihm. Er fing ihn geschickt und sah mich verwirrt an.
"Ich sage nicht, was du fühlen sollst. Ich sage, was du fühlst. Nur du willst es nicht fühlen!"
"Genau! Ich wurde so oft hintergangen. Kevin hat mich betrogen und ich brauche das ganze nicht nochmal! Joshua kann schön bei seiner Abigail bleiben!"
"Zoey jetzt hör mir doch mal zu! Er liebt Abigail nicht. Er hat sie noch nie geliebt sonst wären die beiden schon längst zusammen, okay!"
"Kümmer dich um dein eigenes Leben, Isaac!"
"Dein Leben ist mir aber auch wichtig! Du bist meine Freundin und Freunde sind füreinander da."
"Freunde können nicht alles retten. Ich geh schlafen..."
In der Hütte warteten bereits Sky, Mya und Ally.
"Ich will nicht darüber reden", sagte ich sofort und lief in mein Zimmer.
"Er wollte dir folgen", rief Sky aus dem Wohnzimmer.
"Aber Liam hat ihm gesagt er soll hier bleiben. Er wusste, dass du ihn nicht sehen möchtest", fügte Ally hinzu.
"Zudem hat er Abigail gesagt, dass er nichts für sie empfindet...", ich setzte meine Kopfhörer auf und hörte Mya nicht mehr zu. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu Josh und ich versuchte mich auf den Lyrics zu konzentrieren.
A lonely speaker in a conversation
Her words are swimming through his ears again
There's nothing wrong with just a taste of what you've paid for.
Ich legte mich hin und schlief ein.
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1. Wie hat dir das Kapitel gefallen?
2. Was hat dir nicht gefallen / besonders gut gefallen?
3. Welche Serie aus deiner Kindheit vermisst du?
Allzu großes Mißtrauen ist ebenso schädlich wie allzu großes Vertrauen. Wer das Risiko, hintergangen zu werden, nicht auf sich nehmen will, wird es im Leben nicht allzu weit bringen. - Luc de Clapiers Vauvenargues
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