𝑍𝑒ℎ𝑛𝑡𝑒𝑠 𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: sᴄʜʟᴀғ ᴍɪᴛ ᴍɪʀ, ᴊᴇᴛᴢᴛ!
Ich habe Niall lange unschlüssig hinterher gesehen, dann bin ich erst einmal duschen gegangen.
Das mit dem Essen ist grundsätzlich eine gute Idee, denn nicht nur wegen des Trainings, sondern auch sonst bin ich Louis etwas schuldig. Und nach dem Sport bin ich auch selber ziemlich hungrig.
Deshalb stehe ich jetzt mit meiner großen Edelstahldose vor seinem Apartment, also eigentlich Liam's Apartment. Ich wusste nicht, was Louis am liebsten mag, deshalb hab ich einfach das genommen, was ich am leckersten finde. Es ist heiß, es ist frittiert und es ist scharf. Das sind für mich die drei wichtigsten Kriterien, wenn es um Essen geht.
Aber nun, wo ich vor dem keinen Vorhängeschloss stehe, überkommen mich Zweifel, ob diese Idee wirklich so gut war. Vielleicht hat Louis auch schon gegessen. Außerdem ist es Samstagabend, vielleicht ist er gar nicht da! Vielleicht ist er da, hat aber Besuch. Oder er will einfach niemanden sehen und am wenigsten mich! Ich hab ihm schließlich gestern in sein Shirt geheult. So langsam müsste ich mal eine Entscheidung treffen, ob ich klingele, oder verschwinde. Am besten solange das Essen noch heiß ist. Einfach das tun, wo vor du Angst hast, Harry!
Vorsichtig drücke ich gegen die Tür. Sie öffnet sich ein kleines Stück und durch die Lücke, die wegen des Vorhängeschlosses entsteht sehe ich einen Spalt blauen Lichts. Ich höre eine dramatische Melodie, die wie das Intro eines Computerspiels klingt. Die letzten Töne verhallen gerade, die raue Stimme des Sängers verstummt und die Trommeln werden langsamer. Es kommt mir bekannt vor... Wahrscheinlich ist es aber einfach irgendeins dieser bekannten PlayStation Games, die jeder spielt.
Ich reiße mich zusammen, drücke endlich auf die Klingel und... nichts passiert!
Déjà-vu!
Aber beim ersten mal, als ich bei Louis geklingelt habe, war er nicht da und ich war vollkommen fertig mit den Nerven. Heute geht es mir 100% besser. Das Training hat mich so erledigt, dass ich sicher bin, nachher ohne zu grübeln, einschlafen zu können. Und obwohl ich körperlich geschwächt bin, fühle ich mich mental gestärkt, auch wenn sich das komisch anhört.
Statt noch mal zu klingeln, klopfe ich kräftig an die Tür und der Sound im Wohnzimmer verstummt. Ich sehe durch die Tür Louis' Schatten an die Tür treten und mein Puls legt schlagartig einen Sprint ein.
Der Riegel wird zur Seite geschoben.
„Hey!", sage ich und halte die Dose vor mich wie einen Schutzschild. Mir ist bisher gar nicht aufgefallen, dass Louis' Haare so lang sind, aber jetzt, wo er sich nach unten beugt, fallen sie ihm bis über die Brauen. Macht er das mit Absicht, damit ich ihm nicht direkt in die Augen gucken kann? Sonst hat er die Haare immer zurückgestrichen. In seinem Kiefer bewegt sich ein Muskel, auf den ich mich konzentriere, während ich nach Worten suche.
„Ich war heute Nachmittag bei Niall!" Ich kann nicht erkennen, ob ihn das überrascht.
„Und? Hat es Spaß gemacht?"
„Es war... anstrengend! Und ja, es hat total Spaß gemacht! Niall ist ein toller Typ!"
Er nickt. „Ich bin leider nur noch zwei mal die Woche bei ihm. Er ist ein absolutes Arschloch im Ring, aber trotzdem ein ziemlich guter Freund!"„Ich glaube ich weiß was du meinst! Aber... zweimal die Woche? Verstößt das nicht gegen die Regeln des Clubs?"
Oh mein Gott, Harry! Bist du die Regelpolizei oder was?
Louis nickt wieder. „Genau genommen verstoße ich sogar damit gegen Regel eins bis drei!" Sein Mundwinkel hebt sich nach oben. „Aber mein Fußballtraining geht vor!" Er schiebt beide Hände in die Hosentaschen und lehnt sich in den Türrahmen. „Ich hab mir schon gedacht, dass Niall's Club was für dich ist!"
Am liebsten würde ich ihn fragen, warum, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich die Antwort darauf hören will. Deshalb verkneife ich es mir.
„Ich wollte eigentlich nur Danke für...- also..., ich ähm-"
Er nimmt eine Hand aus der Tasche und zieht die Tür weiter auf. „Willst du reinkommen?"
„Wenn ich dich nicht störe?"
Selbst in meinem Kopf klingt das wie eine schüchterne Frage und nicht nach einer Höflichkeitsformel. Verdammt! Der neue Harry, der sich Dingen stellt, die er fürchtet, würde nicht so klingen!
Ich räuspere mich. „Gern!"
„Ich hab eben die PlayStation angemacht. Aber wenn du Lust hast, können wir auch einen Film sehen!"
„Das hört sich gut an! Ich komme gerade von Wingsmans und habe etwas zu essen mitgebracht!"
Ich halte die Dose hoch.
„Okay, woher wusstest du, dass ich am verhungern bin? Und noch viel wichtiger: woher wusstest du, dass ich Wingsmans Essen liebe?"„Niall hat es erwähnt!"
Er nimmt mit die Dose ab und klappt den Deckel gerade breit genug auf um daran zu riechen. Ich sehe, wie sich sein Brustkorb hebt, als er langsam einatmet. Will er etwa raten was drin ist?
In der nächsten Sekunde schnellt sein Kopf wieder hoch.
„Du hast Wingsmans Buffulo Wings mitgebracht! Fuck!" Seine Stimme pendelt irgendwo zwischen geschockt und ehrfürchtig hin und her und ich habe keine Ahnung wie ich das einordnen soll. Offenbar kennt er die Speisekarte aus diesem Laden auswendig.
„Ist das ein gutes Fuck, oder ein schlechtes Fuck?"
Er sieht auf die Dose in seinen Händen hinab und leckt sich unwillkürlich über die Lippen. „Ein verdammt gutes Fuck! Du kannst es nicht wissen, aber Chicken Wings und ich..." Seine Hand macht eine seltsam kreisende Bewegung. „Wir... haben sowas wie eine intime Beziehung miteinander! Wir reden nicht darüber, aber es ist klar, dass jede Bewegung zwischen uns sehr sehr sexy und leidenschaftlich verläuft!"
Da ist er wieder, dieser Tonfall. Die meisten müssen davor im Studio ein mhm ist das lecker murmeln, doch bei Louis passiert das ganz beiläufig und das verursacht mir eine Gänsehaut.
Als er nun auch noch zärtlich mit der Hand über den Deckel streichelt schlucke ich.
„Okayyy!", sage ich gedehnt. „Soll ich dich und die Chicken Wings dann mal lieber alleine lassen?"
Er schnaubt, hält wortlos die Tür weiter auf und schließt hinter mir den Riegel mit einer Hand, bevor wir ins Wohnzimmer gehen.
„Also, Film gucken, oder spielen? Ich hab mir ein neues Game geholt! Es geht dadrin um eine Dämonen-Apokalypse. Also wenn du Bock auf einen Kampf gegen Hexenmeister und Dämonen hast, können wir noch einmal von vorne starten und uns bei den Missionen abwechseln. Im Storymodus gibt es leider keinen Multiplayer! Und außerdem soll es gay sein!"
Er stellt das Essen auf Liam's kleinen Tisch ab und schnappt sich den Controller.
„Bin sowieso erst bei der vierten Mission!"
Oh, heilige Scheisse! Vom Bildschirm flackert mir der Untertitel des Kapitels entgegen, der gerade dabei war zu verblassen, als Louis pausiert hat. Pandemonium, Hauptstadt der Hölle. Ich weiß sofort welches Spiel Louis spielt, weil ich die meisten Szenen aus diesem Game genauso gut kenne, wie mein eigenes Tagebuch. Nicht nur die Szenen, ich kenne sogar jeden Satz! Vor allem jeden Satz aus der vierten Mission, die Louis als nächstes spielen wird. Die Mission, wo ein attraktiver Dämonenjäger auftaucht, an derem Seite der Spielercharakter einen harten Kampf führen wird und der am Ende des Spiels stirbt. Mein Gesicht läuft schlagartig rot an.
Louis lässt sich auf das Sofa fallen. „Bisher finde ich DV nicht schlecht. Vor allem die Grafik ist genial, aber es hat definitiv noch Steigerungspotenzial!" „DV, dass steht für-"
„Devouring World!", beende ich seinen Satz. „Du kennst es? Ich hätte gedacht, du interessierst genauso wenig für Games wie Liam!"
Ich zucke mit den Schultern, weil ich meiner Stimme gerade nicht traue. Das ist mein verdammtes Spiel! Mein Spiel. Mit meiner Stimme. Oh mein Gott, dass ist einfach nur schräg!
Louis zieht die Dose mit Essen auf seinen Schoß und legt den Deckel auf den Tisch ab. Seine Finger schweben über dem Berg Fleisch, dann fischt er sich den ersten Chicken Wing heraus und stößt ein Seufzen aus, bevor er mir die Dose hinhält. „Wir essen und danach suchen wir in Ruhe einen Film aus!"
Mein Magen knurrt und ich greife zu.
"Ich glaube ich kann mich heute auf sowieso nichts mehr konzentrieren. Ich bin vom Training so fertig. Meine Muskel zittern nur noch!" Zum Beweis hebe ich die Hand mit dem Hänchenflügel hoch und...jap sie zittert.
„Das wird besser wenn du was im Bauch hast. Geht mir nach dem Training auch immer so!"
„Du kannst ruhig weiter Devouring World spielen!", höre ich mich sagen. „Ich gucke einfach zu!"Wieso mach ich das? Wieso bitte ich ihn nicht einfach irgendeine langweilige Netflixserie anzuschmeißen? Irgendwas zum Hirn ausschalten. Warum will ich unbedingt, dass er weiter spielt? Weil ich wissen will, ob er meine Stimme erkennt. Und wenn ja, wie er darauf reagiert. Das war ein tolles Projekt und ich bin echt stolz auf meine Arbeit, aber das allein ist es nicht. Ich hoffe, dass er meine Stimme mag. Der Charakter, den ich spreche hat in der vierten Mission seinen ersten Auftritt. Er ist eine Asmodier, ein Halbdämone. Er trägt eine aufwendig verzierte schwarze Lederkluft, hat langes weißes Haar und ist kämpferisch und stark. Er hat ganz viel, was ich nicht habe, aber es ist meine Stimme. Ich will unbedingt, dass sie ihm gefällt.Obwohl meine Glieder inzwischen bleischwer sind und ich kaum noch fähig auch nur einen Arm zu heben, läuft mein Kopf auf Hochtouren. Es liegt an Louis und daran, dass er kurz davor ist mich in einem Spiel zu treffen. Das ist so verrückt!„Hast du gar kein Hunger?", fragt Louis und legt den fünften, abgeknabberten Knochen auf den Deckel der Dose ab. „Du ist ja gar nichts!"„Doch!", sage ich schnell und beiße ein Stück Fleisch ab. Ich bin immer noch bei meinem ersten, obwohl sie wirklich lecker sind und genauso wie ich es am liebsten mag: knusprig, fettig, scharf gewürzt und mit einem Hauch süße. Ich kann verstehen, warum Louis dieses Restaurant liebt.
In der zeit, in der ich meinen zweiten Hänchenknochen abnage, verputzt Louis fünf weitere. Ich sehe ihm gerne beim essen zu. Ich schätze, dass ist ziemlich komisch, aber verdammt, irgendwie ist es schön zuzusehen, wie er auch das letzte bisschen Fleisch abknabbern und dabei genießerisch die Augen schließt. Meine Mum hat immer gesagt, sie muss wissen wie ein Mann isst, um zu entscheiden, ob sie mit ihm zusammensein kann. Bei Gott, ich fange langsam an, sie zu verstehen!
Um Louis nicht länger anzustarren, lass eich den Hänchenknochen auf den Deckel fallen und stehe auf, um mir im Bad die Hände zu waschen. Als ich zurück komme stehen zwei volle Wassergläser auf dem Tisch. Er kann nicht wissen, wie viel Überwindung es mich kostet, von jemand anderem etwas zutrinken anzunehmen, aber es ist Louis. Und inzwischen... ich vertraue ihm!
Ich nehme einen Schluck und bin erleichtert, dass es nur Wasser ist. Louis ist anscheinend auch mit dem essen fertig, denn kaum habe ich mich gesetzt, schnappt er sich den Controller, um das Spiel erneut zu starten. Er skipt das Intro zurück, um es mir zu zeigen, und die bekannte Melodie kommt aus den Boxen. Der Song ist von einer Pop-Rock-Band aus Sydney. Die Trommeln, die das Intro einleiten und immer drängender werden, stimmen wirklich fantastisch auf die Atmosphäre im Spiel ein.
„Devouring World since the moment of birth, i am here to burn the demons and hags in embers and smoke. Watch me. I'll go to my own sun and when I'm burned by its fire, I'll fly on scorched wings."
„Willst du wirklich nicht mitspielen?" Louis wirft mir einen Blick zu. „Ist doch langweilig, wenn du nur zuguckst!"
„Ich bin wirklich zu müde dafür!" Um meine Worte zu unterstreichen schlüpfe ich aus meinen Schuhen, ziehe die Beine aufs Sofa und tue so, als würde ich ihr es auf der Couch gemütlich machen. Aber in Wahrheit warte ich nur darauf, dass es endlich losgeht.
Louis startet die neue Mission und bekommt erste Anweisungen. Er soll in einer dunkeln Gasse auf eine Art Jäger treffen, der eine neue Waffe für ihn mitbringt und er hat keine Ahnung, dass es ich sein werde. Außerdem muss er sich vor den Hexen und Dämonen in acht nehmen, die überall auf ihn lauern. Und mit jeder Mission die er übersteht steigert sich sein Wissen und ermöglicht es ihm sie früher zu erkennen. Ich weiß, dass sich gleich ein kleines, ziemlich niedlich aussehendes Mädchen von ihm retten lassen wird und danach versuchen wird ihm die Kehle durchzubeißen. Ich könnte ihm einen Tipp geben, aber damit würde ich zugeben, dass Spiel schon zu kennen. Also presse ich die Lippen zusammen.
Louis Smartphone liegt auf dem Tisch und leuchtet permanent auf, weil er eine Nachricht nach der anderen bekommt. An seiner Stelle würde mich das wahnsinnig machen, aber er ist offenbar daran gewöhnt. Da ich Instagram meide, habe ich mir auch seinen Account für eine längere zeit nicht mehr angesehen, aber vielleicht sollte ich das. Ich würde wirklich gerne wissen, was er in den letzten Tagen gepostet hat. Ob er seinen Followern erzählt hat, dass er für ein paar Tage in einem anderen Apartment wohnt? Ob er auch den Grund dafür genannt hat? Vielleicht hat er von dem Freund seines Bruders geschrieben, wegen dem er die Tür eintreten musste. Oder, dass er einem Mann den Kopf rasiert hat. Bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um. Nein, ich will es doch nicht wissen! Ganz bestimmt nicht!
Ich schaue einfach weiter auf den Bildschirm. Louis Spielercharakter heißt Ryan und er hat gerade seinen monströsen SUV verlassen und ein paar Hexen mit einem Flammenwerfer umgebracht. Nun huscht Ryan geduckt durch eine Gasse um ein heruntergekommenes Gebäude durch die Hintertür zu betreten. Im Hintergrund hört man die unabdingbaren weit entfernten Polizeisirenen und ein Hundebellen. Ich habe schon bei den Aufnahmen deshalb die Augen verdreht. Ryan hält eine Pistole in der rechten Hand und ich wünschte er rüde die Knarre ins Halfter stecken und stattdessen das verdammte Schwert von seinem Rücken nehmen. Ich habe echt keine Ahnung von Waffen, aber eigentlich lernen die Spieler bei der ersten Mission, dass man gegen Dämonen nur mit einem Schwert aus silber etwas ausrichten kann. Naja, genau genommen kann man sie auch erschießen, aber dann kratzen sie ihren Kopf, oder ihre Gliedmaßen einfach wieder zusammen und machen weiter, als wäre nichts geschehen.
„Dieser dämliche Idiot!"
Das ist der erste Satz, den ich gleich sagen werde und ich habe ihn nur zweimal gesprochen, bis ich ihn perfekt hinbekommen hatte, sodass er gleichermaßen angestrengt, genervt, aber auch einen hauch besorgt klingt.
Na endlich!
Louis schiebt die halbautomatische Pistole weg.
Aber was zum Teufel, macht er da? Greift er ernsthaft nach dem Sturmgewehr? Denkt er er wäre bei den Navy CIS's oder was? Er kämpft hier gegen Dämonen! Die Kugeln werden keinen dauerhaften Schaden anrichten! Der Dämon wir sich kurz schütteln und ihm dann mit bloßen Händen den Kopf abreißen. Mission gescheitert.
Ich unterdrücke ein Seufzen.
„Alles okay?", fragt Louis mit einem kurzen Seitenblick.
„Ja, alles prima! Aber willst du nicht lieber das Schwert nehmen. Ich meine, das Ding da auf deinem Rücken?"
„Was?", murmelt Louis, Haft aber nicht nach, als ich nicht antworte. Er ist vollkommen auf das Spiel konzentriert.
Ryan hat Geräusche aus dem Nebenraum gehört und geht ihnen nach. Es klingt nach einem hilflosen Schluchzen und als er mit seinem Fuß die Tür auftritt, das Gewehr im Anschlag, fällt sein Blick auf das Kinderbett, an dem sich ein heulendes Kleinkind an den Stäben hochzieht. Sie sieht so harmlos und verzweifelt aus, wie soll man da ahnen, dass das kleine Mädchen ein fieser Dämon ist?
„Ah, verdammt! Ich kann es nicht ab, wenn sie Kinder in diesen Spielen einbauen!", sagt Louis. „Das ist einfach nur abartig."
Ryan sichert das Fenster und die Tür, dann muss er sich das Sturmgewehr umhängen, um das Kind aus dem Bettchen zu nehmen.
Oh Gott, ich kann gar nicht hinsehen! Das Kind wird ihm wehtun! Es wird ihm sowas von wehtun!
Ein knacksendes Geräusch ertönt und ich blinzele. Und dann blinzele ich gleich noch mal, während ich ungläubig auf den Bildschirm starre. Ryan hat dem Kleinkind das Genick gebrochen und wirft es jetzt zurück ins Bett!
Fassungslos schnappe ich nach Luft. „Du- Du hast gerade das Kind getötet!"
„Ich hasse das!" Louis knirscht mit den Zähnen. „Wenn es gleich wieder aufsteht, dann war es ein Dämon. Und wenn nicht, dann- naja, dann habe ich halt einen Fehler gemacht!" Er wirft mir einen schnellen Seitenblick zu. „Ist nur ein Spiel, Harry!"
„Ja, ich weiß.", krächze ich.
Was ich aber nicht weiß ist, was jetzt als nächstes kommt. In Gedanken gehe ich den ganzen Text durch, den ich sprechen musste, aber mir will verdammt noch mal nicht einfallen, was die Alternative mit der Szene zu dem Kleinkind war. Eigentlich hätte das Kind ihn anfallen müssen, damit Eros, der Held mit meiner Stimme, ihm den Arsch retten kann. Auf jeden Fall steht das Kind jetzt wieder auf, sieht unglaublich süß und hilflos aus, wimmert und streckt seine speckigen Ärmchen nach Ryan aus, als wollte es auf den Arm genommen werden. Dann, plötzlich, verändert sich das kleine Gesicht. Lange Tentakel mit riesigen Reißzähnen kommen aus seinem Mund und schnappen nach Ryan.
„Boar, das ist doch krank!", sagt Louis. „Genau deswegen spiele ich normalerweise keine Fantasy-Games!"
Er zieht das Schwert von seinem Rücken und schlägt dem Dämonenkind damit den kopf ab, damit es nicht wieder zurückkommt. Ich kneife die Augen zusammen, da es ekelhaft aussieht und mir erst jetzt wieder bewusst wird, warum das Spiel ab 18 ist. Ziemlich viel schwarzes Blut und ziemlich viele andere Gewebemassen, die sich nun in einer Aschewolke auflösen.
Ryan verlässt das Kinderzimmer, arbeitet sich durch den Flur und sichert die anderen Räume. Als letztes öffnet er lautlos die Tür zu einem Arbeitszimmer, wo er mich entdeckt. Also, den Charakter, dem ich meine Stimme geliehen habe.
Eros trägt ein Pentakel um seinen Hals, eine Art Schutzamulett. Er verstaut gerade sein Schwert auf dem Rücken, um den Schreibtisch nach einem geheimen Dokument abzusuchen. Er zieht ein altaussehendes Buch zu sich heran und blättert es durch. Eine Seite reißt er heraus, bevor er sie zusammenfaltet und in einer Tasche seiner schwarzen Lederhose versteckt.
Ryan hat das alles vom Flur aus beobachtet und betritt nun das Zimmer. "Verdammter Dämon!", sagt er und hebt sein Schwert an, um es auf ihn zu schleudern, weil er nicht weiß, dass Eros genauso wie er ein Jäger ist.
Eros hebt eine Augenbraue an und lässt de Blick nach rechts gleiten. Ryan sieht den Dämon zu spät, der neben der Tür auf ihn gelauert hat und im nächsten Moment wird er von einem der vielen Tentakel erfasst und zu Boden gerissen.
„Fuck my life!", stößt Louis aus und ich unterdrücke ein Lachen.
„Dieser dämliche Idiot!", zischt Eros, während er auf Ryan zumarschiert, der reglos am Boden liegt. Er zieht sein Schwert und der Dämon zerfällt in tausend Stücke. Unsanft verpasst er Ryan eine Ohrfeige um ihn aus der Besinnungslosigkeit zurückzuholen.
„Hey, alles okay mit dir?"
Ryan schlägt die Augen auf und Louis atmet erleichtert neben mir auf. Ich habe mich auf dem Sofa aufsetzt und ihn beobachtet. „Dieser dämliche Idiot!" „Hey, alles okay mit dir?" Oh Gott, hat er denn meine Stimme nicht erkannt? Louis zeigt überhaupt keine Reaktion. Als er auf dem Sofa nach vorne rutscht, beuge ich mich auch vor und achte genau auf jede Veränderung in seiner Mimik. Aber von der Seite erkenne ich nur, wie sich sein Adamsapfel bewegt, als er kurz schluckt.
„Bist du ein Asmodier?", fragt Ryan und wischt sich mit der Hand über das schweißnasse Gesicht.
Eros' Stimme klingt gehetzt und angespannt. „Ich bin der Mann, der dir gerade den Arsch gerettet hat!"
Meine Lippen bewegen sich lautlos mit. Okay, sie haben den Dialog so geschrieben, dass er zu unterschiedlichen Situationen passt. Wenn man einmal hinter die Kulissen geguckt hat, ist das etwas seltsam, aber ich muss zugeben, dass es gut funktioniert. Nur leider kann ich mich gerade gar nicht auf sowas konzentrieren. Weil Louis immer noch nichts gesagt hat und mir mein Herz bis zum hals schlägt. Oh Gott, ich glaube er erkennt mich wirklich nicht! Oder doch? Jetzt neigt er den Kopf ein bisschen zur Seite, so als wolle er besser hören. Aber das kann ich mir alles auch nur einbilden. Für einen kurzen Moment schwingt sein Blick zu mir herüber, nur um sofort wieder zum Bildschirm zurückzukehren.
Eros übergibt Ryan eine Geheimwaffe. Eine Art diamantenen Dolch und erklärt ihm, dass sie einen Hexenmeister aufsuchen müssen. Die beiden verlassen gemeinsam das Gebäude. Die Szenerie verändert sich vom dunklen Hinterhof in einen schillernden Club mit laut wummernden Bässen. Tanzende Leiber umschwirren die zwei Jäger. Eros wird angerempelt und merkt nicht, dass jemand ihm etwas zusteckt, was in einer späteren Situation noch mal eine große Rolle spielen wird. Sie treffen in einem verstecktem Hinterzimmer auf den Hexenmeister, mit dem Ryan um etwas verhandelt. Das Gespräch verläuft nicht wie geplant und im nächsten Augenblick bricht die Hölle los: Der Hexenmeister schleudert einen Fluch auf die beiden und von allen Seiten werden sie von Mitglieder aus seinem Zirkel attackiert. „Tötet die Bastarde!", schreit jemand.
Ich kann mich genau an diese Aufnahmen erinnern, weil ich dabei bis an meine Grenzen gegangen bin. Das Mikrofon klebte mit Tape an meiner Brust und mit beiden Armen habe ich mich gegen einen Kollegen gestemmt, um: „Verfluchte Dämonen!", zu brüllen. Meinen Text bekam ich vom Regisseur vorgelesen, damit ich mit ganzem Körpereinsatz in die Szene gehen konnte. Es kam nicht darauf an sauber zu sprechen. Wir durften spucken, schleifen, die Enden verschlucken. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie sich einer meiner Kollegen, als ich am Boden lag, auf meinen Rücken gesetzt hat, damit mir wirklich die Luft wegbleibt.
Ryan und Eros weichen den Flüchen aus und kämpfen um ihr Leben. Mauern zerbröckeln unter der Wucht der Magie. „Raus hier!", schreit Jack. „Pass auf, er sieht dich! Er sieht dich! Aufpassen!"„Heilige Scheisse!"
„Vorsicht in Deckung! In Deckung! Wie gefällt dir das Bitch?!"
Der Kampf dauert mehrere Minuten, in denen Louis hochkonzentriert auf den Bildschirm starrt. Seine Finger fliegen über die Tasten. Er hat nicht noch einmal zu mir gesehen. Er hat mich wirklich nicht erkannt! Ich weiß nicht, warum ich darüber so enttäuscht bin, denn eigentlich bedeutet es nichts. Aber verdammt, ich bin enttäuscht!
Als Ryan und Eros sich endlich in ein angrenzendes Gebäude retten können, bin ich so erschöpft, als hätte ich mitgekämpft. Wie ein Embryo rolle ich mich auf dem Sofa zusammen.
Eros ist verletzt, aber Ryan kann seine Wunden mit dem Pentakel heilen. Magische Runen bilden sich an den Stellen, wo die Haut sich wieder geschlossen hat.
Louis rutscht so weit auf dem Sofa nach vorne, dass ich meine langen Beine hinter ihm ausstrecken kann und ich verstecke ein Gähnen hinter meiner Hand.
Der Spielmodus wird von einer Filmsequenzen unterbrochen, in der Eros und Ryan sich küssen. Das ganze wird mit dramatischer Musik hinterlegt. Die Welt steht kurz vor dem Untergang. Die beiden befinden sich in einem absolutem Ausnahmezustand. Außer ihnen gibt es nur noch ein paar wenige Menschen auf der ganzen Welt. Und jeden Augenblick können Hexen und Dämonen über sie herfallen. Sie haben also nichts zu verlieren.
Das Zimmer ist in Dunkelheit getaucht. Nicht nur Liam's Wohnzimmer, sondern auch das Zimmer auf dem Bildschirm, in dem Ryan Eros tief in die Augen schaut. Die Mimik der Figuren ist erstaunlich echt. Sie scheinen sich in diesem Moment tatsächlich verzweifelt nacheinander zu sehnen und ich wappne mich für den nächsten Satz, der kommen muss. Eros krallt sich an Ryan's blutbesudeltem Shirt fest. Ich habe meine Stimme noch genau im Ohr. Es sollte schmerzerfüllt klingen und dennoch sexy. Der Regie war es wichtig, dass nichts im Spiel amüsant oder lustig wird, dass wir alles absolut ernst nehmen. Ich habe die Stelle wahrscheinlich mehr als zwölf mal gesprochen, bis sie wirklich perfekt war. Aber jetzt ist es egal, da Louis es sowieso nicht merkt. Er ist so auf das kämpfen konzentriert gewesen, dass er Eros' Stimme gar nicht beachtet hat. Ich strecke meine Arme aus dem Sofa aus und gebe ein leises Seufzen von mir, weil meine Muskeln schmerzen und Louis' Kopf schwingt für einen Augenblick zu mir. Unsere Blicke treffen sich.
„Schlaf mit mir!", raune ich. „Jetzt!"
♡︎♡︎♡︎
Hellou (:
Morgen beginnt für mich die Schule wieder 🤠👍 Ich hab echt kein Bock mehr auf den ganzen Stress und so. Ich hatte in den letzen tagen bestimmt schon drei Panikattacken und meine Schlafstörungen kicken wie immer yey
In einer Nacht hab ich dann diesen ganzen shit der mir durch den Kopf geht aufgeschrieben und ich wollte das einfach mal irgendwie los werden...
‚I feel so horrible for being sad so often. I have no right at all. My life isn't that horrible, i make it worse for myself. I am the only reason i am miserable. There is no one to point the blame at except for me. It is my own fault. I pity myself. Why can't i feel happiness just like everyone else? My mood shifts from ecstatic about life to suicidal short second... that's not right. People feel far worse than me and don't wish they dead. Do i think I'm special? What do i think? Why am i like this? Have i made all of this up? Can i really just snap myself of it like they all do? Could it be that simple? It has been many years spent fighting a battle that no one can win, life is fighting so hard and death has come close to winning a few times, but life always seems to come out on top and just when life thinks the war has been won, death comes barrelling through the Warzone with loaded guns and new strategies. Life lies its guards down and here comes death with the sneak attack. It's a war that will never be won.'
Okayy egaaaaal weg mit den sad vibes: was haltet ihr von der Story bis jetzt?
All the Love
J
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