𝐸𝑙𝑓𝑡𝑒𝑠 𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: ʙᴇᴛᴛᴇʀ ᴀɴ ,ᴏᴏᴘs!', ᴛʜᴀɴ ᴀ ,ᴡʜᴀᴛ ɪғ...?'
Louis' Kopf fliegt so ruckartig zu mir herum, dass ich zusammenzucke. Ich ziehe meine Beine hinter seinem Rücken hervor und richte mich auf dem Sofa auf.
Oh Gott! Ich hab das laut gesagt! Und auch noch zu früh!
Louis' Finger krallen sich um den Controller und an seinem angespannten Kiefer kann ich sehen, wie es in ihm arbeitet. Wahrscheinlich denkt er, dass ich gerade endgültig durchgedreht bin. Er klappt den Mund auf, starrt mich aber nur entgeistert an und in der nächsten Sekunde raunt Eros mit meiner verzweifelten Stimme aus den Boxen: „Schlaf mit mir, jetzt!"
Erleichtert atme ich aus. Mein Gesicht glüht dennoch, als sich Eros' Hand in Ryan's Hosenbund schiebt, aber... Oh Gott, ich kann nicht anders! Ich muss seinen Text einfach weiter mitsprechen.
Die folgenden Sätze geben wir beinahe synchronisiert von uns. „Wir werden die nächsten Stunden wahrscheinlich nicht überleben. Ich- ich habe Angst!"
Ich schlucke.
„Es- Es ist auf einmal so still, Ryan! Das kann niemals ein gutes Zeichen sein. Diese Stille ist- Oh verdammt! Sie ist schlimmer als jeder Dämonenangriff!"
Sie küssen sich, lange. Ryan stöhnt und auch Eros atmet schwer.
„Dieser eine Moment", raunt Ryan. „Gehört nur uns!"
„Nur uns!", sagen Eros und ich.
Ich habe gedacht, dass ich lachen muss, wenn ich diese Szene sehe, aber seltsamerweise fühlt es sich gar nicht lustig an. Weil Eros wirklich verzweifelt ist, und ich bin es auch. Mein Atem geht viel zu schnell.
Das Bild wird erst ausgeblendet, als Ryan ihn mit seinem nackten Körper gegen die Wand drückt. Dann ist die Filmsequenz beendet und wechselt wieder in den Spielermodus. Die Kamera schiebt sich vor Ryan und nimmt wieder seine Perspektive ein. Louis reagiert nicht darauf. Er starrt mich einfach nur an. Nach einer gefühlten Ewigkeit räuspert er sich, drückt auf die Pausentaste und steht auf.
„Ich glaube ich muss..." Ein Räuspern. „Ich... bin gleich wieder da!"
Er rennt zwar nicht gerade, aber es wirkt trotzdem wie eine Flucht, als er eilig im Bad verschwindet und die Tür hinter sich zuwirft.
Keine Ahnung was da gerade passiert ist, aber ich scheine Louis mit meiner Live Performance ganz schön aus der Fassung gebracht zu haben.
Ich höre sein obligatorisches: „Fuck!", und dann ein dumpfes Geräusch, als würde etwas gegen die Wand schlagen. Kurz darauf dreht er den Wasserhahn auf.
Ich weiß auch nicht warum, aber jetzt fällt auf einmal jegliches Anspannung von mir ab und mein Hunger meldet sich zurück. Ich ziehe die Dose mit dem Essen auf meine Knie und nehme mir einen der wenigen Hähnchenflügel, die noch da sind. Als Louis schließlich zurückkommt bin ich satt und zufrieden.
„Was war das gerade?"
Louis setzt sich neben mich, rutscht aber bis zur Sofakante. Nervös reibt er sich über die Braue.
Ich kann nicht widerstehen mich für einen Moment blöd zu stellen. „Oh sorry, ich habe alles aufgegessen! Wolltest du noch was?" Entschuldigend hebe ich die Schultern.
„Was? Nein, das meine ich nicht!"
Der Kragen seines Shirts ist feucht und auch die Strähnen in seiner Stirn. Er sieht aus, als hätte er dich gerade einen Eimer Wasser ins Gesicht geschüttet.
„Warum hast du nicht gesagt, dass du das Spiel kennst? Scheiße, deine Stimme hat sich genauso angehört, wie die von Eros!"
„Ich bin Eros! Also ich meine ich Eros synchronisiert! Hätte dich wohl vorwarnen sollen, oder?"
Er lässt seinen Atem langsam aus dem Mund entweichen. „Wäre nicht schlecht gewesen. Dann hätte ich wenigstens gewusst, dass du- also, als du gesagt hast... ich meine- Ach, vergiss es einfach! Heißt das, dass ich jetzt im ganzen Spiel deine Stimme hören muss?"
„Tut mir Leid?" Weil Louis alles andere als begeistert aussieht, rede ich schnell weiter. „Aber natürlich nur in den Szenen, in denen Eros auch mitspielt. Und es gibt keine weitere Sexszene mehr mit mir, keine Sorge!" Ich presse die Lippen zusammen um nicht Grinsen zu müssen. „Du darfst also bei dieser Mission nicht scheitern, sonst musst du es dir wieder und wieder anhören!"
„Scheiße!" Er schaut auf den Controller in seiner Hand und dann auf das eingefrorene Bild vor sich. Dann sagt er: „Das hat sich verdammt echt angehört!"
„Klar, sind ja auch Profis! Außer mir haben eigentlich alle eine professionelle Schauspielausbildung. Nur ich bin da irgendwie reingerutscht. Und du darfst nicht vergessen, dass man im Studio optimale Aufnahmebedingungen hat. Deshalb klingt es so gut, im Vergleich zum Film."
„Und dieser Typ? Ryan?", fügt er hinzu. „Was ist das für einer?"
„Ein netter Kollege?" Warum fragt Louis das? Und wieso lasse ich meine Antwort wie eine Frage klingen? Ich räuspere mich. „Er heißt Oliver. Wir haben uns vorher schon einmal bei einem kleineren Projekt kennengelernt. Er arbeitet jetzt schon seit fast 8 Jahren als Sprecher und übernimmt auch häufig die Dialogregie! Er hat irre viel Erfahrung und ist ein echtes Vorbild für mich!"
„Äh, okay" Meine Antwort scheint ihn nicht so recht zu befriedigen. „Aber... äh- wie habt ihr das gemacht? Nicht die Dialoge, ich meine diese Geräusche!"
Uh, jetzt weiß ich endlich, worauf Louis hinauswill!
„Du meinst unsere extrem leidenschaftlichen Küsse?"
„Ja!", sagt Louis fast schroff.
Es ist irgendwie süß, dass er so peinlich berührt aussieht.
„Wir machen es so, wie alle Profis im Studio!", sage ich grinsend. „Wir knutschen mit unseren Handrücken!"
Ich zähle die Sekunden, bis sich auf seinem Gesicht Verstehen ausbreitet.
„Ich würde es dir ja vormachen, aber es sieht echt albern aus. Im Studio guckt nur die Regie, die Tontechnik und die Cutterin zu und wir sind auch alle daran gewöhnt bei unserer Arbeit ein bescheuertes Gesicht zu machen. Aber ich will eigentlich nicht, dass mich sonst jemand so sieht."
Okay, aber macht ihr wirklich alles mit der Hand?"
Wieso muss ich jetzt rot werden? Mein Gesicht fühlt sich plötzlich heiß an und meine Finger gehen automatisch an meinen Kopf, um Strähnen hinter mein Ohr zu schieben. Zu spät fällt mir ein, dass Louis es sofort als Verlegenheitsgeste erkenne muss, weil da verdammt noch mal keine Haare mehr sind. Was genau will er denn jetzt hören?
„Naja, normalerweise steht jeder vor seinem eigenen Mikro. Den Großteil machen wir allein, aber es gibt Kusslaute, die kann man nicht mit dem bloßen Handrücken nachmachen. Wenn ich dir zum Beispiel den Kopf küssen würde, dann hört sich das wegen der Haare komplett anders an. Dafür benutzt man im Idealfall seine eigenen Haare und legt sie über den Handrücken, damit es realistisch klingt."
„Den Unterschied hört doch kein Schwein!"
„Natürlich hört man das!"
Er schüttelt den Kopf. „das glaub ich nicht ohne Beweis!"
„Louis!" Ich deute demonstrativ auf meinen Kopf. Ohne Haare kann ich ihm das schlecht vormachen!
„Keine Ausreden!", sagt er unbeeindruckt. „Zeig es mir, bei mir!"
„Äh, was?!"
„Gib mir einen Kuss auf den Kopf!"
Im ersten Moment will ich auflachen, aber weil sein Gesicht völlig entschlossen wirkt, bleibt es mir im Hals stecken. Das kann er doch nicht ernst meinen!
„Ich will nur wissen, ob man den Unterschied hört!"
Ich will rundheraus ablehnen, aber Louis sieht aufrichtig interessiert aus.
Er wartet. Er wartet darauf, dass ich es tue. Das ich es jetzt tue. Aber das mache ich auf keinen Fall! Und das werde ich ihm auch sofort sagen!
Aber was stattdessen aus meinem Mund kommt ist: „Dann mach aber die Augen zu!"
In meinem Brustkorb ist gerade eine Bombe explodiert, glaube ich, denn mein Herz schlägt nicht mehr. In mir, herrscht für eine Sekunde lang absolute Stille, bevor mein Herzschlag so hart wieder einsetzt, dass es fast schmerzt.
Louis grinst und schließt die Augen, zufrieden, dass er mich überredet hat. Aber das hat er gar nicht. Ich tue das, weil ich mir das selbst versprochen habe: Dinge tun, die mir Angst machen! Und wenn das hier nichts beängstigendes ist, dann weiß ich auch nicht mehr.
Ich rutsche auf dem Sofa näher an Louis heran und halte sein Kinn fest.
„Halt still, okay?"
Als er nickt, beuge ich mich langsam vor und gebe ihm einen kleinen, absolut harmlosen Kuss auf die Stelle über seiner Schläfe, wo sein Haar sich noch etwas feucht kringelt. Ich versuche alles andere zu verdrängen. Wie Louis' Haare riechen. Wie sich seine Haut an meinen Lippen anfühlt. Aber ich möchte ihm beweisen, dass ich Recht habe. Also hebe ich meine Hand an sein Ohr und drücke einen Kuss auf den Rücken. Es klingt viel deutlicher, ohne die Haare, dass höre ich sofort. Hier ist es ein leises, schmatzendes Geräusch. Danach lege ich eine Hand an sein Kinn und presse meine Lippen kurz auf seine rasierte Wange. Es hört sich genauso an, wie auf meiner eigenen Haut.
Ich möchte Louis gerade fragen, ob er jetzt versteht, was ich meine, da flüstert er: „Deine Hand riechen nach Chicken Wings!"
Hastig lasse ich sein Kinn los und wüsche meine Hand an meiner Hose ab.
„Sorry, ich hab vergessen mir noch einmal die Hände zu waschen."
„Harry", sagt er rau. Er hat die Augen immer noch geschlossen. Sein Adamsapfel bewegt sich, als er schluckt. „Du hast vergessen, dass ich auf Chicken Wings stehe!"
Oh Gott! Seine Stimme scheint mir direkt in den Unterleib zu fahren. Verdammt, wie macht er das nur?
Louis räuspert sich. Dann schlägt er die Augen auf und der Ausdruck dadrin haut mich beinahe um. „Ich wette sie schmecken auch noch danach!"
Er greift nach meiner Hand und langsam, ganz langsam, zieht er sie zu seinen schmalen Lippen. Ich bin zu verdattert um ich zu wehren. Das wird er- Das wird er doch jetzt nicht wirklich tun?!
Das Herz hämmert mir gegen den Brustkorb, als er mir langsam meine Ringe von den Fingern zieht und auf das Sofa legt. Ich bin hin und her gerissen. Ich will nicht, dass er das tut, aber- Oh Gott! Ich möchte unbedingt wissen, wie es sich anfühlt! Ich will es und ich will es gleichzeitig auf keinen Fall!
Louis scheint im Gegensatz zu mir, überhaupt nicht unsicher zu sein. Er streicht mit den Lippen an meiner Hand entlang und dann-
Heilige Mutter Gottes!
Er saugt an meinem Finger. Seine unglaubliche Hitze umschließt mich. Hör sofort damit auf!, denke ich, aber mein Körper sagt etwas anderes.
Louis lässt meinen Finger nur ganz langsam wieder aus seinem Mund gleiten, presst meine Handfläche gegen sein Gesicht und riecht daran. Dann fährt seine Zunge plötzlich in die Lücke zwischen Mittel- und Ringfinger. Es sollte eigentlich ziemlich seltsam sein, aber das ist es nicht. Oh verdammt, dass ist es überhaupt nicht! Es ist das genaue Gegenteil!
In mir zieht sich alles zusammen und das lässt plötzlich Panik in mir aufsteigen.
„Louis!", flüstere ich. Ich weiß nicht mehr was ich will. Da ist diese grässliche, diffuse Angst und da ist Louis' Zunge. Das eine ist schrecklich, das andere wunderschön. Und ich kann beides nicht mehr voneinander trennen. „Hör auf!", wispere ich.
Innerhalb eines Wimpernschlages ist Louis' Zunge fort und meine Hand fühlt sich auf einmal kalt an. Mein Brustkorb hebt und senkt sich viel zu schnell und bei Louis ist es genauso. Das kann ich spüren, da er meine Hand nun an seine Brust drückt und dann mit seinem T-Shirt drüber wischt.
„Fuck Harry! Es tut mir unfassbar Leid!" Er lässt mich los und springt vom Sofa auf. Ich versuche verzweifelt Luft zu bekommen, aber mein Herz rast so sehr, dass es einfach nicht geht. Ich beuge mich nach vorne und ringe nach Sauerstoff.
„Es tut mir Leid, echt! Ich- keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe! Wahrscheinlich gar nichts! Fuck! Fuck! Fuck!" Er kratzt sich am Hinterkopf, dreht sich wieder zu mir um und als er jetzt spricht, klingt er genauso atemlos, wie ich mich gerade fühle. „Harry, brauchst du frische Luft? Soll ich das Fenster aufmachen? Oder soll ich lieber gehen? Oder willst du ins Bad? Vielleicht geht es dir besser, wenn du deine Hände gewaschen hast? Sag mir einfach, was ich tun soll! Bitte, Harry!"
Ich schüttele meinen Kopf, bringe aber keinen Ton heraus. Ein Teil von mir ist gar nicht hier. Die Erinnerung an diesen Morgen ist plötzlich wieder so präsent. Als ich aufgewacht bin. Nach der Nacht im Sportlerwohnheim. Die Übelkeit, die Gliederschmerzen, diese wage Angst, die ich mir nicht erklären konnte, weil ich da noch nicht wusste, dass man mir Drogen gegeben hatte. Ich wusste nicht, wie ich nach Hause gekommen bin. Ich wusste rein gar nichts mehr!
„Willst du, dass ich Liam anrufe? Oder jemanden von deiner Familie?"
„Nein!", bringe ich mühsam heraus und Louis nickt.
„Okay, alles klar! Ich rufe niemanden an, wenn du das nicht willst! Aber was soll ich machen? Bitte sag mir was ich tun soll! Brauchst du eine Arzt?"
„Es... geht gleich wieder!", japse ich. Louis hat überhaupt nichts falsch gemacht. Er wollte nur- Ich weiß es nicht! Was auch immer er sich dabei gedacht hat, es war nichts schlimmes! Ich würde gerne lachen, um diese bescheuerte Situation aufzulösen, aber dafür fehlt mir der Atem. Ich vertraue Louis, aber er ist auch verdammt noch mal ein Kerl, der tausendmal stärker ist, als ich. Wenn er will, kann er mir wehtun! Es ist irrsinnig, dass auch nur zu denken, aber ich kann meine Gedanken nicht zwingen, mir zu gehorchen. Sie tuen einfach was sie wollen! Und manchmal vermischen sie Vergangenheit und Gegenwart und sorgen dafür, dass ich völlig durchdrehe. Atmen, Harry! Einfach nur Atmen! Es ist alles gut, ich bin vollkommen sicher. Niemand ist da, der mir etwas antuen würde.
Louis ist da. Er sieht hilflos aus und wahrscheinlich will er mich nach diesem Abend nie wieder sehen! Ich versuche mich aufzurappeln.
„Es wird schon besser!", sage ich schwer atmend. „Tut mir Leid, dass ich gerade so seltsam reagiert habe! Ich gehe jetzt lieber!"
„Willst du, dass ich dich hochbringe?"
„Nein, danke! Das schaffe ich schon! Ich habe dir den Abend ohnehin schon ruiniert." Ich versuche mich an einem Lächeln, aber es wird vermutlich eher eine Grimasse. „Tut mir Leid!"
„Was?" Louis sieht mich geschockt an. „Du hast mir nicht den Abend ruiniert, Harry! Fuck, du hast mir Chicken Wings mitgebracht! Das allein katapultiert dich schon in die Top Ten meiner Besten-...Abende. Und wieso entschuldigst du dich überhaupt? Das ist doch scheiße! Du musst dich für gar nichts entschuldigen! Es ist meine verfickte Schuld, dass ich mich wie ein Vollidiot benommen habe! Aber so bin ich nunmal!" Er lachte einmal gequält auf. „Ich bin ein dämlicher, verfickter Vollidiot! Etwas tun, ohne vorher an Konsequenzen zu denken, ist meine Kernkompetenz!"
„Ach", höre ich mich sagen. „Ich denke Fluchen kannst du auch ganz gut!" Ich muss lächeln, weil Louis gleichzeitig verlegen und entschlossen aussieht und er wahrscheinlich der einzige Typ auf der Welt ist, der das hinkriegt.
Er streicht sich durch die Haare. „In meinem Leben gibt es kein Was wäre wenn?, aber dafür jede Menge Fucks. Das war schon immer so und ich schätze daran wird sich auch nichts ändern. Selbst wenn ich hundert bin. Ich tue etwas und fluche dann, wenn etwas daneben geht. Und gerade ist es wohl ziemlich daneben gegangen."
Ich würde ihm gerne sagen, dass das nicht stimmt. Am liebsten würde ich ihm sagen, dass ich das Problem bin und nicht er, aber dann müsste ich ihm von dem Foto erzählen und das bringe ich nicht fertig.
„Danke... für das Spiel!", sage ich, weil mir nichts besseres einfällt.
„Danke für das Essen", antwortet Louis.
Ich schlüpfe in meine Schuhe, während Louis in der Küche die Knochen in den Müll wirft und mir dann die leere Dose reicht. Ich kann gar nicht schnell genug von hier wegkommen, auch wenn es mir Leid tut, dass ich Louis einfach so hier stehen lasse. Ich reiße den Riegel zurück und verschwinde aus Liam's Apartment ohne ihn noch einmal anzusehen. Als ich Minuten später auf dem Bett in Louis' Zimmer liege, ist nicht mehr von der eben gefühlten Panik da. Das einzige, was ich fühle, ist Scham darüber, wie ich abgehauen bin. Ich wünschte, ich würde nicht immer wieder so durchdrehen. Ich will ihm sagen, wie blöd es war und mich bei ihm entschuldigen. Und wenn mir die Stimme dazu fehlt, dann muss ich es eben aufschreiben. Ich schnappe mir mein Journal. Mir geht nicht aus dem Sinn, was Louis gesagt hat: das er Dinge tut, ohne an die Konsequenzen zu denken. Er hält das für eine Schwäche, aber ich denke, es kann auch eine Stärke sein. Denn ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher, als das ich so sein könnte. Weil ich früher auch nicht so viel gezweifelt und überdacht habe, ich gerne wieder so unbefangen wäre.
Ich stöpsele meinen Brushpen auf und lettere auf die nächste leere Seite: Better an ‚oops!', than a ‚What if...?'
Mit ein paar Strichen lasse ich das Oops! aussehen, als würde es vibrieren. Als ich fertig bin, lege ich mein Journal aufgeschlagen auf die Decke und schalte mein neues Smartphone ein. Meine Hand mit der Kamera schwebt über der Seite und penibel achte ich darauf, dass man nicht von mir sehen kann. Kein nacktes Knie, nicht einmal einen Fuß. Als ich kontrolliert habe, dass auch wirklich nichts von mir auf dem Bild drauf ist, schicke ich es per WhatsApp an Louis. Ich will ihm wissen lassen, dass er kein Vollidiot ist und das der Abend mit ihm echt schön war. Hoffentlich versteht er, was ich damit meine. Ich kann sehen, dass Louis online ist. Natürlich ist er das! Er ist 24/7 online. Warum sollte das jetzt anders sein?
Seine Antwort lässt daher nicht lange auf sich warten. Auch wenn er nichts zu dem Bild sagt, was ich ihm geschickt habe.
Louis: #oops! Ich hab das mit dem Handrücken gerade ausprobiert, hört sich scheiße an, bei mir! Willst du es hören? ;)
Oh verdammt, sein Ernst?
Harry: Klar, vielleicht kann ich dir ein paar Tips geben! :)
Ich erwarte, dass er mich auf irgendwann vertröstet. Was ich nicht erwarte ist, dass er sofort eine Sprachnachricht aufnimmt. Aber direkt erscheint unter seinem Namen ein Hinweis: Louis: Sprachnachricht wird aufgenommen...
Wie macht er das nur? Hat er keine Sorge, dass ich ihn auslachen, oder er sich blamieren könnte? Oder hat er einfach vor gar nichts Angst? Wahrscheinlich habe ich mehr Angst das abzuhören, als er es aufzusprenchen. Das ist nicht fair!
Als seine Nachricht mit einem nachhallenden Ton gesendet wird, fällt mir vor Nervosität fast das Handy aus der Hand. Ich beiße die Zähne zusammen, drücke auf Play und halte mir sofort die Hände vor die Augen. Oh mein Gott! Er hat es wirklich getan! Ich höre sein Schmatzen und jeder Tropfen Blut aus meinem Körper fließt in mein Gesicht. Louis übertreibt völlig: er leckt sich über die Hand, saugt an seiner Haut und- Oh Gott! Ich könnte schwören, er nuckelt sogar an seinem Daumen, nur um möglichst unterschiedliche Geräusche zu erzeugen. Ich muss so laut lachen, dass ich die Hälfte nicht mehr mitbekomme. Dieser Spinner! Er knutscht seine Hand und stöhnt übertrieben: „Eros!", ins Mikro. Dann bricht er in Gelächter aus und die Nachricht bricht ab. Ich drücke kichernd mein heißes Gesicht in das Kissen und Melman plumpst dabei vom Bett. Dieser Typ ist unfassbar! Als die nächste Nachricht kommt, bin ich mir sicher, dass er eine Reaktion von mir einfordert und zielsicher liege ich wieder einmal komplett falsch.
Louis: Jetzt du!
Okay, vielleicht hätte ich damit rechnen können. Es liegt nahe, dass er einen Vergleich hören will. Schließlich bin ich derjenige von uns, der ziemlich viel Erfahrung hat, Küsse zu simulieren.
Das klingt so armselig: Küsse simulieren. In meinem Leben muss ich im Moment so einiges simulieren, angefangen beim normal sein. Und ich versage ziemlich kläglich dabei.
Louis: Hör auf an das verfickte what if? zu denken! Mach es einfach! Dieser Moment gehört nur uns.
Jetzt zitiert er auch noch aus Devouring World! Ich beiße mir auf die Lippe, dann schnappe ich mir mein Smartphone und rolle mich damit auf dem Bett zusammen. Wenn ich in einem Studio stehen würde, hätte ich damit kein Problem. Die Umgebung ist neutral und professionell. Vor mir ein Pult, neben mir manchmal noch ein zweites Pult mit einem Kollegen, der das selbe macht, wie ich. Manche Regisseure nehmen diese Szenen lieber zusammen auf, andere schneiden die Takes erst hinterher zusammen. Aber nie bliebt man damit allein, es ist kein unerwiderter Kuss. Doch wenn ich das jetzt mache, bin ich allein und der Kuss geht ins leere.
Verdammt Louis! Mit diesem Fluch in meinem Kopf drücke ich auf das Symbol mit dem Mikrofon. Meine Lippen berühren meinen breiten Handrücken, meine Zunge kreist auf meiner Haut. Ich rieche wirklich nach Chicken Wings. Nicht daran denken, Harry! Einfach nur ans Studio denken! Mit dem Mund sauge ich sanft an meinem Handballen und gebe ein leises Stöhnen von mir, atme lauter, keuchender. Jetzt noch den Namen des Charakters raunen, dann bin ich fertig. Ich seufze: „Ryan!", und lasse schnell das Symbol auf dem Bildschirm los. Die Nachricht wird abgeschickt, zerlegt sich in einzelne Daten, saust durch die Luft zu einem Funkmast, von dort weiter zu einem Satelliten, irgendwo tausende Kilometer über der Erde, nur um verschlüsselt wieder zurück zu kommen und auf Louis' Handy zu landen, der nur zwei Etagen unter mir ist. Und plötzlich bin ich mir nicht mehr sicher, was ich gesagt habe. Habe ich Ryan gestöhnt? Oh Gott, habe ich wirklich Ryan gesagt, oder doch Louis? Und was ist, wenn Louis meine Nachricht behält? Er könnte sie an jemanden weiterleiten oder sie irgendwo veröffentlichen! Er könnte mich damit bloßstellen! Ich bin hier nicht der Synchronsprecher, der nur seine Arbeit macht, sondern der private Harry!
Faggot! Bei der Erinnerung an dieses Schimpfwort zucke ich zusammen. Schnell versuche ich die Nachricht zu löschen. Wenn er sie noch nicht abgerufen hat, geht das, oder? Ich habe sie doch erst vor ein paar Sekunden geschickt! Löschen, löschen, löschen! Mein Zeigefinger hämmert auf den Button und die Nachricht verschwindet. Ich bin schweißgebadet, als das Ding endlich weg ist und nur der Hinweis verbleibt, dass der Teilnehmer die Nachricht entfernt hat.
Ich starre erleichtert auf mein Handy und-
Louis: Warum hast du die Nachricht gelöscht?
Was soll ich darauf antworten?
Louis: War das What if...? stärker als dein Mut zum oops! ?
Harry: Ja.
♡︎♡︎♡︎
Hellou (:
Kapitel 11... Heidenei, wie die Zeit verfliegt. Aber egal es tut mir unfassbar leid, dass so lange nichts mehr online kam, aber mir ging es in letzter Zeit nicht so gut und ich hatte auch zwischendurch das Verlangen die Story vollkommen einzustellen. Jetzt bin ich aber back wie eh und je und freue mich auf Feedback (:
All the fookin Love <33
J
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