𝐹𝑢̈𝑛𝑓𝑡𝑒𝑠 𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: ᴍᴇʟᴍᴀɴ

„Bist du sicher, dass das für dich kein Problem ist?"

Louis' Zimmertür steht sperrangelweit offen. Mit keinem einzigen Wort habe ich angedeutet, dass es mir unangenehm wäre, mit ihm alleine zu sein, aber er hat ganz selbstverständlich die Tür aufgelassen und mindestens einen Meter Abstand zwischen uns gebracht.

„Nein", sagt Louis und sorgt damit dafür, dass mein Kopf ruckartig zu ihm herum fährt.

„Also ist es doch ein Problem?"

Verdammt, ich wusste es! Ich mache ihm nur Ärger! Und dabei wollte ich eigentlich nur meine Ruhe und schlafen. Und vergessen. Und nicht zusammenbrechen.

Er lässt den Stapel Bücher, den er gerade aus dem Regal geholt hat, in einen rosa Wäschekorb fallen und dreht sich dann zu mir um.

„Mit dir gibt es eine Menge fucking Probleme, aber das Zimmer ist keins davon!"

Er geht weiter zu seinem Kleiderschrank und fischt Jeans und ein paar T-Shirts und Pullover heraus. Unterwäsche fliegt in seinen Korb, Socken, mehrere Kabel.

Wir haben den Vormittag gemeinsam mit Liam verbracht und er hat die Hausverwaltung angerufen, aber noch keinen festen Termin bekommen. Es war ihm nicht Recht, mich alleine zu lassen, aber ich konnte ihn davon überzeugen, dass ich mit seinem Bruder schon klar komme und wirklich froh sein werde, ein paar Tage mit niemandem reden zu müssen.

Und kaum, dass er wieder auf die Insel gefahren ist, zieht Louis die Sache im Rekordtempo durch. Ich habe mehrmals betont, dass es mir nichts ausmacht mit einem kaputten Türschloss zu schlafen. Genauer gesagt habe ich mehrmals gelogen, aber er diskutiert nicht mit mir.

„Ich werde nichts anfassen, keine Sorge!", sage ich. „Ich werde nicht mal deinen Schreibtisch benutzen, versprochen!"

„Vergiss das Bett nicht! Ich erwarte, dass du mindestens einen halben Meter über der Matratze schwebst!" er fährt sich durch die Haare. „Was soll das, Harry? Es ist doch nur ein Zimmer! Also mach da auch keine große Sache draus. Mein Bett ist übrigens mega bequem! Das Alte hab ich rausgeschmissen, weil ich kein Bock hatte, auf einer Matratze zu liegen, auf der bestimmt schon hunderte-" Er stockt und murmelt leise etwas, dass ich nicht verstehen kann. Dann redet er mit normaler Lautstärke weiter: „Mein Bett ist jedenfalls das Beste, was dir passieren kann! Du willst nie wieder wo anders schlafen wollen!"

„Bestimmt."

Ich drehe den Kopf zur Wand, weil meine Wangen sich auf einmal heiß anfühlen. Das ich keine Haare mer habe, die ich wie einen Vorhang vor mein Gesicht fallen lassen kann, fällt mir jetzt erst auf. Das ist verdammt unpraktisch.

„Was ist das?" Ich halte ein undefinierbares, gelbes Ding hoch, dass neben Louis' Kopfkissen gelegen hat und vermutlich mal ziemlich viel Fell gehabt haben muss. Es ist weich und knubbelig, hat baumelnde Gliedmaßen und zwei große Augen.

„Melman. Ich wusste gar nicht, dass ich den noch habe."

Klar, deshalb liegt er auch in seinem Bett.

„Willst du ihn denn mitnehmen?"

„Sehe ich so aus, als würde ich ein verdammtes Kuscheltier zum schlafen brauchen?"

Auf Louis' Stirn haben sich Linien gebildet und seine Augen wirken auf ein mal dunkler als der Ozean. Er hält in der einen Hand sein Handy, in der anderen ein PlayStation-Controller. Seine Arme sind angespannt. Die dunklen Tattoo's treten dadurch deutlicher hervor und unter seinem engen, weißen Shirt kann ich beinahe jede Wölbung erkennen, die seine Muskeln bilden.

Nein verdammt, er sieht kein bisschen so aus, als würde er einen Melman gebrauchen! Wahrscheinlich wird er mich nach meiner nächsten Frage für völlig verrückt halten, obwohl er das vermutlich sowieso schon tut!„Kann ich ihn dann haben?" Meine Arme schlingen sich automatisch um den schlaksigen Körper und drücken ihn an meinen Bauch. Auch wenn das Fell abgewetzt ist, fühlt Melman sich himmlisch an. Nach Kindheit. Nach Unschuld. Nach Gemma. Gemma besitzt zwar keinen Melman, aber wir hatten früher ein anderes gemeinsames Kuscheltier, dass in einem Streit mal kaputt gegangen ist. Mum konnte es nicht mehr flicken und das Füllmaterial war im ganzen Haus verteilt.

„Ich habe ihn wahrscheinlich vor ungefähr zwei Jahren das letzte Mal gewaschen. Wenn dich das nicht stört..." Er grinst.

„Ist mir egal!" Und das ist es wirklich!

Im Augenblick könnte ich mir gar nichts schöneres vorstellen, als mit einem völlig abgewetzten Melman zusammen im Bett zu liegen.

„Was ist eigentlich in diese Kiste?" Louis nickt zu dem Karton, in dem ich meinen Technik-Kram transportiert habe und ich lege Melman zurück aufs Bett.

„Mein Mikrofon, Verstärker und alles was ich sonst noch so für meine Arbeit brauche."

„Gebraucht habe!", verbessere ich mich.

Ich klappe die vier Papplaschen auf und lasse Louis einen Blick hinein werfen.

„Ich muss manchmal Demos an Kunden schicken, wenn ich angefragt werde und damit kann ich sie unabhängig von einem festen Studio aufnehmen!"

Zielstrebig zieht er die Plastikbox mit dem Mikrofon hinaus und klappt sie dann auf.

„Es ist vielleicht nicht das beste, aber für meine Zwecke vollkommen perfekt."

Louis holt das Mikrofon aus dem Koffer und ich rede schnell weiter: „Es ist nicht so hell abgestimmt und ich mag seinen warmen Klang! Es rauscht fast kaum. Ist weich mit seidigen Höhen und hat überhaupt nichts schrilles, dass ist mi alles sehr wichtig!"

„Also hast du wirklich Filme synchronisiert?"

„Hautsächlich Low-Budget-Serien und Animationserien für Kinder!"

Ich weiß genau, woran er jetzt denkt, als sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitet.

„Wehe du ziehst dir jetzt irgendwelche Anime-Pornos rein, nur um meine Stimme zu finden! Ich habe den Auftrag abgelehnt, da gibt es rein gar nichts zu finden!"

Sein Grinsen wird noch etwas breiter. „Für mich hört sich dieser vehemente Protest aber danach an, dass es da aber doch etwas zu finden gibt!"

Ich verdrehe die Augen. „Das war keine Ich-war-jung-und-brauchte-das-Geld-Situation! Diese Filme bestehen nur aus rumgestöhne und Angstschreien. Sie sind Frauenverachtend und schrecklich! Deshalb habe ich den Job abgelehnt! Dir entgeht echt nichts, wenn du sowas nie in deinem Leben anschaust!"

„Mhm, zu spät!", sagt er und verzieht leicht den Mund zu einem Grinsen.

„Oh, okay...", meine Stimme wird heiser. Kein Typ sollte sich Software ansehen und dann sein Frauenbild an solchen Videos orientieren und auch kein Mädchen!

Louis fährt sich hastig durchs Haar. „Also, nur damit wir das Thema abhaken können: es ist schon länger her und ich fand sie auch scheiße. Weil Sex zwischen zwei Menschen immer auf Augenhöhe- Fuck! Also, ich meine nicht wortwörtlich Augenhöhe, weil man sonst- ach scheiße, vergiss einfach was ich gesagt habe! Diese Gewaltfantasien machen mich echt nicht an! Ich verstehe nicht, was daran geil sein soll, wenn eine Frau, also..." Louis sieht einen Moment zur Decke und pustet demonstrativ den Atem aus. Dann legt er das Mikrofon endlich zurück in die Plastikbox. „Also, abgesehen von den Animes, hört sich das so an, als würde dir dein Job Spaß machen."

Ich nicke. „Ich mag es meine Stimme als Werkzeug zu benutzen. Das klingt wahrscheinlich sehr seltsam für dich!"

„Überhaupt nicht!"

Er legt die Box vorsichtig zurück in den Karton. „Wie bist du dazu gekommen?"

„Durch einen Zufall! Ein Bekannter, von einem Bekannten, von einem Bekannten hat damals für ein Tonstudio gearbeitet. Sie haben hauptsächlich Songs bearbeitet und Voice-Over für Fitnessvideos gemacht, aber irgendwann suchten sie Leute für ein Kinderhörspiel. Damit habe ich angefangen. Die meiste Zeit habe ich kleine Jungs gesprochen."

Ich merke, wie ich schon wieder rot werde, und ich habe ohne meine langen Haare, keine Möglichkeit es irgendwie zu verstecken. Melman liegt auf dem Bett, also kann ich nicht mal meine Finger in sein Fell graben. Erhalt knete ich diese unschlüssig.

Louis grinst. Seine blauen Augen, die im Licht des Zimmern nun Seegrün erscheinen, sehen mich viel zu intensiv an. „Was meinst du?" Sein Arm macht eine ausladende Bewegung durch den Raum. „Kannst du wohl hier arbeiten?"

„Theoretisch ja", seufze ich. „Aber es gibt im Moment kaum Jobangebote für mich. Die meisten Ausländischen Serien werden im Original mit Untertitel gezeigt. Aus finanzieller Sicht, hätte ich die Animes also nicht ablehnen sollen. Aber egal, vielleicht schaffe ich es mehr im Hörbuchbereich zu arbeiten! Die Aufnahmen kann ich wahrscheinlich überall machen. Sie werden dann nachher im Studio bearbeitet. Oder ich mache einfach mehr Werbung!"

In den Semesterferien habe ich auf Takes für ein Computerspiel eingesprochen, dass vor einigen Wochen erst auf den Markt gekommen ist. Devouring World ist ein Fantasy-Game mit Dämonen und Hexen. Es ist auch für die PlayStation erhältlich. Aber das kann ich Louis nicht erzählen, weil er es dann ganz sicher recherchierten würde und dann-

Liam hat mir erzählt, dass er Fifa spielt und auch andere Games wie Battlefield oder Call of Duty. Das klingt nicht danach, als würde er Fantasy-Games mögen. Deshalb wird er mich hoffentlich auch nicht durch Zufall entdecken. Trotzdem frage ich mich, warum ich ihm gerne von dem Spiel erzählen würde. Nur um ihn zu beeindrucken?n Es kann mir doch eigentlich ganz egal sein, was er von mir hält!

Mein Handy klingelt und als ich es aus der Tasche ziehe, lächelt mich das Bild meiner Mum an.

Oh nein, ich kann sie unmöglich noch länger hinhalten!

Unschlüssig blicke ich zu Louis und dann wieder auf mein Handy. Er hebt seinen Wäschekorb hoch.

„Ich bring das schon mal runter in Liam's Apartment!"

Dann lässt er mich alleine und ich hole noch einmal tief Luft, bevor ich den Anruf annehme.

„Hey, Mum!"

„Harry!" Sie klingt, als habe sie nicht damit gerechnet, dass ich wirklich ran gehe. Ihr Atem geht schnell, als würde sie gerade irgendwo hin hasten.

„Ich habe es gestern schon einmal versucht! Hast du nicht gesehen, dass ich dich angerufen habe? Wo bist du?"

Ich setzte mich auf die Bettkante und ziehe Louis' Kuscheltier auf den Schoß.

„Bei Liam!", flüstere ich, was so natürlich nicht stimmt. Mein Finger spielen mit einem von Melman's schlaksigen Giraffenbeinen. „Wie geht es dir und Gemma? Ich vermisse euch beide!"

„Ich vermisse dich auch! Wieso bist du nicht am College?" Ihre Absätze klappern laut über das Pflaster. Wahrscheinlich ist sie auf dem Weg zu einem Besprechungstermine ihrer Charity-Organisation, die sie leitet. Ich weiß, dass sie zur Zeit viel zu tun hat, da sie in letzter Zeit an einem großen Projekt arbeitet, dass hilfsbedürftige Kinder auf dem ganzen Globus helfen soll. Sie führt viele Interviews mit Zeitschriften und wichtigen Leuten in der Politik, die dieses Vorhaben möglich machen. Das bedeutet, dass sie sich im Minutentakt auf neue Gesprächspartner einstellen muss und am Ende des Tages nur gestresst ist. Ich kann also froh sein, wenn sie gerade vom Mittagessen kommt und Kohlenhydrate gegessen hat.

„Weil ich... zur Zeit keine Vorlesungen habe!"

„Was heißt das?" Im Hintergrund höre ich, wie sie ein Gebäude betritt und der Straßenlärm gegen laute Stimmen und Aufzugslärm getauscht wird. „Es ist doch mitten im Semester! Kannst du da einfach so weg?"

„Hallo Amy!", grüßt sie eine Kollegin und ihre Stimme entfernt sich kurz vom Handy, nur um kurz darauf wieder lauter zu werden. „Ich habe mir schon Sorgen gemacht, weil du seit zwei Tagen nicht mehr ans Telefon gehst!"

Ich fange an, Melman's Bein um meinen Zeigefinger zu wickeln, weil ich jetzt wohl oder übel von Punkt drei meiner To-Do-Liste erzählen muss. Aber... ich kann es nicht! Ich kann ihr nicht erzählen, dass ich vom College geflogen bin!

„Ich... habe gerade etwas Leerlauf. Ein Dozent ist krank und es wurden ein paar Kurse verschoben. Deshalb habe ich ein paar Tage frei!"

„Oh wie nett! Bestell Liam ganz liebe grüße von mir! Ich wollte ihn eigentlich fragen, ob er mal wieder zu uns kommt, ihn aber nicht in Verlegenheit bringen, wenn er lieber zeit mit seiner Familie verbringe will. Vielleicht fragst du ihn besser!"

Ihr Tonfall sorgt dafür, dass ich zusammenschrumpfe.

„Klar, ich frag ihn!" Unwillkürlich fährt meine Hand zu meinem Kopf, um Haarsträhnen hinter mein Ohr zu schieben, aber da sind keine Haarsträhnen mehr.

„Wie geht es Liam's Dad?"

Ich lasse Melman's Bein los und sofort wickelt es sich von meinem Finger ab. „Schon besser! Er ist wieder zuhause!"

Ich würde am liebsten Auflegen! So zu tun, als wäre alles in Ordnung, kostet mich Kraft, die ich im Moment nicht habe. Und ich habe nicht gelogen, als ich zu Liam gesagt habe, dass ich alleine sein will.

„Das sind ja gute Neuigkeiten! Er soll ihm schöne Grüße ausrichten!" Die Hintergrundgeräusche ändern sich wieder. Die Schritte meiner Mum werden jetzt von einem Teppich verschluckt.

„Harry, du kommst doch zurecht, oder? Ich weiß, dass ich gerade zu wenig Zeit für dich und Gemma habe! Aber die Organisation verlangt mir gerade viel ab!"

„Ja, ich weiß Mum!"

Louis kommt in diesem Moment wieder ins Zimmer. Er senkt den Kopf und geht eilige an mir vorbei zu seinem Schreibtisch. Mir ist klar, dass er mich nicht belauschen will, aber er kann kaum die ganze Zeit draußen warten. Ich überlege kurz selbst auf den Flur zu gehen, aber wer weiß wer dort alles zuhört. So senke ich schnell die Stimme: „Mach dir um mich keine Sorgen! Es ist alles gut!"

Erleichtert stößt sie den Atem aus. „ich weiß ja, dass ich mich auf dich verlassen kann, mein Großer!" Im selben Atemzug begrüßt sie mehrere Leute und es raschelt als sie eine Person umarmt.

„Ich glaube wir sollten lieber auflegen, Mum!" Sie scheint mich gar nicht zu hören.

„Hey, Margareth! Fatima, oh mein Gott, ich wusste gar nicht, dass du schon so weit bist! Wann kommt denn das Baby?"

Wieder schmatzt es in meinem Ohr. Ich ziehe eine Grimasse und fange Louis' Blick auf. Er hat frische Bettwäsche aus dem Schrank geholt und legt sie neben mich auf die Decke.

„Ich muss jetzt auflegen!", sagt sie nun. „Heute stehen 18 Kurzinterviews an! Sobald ich weiß, wann das hier in Ende hat, melde ich mich bei dir!"

„Gib Gemma einen Kuss von mir, wenn du sie am Wochenende sehen solltest!"

„Mache ich, Harry!"

Sie legt ohne ein weiteres Wort auf.

Ich habe ihr nicht die Wahrheit gesagt. Nicht von Dekan Sprout. Nichts von den Drogen. Und nichts von dem Foto. Und wenn sie es durch Zufall von jemand anderem erfährt, werde ich mir das nie verzeihen.

Das Handy rutscht mir aus der Hand. Ich starre auf meine Knie und atme tief durch.

Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Einatmen-

„Ich brauch ihn zwar nicht mehr, aber könntest du ihn trotzdem am Leben lasse, okay?"

Louis hat eine Augenbraue angehoben und beobachtet mich skeptisch. Erst jetzt bemerke ich, dass ich Melman's Hals verdreht und dadurch fast stranguliert habe.

„Oh! Sorry, Melman!"

Schnell entwirre ich seien Gliedmaßen und lege ihn wieder auf das Bett.

„Wenn ich ihn früher so malträtiert habe, dann nur wenn etwas früher richtig beschissen lief!"

Er mustert mich immer noch mit einem ganz komischen Ausdruck in den Augen und ich versuche zu Lächeln, was mir aber nicht gelingen möchte.

„Deshalb ist er also so kahl!", sage ich.

Statt einer Antwort, zieht Louis nur eine Schulter hoch. Dann deutet er mit dem Kinn auf sein Bett. „Ich muss noch die Wäsche wechseln!"

Ruckartig stehe ich auf. „Ich kann das machen!", biete ich an. Er muss jetzt wirklich nicht für mich das Bett neu beziehen! Das alles ist mir schon so unangenehm genug.

„Ich mache meinen Kram lieber selbst."

Er drängt mich zur Seite. Dabei stößt seine Hüfte gegen meine Seite und sofort weiche ich vor ihm zurück. Louis tut so, als würde er meine seltsame Reaktion nicht bemerken und zieht Wolldecke und Oberlaken unter der Matratze hervor. Er wirft das Zeug auf einen Haufen auf den Boden, bevor er das neue Laken auf der Matratze ausbreitet. Ich helfe ihm, dieses darunter festzustecken. Durch das riesige Bett, wirkt das Zimmer geradezu winzig. Wahrscheinlich wird Louis mich heute Nacht verfluche, wenn er von Liam's harter, schmaler Matratze herunterfällt. Als das Bett frisch bezogen ist, verschwindet er kurz ins Bad um seine Toilettenartikel zusammenzusuchen und ich schiebe meinen Karton unter den Schreibtisch, damit er nicht im Weg steht. Ich will mich so wenig breitmachen wie möglich und hoffe, dass die Tür von Liam's Apartment so schnell es geht repariert wird, damit ich Louis nicht noch länger sein gemütliches Bett wegnehme.

Meinen Rucksack lege ich aufs Bett und ziehe meinen Laptop und das Tagebuch heraus. Ich checke meine E-Mails um zu gucken, ob über die Sprecherkarteien, in denen ich registriert bin, ein neuer Auftrag reingekommen ist. Aber das einzige Angebot ist ein Werbespot für eine Packung Frühstückscerealien. Das full Buyout mit allen Nutzungsrechten für ein Jahr würde mir eine Gage von ungefähr 350 Pfund einbringen. Aber dafür müsste ich in ein bestimmtes Studio in Liverpool fahren und deshalb noch die Anreisekosten von mindestens 200 Pfund abziehen.

Ich schreibe an die Agentur zurück, dass ich Interesse hätte, wenn der Auftraggeber mir die Reise bezahlt, hab aber keine groß Hoffnung, dass dies passiert. Wahrscheinlich ist eher, dass sie einfach eine andere jungen Stimme nehmen, die direkt vor Ort ist.

Als Louis aus dem Bad kommt, hält er mir seinen Zimmerschlüssel hin.

„Ich hab nur den einen!" er sieht aus, als warte er auf eine Reaktion von mir. „Nur damit du weißt, damit ich nicht einfach hier rein kommen kann, oder so!"

„Danke", sage ich. Der Schlüssel fühlt sich warm an. Als hätte Louis ihn schon länger in der Hand gehalten.

„Liam hat mir gerade eben geschrieben, dass er eine Antwort von der Verwaltung bekommen hat. Sie schicken Montag eine Handwerker vorbei."

Das ist erst in vier Tagen!

„Das hätte schneller gehen können, oder?"

„Nicht den nächsten Montag. Darauf die Woche!"„Oh!"

Was für einen Mist! Elf Tage! Solange kann ich Louis unmöglich sein Zimmer wegnehmen!

„Es macht mir wirklich nichts aus-"

„Wir sehen uns!" Er hebt eine Hand und schnappt sich im rausgehen noch ein paar Sachen. Dann fällt die Tür zu und ich bin in seinem Zimmer allein.

Ich starre auf das Bett und dann auf das Regal, in dem jetzt eine große Lücke klafft, wo Louis die Bücher hinausgenommen hat. Sein Zimmer ist zweckmäßig und hell eingerichtet, aber eher unordentlich. Auf dem verstaubten Schreibtisch liegen noch ein paar Bücher, jede Menge Blätter und ein Kabel, wo von Louis seinen Laptop abgezogen hat. Auch der Mülleimer quillt über von Papieren, Chipstüten und leeren Coladosen. Louis besitzt ziemlich viel Lichttechnik, fällt mir auf. In der linken Ecke, neben dem Schreibtisch stehen zwei Softboxen, mit denen man ein Motiv ausleuchten kann und eine zusätzliche Ringleuchte, mit einer Halterung fürs Smartphone. Alles Zeug, was er wahrscheinlich für seinen Instagram-Account benötigt. Ich will nicht neugierig sein. Deshalb ziehe ich mein Smartphone aus der Tasche um mich abzulenken. Aber da sind nur drei neue WhatsApp Nachrichten. Ich weiß, dass ich sie mir nicht angucken sollte. Es ist ein Fehler und ich werde mich damit nur noch selbst quälen. Dennoch kann ich gar nicht anders. Die erste ist von Nick, der nur fragen will, wie es mir denn so geht. Aber die nächste ist wieder von einer unbekannten Nummer. Und die Mitteilung ist nur unwesentlich kreativer als die letzten, die ich erhalten habe: der Absender beschimpft mich, bietet mir aber gleichzeitig an, mich mal so richtig durch zu vögeln.

Ich schmecke Galle auf meiner Zunge. Mit bebenden Fingern blockiere ich den Absender und lösche daraufhin den Chat. Die letzte Nachricht ist von meiner Mum und sie ist fast schon schlimmer für mich, als die davor.

Mum<3: Es war wunderschön mal wieder deine Stimme zu hören, Liebling! Verzeih mir bitte, dass ich im Augenblick nicht für dich und deine Schwester da sein kann, aber ich bin so froh, dass ich mir um dich keine Sorgen machen muss! Du weißt gar nicht, was das für eine Erleichterung für mich ist. Hab dich ganz doll lieb! Mum xx


♡︎♡︎♡︎

Hellou :)

How are y'all?

Kennt jemand dieses Gefühl, wenn man nicht unbedingt traurig ist, aber man sich einfach leer fühlt? Dieses Gefühl hatte ich, als ich zum dritten mal Red, White and Royal blue diese Woche beendet habe und es hat mich mal wieder innerlich zerstört 🤠

Als ich dann noch ungefähr um 2:34 Uhr dieses eine deepe Quote auf Pinterest gefunden habe, war ich komplett weg... (Bitteschön: „Sometimes you think that you want to disappear but all you really want is to be found.")

Ja, das war dann so ungefähr mein Ende für die Woche 🥲

ABER ANYWAYS ICH GEHE MORGEN IN ETERNALS 😌

All the love

J

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