Kapitel 47...Die Harper - Stallungen

                                                                                 °°°SAM°°°

Er betrat mit mir die Stallungen hinter dem Haus, eines der Gebäude, die etwas abseits des Herrenhauses lagen. Hier drinnen war es sehr sauber, der Gang in der Mitte zumindest. Links und rechts davon waren die Boxen und eine große, geräumige Sattelkammer.

Die großen Tore des Stalles standen zu beiden Seiten weit offen und Billy ging mit einem schwarzen Fohlen an der Leine an einem Tor zu den Koppeln davor spazieren.
Als er seinen Dad und mich sah, drehte er das Fohlen in unsere Richtung. Er führte das Fohlen langsam auf uns zu. "Komm Lissy!", sagte Billy zu dem Vierbeiner und schnalzte mit der Zunge.
Lissy setzte sich etwas bockig in Bewegung, aber sie folgte ihm brav und wich ihm nicht von der Seite.
"Dad!...Tante Sam!", rief er uns lachend zu und winkte zu uns herüber.
Voller Stolz stellte er uns Lissy vor.

Sie war also ein Mädchen und zwei Wochen alt.
Das Fohlen war sehr lebhaft und neugierig.
Sie kam auf mich zu getrappt, blieb auf Hüfthöhe vor mir stehen, stöberte in meiner Jackentaschen herum und sah mich mit ihren braunen, großen Kulleraugen an, als ob sie traurig sei, weil sie nicht fündig wurde nach dem, was sie erhoffte, in meinen Taschen zu finden. "Tut mir leid, Kleines!...", musste ich ihr wehleidig gestehen.  "...Meine Taschen sind leider leer.", gab ich dem Fohlen zu verstehen, zog die Innentaschen aus meinen Hosentaschen heraus, um es ihr zu beweisen. Ich stopfte sie wieder hinein und begann Lissy an ihrer Blesse zu streicheln. Sie genoss es anscheinend, denn sie trappte nicht eilig davon.

Billy gab seinem Vater die Leine und holte aus seinen Taschen kleine Leckerlis heraus...Würfelzucker aus der Küche vermutete ich. Er nahm meine Hand in seine, drehte sie um und legte mir ein paar davon auf die rechte, innere Handinnenfläche. Ich bedankte mich bei ihm und streckte dem Fohlen vorsichtig meine offene Hand hin. Ich wollte sie nicht erschrecken und tat es noch sehr zaghaft. Lissy schnupperte daran und sah auf zu mir. Dann bediente sie sich davon und ließ es sich schmecken.

"Ganz schön gierig und hastig das junge Fräulein.", stellte ich fest. Als Lizzy alles aufgegessen hatte, führte Max mich dann durch den Stall. Sechs Boxen zählte ich, vier davon waren in Benutzung.

Aus der ersten Box kam ein Mann mit einer voll beladenen Mistgabel heraus. Er trug ein rot - weiß - kariertes Hemd, seine Ärmel waren bis zu den Ellenbogen gekrempelt und sein Körper steckte in einer blauen Arbeitslatzhose. Seinen Kopf schmückte eine Basecup. Max sprach ihn an. Ich blieb an seiner Seite und er stellte mich ihm vor. "Angelo?...Sam Stanford!...Sam?...Angelo!...Unser Stallmeister.", und die beiden Männer gaben sich die Hände und umarmten sich freundschaftlich. Dann schaute Angelo mich an und streckte mir seinen rechten Arm entgegen. Ich griff nach seiner Hand.
"Miss Stanford! Es freut mich Sie kennenzulernen! Max hat schon viel von Ihnen erzählt!", begann Angelo seine Sätze herunter zu schnorcheln.  Hinter seinem Schnauzer konnte ich ein schüchternes Lächeln erkennen.

Ich schüttelte Angelo die Hand und sah Max grinsend an und feixte herum. "So? Hat er das?"

Max räusperte sich etwas und verpasste Angelo einen kleinen Tritt gegen seinen linken Fuß und Angelo sprang sofort darauf an. "Mister Harper, es ist schön, dass Sie wieder da sind!"
"Nur übers Wochenende, Angelo!...", und er klopfte ihm freundschaftlich auf seine linke Schulter. "...Aber ich denke, ich werde wieder öfters nach Hause kommen, wenn es die Zeit erlaubt.... Vielleicht bleibe ich dann auch mal etwas länger.", überlegte er kurz und sah mich vorwurfsvoll an. Von mir aus kannst du ruhig hier bleiben., war mein Gedanke und ich lächelte ihn schelmisch an.

"Kann ich vielleicht helfen, Mister Bernhard?", fragte ich schließlich Angelo freundlich und arbeitsbereit. "Das sieht nach Spaß aus.", und ich wartete die Antwort nicht ab und grinste Max frech an. Ich entzog mich seiner rechten Hand und nahm mir ebenfalls eine Gabel von der Wand weg und griff Angelo unter die Arme.

Max tat es mir gleich und nahm sich die zweite Box vor.
Angelo nahm die volle Schubkarre und brachte sie weg. Dann brachte er sie leer wieder und stellte sie vor die Boxen in den Gang, damit sie wieder gefüllt werden konnte.

"Na sowas? Urlaub und arbeitswütig, Sam?", entgegnete Max, als ich die erste Gabel mit Mist beladen auf die Karre warf. Max tat es mir gleich. "Hätte ich mir denken können, als wir hier herein gestolpert sind. Was frage ich denn erst?"

"Den Spaß kann ich mir doch nicht entgehen lassen, Harper! Allein schon der Geruch der Pferde ist es wert...", antwortete ich ihm keck gekonnt.

"...Was für ein Spaß, dann lohnt sich die Dusche heut Abend, Sam.", verdeutlichte Max mir zwischendurch. Das könnte dir so passen Freundchen!, grinste ich in mich hinein.
Dann nahm ich die Gabel hoch und richtete sie auf ihn wie ein Schwert, natürlich mit den drei Spitzen nach hinten und den Stiel auf Max gerichtet.
Ich zog verblüfft meine Augenbrauen in Richtung Stirn. "Unterstehen Sie sich überhaupt daran zu denken, Mister Harper! Jeder für sich allein!....Deutlich genug?", klärte ich die Fronten zwischen ihm und mir.

Max schlug gegen meinen Gabelstiel mit seiner und riss sie mir schnell wie der Blitz aus meiner  Hand und zog mich in seine Arme. Er legte seine Arme zärtlich um meine Hüfte und zog mich an sich heran. Seine starken, muskulösen Arme lagen nun um meinen Körper. Sein Atem beschleunigte sich und sein Herz begann zu rasen, als ob es ihm gleich aus der Brust springen würde. Ich fühlte seine Aufregung und innerlich konnte auch ich meine Schmetterlinge Freudengesänge singen hören.
Sacht strich er mir eine Strähne aus meinem Gesicht, die mir aus der Hochsteckfrisur gerutscht war. Ich folgte seiner liebevollen Gestik mit meinen Augen. Seine leichte Berührung ließ mich erschaudern und ich schien Wachs in seinen Händen zu werden.
"Das ist glaube die Stelle, wo ich Sie küssen sollte, Sam.", flüsterte er und kam meinem Gesicht näher. Seine Augen ruhten auf meinen Lippen. Ich ließ es zu, dass er meine Lippen mit seinen verschloss. Ich schloss meine Augen und lehnte mich an seinem Oberkörper. Ist mir da gerade ein Stöhnen entfleucht?...Verdammt!

Wow! Sehr intensiv und verlangend tat er dies und raubte mir dabei den Verstand.
Ich zog es lieber vor zu streiken, doch letztendlich unterließ ich es und gab mich ihm hin. Ich wollte diesen Mann. Das wusste ich jetzt. Aber irgendetwas hielt mich noch zurück, um den nächsten Schritt zu tun.

Angelo beobachtete wohl die kleine Show und amüsierte sich insgeheim darüber und dachte sich wohl seinen Teil. So verliebt und glücklich hatte er wohl Max noch nie gesehen...nicht einmal mit Sybil? Hatte er sie mal mit hierher gebracht und seiner Familie vorgestellt?  
Angelo nahm schließlich die volle Schubkarre und brachte sie mit dem Inhalt weg. Er kam damit leer zurück, stellte sie vor die Boxen, damit sie gefüllt werden konnte. Dann räusperte er sich.

Ich kam zur Vernunft und löste mich von Max und räusperte mich ebenfalls. Max lächelte mich verschmitzt an und zwinkerte mir mit seinem linken Auge zu.
Ich drehte mich von ihm weg und entließ mich aus seiner Umarmung und widmete mich wieder der Arbeit zu, hob die Gabel vom Boden auf, die Max mir aus der Hand gerissen und fallen gelassen hatte und ging auf Angelo zu.

"Was tun Sie damit?", fragte ich Angelo und zeigte auf den Mist auf seiner Gabel. 

"Das kommt auf den großen Misthaufen. Später wird es im Garten und auf den Feldern als Dünger verteilt."
Das reichte mir als Antwort.

Eine Stunde später waren die vier Boxen gesäubert und mit frischem Stroh ausgelegt.
Das Wasser in der Tränke wurde ebenfalls erneuert und neue Salzsteine wurden am Gitter der Boxen befestigt.
Nach unser Arbeit nahm Angelo drei Leinen von der ersten Box weg und ging in Richtung Koppel.
"Kommen Sie!", forderte Angelo Max und mich auf.
Wir folgten ihm bis zur Koppel und nahmen Lissy und Billy gleich mit. Die Beiden liefen natürlich vorn weg. Max lief neben mir her und rempelte mich hin und wieder an meinem Ellenbogen mit seinem an. Er fand das lustig. Also blieb ich mal ein paar Schritte zurück oder lief etwas vorn weg. Doch er tat es mir gleich. Irgendwann legte er seinen linken Arm um meinen Nacken und zusammen schlenderten wir gemütlich auf die Koppeln zu. Hin und wieder sah ich zu ihm und unsere Blicke trafen sich. Er lächelte mir zu und ich konnte nicht anders, als meinen Kopf an ihn zu lehnen. Es fühlte sich gut an, entspannt und erholsam. Es war mal was anderes als die Post sortieren und...und meine Gedanken schweiften um meine Eltern herum. Was tun sie gerade? Denken sie an mich und vermissen mich wie ich sie?

"Mögen Sie Pferde, Miss Stanford?", riss mich Max aus meinem kleinen Heimweh.
"Außer dem seltsamen Geruch der stolzen Tiere?...Wenn man mal davon absieht, dass sie größer, feurig, temperamentvoll, stark, sensibel und sanftmütig sind?
Lautet meine Antwort - Ja -, Mister Harper!"

"Okay, dann dürfen Sie unseren Andalusier in die Koppel führen. Angelo, Sie nehmen den Holsteiner und ich geleite unsere Miss Quarter Horse in die Box..." Dann drehte sich Max seinem Sohn zu, der vor dem Stall mit Lissy herum lungerte und sie bewegte.
"Billy? Du bleibst mit Lissy hier im Stall. Bring sie schon mal in ihre Box....Ihre Zieh - Mutter kommt auch gleich. Vergiss nicht die Milchflasche aus dem Haus zu holen."
"Geht klar, Dad!...Komm Lissy, du hast Grandpa Max gehört, ab in die Box mit dir. Und keine Widerrede!" Max blieb verdattert stehen, als er gehört hatte, wie Billy ihn nannte.

Grandpa Max!

Sah er denn schon so alt und grau aus? Doch er lächelte darüber. Er wusste, wie es sein Sohn meinte.

"Säugt die Mutter nicht das Fohlen?", hakte ich bei Angelo nach.
Er erklärte mir: "Das Fohlen kam von einer benachbarten Farm hierher. Die Stute, die es geboren hat, nahm es nicht an und verstieß es. Sie war noch eine sehr junge Stute. Die Nachbarn erwarben sie. Da war sie schon trächtig und keiner wusste davon."

"Und wie kam sie hierher zu den Harpers? Ich meine, haben die Vorbesitzer sich nicht darum gekümmert, dass die Beiden eine Beziehung aufbauen...so eine Art Mutter - Tochter - Beziehung oder das Fohlen mit der Flasche aufziehen?", fragte ich.

"Max und Billy waren dort, um sich die Stute anzusehen, als sie hörten, dass die Stute gefohlt hatte. Billy gefiel das Fohlen. Er war total vernarrt in dieses kleine Ding. Max konnte nicht anders. Also kaufte es Max für ihn. Somit lernt er Verantwortung zu übernehmen, sagt Max. Billy kümmert sich mit Freude und viel Liebe um die kleine Lissy und sie folgt ihm, wohin er geht."

Ja, sie ist sehr zutraulich und lieb und hört auf Billy, wenn er mit ihr unterwegs ist. Ich konnte es mit meinen eigenen Augen sehen. Er lief vor mit der Kleinen in den Stall und wir kamen mit den Pferden von der Koppel etwas später nach. Wir brachten sie in den Stall, banden sie vor ihren Boxen an die Gitter und striegelten sie und reinigten ihre Hufe. Danach nahmen wir ihnen die Halfter ab und hängten sie an die Boxeneingangsschiebetüren. Und irgendwann rief Fran nach uns, weil das Diner aufgetischt war. Wir verließen alle vier erledigt den Stall, löschten das Licht und schoben zufrieden die großen Türen von beiden Seiten zu. 

"Das Tisch decken ist Ihnen heute wohl erspart geblieben, Mister Harper!", scherzte ich. 

Ich bemerkte seinen Blick, der auf meinem ruhte. "Jetzt, wo Sie es sagen?", richtete er die Worte an mich. "Ich habe einen Bärenhunger Mister Harper!", gab ich  ihm zu verstehen. 

"Das sehe ich auch so Miss Stanford!", antwortete er mir und grinste. Max nahm Billy auf seine Arme, der schon fast schlief. Dann kehrten wir ins Haus und wuschen uns die Hände und nahmen am großen Tisch auf der Terrasse Platz. Der Abend war sehr angenehm und die Luft schwül. Das köstliche Essen, dass die Frauen des Hauses hergerichtet hatten, duftete vorzüglich. Als alle am Tisch saßen, sprach Max ein Gebet und dann wurde gegessen.

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