Kapitel 45...Harpers Elternhaus
°°° SAM °°°
Ich stieg aus dem Seat aus, straffte meine Sachen und blickte auf das, was sich vor mir gerade offenbarte. So etwas großartiges hatte ich noch nie gesehen. Tante Helens Holzhaus war schon ein überwältigender Anblick gewesen, aber das hier übertraf alles. Vor mir stand ein rotes Backstein - Haus, mit einem Erdgeschoß und einer 1.Etage und ein Dachgeschoß mit vier Dachfenstern - eins auf der rechten Seite und drei auf der Vorderseite. Es ragten vier Kamin - Schornsteine empor, auf jeder Seite einer, also zwei vorn und zwei hinten.
Auf der rechten Seite des Hauses befand sich ein kleiner, zweistöckiger Anbau. Womöglich war dort die Küche des Hauses...im Erdgeschoß, in der ersten Etage sicherlich ein Badezimmer...Ein heißes, entspanntes Bad, ja, das könnte ich jetzt nach dem Flug und dem Empfang gebrauchen...Ich sehnte mich nach einem schönen entspannten Olivenölbad und nach frischer Kleidung.
Links war eine Terrasse, hochgebaut auf Säulen zur ersten Etage, genau wie über der Eingangstür.
Das Haus besaß Sprossenfenster, genau nach meinem Geschmack.
Links und rechts vom Haupthaus gab es noch ein paar kleinere Nebengebäude, ebenfalls aus rotem Backstein erbaut....Ich frage mich gerade, welcher Architekt so etwas empor gebaut hat. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Meine Faszination zu diesem Gebäude wurde jedoch unterbrochen, als Max, mit seinem Sohn Billy an seiner rechten Hand, auf mich zu kam. All mein Staunen hatte ein jähes Ende und holte mich aus meiner Überwältigung heraus.
"Gefällt es Ihnen, Miss Stanford?", fragte Max mich, als er neben mich trat. Billy löste sich von seiner Hand und rannte ins Haus.
"Es...Es ist...Oh mein Gott! Es ist überwältigend!...Ein einzigartiger Baustil!...Ist das Ihr Werk?", brachte ich nur überwältigt heraus.
Max zwinkerte mir mit seinem rechten Auge zu. "Kommen Sie! Ich führe Sie herum und zeige Ihnen alles!" bot Max sich mir an.
"Halt!...Hier geblieben!...Erst bringst du Miss Stanfords Koffer auf's Zimmer!...Na los...Steh hier nicht so angewurzelt herum!...Die Führung kann warten...Wir trinken erstmal alle eine Tasse Kaffee auf der Terrasse hinter'm Haus und dann kannst du Miss...!...Miss...Jetzt hab ich doch glatt Ihren Namen vergessen...!" spöttelte Georgia.
Typisch! Sie ließ gleich durchsickern, dass sie der Hausdrachen der Harpers war. Und das Schlimmste obendrein war, sie hatte meinen Nachnamen vergessen! Absicht? Oder Desinteresse? Also lenkte ich ein. "...Stanford, Misses Harper!...Mein Name ist Sam Stanford!... Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Ihnen ins Wort falle, das ist nicht meine Art...!", gab ich ihr zu verstehen. Das brachte mich sowas von auf die Palme.
"Miss...Stanford!", wiederholte Georgia etwas eingeschnappt und zynisch. Georgia ging voraus und die Anderen folgten ihr ins Haus.
Nur Max und ich standen noch draußen an den Autos auf dem Parkplatz vorm Haus.
"Hab ich...Hab ich was Falsches gesagt?", entgegnete ich unsicher, als ich den anderen hinterher sah, bis sie im Haus verschwunden waren und sah geschockt Max an.
"Oh ja! Sie haben meine Mutter im Reden unterbrochen, ihr soeben das Zepter aus der Hand genommen und ihr die Stirn geboten!", sprach er mit einem Lächeln im Gesicht.
"Sie finden das lustig?", stellte ich ihm die Frage.
Er bejahte diese und gab mir noch zu verstehen: "Gleich drei Dinge auf einmal!...Und ich finde das sehr beängstigend, Miss Stanford!"
"Also hat ihre Mutter in dieser Familie die Hosen an?"
Max bejahte zustimmend.
"Ookaayy!", zog ich das Wort in die Länge. Es überraschte mich nicht, dass sie das Sagen in dieser Familie an sich gerissen hatte.
"Haben Sie jetzt Angst vor meiner Mutter?", grinste er wie ein Schelm, der Schabernack trieb.
"Keineswegs! Ich lasse mich nicht unterkriegen! Es wird mir ein Vergnügen sein, sie von ihrem hohen Ross herunter zu holen.", grinste ich von mir eingenommen und ging auf das Haus zu, um es mit ihm an meiner Seite zu betreten.
"Das glaube ich Ihnen auf's Wort, Miss Stanford.", belächelte Max ebenfalls die Situation.
Er war verblüfft.
"Wow!...Ich möchte Sie nicht zum Feind haben, Stanford!"
Ein paar Schritte ging ich auf die weiße Eingangstür zu. Dann blieb ich stehen und drehte mich zu ihm um. "Nun kommen Sie schon! Bevor ihre Mutter Ihnen die Polizei auf den Hals hetzt, weil sie ihren Befehlen nicht Folge leisten!", rief ich ihm zu, weil er immer noch am Auto stand.
"Na schön, auf in den Kampf, Miss Stanford! Sie gehen voraus! Ich folge Ihnen und gebe Ihnen Rückendeckung!", und schon hörten wir Max' Mutter durchs Haus nach einer Frau lauthals rufen.
"Miiissssses Beeeeernhaaaaard!!!...Wir sind zurück! Sie können servieren!"
Max ging mit seinem Sohn ins Haus, der an der großen weißen Eingangstür auf ihn gewartet hatte und ich folgte ihnen bis ins Esszimmer und von da aus zur Terrassentür hinaus.
"Setzen Sie sich doch dann bitte zu uns und leisten Sie uns mit ihrem Mann Gesellschaft, Fran.", rief Georgia in die kleine Küche und forderte die Haushälterin dazu auf sich zu uns zu setzen.
Die Küche befand sich, wie ich es vermutet hatte, in dem kleinen Anbau, den ich von draussen aus gesehen hatte.
Sie hatten eine Haushälterin?...Wow!
Konnten die Harper's sich das wirklich leisten?
Was tat Frans Mann hier auf dem Gelände? , fragte ich mich....und schon bekam ich meine Antwort.
"Miss Stanford?...Das sind Mister Angelo und seine Frau Fran Bernhard. Sie kommen aus Italien...Fran führt den Haushalt und ihr Mann kümmert sich um die Stallungen, Gärten und Weinberge. Er hat ein sehr gutes Händchen für unsere Pferde und den Wein...", stellte Allan sie mir vor. Ich nickte den Beiden nur freundlich und mit einem Lächeln aufgesetzt zu. Es war ja noch Zeit, alle in diesem Haus kennenzulernen und dann setzten wir uns alle an den großen Esstisch.
Die Harper's besaßen also auch Pferde und Weinberge! So, so!...
Was war Max' Vater nochmal von Beruf?
Ach ja, richtig!...Architekt...So etwas erwähnte Max während des Fluges hierher. Hatte er vielleicht dieses immense Gebäude mit Max zusammen aufgebaut? Auch sein Bruder war in das Geschäft mit eingestiegen. Er war ebenfalls Architekt. Also könnte er auch mit daran beteiligt gewesen sein, dieses Haus aus dem Nichts erstehen zu lassen. Stan schien der Stillste aus dieser Familie zu sein. Er antwortete nur, wenn er gefragt wurde oder wenn er etwas zu sagen hatte. Ansonsten überließ er das Reden den anderen. Max' Schwester arbeitete in einer Modeboutique in der Stadt. Sie war auch gekleidet wie ein bunter Vogel. Alex würde laut schreien vor Entsetzen. Denn Max' Schwester gehörte definitiv in einen Vogelkäfig gesperrt. Das hätte Alex auch gesagt, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Bryan, Claras Mann, schien auch ein ruhiger Beamter zu sein. Er hatte seit unserer Ankunft kein Wort gesprochen. Vielleicht hatte er Redeverbot, weil er mir zu viel über diese Familie erzählen könnte.
Was tat Max' Mutter den ganzen Tag, außer im Moment auf Billy zu achten?...Herrschen, Dirigieren, das Zepter schwenken und Geld ausgeben.
Die ganze Familie und die Bernhards saßen mit mir an dem großen, langen Tisch aus Beton - Optik. Die Stühle drumherum waren aus Polyrattan - Geflecht.
Billy und Max hatten mich in ihre Mitte genommen, damit ich mir nicht wie eine Außenseiterin vorkam.
Es ging sehr redselig und friedlich am Tisch zu und es wurde viel bei Kaffee und Kuchen gelacht.
Georgia hielt sich mit ihren Spitzen etwas zurück und versuchte Streitereien zu vermeiden. Sie konnte sich ja doch mal zusammenreißen und ihr Temperament zügeln. Ich sah ihr an, dass es ihr schwer fiel, die Füße still zu halten. Da sie sich wohl am liebsten im Mittelpunkt der Familie sonnte.
Ich lehnte mich derweil müde zurück und beobachtete die familiäre Atmosphäre.
Ich war zwar etwas müde von dem zweistündigen Flug, doch ließ ich es mir nicht anmerken.
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