Kapitel 31...Max und Sybil - Sybil und Ich
°°°SAM°°°
Jeder kommt mal zu spät zur Arbeit. Es können viele Gründe sein: der Stau auf dem Highway, der Wecker klingelt nicht, weil die Batterien über Nacht leer geworden sind oder das Auto springt nicht an. Vielleicht ist es auch ein Tag, der ohne Kaffee begonnen hat oder es ist ein Tag, an dem es in den frühen Morgenstunden begonnen hat wie aus Eimern vom Himmel zu gießen. Heute war so ein Tag.
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Alex kam an diesem Morgen zu spät zu ihrer Schicht und völlig durchnässt ins Hotel. Sie sah aus wie ein Pudel und tropfte an jeder Ecke ihres Mantels. Sie hinterließ eine große, lange Pfütze vom Eingang des Hotels bis hin zur Rezeption. Bei mir angekommen, schüttelte sie sich und ihren Schirm aus. Ich bekam einige Wassertropfen ab und sah von meinem Schreiben auf.
"Guten Morgen Stanford!", grüßte Alex mich.
Ich sah von den Wassertropfen auf dem Empfang und von meinem Zettel auf und stoppte meine Arbeit.
"Warst du beim Feuerwehr - Einsatz, Marshal?"
Alex sah an sich herab und grinste. "So ähnlich! Draußen regnet es wie aus allen Wolken!...Ich habe leider meine Schwimmflügel zu Hause vergessen. Sonst wäre ich hergeschwommen."
Ich sah sie an und begann zu schlucken. "Ich würde sagen, geh dich erstmal umziehen. So kommst du mir nicht zur Arbeit, sonst schwimmst du mir hier noch davon, Marshal....Oder du wirst seekrank." Doch ich konnte mir ein freches Schmunzeln nicht verkneifen und ließ Alex wissen: "Tut mir leid, dir sagen zu müssen, die Rettungsringe sind uns leider ausgegangen."
Alex lächelte breit übers Gesicht und fragte ganz leise, so dass es nur sie und ich es hören konnten: "Hast du mir wieder verziehen? Ich höre da so eine leichte Besorgnis in deiner Stimme."
Ich musste plötzlich laut lachen. Ich konnte nicht anders und lachte einfach drauf los. "Ich gebe dir noch die eine Chance, dich auf deinen Job zu konzentrieren. Also geh dich umziehen, dass du in trockene Gewässer kommst. Und wenn du damit fertig bist, ruf bitte unsere fleißigen Wischfrauen an, damit sie sich um deine Pfützen kümmern, sonst rutscht noch jemand aus und bricht sich das Genick!"
"Wird sofort erledigt Chefin!", salutierte Alex mir.
Ich holte schlagartig Luft und platzte förmlich. "Nenn mich bitte nicht so, ja?!", kam es dabei plötzlich genervt von mir zu ihr hinüber. Ganz ehrlich? Ich hatte die Nase gestrichen voll und konnte es nicht mehr hören.
"Okay! Entschuldige!...Kommt nicht wieder vor!", blödelte Alex.
Und es wurde ziemlich laut in der Lobby. Alex horchte auf und sah mich fragend an. "Was ist da los?"
"Keine Ahnung! Ich werd mal nach dem Rechten sehen. Geh dich bitte trocken legen, Alex! Der Empfang sollte nicht lange unbeaufsichtigt bleiben."
"Ich beeile mich, Sam!", rief sie kurz vor dem Verschwinden im Empfangsbüro mir noch zu.
"Danke dir, Marshal!"
Ich kam hinter dem Empfang vor und folgte der Lautstärke, die unmittelbar vom Eingang des Hotels her kam. Ich traute meinen Augen nicht. Dort waren Sybil und Max in eine heiklen Streiterei verwickelt. Wieso verzogen die Beiden sich nicht in sein Büro, um die Diskussion dort weiterzuführen? Musste das hier in der Lobby stattfinden, wo alle sie hören und sehen konnten?
Ich blieb etwas abseits stehen und wartete, falls ich eingreifen musste, wenn es eskalieren sollte. Es ging mir in diesem Moment nicht darum, zuzuhören. Mir ging es dabei um den Ruf des Hotels und um die Privatsphäre, die sieben von den Beiden breit getrampelt wurde.
Max klang sehr verärgert über das Erscheinen und Auftreten von seiner Ex, Sybil. So viel war nun nicht zu übersehen und zu überhören.
"Was willst du hier?...Erst verschwindest du spurlos und jetzt fällst du aus heiterem Himmel aus allen Wolken hier herein? Sag mir nicht, dass dein Erscheinen etwas mit dem Job hier zu tun hat! Geht es dir etwa um Billy?...Ich hab das alleinige Sorgerecht für ihn. Er hat es bisher ohne seine Mutter geschafft und er wird es auch weiterhin ohne dich schaffen!"
Sybil warf ihre offene Haarpracht hinter ihre Schultern, holte tief Luft und giftete ihn an. "Der Junge interessiert mich nicht, Max! Ich bin hier, um zu arbeiten. Ich vertrete Misses Crawford, bis es ihr wieder besser geht."
Max empörte sich anscheinend über ihre Antwort. "Das glaubst du doch wohl selber nicht? Ich hab von deiner Aktion gehört...Du bist Sekretärin und nicht die Chefin dieses Hotels!"
"Würdest du das auch zu mir sagen, wenn ich die Aussicht hätte, die Chefin dieses Hotels zu werden?", hinterfragte sie ihn barsch und trat näher an ihn heran und versuchte mit ihm zu flirten. Was sollte das denn gerade bedeuten?...Wenn sie die Aussichten dazu hätte. Ging es mir durch mein Gehirn.
"Wovon redest du?", wehrte er sie von sich ab.
"Du wirst die Leitung übernehmen, wenn der alte Mann abtritt....", erinnerte sie Max daran und griff nach seinem weißen Hemd unter seiner Jackett - Jacke. Sie spielte wahrscheinlich an den Knöpfen herum und lehnte sich bei ihm an seinen Oberkörper an.
"...Bis dahin werden du und ich uns wieder blendend verstehen und vielleicht wird ja wieder etwas mehr aus uns als nur Kollegen.", heuchelte sie.
Max lachte auf, riss ihre Hände von seinen Klamotten und sagte zu ihr:
"Träum weiter Sybil! So weit wird es nicht kommen. Wenn Misses Crawford wieder gesund ist, tritt sie ihren Job hier wieder an und DU wirst entlassen. Dafür werde ich sorgen! Verlass dich drauf!", und er ließ sie schulterrempelnd stehen.
Sybil sah ihm nach und entdeckte mich schließlich an der Säule, in der Nähe meines Büros.
Sie kam auf mich zu und lehnte sich mit ihrer linken Schulter an eine Säule.
"Ich hoffe, Sie haben jedes Wort verstanden, Miss Stanford!", und sie zwirbelte an einer ihrer langen Strähnen herum.
"Misses Steward!...", begann ich zu sprechen. Dachte sie etwa gerade, dass das für mich eine interessante Szene war und ich Gefallen daran fand? Träum weiter du blöde Kuh! Musste ich das jetzt über mich ergehen lassen? Natürlich nicht! Doch ich gab ihr die passende Antwort darauf. "...Kein Wunder, dass Sie Witwe sind. Sie werden mit Ihrem Mann, Mister Steward, sicherlich auch in diesem herrischen, bedrohlichen Ton umgegangen sein. Der wird ihn sicherlich auch auf die Palme gebracht haben, wie Mister Harper...Ich nehme an, er ist an Herzversagen verschieden, ihr Mann?.." Ehrlich gesagt, war ich sonst nicht so herzlos, ganz im Gegenteil. Doch für diese Frau konnte ich absolut kein Mitleid übrig haben, sondern geigte ihr einfach weiter meine Meinung.
"Überspannen Sie den Bogen nicht, Sybil Steward!...Sonst werden Sie mich kennenlernen! Dann bin ich nicht mehr so ruhig und entspannt und freundlich wie jetzt....Halten Sie sich an die Hausordnung und belästigen und bedrohen Sie nicht unsere Angestellten, sowie den Herr des Hauses...vor allem nicht in der Öffentlichkeit!...Es war bereits Ihr zweiter Fehler, den sie binnen von einer Woche gemacht haben! Noch so ein Fehltritt, Misses Steward, und Sie sind weg vom Fenster!"
"Das sagt mir WER? Sie haben mir gar nichts zu sagen, Miss Stanford!", pöbelte sie mich an. Besaß die Frau überhaupt keinen Respekt? "Ihr Vater und Max haben das Zepter in der Hand! Sie sind nur die Tochter des Hauses!", protestierte Sybil gegen mich.
Ich trat ganz nah an sie heran. "Das hat Sie aber nicht davon abgehalten, Mister Evans für die Fahrstühle einzustellen...ohne das Einverständnis der Beiden!" Sybil schluckte und ich flüsterte.
"Ich bin - nur - die Tochter des Hauses?...Finden Sie das wirklich?...Da irren Sie sich, Misses Steward!
Mein Vater kann die Einarbeitung von Mister Harper jederzeit abbrechen! Dann haben Sie das Nachsehen...Und ihre Zukunftspläne mit dem Besitzer dieses Hotels können Sie sich abschminken!...Also hüten SIE sich, wen Sie hier vom Thron stoßen wollen und mit wem Sie sich noch anzulegen versuchen!...
Ich hoffe, ich hab mich KLAR und DEUTLICH ausgedrückt, Misses Steward!
Ach ja!... Mein herzliches Beileid für Ihren verstorbenen Mann!", und ich trat ab und ließ eine wütende Furie von Sybil zurück.
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