9.

Namjoon's PoV.:

Mit einem leeren Magen, Aufregung in den Gliedern und einem Chaos an Gedanken im Kopf, hatte es sich als extremst schwierig erwiesen zu schlafen. Gerade als mir die Augen zufielen und ich glaubte endlich meine innere Ruhe gefunden zu haben, hallte der laute Weckruf von Truppenleiter Jeon durch den Saal.
„Aufstehen, ihr faulen Säcke! Ein neuer Tag ist angebrochen!".

Liebevoll, schoss es mir durch den Kopf, als ich mich langsam aufsetzte und durch mein müdes Gesicht fuhr. Auch die umliegenden Soldaten regten sich, mit unter ihnen Jackson. Der braunhaarige blickte verschlafen zu mir rüber, ehe er sich die Augen rieb. „Gut geschlafen, Namjoon?", fragte er dann nach.
„Nicht ein bisschen", grummelte ich. Jackson seufzte mitfühlend und hievte sich schließlich hoch. „Du gewöhnst dich dran, keine Sorge".
„Ich hoffe".

Nachdem wir uns alle die schwarze Uniform angezogen und uns in einem der großen Waschräume Gesicht und Hände waschen konnten - wobei ich auch gleich meine offene Wunde am Hals und diverse andere Wunden säuberte -, marschierten wir als eine gesamte Truppe zum Speisesaal. Ganz an der Spitze lief Jungkook, der uns während unserer Morgenroutine durchgehend anspornte, denn; Ansonsten ist das ganze gute Essen weg, noch bevor wir ankommen. Das stimmte natürlich nicht, so wie Jackson mir erklärte. Die Drohung sollte lediglich dazu dienen, uns schneller fertig zu machen.

Der Speisesaal war ein weiterer großer Raum, den ich vorerst bloß mit offenem Mund bewundern konnte. Mächtige Säulen standen zwischen Mamorboden und Decke, bunte Papierlaternen und Tücher hingen von oben herab und es gab 10 lange Holztische, die sich bis nach vorne zum Podest des Königs, seiner Königin und dem Prinzen erstreckten, aufgedeckt mit den nahrhaftesten Leckereien die ich jemals gesehen hatte. Reis, Gemüse, Fleisch und Käse, Obst, Brot...

Plötzlich kamen mir die überfüllten Schlafsäle mit ihren hässlichen Strohmatten gar nicht mehr so schlimm vor.

Mit meinem Blick gierig aufs Essen gerichtet, setzte ich mich auf die Sitzbank des Tisches und griff gleich zu meinen Stäbchen, nur um mir dann eine riesige Portion trockenen Reis in den Mund zu stopfen. Die Soldaten um mich herum musterten mich erst abschätzig, taten es mir dann aber gleich, mit dem Unterschied das sie es etwas gesitteter angingen.

„Ich hätte dir vielleicht doch mein Obst geben sollen", merkte Jackson an, als er sich neben mir niederließ und ebenfalls anfing zu essen.
„Ist schon okay. Im Endeffekt hätte ich mich sowieso nur schlecht gefühlt, weil ich dein Essen aufgegessen hätte", antwortete ich mit vollem Mund und schob mir gleich danach ein Stück Fleisch in den Mund. Meine Geschmacksknospen schienen fast zu explodieren, als das Öl und die verschiedenen Gewürze sie erreichten.
„Mit Schuldgefühlen bist du hier an der falschen Stelle. Im Palast brauch dir unter den anderen Männern nichts leidtun. Auch nicht das wegessen von irgendwelchem Obst oder Gemüse", mahnte er mich vor, „Hier brauchst du ein Herz aus Stahl, um überleben zu können".
„Ich werde mein bestes geben", nuschelte ich zwischen Paprika und Möhren.
„Gut, denn-...", fing Jackson wieder an, doch wurde prompt von dem lauten Ruf eines Eunuchen unterbrochen. „Der König und seine königliche Hoheit!", rief dieser.
Die Gespräche im Saal wurden sofort eingestellt und alle ließen ihr Besteck nieder. Ich, der den Mund immer noch voll mit Essen hatte, tat es ihnen widerwillig nach und richtete meinen Blick auf die großen Eingangstüren des Speisesaals.

Mit einem kräftigen Schwung wurden diese von zwei Frauen – vermutlich Sklavinnen – aufgedrückt und der König trat ein, hinter ihm die Königin und der Prinz laufend. Sie gingen mit großen Schritten auf das Podest vorne zu und setzten sich schließlich an den langen Tisch, der dort für sie angerichtet worden war.

Mein Blick landete auf jedem einzelnen der drei Adeligen. Vom König, dessen Krone auf seinen gräulichen Haaren imposant glänzte, bis hin zur Königin, die elegant ihre weiten Ärmel des Kleides zurückstrich, um besser an ihren Tee heran zu kommen. Letztendlich beäugte ich auch den Prinzen, der in seinem seidig blauen Gewand, auf dessen goldene verschnörkelte Muster gestickt waren, nahezu perfekt aussah. Er saß ganz am Ende des königlichen Tisches, seine Augen desinteressiert durch den Raum schweifend.
Als sich unsere Blicke trafen, konnte ich vorerst nicht anders als ihn einfach weiter anzustarren. Doch als seine Augenbrauen zusammenzuckten und er sich warnend etwas aufsetzte, senkte ich meinen Blick schnell.

Natürlich war es mir nicht erlaubt ihn anzusehen...

„Halte niemals Blickkontakt mit Prinz Yoongi, dem König, oder der Königin. Das kann böse für dich enden", zischte Jackson mir zu, der mich offenbar beobachtet hatte. Verärgert schaute ich auf meine Schüssel Reis herunter. „Nicht einmal angucken darf man die Adeligen".
„Natürlich nicht. Die wollen dein erbärmliches Gesicht nicht sehen", erklärte Jackson knapp, was tatsächlich an meinem Ego kratzte. „Ich sehe nicht erbärmlich aus".
„Ich weiß, aber für die schon".

Ich wollte daraufhin noch etwas erwidern, doch da ich keine Lust auf eine Diskussion hatte, beließ ich es bei einem schwerfälligen seufzen.
Truppenführer Jeon hatte Recht gehabt; ich musste noch eine Menge lernen. Und dabei fragte ich mich wirklich, ob ich überhaupt in das System eines Palastes hineinpassen würde. Zurzeit fühlte ich mich mehr als fehl am Platz und es war mir auch immer noch ein Rätsel, was ich alles tun durfte und sein lassen musste. Diese ganzen Sitten machten mich beinahe verrückt, doch ich hoffte inständig, dass ich mich an sie gewöhnen würde. Schließlich hatte ich hier eine wichtige Aufgabe zu erledigen.

Urplötzlich kam mir eine Idee in den Sinn.

„Sag Mal, Jackson, kannst du mir etwas über die Königin erzählen? Und vielleicht auch etwas über den König und Prinz Yoongi?", fragte ich neugierig nach.
Jackson knabberte nachdenklich an einer Paprika. „Was willst du denn wissen?".
„Ich weiß nicht, einfach irgendwelche wichtigen Infos", antwortete ich unsicher.

Nachdenklich legte er den Kopf schief und schielte dann zu dem königlichen Tisch nach vorne. „Also über die Königin gibt es so einiges zu sagen. Sie hat den so ziemlich schlimmsten Charakter von allen. Sie ist diejenige, die mit vergnügen unmenschliche Befehle gibt, wie zum Beispiel die Jagd auf neue Sklaven und Sklavinnen für den Palast. Sie ist ziemlich dickköpfig, bekommt oft ihren Willen und tendiert dazu, den König wie eine Puppe herum zu kommandieren. Der alte Mann hat zwar auch seinen eigenen Kopf, aber er lässt sich viel zu schnell von seiner Frau beeinflussen. Ein witziger Fakt zu der Königin: Sie hat riesige Angst vor Ratten und Mäusen. Wenn ihr eine Ratte über den Weg läuft, vergisst sie sämtlichen Anstand und springt oft die am nächsten stehende Person an".

Ein amüsiertes schmunzeln legte sich auf meine Lippen.
Damit hatte ich nicht gerechnet, aber damit konnte man definitiv etwas Gutes anfangen.

„Zum König: Er liebt Schach. Das Spiel spielt er mindestens einmal am Tag und immer ist es Prinz Yoongi, gegen den er spielt. Der Prinz hingegen mag das Spiel gar nicht und sowieso, er hegt gegen vieles Hass. Yoongi ist wählerisch beim Essen, bei der Wahl seines Reitpferdes, bei der Wahl seiner Klamotten und man sagt sich, dass er die Königin bis auf die Knochen nicht leiden kann. Es gibt Tage, da hat Prinz Yoongi seinen eigenen Kopf und tut alles, was ihm verboten ist. Er reitet des Öfteren weg, ohne jemandem Bescheid zu geben und manchmal verzapft er sogar Ärger mit irgendwelchen unschuldigen Dorfbewohnern. Kurz gesagt, Prinz Yoongi ist ein kleiner Teufel, dem man nur aufgrund seines guten Aussehens verzeiht".
„Klingt für mich nach einem wilden Haufen", murmelte ich, während ich mir wieder ein Stückchen Fleisch in den Mund schob.
„Oh ja, das ist wirklich ein wilder Haufen".

Für einen kurzen Moment schielte ich nach vorne zu dem Podest hoch.

„Wer sind die Männer und Frauen hinter der Min Familie?", fragte ich dann nach.
„Das sind persönliche Eunuche und Sklaven. Der große Typ hinter Yoongi ist ein spezieller Wächter für den jungen Prinzen. Sein Name ist Hoseok und er ist einer der besten Schwertkämpfer im Palast", erklärte Jackson.

Interessiert scannte ich Hoseok von oben bis unten ab. Er war in einer schweren Rüstung eingekleidet, die der von Truppenanführer Jeon ähnelte, und hatte eine Hand auf dem Griff seines Schwertes ruhen. Sein Gesichtsausdruck war starr, dennoch aufmerksam.

„Ist Hoseok immer bei Prinz Yoongi?", hakte ich nach.
„Man sagt, dass der Kerl jeden Tag und jede Nacht vor des Prinzen Zimmers verbringt und dort über ihn wacht... Aber ich weiß nicht genau, ob das stimmt. Zumal Prinz Yoongi es sogar schafft ihn auszutricksen".
„Und die Eunuchen und Sklaven? Sind die auch immer bei dem König und der Königin?".
„Ich glaube schon. Jedenfalls sieht man sie nicht ohne ihr Personal".

Wenn Jackson's Worte stimmten, dann würde es durchaus schwerer werden an die Königin heran zu kommen. Eine unachtsame Tat könnte mich verraten. Hier im Palast hatten sie Augen und Ohren überall, ich müsste also besonders vorsichtig sein. 

Kleines Informations-Kapitel zu den Charakteren der Adeligen ^^
Wenn Namjoon wüsste, wieviel Ärger Yoongi ihm noch machen würde, wäre er jetzt sicherlich nicht so motiviert xD

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