41.

Namjoon's PoV.:

Als das Training des Prinzen gegen Nachmittag vorbei war, machten wir uns auf den direkten Weg in die große Halle. Hier hatte uns der König höchstpersönlich hinbestellt. Warum, wussten wir allerdings nicht. Der Prinz hatte aber bereits eine ungute Vorahnung.
„Ich wette mit dir das es um die Vermählung zwischen mir und einem Bauernsweib geht", brummte er.
„Das wissen wir doch gar nicht. Vielleicht will dein Vater auch einfach nur etwas Wichtiges mit dir besprechen", sprach ich kleinlaut auf ihn ein.
„Das glaube ich nicht. Mein Vater lässt sein Schachspiel nicht einfach so sausen. Und erst gestern hat er von einer Hochzeit gesprochen; ich bin mir also ziemlich sicher".

Auch, wenn ich es selber nicht wahrhaben wollte, sollte der Prinz rechtbehalten. Nachdem ich ihm die große Doppeltür zu der Halle aufgehalten hatte, wurden wir gleich von Zehn ausgewählten Mädchen begrüßt. Sie standen in einer Reihe vor den Fenstern, den Kopf respektvoll gesenkt. Keine von ihnen sah aus wie ein Bauernmädchen, denn sie alle waren gewaschen und in bunte Hanboks gekleidet. Die Haare hatten sie mit hübschen Stecknadeln hochgesteckt, jede von ihnen in einer unterschiedlichen Frisur.

Prinz Yoongi blieb vorerst protestierend im Türrahmen stehen und besah sich die Menge an Mädchen mit einem abwertenden Blick. Als sein Blick dann das höhergelegene Podest hochwanderte, zu seinem Vater, der dort mit einem triumphierenden Grinsen auf seinem Thron saß, gab er ein ungläubiges Schnauben von sich. Für einen Moment dachte ich er würde umdrehen und die Halle wieder verlassen, doch dann schritt er gesittet zu ihm nach oben. Ich folgte ihm dabei dicht auf den Fersen, nicht gewillt ihn in diesem Moment alleine zu lassen. Er schien es sogar zu gebrauchen, denn als er sich auf seinem Thron niederließ, warf er mir einen dankbaren Blick zu. Ich nickte ihm einmal aufmunternd zu und erst darauf wandte Yoongi sich seinem Vater zu.

„Was wird das?", fragte er, so tonlos das es mir eiskalt den Rücken hinunter lief.
„Was das wird? Das habe ich dir gestern schon erzählt, Sohn...", antwortete der König und machte eine Geste zu den vielen Mädchen. Augenblicklich lösten sie sich aus ihrer versteiften Haltung und stellten sich in drei Reihen vor dem Podest auf.
„Ja, aber ich kann mich auch daran erinnern dir gesagt zu haben das ich da nicht mitmachen werde. Ich werde mir keines der Mädchen aussuchen", zischte Yoongi ihm währenddessen zu. „Jetzt schau sie dir doch erst einmal an. Wir haben die hübschesten und begabtesten für dich rausgesucht", der König deutete erneut auf die vielen Mädchen, „Stellt euch meinem Sohn vor!", befahl er dann laut.

Prinz Yoongi stöhnte genervt und schüttelte hoffnungslos den Kopf. Die meisten Mädchen wurden dadurch sichtlich eingeschüchtert, fingen aber dennoch an aufgrund des Befehles sich vorzustellen; eine nach der anderen. Sie nannten ihren Namen, ihr Alter und dann wodrin sie besonders begabt waren. Die meisten erzählten von ihrer Gabe zu sticken, einige andere wie sie sich mit Heilkräutern auskannten und Kochen konnten. Wieder andere prahlten damit wie sie einen Haushalt zu pflegen wussten. Keines der Dinge interessierte den Prinzen. Er stützte dramatisch gelangweilt den Kopf auf seiner Handfläche ab und starrte ins Leere. Das er das tat um allen Anwesenden zu zeigen das er kein Interesse an einer Beziehung hatte, leuchtete mir sofort ein. Und ich konnte ihn verstehen, denn würde ich an seiner Stelle sitzen, hätte ich vermutlich dasselbe getan.

Als auch das letzte Mädchen sich vorgestellt hatte, klatschte der König begeistert in die Hände und sah zu seinem Sohn rüber. „Was sagst du? Eine davon muss es sein".
„Es wird keine von denen sein...", antwortete Yoongi.
„Aber mein Sohn, ich-...".
„Nein, Vater. Ich werde keines der Mädchen zur Frau nehmen", fiel der Prinz ihm ins Wort und erhob sich dann. Er strich seinen Hanbok noch einmal glatt, ehe er mit erhobener Stimme zu sprechen anfing: „Keine von euch wird jemals meine Frau werden! Spart euch die Mühe und kehrt zurück zu eurem eigenen Leben!".

Einige der jungen Mädchen hielten sich schockiert eine Hand vor den Mund und einige andere fingen an verwirrt miteinander zu tuscheln.

„Min Yoongi!", fuhr der König seinen Sohn laut an und plötzlich wurde wieder alles still in der Halle. Selbst mein Herz setzte für einen kurzen Moment überrascht aus. „Hör auf dich wie ein Narr aufzuführen!".
„Du bist hier der einzige Narr, Vater! Deine Bemühungen sind unnötig", und damit stolzierte der Prinz dann erhobenen Hauptes das Podest herunter, mitten durch die entsetzt quickende Menge von Mädchen.

Der König warf mir einen fassungslosen Blick zu. Sein faltiges Gesicht wurde wieder puterrot vor Wut und ich glaubte seine alten Augen noch nie so wild brennen gesehen zu haben.
„Entschuldigen Sie mich, meine Hoheit", sprach ich und verbeugte mich einmal vor ihm, ehe ich dem Prinzen hinterhereilte. Dieser marschierte mir mit so schnellen Schritten voraus, dass ich Mühe hatte ihm überhaupt zu folgen. Ich musste rennen, um ihn draußen auf den Fluren einholen zu können.

„Prinz Yoongi-...", keuchte ich außer Atem.
„Nenn mich nicht so", knurrte er und verschnellerte seine Schritte noch mehr.
„Tut mir leid, Yoongi, ich-...".
„Lass mich den Rest des Tages in Ruhe".

Augenblicklich presste ich die Lippen zusammen und verlangsamte mein Tempo etwas, sodass ich Yoongi mehr Freiraum bieten konnte. Als er dann schniefend in seinem Zimmer verschwand, blieb ich wortlos davor stehen. Es war ein richtiges Déjà-vu, dass ich hier gerade durchlebte. Erst am Vorabend hatte er sich genauso verhalten und zugegeben zerbrach es mir das Herz ihn so zu erleben. Vor allem, weil ich wusste das er auch anders sein kann und ich diese andere Seite an ihm viel lieber mochte.

Genauso wie er es mir befohlen hatte, ließ ich ihn in den Rest des Tages in Frieden. Bis zum Abendessen durfte er alleine in seinem Zimmer vor sich hin weinen und dabei fluchen und selbst danach sagte ich kein Wort mehr zu ihm.

Das einzige was den Tag etwas rettete, war die Tatsache das die Königin beim Abendessen nicht anwesend war. Laut ihres Eunuchen lag sie mit plötzlichen Magenkrämpfen und Fieber im Bett. Den König beunruhigte diese Neuigkeit sichtlich, den Prinzen hingegen munterte es auf.

Und mich machte es zum wohl glücklichsten Menschen auf der Welt. Nun konnte ich endlich sicher gehen das Yoongi sein Wort gehalten und der Bettler auch wirklich das richtige Mittel gekauft hatte.

„Wir haben es geschafft! Du hast es geschafft!", sprach ich aufgeregt auf den Älteren ein, als wir uns auf dem Rückweg in sein Zimmer befanden. Er gab daraufhin ein schwaches Lächeln von sich. „Ja, so sieht es aus...".
„Ich hatte schon befürchtet das gar nichts passiert", gestand ich offen, „Wenn Byeol das erfahren könnte, wäre sie sicherlich erleichtert".
„Es freut mich, dass alles so gut geklappt hat und du glücklich bist", wieder lächelte er mich an, doch man konnte ihm deutlich ansehen, dass es kein ehrliches Lächeln war. Es war gestellt, wie eine Maske die er in diesem Moment trug und nicht runternehmen konnte.

Die Aufregung in mir wurde durch ein erdrückendes Gefühl ersetzt. Egal wie sehr ich mich mit den positiven Neuigkeiten aufzuheitern versuchte, stimmte mich jeder einzelne Blick zu Yoongi wiederrum mitleidig. Es schien unfair gegenüber ihm, dass mir ständig gute Dinge passierten und er nur von Pech gestraft wurde – weiterhin in diesem Gefängnis von Palast vor sich hinleben musste und jetzt auch noch Heiraten sollte.
Zwar hatte ich bereits eine grobe Idee entwickelt, mit der ich ihn hoffentlich wieder aufmuntern konnte, allerdings würde das bis zum nächsten Tag warten müssen. Für diesen Abend konnte ich also nichts für ihn tun.

Als wir sein Zimmer betraten, machte ich mich sofort daran ihm ein Bad vorzubereiten. Während das Wasser über der kleinen Feuerstelle warm wurde, blieb ich im Türrahmen zum Badezimmer stehen und hielt ein wachsames Auge auf den Prinzen. Ich hatte das ungute Gefühl das er sich aufgrund der heutigen Geschehnisse wieder aus dem Staub machen würde. In diesem Moment lag er jedoch mit dem Bauch über seiner Sofalehne gestreckt und starrte stumm durch die Balkonfenster nach draußen. Er hing etwas merkwürdig dort, ziemlich verdreht um genau zu sein, aber das schien ihm nichts auszumachen. Viel mehr war er von dem dunkelblauen Himmel eingenommen, an dessen Horizont noch etwas orange durch die untergehende Sonne schimmerte.

„Wenn du mit mir reden willst, dann kannst du das gerne tun. Ich höre dir zu – immer", bot ich ihm nach einer schrecklich langen Weile der Stille an. Prinz Yoongi drehte den Kopf in meine Richtung. „Danke, aber ich möchte gerade nicht reden", antwortete er, so leise das ich ihn kaum über das zischen des Wassers gehört hätte.
„In Ordnung. Sag mir Bescheid, wenn du dazu bereit bist", ich schenkte ihm ein mitfühlendes Lächeln, ehe ich mich umdrehte und anfing den dampfenden Kessel mit Wasser von der Feuerstelle zu nehmen. Mit Vorsicht goss ich den Inhalt in die große Wanne und füllte neues Wasser nach. Um dieses nun wie üblich zum Kochen zu bringen, hing ich es wieder über die Feuerstelle und legte ein paar neue Holzscheite rein. Dann kehrte ich zu meinem vorherigen Platz im Türrahmen zurück.

Hingegen meiner Erwartung Prinz Yoongi immer noch verdreht über seiner Sofalehne liegen zu sehen, fand ich sein Zimmer allerdings leer vor. Stattdessen fiel ein heller Lichtkegel vom Flur aus durch seine offene Tür herein.

„Nicht schon wieder...", fluchte ich und rannte panisch los. Zu meinem Glück konnte ich den Älteren bereits auf dem Flur ausmachen. Er war definitiv noch nicht lange auf der Flucht, sprintete in wenigen Metern vor mir. Mit einem erschöpften schnauben eilte ich ihm hinterher; scharf um die Kurven und zwei Treppenstufen auf einmal nehmend. Es fühlte sich so an als würde ich ihn durch den kompletten Palast jagen, ohne einen blassen Schimmer wohin er überhaupt rannte. Die Flure die er einschlug führten dieses Mal nämlich nicht zu den Stallungen.
Als ich um eine weitere der vielen Ecken hechtete, lag der Gang vor mir plötzlich komplett leer da. Verwirrt keuchend drehte ich mich um, unsicher gegenüber dessen ob ich den Prinzen wirklich in diese Richtung flüchten gesehen hatte. Doch auch zu meiner rechten war alles leer. „Was zum-...?", murmelte ich und hielt mir eine Hand über mein außer Atem geratenes Herz. Dann fiel mein Blick auf eine hölzerne Tür, die kurz nach der Ecke in der Wand stand. Sie kam mir ziemlich bekannt vor und dass, obwohl sie eigentlich wie jede andere Tür in diesem Palast aussah.
Zögerlich ging ich auf sie zu und riss sie schließlich mit einem einzigen Ruck auf. Zum Vorschein kam eine kleine Besenkammer – tatsächlich genau dieselbe in der ich mich in meiner ersten Nacht im Palast vor den lauten Geräuschen des Prinzen und seinem Leibwächter Hoseok versteckt hatte. Damals war Prinz Yoongi zu mir reingeplatzt und hatte mich bedroht, damit ich keiner Menschenseele von diesem Versteck erzähle.

Hingegen hockte er an diesem Abend mit fest verschlossenen Augen auf dem dreckigen Boden und blinzelte erst zu mir hoch, als ich mich laut räusperte.
„Du hast mich gefunden", stellte er trocken fest. „In der Tat", erwiderte ich.
„Ich dachte du hättest diesen Ort hier schon wieder vergessen...".
„Wie kann ich ihn vergessen, wenn du mich hier drin fast erstochen hättest?", ich hockte mich zu ihm nach unten, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Er jedoch nutzte den Größenunterschied zwischen uns aus, sprang urplötzlich auf die Beine und versuchte sich an mir vorbei zu zwängen. Dieses Mal reagierte ich sofort und schlag blitzschnell einen Arm um seine Hüfte. Der Prinz fiepte erschrocken und versuchte sich mit aller Kraft aus meiner Umarmung zu befreien, doch ich hielt ihn dicht bei mir.

„Hör auf so herum zu strampeln!", fluchte ich, während ich versuchte mit meiner freien Hand seine umher schlagenden Arme einzufangen.
„Dann lass mich los!", protestierte er.
„Auf keinen Fall! Du musst aufhören vor all deinen Problemen wegzulaufen! Mal abgesehen davon das ich geköpft werde, wenn du verschwindest!". Mit einem frustrierten Laut gab ich schließlich auf seine kleinen Fäuste aufzuhalten. Stattdessen drehte ich ihn mit einem Ruck zu mir um, bückte mich etwas und warf ihn ohne große Umschweife über meine Schulter. So hatte ich Byeol damals auch immer aus den tiefen des Waldes geholt, wenn sie zu Stellen gelaufen war, an denen es gefährlich schien. Bei Prinz Yoongi half es ebenfalls. Zwar schlug und strampelte er weiterhin wie ein Verrückter auf mich ein, doch ich konnte ihn immerhin zurück in sein Zimmer tragen.

Erst als ich dessen Tür geschlossen und mir sicher war, dass er nicht vielleicht aus dem Balkonfenster flüchten konnte, ließ ich ihn auf den Boden runter.

„Was soll der Scheiß!", fluchte er und augenblicklich konnte ich seine geballten Hände wieder auf meine Brust einschlagen spüren. Es tat nicht weh, fühlte sich eher an wie ein trommeln, doch als ich sah wie Yoongi verzweifelte Tränen in die Augen stiegen, hielt ich ihn trotzdem davon ab.
„Beruhige dich erst einmal wieder", sagte ich, so sanft wie es mir in diesem aussichtslosen Moment gelang.
„Ich will mich nicht beruhigen! Lass mich gehen – ich will aus diesem blöden Palast raus!". Er versuchte sich mit aller Kraft aus meinem Griff zu entziehen und fing dabei sogar an mir auf die Füße zu treten.

„Das darfst du nicht und das weißt du auch".
„Du bist genauso wie Hoseok geworden, weißt du das?! Mich ständig wie ein Kleinkind zurückschleifen...", nun rollten ihm die ersten Tränen über die Wangen und während er bitterlich zu weinen anfing, stillten seine heftigen Bewegungen endlich. Das laute Schluchzen seinerseits erfüllte nun das komplette Zimmer. Es klang so herzzerreißend, dass mein eigenes Herz zu schmerzen anfing und ich mich zusammenreißen musste, um nicht selber anzufangen zu weinen.

Ich schluckte hörbar laut den Kloß in meinem Hals herunter und zog Yoongi's bebenden Körper dann näher an mich heran. Mir war bewusst das ich den Prinzen eigentlich nicht umarmen durfte, aber ich tat es trotzdem. Einzig und allein aus dem Grund, weil ich mir sicher war das er sich nach derartiger Zuwendung sehnte.

Und das tat er.

Kaum hatte ich meine Arme um ihn gelegt, krallte er sich weinend in meiner Uniform fest und verbarg sein Tränenüberströmtes Gesicht in meiner Brust. In nur wenigen Sekunden wurde der Stoff an genannter Stelle nass und ich konnte Prinz Yoongi's warmen Atem an mir spüren.

Es fühlte sich merkwürdig familiär an, als er dort in meinen Armen stand. Und noch ehe ich mich selber davon abhalten konnte, platzierte ich einen federleichten Kuss auf den Kopf des Prinzen. Eine Methode von der ich als großer Bruder wusste, das sie zur Beruhigung helfen würde. Ich konnte wortwörtlich spüren wie Yoongi's Anspannung nachließ und er sich in meine Arme fallen ließ. Sein schluchzen wurde weniger und nach einer Weile stand er ganz ruhig an meinen Körper gepresst.

Frühes Update, weil ich gleich weg gehe :D
Nur noch drei Tage und dann ist Weihnachten! Was wünscht ihr euch so zu Weihnachten? ^^ Ich persönlich bekomme dieses Jahr nur Sachen zum Zeichnen und Malen xD

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