34.

Namjoon's PoV.:

Den Rest des Tages lang sprach der Prinz kaum noch ein Wort. Nicht einmal beim Abendessen, bei welchem der König aufgrund der Vorkommnisse sehr ausfallend wurde und damit auch gleich seine Frau ansteckte. Die beiden unterhielten sich so angeregt miteinander, dass selbst die Soldaten ab und zu das Podest hochschielten.

Doch Yoongi blieb ruhig.

Erst als wir uns auf dem Weg zurück in sein Zimmer befanden, ließ er seine Fassade fallen und schaute genauso grimmig, wie vor ein paar Stunden noch. Er befahl mir mit einem bissigen Unterton ihm sein Badewasser einzulassen und beschwerte sich dann auch noch, dass ihm das Bad zu heiß sein würde. Dabei hatte es dieselbe Temperatur wie am Vortag. Ich füllte ihm natürlich trotzdem noch etwas kaltes Wasser nach, in der Hoffnung ihn damit zufrieden zu stellen. Helfen tat es nicht, denn selbst danach erhielt ich noch ein paar blöde Sprüche, jedoch hörte er fürs erste auf mir Befehle zu erteilen. Stattdessen versank er leise nuschelnd in Selbstmitleid.

Direkt nachdem er aus der Wanne gestiegen und sich sein Schlafhemd angezogen hatte, ließ er sich dann mit einem schweren seufzen in das Meer aus Kissen auf seinem Bett fallen. Mit einer Hand in den dunklen Haaren, die dort gedankenverloren halbtrockene Strähnen aufzwirbelten, starrte er an die Zimmerdecke.

Zögerlich trat ich zu ihm ran. Ich wusste das er für diesen Abend in Ruhe gelassen werden wollte, nichtsdestotrotz musste ich vorher unbedingt noch sein Schienbein verpflegen und das wusste Yoongi selber nur zu gut. Gerade als ich einen Blick auf seinen Nachtschrank warf und mich wunderte, wo die dort für gewöhnlich stehende Creme sein würde, beantwortete er mir meine Frage bereits.

„Im Badezimmer", sagte er knapp.
„Im Badezimmer, Sir?", wiederholte ich verwirrt, wohlwissend das sie dort eigentlich nichts zu suchen hatte, „Ich bin mir sicher das ich sie gestern zurück auf den Nachttisch gelegt habe...". Für einen kurzen Moment schielte ich zu ihm rüber, doch er regte sich nicht und zeigte auch sonst keinerlei Reaktion auf meiner Verwunderung.

Innerlich mit dem Kopf schüttelnd, drehte ich mich um und ging mit großen Schritten zurück in sein Badezimmer. Da der Raum ziemlich spärlich eingerichtet war – eigentlich nur die Wanne, einen kleineren Tisch mit Spiegel und eine Feuerstelle beinhaltete – musste ich nicht lange suchen um die hölzerne Dose zu finden. Sie lag neben einer mit Gold verzierten Bürste auf dem Tisch.
Zufrieden schnappte ich sie mir und kehrte zurück in Yoongi's Zimmer.

Allerdings fand ich dieses zu meinem großen entsetzen leer vor.

Yoongi lag nicht mehr auf seinem Bett. Die Tür zu seinem Zimmer stand speerangelweit offen und ich wusste sofort, dass er abgehauen war. Umso mehr verärgerte es mich, dass ich auf seinen dämlichen Trick reingefallen war. Erst recht nachdem Hoseok mich mehrere Male davor gewarnt hatte.

„Verdammt", fluchte ich aus und rannte wie von einer Tarantel gestochen los. Die kleine Dose mit der Creme flog vorher im hohen Bogen durch des Prinzen Zimmers und landete weich auf seinem Bett.

Da ich mir ziemlich sicher war, dass er das Dorf komplett verlassen wollte, steuerte ich zuerst die Stallungen unseres Palastes an. Um schneller zu entkommen bräuchte der Prinz immerhin ein Pferd und die gab es nur dort unten.
Also sprintete ich durch die vielen dunklen Flure; erst rechts entlang, dann links und noch einmal links. Schließlich führte eine Wendeltreppe nach unten, direkt in den Innenhof. Von dort aus waren es nicht mehr viele Schritte bis zum Stall, doch bereits hier konnte ich den Prinzen für eine Millisekunde ausmachen. Er galoppierte auf einem dunkelbraunen Pferd vom Hof. Dabei flog ihm wieder dieser typisch schwarze Mantel um seine schmächtige Figur. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich gedacht er wäre ein Eindringling.

Um mit ihm mithalten zu können, rannte ich ebenfalls in die Stallungen. Hier hatte mir bereits einer der Stalljungen ein Pferd aufgesattelt. Er winkte mich unruhig zu sich und als ich nach genug an ihm dran war, sprach er aufgeregt: „Es tut mir wirklich leid, ich hätte ihn aufhalten müssen, aber das ist mir nicht erlaubt...".
„Schon in Ordnung. Du hast mir ein Pferd aufgesattelt, damit hilfst du mir genug", antwortete ich ihm und schwang mich direkt auf dessen Rücken. Noch bevor der Stalljunge etwas daraufhin sagen konnte, preschte ich los. Vorbei an den einzelnen Boxen, aus denen hier und da ein Pferd herausschaute, und raus an die frische Nachtluft.

Der Wind sauste laut an meinen Ohren, während ich mit dem Schimmel unter meinem Sattel genau den Weg entlang galoppierte, den Yoongi geritten war. Ich kam überraschend schnell voran und obwohl es dunkel war, konnte ich deutlich die frischen Spuren in der Erde ausmachen, die auf den Prinzen hinwiesen. Nach einer Weile geriet er sogar wieder in mein Blickfeld. Zwar ziemlich klein, denn er befand sich deutlich von mir entfernt, aber somit hatte ich ihn immerhin im Blick, falls etwas passieren sollte.

Er ritt zielgerichtet durch das Dorf, direkt auf die bewachten Tore zu. Die Wachen konnten gar nicht so schnell reagieren, da war er schon an ihnen vorbeigeprescht. Als ich folgte, schienen sie sich jedoch wieder einigermaßen zu beruhigen. Es war, als wüssten sie genau was in diesem Moment passierte und gerade das machte mir Angst. Immerhin geschah dies für mich erst zum zweiten Mal und ich hatte absolut keinen Plan, wohin Prinz Yoongi reiten würde. Somit stand auch nicht fest, ob ich ihn wirklich einholen und damit meinem Amt gerecht werden konnte.

Ich konnte von Glück reden, dass mir der Weg einigermaßen bekannt vorkam. Er preschte rechts am adeligen Dorf entlang, in die Nähe des Fischer-Dorfes, welches ich auf meiner ersten Mission als Soldat hatte überfallen müssen. Für einen Moment dachte ich tatsächlich er würde den dort liegenden Fluss überspringen, doch dann bog er vor dem Wasser scharf rechts ab und galoppierte Flussabwärts entlang. Ich folgte ihm eilig, gab meinem Pferd dabei so akribisch die Sporen, dass ich befürchtete es würde jeden Moment zusammenbrechen. Aber es hielt durch, gab bloß ein Schnauben von sich und wurde dann noch schneller als zuvor. In nur wenigen Minuten holte ich Yoongi deutlich ein.

Als ich glaubte in Hörreichweite zu sein, fing ich an nach ihm zu rufen: „Prinz Yoongi, halten Sie an! Bitte! Ihr Vater wird mir den Kopf verdrehen, wenn Sie nicht stehen bleiben!".
Nichts. Er drehte sich nicht einmal um.

Also ließ ich das Reden bleiben und konzentrierte mich stattdessen darauf, ihn weiter einzuholen. Es schien sogar zu funktionieren, denn plötzlich wurde seine Gestalt immer größer. Allerdings war es nicht mein Pferd, das zu ihm aufholte, sondern er selbst, der sein Tempo drosselte. Schließlich schritt er nur noch und es war mir ein leichtes, an ihn heran zu kommen.
Er hat mich also doch gehört, dachte ich.

„Vielen Dank, Sir. Sie haben hiermit unsere beiden Köpfe gerettet", keuchte ich, als ich endlich neben ihm zum Halten kam. Der Prinz riss daraufhin wütend seine Kapuze vom Kopf und funkelte mich an. „Kannst du mich nicht in Ruhe lassen?!".
„Glauben Sie mir, ich würde nichts lieber tun als das, aber ich bin jetzt nun mal Ihr Leibwächter. Es ist meine Aufgabe Sie zu beschützen", antwortete ich.
„Ich weiß! Aber trotzdem wäre etwas mehr Privatsphäre nett".
„Wenn Sie wollen, dann kann ich etwas weiter hinter Ihnen reiten...", zögerlich deutete ich mit dem Daumen zurück. Prinz Yoongi sah mich erst genervt an, schüttelte dann jedoch den Kopf. Seine angespannten Gesichtszüge schienen aufzuweichen und nun machte er eher einen verletzten Eindruck.
„Es ist nur so, dass ich einfach gerne Mal meine Ruhe haben möchte. Dauernd muss mich jemand einfangen und zurückschleifen", nuschelte er. Es war fast schon faszinierend wie er in der einen Minute zu einem Teufel und in der anderen Minute in einen verletzlichen Engel mutieren konnte. Bei seinem Anblick keimte Mitleid in mir auf.

„Wir können ja noch etwas weiter reiten und dann erst zurück zum Palast gehen", entschied ich schließlich.
„Wirklich? Das würdest du tun?".
„Nur wenn Sie mir von Ihren Gefühlen erzählen. Die Art und Weise wie Sie mit Ihrer Wut umgehen ist nämlich nicht gerade gesund".
„Das geht dich aber nichts an...", schmollend verschränkte der Prinz die Arme ineinander.
„Es geht mich wohl etwas an. Sie sind mein Prinz... Ich bin Ihr Leibwächter... Sie können mir vertrauen. Immerhin haben wir beide doch dieselben Absichten", erwiderte ich.
Der Prinz zog nachdenklich die Nase kraus. Ihm schien es sichtlich unwohl dabei zu ergehen, mir von seinen Gefühlen zu erzählen. Andererseits hatte er das aber dringend nötig und auch das konnte man ihm ansehen.

„Na schön", brummte er nach einer Weile und trieb sein Pferd wieder an, „Es macht mich einfach nur wütend das mein Vater mir für etwas die Schuld gibt, für das ich nicht einmal etwas kann".
„Verständlich", ich nickte aufmerksam, während ich langsam neben ihm her ritt.
„Der Hausarrest ist mir egal. Schließlich bin ich jetzt auch schon eingesperrt. Aber für die Absage von der Hochzeit kann ich wirklich nichts. Ich habe der Prinzessin keine Flausen in den Kopf gesetzt. Meiner Meinung nach war es sogar vollkommen voraussichtlich, dass der König von Yuan kein Bündnis mit Koryo eingehen möchte. Die beiden werden für ewig miteinander verfeindet sein".
„Ganz zu schweigen von dem Angriff der Mongolen, Sir... Ich glaube das hat den König von Yuan auch verjagt", merkte ich an. Der Prinz nickte daraufhin wild. „Genau! Und das kann auch nicht meine Schuld gewesen sein, immerhin habe ich nichts mit den Mongolen zutun".
„Aber ich verstehe nicht so ganz, wieso Sie dann andauernd weglaufen müssen. Können Sie dem König nicht einfach genau das sagen, was Sie mir eben gesagt haben?", hakte ich nach.
„Er würde mir nicht zuhören, glaub mir. Ich habe aufgegeben es zu versuchen".
„Wenn ich Ihnen einen Ratschlag geben darf, Sir, würde ich Ihnen empfehlen weiterhin gegen Ihren Vater anzureden".
„Wieso das?", der Prinz sah mich verständnislos an.

„Es mag zwar ermüdend sein und Sie werden auch keinen Zweck darin sehen, doch es tut gut einfach auszusprechen, was einem auf dem Herzen liegt. Meine Mutter-...", ich hielt kurz inne und schluckte trocken, „Wissen Sie, meine Mutter hat das immer gesagt. Wir sollten ihr sofort erzählen, wenn uns etwas auf der Seele liegt und es hat tatsächlich geholfen. Vielleicht hat es die Situation nicht besser gemacht, aber wir haben uns besser dabei gefühlt".
Der Prinz sah mich eine Weile lang einfach nur ausdruckslos an. Ich konnte den Vollmond in seinen Augen wiedergespiegelt sehen und mit den leuchtenden Sternen sah es fast schon so aus, als würde ein ganzer Nachthimmel in seinen Augen glitzern.
Schließlich blinzelte er ein paar Mal verträumt und nickte dann schwerfällig.

„Vielleicht hast du recht", murmelte er leise, „Vielleicht sollte ich wirklich wieder gegen ihn vorgehen".
„Versprechen Sie mir nur, dass Sie nicht wieder weglaufen, Sir. Ich glaube so viel Angst um mein Leben hatte ich schon seit ein paar Tagen nicht mehr", merkte ich an und fasste an meine Brust, worunter mein Herz kräftig schlug. Zugegeben war mir immer noch unwohl dabei, so weit entfernt vom Palast mit dem Prinzen einen ausritt zu haben. Wenn der König davon erfuhr, würde er mich sicherlich köpfen. Ich konnte nur hoffen und beten, dass der Stalljunge, oder die Wachen nicht irgendwelchen Tratsch verbreiteten.

Das liebliche kichern von Yoongi sorgte schließlich dafür, dass meine Aufmerksamkeit wieder ihm galt. Seine Lippen hatten sich zu einem breiten Grinsen verzogen; scheinbar kam ihm die Situation mal wieder ziemlich amüsant vor.

„Lachen Sie nur...", fuhr ich fort, „Immerhin werden Sie nicht gehängt, wenn etwas schief geht". Prinz Yoongi's kichern verwandelte sich augenblicklich in ein herzliches Lachen. Zufrieden sah ich ihm dabei zu. „Na geht doch. Sie sehen viel besser aus, wenn Sie glücklich sind", diese Worte waren eigentlich nur für meinen Kopf bestimmt gewesen, doch plötzlich hörte ich sie laut aus meinem eigenen Mund kommen. Erschrocken hielt ich mir eine Hand vor den Mund. Prinz Yoongi schien währenddessen das Lachen im Hals stecken geblieben zu sein und er starrte mich vollkommen perplex an.

„T-Tut mir leid, Sir, das w-wollte i-ich nicht sagen...", stammelte ich unsicher.
„Nein, ich meine-... Ja, also-... Vergiss es, egal", er fuchtelte wild mit einer Hand herum und wendete dann blitzschnell sein Rot angelaufenes Gesicht von mir ab.

Peinlich, schoss es mir durch den Kopf, Sehr toll gemacht, Namjoon. Dabei lief gerade alles gut.

Heute ein frühes Update, da ich bis 21:30 Uhr arbeiten muss und gerade Pause habe.
Ich hoffe euch hat es gefallen ^^

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