20.

Namjoon's PoV.:

Der Weg zu den Bergen erschien mir unendlich lang. Zuerst marschierten wir gemeinsam durch den Wald; vorbei an dem Pfad, der zu meinem Dorf heraufführte, vorbei an meinen alten Nachbarsdörfern und schließlich sogar der Obstplantage, auf der meine Mutter gearbeitet hatte. Da es bereits abends war, fanden wir dort nicht mehr viele Bauern vor. Einige von ihnen waren noch damit beschäftigt die Felder mit frischem Wasser zu begießen, doch die meisten befanden sich schon auf dem Heimweg.
Hin und wieder nahm ich mit einigen von ihnen Blickkontakt auf, in der Hoffnung vielleicht ein bekanntes Gesicht zu identifizieren. Leider erkannte ich aber niemanden.

Mit der Zeit ließen wir die Dörfer immer weiter hinter uns. Der Wald lichtete sich somit langsam und nach einer Weile befand sich nichts weiter als endlos weites Grasland vor uns. So weit entfernt war ich noch nie von dem Königreich gewesen, weswegen mir der Anblick auch ziemlich befremdlich vorkam. Es sah dennoch schön aus. Besonders mit dem Mond, der bereits als eine dünne Sichel über unseren Köpfen schien.

Am liebsten hätte ich mich in diesem Moment mit Jackson unterhalten, doch leider lief dieser nicht mehr neben mir, sondern ein paar Reihen weiter vor mir mit einem anderen Soldaten. Wir hatten uns in dem Gewusel von zwei Truppen völlig aus den Augen verloren gehabt.

Plötzlich wurden die Soldaten vor uns langsamer und wir kamen alle zum Stehen. Truppenanführer Jeon trabte auf seinem Pferd an uns vorbei und rief immer wieder laut: „Wir bleiben vorerst hier! Unser Ziel befindet sich hinter dem Hügel dort hinten und wir werden sie bei Nacht angreifen!".
Mehr Infos bekamen wir zu diesem Zeitpunkt scheinbar nicht, denn so schnell Jungkook an uns vorbeigeritten war, so schnell war er auch schon wieder verschwunden. Es schien allerdings nichts Unübliches zu sein, denn die anderen Männer gaben sich mit den wenigen Informationen zufrieden und ließen sich leise tuschelnd in dem hohen Gras nieder.

Ich setzte mich direkt neben den Kerl, mit dem ich auch den ganzen Weg hergekommen war. Er sah eigentlich ganz nett aus, wenn man von der fleischigen Narbe auf seiner Wange absah. Ich fragte mich wirklich, was ihm da passiert war.

Vielleicht war das ja ein Werk der Mongolen?

„Was guckst du denn so?", keifte mein Gegenüber mich an. Ich schien ihn wohl eine Weile lang zu intensiv inspiziert zu haben.
„Tut mir leid, ich-...", fing ich an, wurde jedoch sofort von einem Kerl vor uns unterbrochen.
„Er scheint sich für deine Narbe zu interessieren, Chanyeol", kicherte er und meinte dann an mich gewandt, „Nimm es ihm nicht übel, aber er mag es nicht wegen seiner Narbe angestarrt zu werden".
„Verständlich... Wie gesagt, es tut mir leid", dieses Mal sah ich Chanyeol nur flüchtig an, „Ich habe mich gerade nur gefragt, wie das passieren konnte".
„Einer von den Mongolen hat ihm mit der Axt eins überziehen wollen. Chanyeol hat sich aber noch rechtzeitig retten können, ansonsten würde ihm heute die komplette Axt im Gesicht hängen", erzählte der braunhaarige Soldat vor mir.

Also tatsächlich die Mongolen...

„Sind die wirklich solche Monster?", hakte ich unsicher nach.
„Oh ja. Ich möchte meinen das selbst deren Kinder uns töten könnten. Die Kleinen werden quasi mit dem Messer in der Hand geboren".
„Du übertreibst, Baekhyun", murrte Chanyeol neben mir.
„Nicht wirklich", nun meldete sich auch der bis dahin stumme Kerl neben Baekhyun zu Wort, „Er hat schon irgendwo recht. Mit den Mongolen ist nicht zu scherzen".
„Ja, aber trotzdem werden wir sie gleich mit Leichtigkeit auslöschen können. Immerhin sind wir ganze zwei Truppen".
„Ich glaube die Anzahl von Soldaten ist unwichtig, wenn wir keine vernünftige Strategie haben", murmelte ich kleinlaut. Baekhyun fing daraufhin an laut loszulachen. „Strategie? Hier draußen gibt es keine Strategie. Truppenanführer Jeon hasst Strategien und soweit ich weiß geht es dem anderen Truppenanführer genauso. Die beiden werden sich nichts besonderes ausdenken. Vermutlich stürmen wir das Lager der Mongolen einfach von allen Seiten und das wars".

„Bitte was?", sprachlos blinzelte ich Baekhyun an, „Die bemerken uns doch bevor wir deren Lager überhaupt erreicht haben".
„Das brauchst du mir nicht zu erzählen – ich habe schon bei vielen solcher Schlachten mitgemacht. Aber bis jetzt hat die unstrategische Taktig von Truppenanführer Jeon immer geklappt. Sie sehen uns zwar, aber können sich nicht schnell genug für einen Kampf formieren und damit können wir ihr Lager erfolgreich stürmen", erklärte Baekhyun.

In meinen Ohren klang das absolut absurd, doch das mochte ich in diesem Moment nicht laut aussprechen. Die Soldaten schienen Jeon Jungkook zu vertrauen und ich wollte dieses Vertrauen nicht in Frage stellen. Und mal abgesehen davon hatte Baekhyun recht; ich war noch nie bei solch einer Mission dabei gewesen, also konnte ich schlecht beurteilen wie diese Strategie verlaufen würde. In meinem Unterbewusstsein war ich mir allerdings schon sicher, in weniger als einer Stunde mehrere unserer Soldaten tot auf dem Boden wiederzufinden.

Und ich sollte Recht behalten.
Nachdem ich noch etwas mit Baekhyun, Chanyeol und dem dritten Kerl – der sich als Taemin vorstellte – geredet hatte, konnten wir unseren Angriff endlich in die Tat umsetzen.

Jungkook galoppierte auf seinem Rappen stumm an der Reihe von Soldaten entlang und während er das tat, erhoben sich alle kampfbereit. Schließlich war ein sanftes, aber dennoch aussagekräftiges Pfeifen zu hören, das beinahe wie der Ruf eines Falken klang. Das sollte unser Startsignal sein, denn kaum verstummte es, setzten sich die beiden Truppen wieder in Bewegung.

Meine Beine waren wieder weich wie Wackelpudding, als ich neben Chanyeol herlief. In diesem Moment beneidete ich die anderen Soldaten. Sie wussten genau was sie zu tun hatten und hatten auch schon etliche Kriege gekämpft. Doch für mich geschah das alles hier zum ersten Mal. Ich versuchte mich zusammen zu reißen, indem ich das Armband um mein Handgelenk anstarrte und dabei an Byeol und meine Mutter dachte. Irgendwo dort draußen befanden sich die beiden noch und wenn ich sie wiedersehen wollte, musste ich sowohl am Leben bleiben, als auch alles was für die beiden eine Gefahr darstellen könnte, auslöschen. Und die Mongolen gehörten definitiv dazu.

„Duck dich", zischte Chanyeol mir zu, packte dabei grob an meine Rüstung und zog mich runter. Ich hatte Jungkook's Befehl vollkommen überhört, war aber dankbar das Chanyeol mich soeben aus meiner Gedankenwelt gezogen hatte. Ich musste mich von jetzt an konzentrieren.

Mittlerweile hatten wir den kleinen Hügel erreicht. Hinter ihm lag das Lager der Mongolen, von dem dünne Rauchschwaden in die Luft stiegen. Vermutlich hatten sie sich ein oder zwei Lagerfeuer angezündet.
Unsicher warf ich einen Blick hinter mich und stellte erschrocken fest, dass hinter uns ganze vier Reihen von Soldaten hockten. Hinter ihnen allen standen Truppenanführer Jeon und der Truppenanführer der ersten Gruppe auf ihren Pferden. Sie schienen auf etwas zu warten; auf den perfekten Moment.

Gerade als ich Chanyeol fragen wollte, wann dieser perfekte Moment denn sein würde, erklang erneut das Pfeifen. Die Soldaten um mich herum brachen sofort in ein lautes Brüllen und Kreischen aus, sprangen auf ihre Beine und stürmten allesamt den Hügel hinunter.
Ich hatte natürlich wieder einmal den Einsatz verpasst, war zu spät aufgestanden und wurde daraufhin von den Soldaten hinter mir praktisch umgerannt. Einer von ihnen stieß so hart gegen mich, dass ich ins stolpern geriet. Mit einem ächzen landete ich auf dem Boden und kugelte den Hügel hinunter.
Mir war speiübel, als ich nach mehreren Umdrehungen unten zum halt kam. Dennoch rappelte ich mich gleich wieder auf und taumelte mit der Masse der anderen Soldaten mit.

Das Lager der Mongolen war bei meiner Ankunft bereits das reinste Schlachtfeld. Ein paar der Stoffzelte brannten, Eimer und Kessel lagen verstreut auf dem Boden und Pferde galoppierten frei herum. Die Luft war erfüllt mit dem klirren von aufeinanderprallenden Schwertern und Schmerzensschreie.

Ich schluckte trocken, während ich mich etwas hilflos umsah. Überall um mich herum waren die Soldaten in Kämpfe verwickelt. Ein Kerl, dem ich beim Essen schon öfter gegenübergesessen hatte, durfte sich gerade mit zwei Mongolen auf einmal abgeben. Ich wollte ihm zur Hilfe eilen, musste mich dann aber automatisch an das Motto der Soldaten erinnern: „Mein Kampf ist mein Kampf und dein Kampf ist dein Kampf". Hier würde ich niemandem helfen dürfen. Vermutlich würden sie mir auch nicht helfen, wenn ich mal in Schwierigkeiten stecken würde.

Plötzlich sprang ein etwas dickerer, laut brüllender Kerl mit einem Speer in mein Sichtfeld. Er war drauf und dran mir die lange, spitze Waffe in den Magen zu rammen, doch dank meiner Reflexe konnte ich noch rechtzeitig zur Seite ausweichen. Fast schon automatisch zog ich mein Schwert aus der Scheide und ließ es durch die Luft sausen. Ich rammte es direkt in den Rücken des Mannes, der daraufhin mit einem erstickten Schrei auf die Knie fiel.
Mit großen Augen schaute ich auf ihn herab. Mein Schwert steckte immer noch tief in seinem Rücken drin und als ich es herauszog, wurde das dreckige Hemd des Mannes augenblicklich mit Blut getränkt. Letztendlich klappte er leblos zusammen.

Das war mein erster Mord.

Ich hatte jedoch überhaupt keine Zeit über meine Tat nachzudenken, denn ich wurde sofort von einer zweiten Person angegriffen. Es war wieder ein Mann, dieses Mal allerdings mit einem Schwert bewaffnet.

Mein ganzer Körper erschütterte, als unsere beiden Klingen aufeinander knallten. Immer und immer wieder. Mein Arm schien schon nach wenigen Sekunden schlapp zu machen und ich musste unter der Anstrengung panisch Luft holen. Der Mann vor mir schien hingegen eine endlos anhaltende Ausdauer zu haben. Mir kam es so vor als würde er bloß stärker werden. Er drückte sich mit aller Kraft gegen mich, sodass ich schließlich dazu gezwungen war ein paar Schritte zurück zu gehen.
Meine Füße erfassten einen am Boden liegenden Ast, wodurch ich urplötzlich ins Straucheln geriet und schließlich fiel ich direkt auf eines der in Flammen stehenden Zelte. Dessen Pfeiler gaben unter meinem Gewicht sofort nach, sodass ich unter dem brennenden Stoff eingegraben wurde.

Für einen kurzen Moment dachte ich wirklich, dass dies nun mein Tod sein würde. Doch bis auf die Dunkelheit und Hitze um mich herum, geschah vorerst nichts. Panisch strampelte ich unter dem Zelt hervor. Kaum war ich davon befreit, türmte sich jedoch wieder mein vorheriger Gegner über mir auf und ließ sein Schwert mit einem barbarischen Grinsen auf mich runter sausen. Noch rechtzeitig erhob ich mein eigenes Schwert und presste verzweifelt gegen die Klinge meines Gegenübers an.
„Scheiße", brachte ich unter zusammengepressten Zähnen hervor. Er war einfach zu stark. Noch dazu befand ich mich auf den Knien und so konnte ich mich weder verteidigen, noch angreifen. Nicht mehr lange und ich würde unter dem Druck zusammenbrechen.

Auf einmal erklang ein hässlich schmatzendes Geräusch und mein Gegner fiel vor mir auf die Knie. Sein Kopf war am Rumpf abgetrennt. Blut spritzte mir ins Gesicht, noch ehe ich es verhindern konnte.

Verwirrt starrte ich auf die nun kopflose Gestalt. Erst danach sah ich auf und erkannte Truppenanführer Jeon, der auf seinem Pferd durch das chaotische Lager galoppierte und jedem Mongolen den Kopf abschlug, der in seiner Nähe war. Mir zu helfen war dabei wohl nicht seine Intention gewesen...

Ächzend drückte ich den leblosen Körper von mir weg und rappelte mich auf. Mein ganzer Körper war von Dreck und Blut übersäht, ich schwitzte und die Rüstung hing so schwer auf meinen Schultern wie noch nie. An eine Pause war trotzdem nicht zu denken. Meine Beine bewegten sich automatisch vorwärts. Ich rannte zwischen den Zelten entlang, erstach hier und da ein paar Gegner von hinten und nahm auch wieder einen Zweikampf auf. Dieses Mal ließ ich mich nicht zurückdrängen, hielt der Kraft des Mannes stand und erledigte ihn schließlich mit einem sauberen Hieb in den Brustkorb.

Das ich Menschen tötete, registrierte mein Gehirn schon gar nicht mehr.

Langes Kapitel, aber ich wollte und konnte es nicht kürzer halten ;-; Übrigens war das wohl das erste Mal, dass ich eine Kampfszene geschrieben habe. Das ist irgendwie voll schwer xD Ich hoffe ich habe es dennoch einigermaßen gut hingekriegt...

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende :3

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