15.

Namjoon's PoV.:

Über die ersten drei Wochen im Palast war es immer mal wieder vorgekommen, dass einige Truppen nach dem Abendessen in der großen Halle sitzen blieben und dann für den Rest des Abends nicht mehr zu sehen waren. Jackson hatte mir dann irgendwann erklärt, dass sie auf nächtliche Missionen gingen und seitdem hoffte ich inständig darauf, auch mal solch eine Mission ausführen zu können. Ich wusste zwar nicht genau was sie taten, doch ich stellte es mir allemal spannender vor, als am Tag durch die Straßen des Dorfes zu wandern und nach dem Rechten zu sehen.
Mittlerweile hatte ich es satt das zu tun. Neben dem Training, welches jeden zweiten Tag erfolgte, wurde es nämlich unheimlich langweilig. Das Dorf der Adeligen war größtenteils vernünftig. Die meisten trugen immer ihre Bestätigungspapiere mit sich, wenn sie auf dem Marktplatz Waren verkauften und nur wenige pöbelten ihre Mitmenschen an. Sowas geschah eher am Abend, wenn die Restaurants mit betrunkenen Männern gefüllt waren.

Das wohl schlimmste, dass ich in den drei Wochen Patrouille im adeligen Dorf erlebt hatte, war die Belästigung einer hübschen jungen Frau gewesen. Doch Kyungsoo – einer der wenigen netten Soldaten in meiner Truppe und zu der Zeit mein Partner – hatte die Situation schnell in den Griff gekriegt, indem er dem Mann mit einem herumliegenden Kochlöffel die Nase gebrochen hatte. Das war ein nicht sonderlich schöner Anblick gewesen, aber dafür hatte er die Frau für den Rest des Abends in Ruhe gelassen, weil er viel zu sehr damit beschäftigt war die Blutung aus seiner Nase zu stoppen.

Ich war ziemlich überrascht und zeitgleich auch aufgeregt, als Truppenanführer Jeon uns also eines Abends nach dem Essen dazu anordnete sitzen zu bleiben. Während die anderen Truppen die Halle verließen, hockten wir noch auf den Bänken und lauschten gespannt den Worten von Jeon.
„Es ist mal wieder soweit. Die königliche Hoheit möchte noch eine Säuberung. Dieses Mal ist es das Dorf am Fluss. Ich möchte das sich die komplette rechte Seite-...", Jungkook deutete auf die Soldaten die gegenüber von mir saßen, „...sich ein Pferd nehmen und vorausreiten. Die linke Seite-...", nun deutete er auf die Seite, auf der ich saß, „...wird laufen. Und denkt daran keine Gewalt anzuwenden, solange alle brav das tun, was ihr von ihnen verlangt!".
„Jawohl, Sir!", brüllte ihm daraufhin die gesamte Truppe entgegen und ich murmelte die Worte unsicher nach, denn ich hatte keinen blassen Schimmer worin genau die Mission bestand und so sehr ich mich auch anstrengte, ich verstand es einfach nicht.
„Gut! Ihr wisst was zu tun ist und wie ihr euch zu verhalten habt... Ich wünsche euch gutes Gelingen", Truppenanführer Jeon klatschte einmal in die Hände und augenblicklich erhoben sich alle und verließen mit unruhigem Gemurmel die Halle.

„Jackson? Jackson, warte!", rief ich meinem Sitznachbar zu und holte in dem Gedränge zu ihm auf, „Ich verstehe nicht ganz was wir tun sollen. Was bedeutet diese Säuberung?".
„Das wirst du gleich sehen – ich habe keine Zeit dir das jetzt zu erklären. Und jetzt komm, wir müssen uns Rüstungen anziehen und Waffen holen", antwortete er. Ich glaubte ihn noch nie so gestresst und zeitgleich genervt klingen gehört zu haben. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und auf seiner Stirn lag eine tiefe Sorgenfalte. Auch die Art und Weise wie die Soldaten um mich herum agierten, sorgte dafür das ich mich unwohl fühlte. Keiner schien sonderlich erpicht auf diese Mission und auch wenn ich noch nicht verstand wieso, wurde ich von der unruhigen Stimmung automatisch angesteckt.

Verglichen zum Tag, wehte in dieser Nacht ein kalter Wind draußen. Man konnte ihn zwar kaum durch die dicke Rüstung spüren, aber er prickelte wie kleine Nadelstiche in meinem ungeschützten Gesicht.
Seufzend legte ich eine Hand auf den Griff meines Schwertes, welches schwer zu meiner rechten an der Rüstung baumelte.

Inzwischen hatten sich die Soldaten der 7. Truppe ordentlich vor den Toren des Adeligen Dorfes aufgestellt. Ganz vorne saß Truppenanführer Jeon auf einem Rabenschwarzen Pferd. Er hielt eine Fackel in der einen Hand, während er mit der anderen locker die Zügel seines Reittieres festhielt.
Hinter ihm standen in Viererreihen die Soldaten, welche sich auch ein Pferd hatten nehmen müssen. Auch sie hielten brennende Fackeln in den Händen, welche den dunklen Platz und die umliegenden Bäume in ein tristes orangenes Licht färbten.

Hinter ihnen allen standen wir – die, die zu Fuß marschieren mussten. Uns hatte man keine Fackel gegeben, sondern nur ein Schwert und ein kleines Messer, für den Fall das unser Schwert bei einem Kampf abhanden kommen sollte. Doch trotz der Rüstung und den beiden Waffen, fühlte ich mich etwas nackt im Vergleich zu den anderen Soldaten. Immerhin hatten sie deutlich höhere Überlebenschancen als wir.

„Kannst du mir jetzt erklären, was all das hier soll?", zischte ich Jackson zu, während wir darauf warteten eine neue Anweisung zu bekommen.
„Nein und jetzt sei still", forderte er, immer noch sichtlich gestresst.
„Ich verstehe das alles nicht... Warum bist du so genervt?".
Urplötzlich drehte sich einer der vor uns stehenden Soldaten um. Er war groß und blickte finster auf mich herab. „Wir gehen auf Frauen und Kinder Jagd. Und jetzt halte endlich deine Klappe, Frischling, ansonsten verpassen wir Truppenanführer Jeon's Startsignal".

Ich schluckte trocken und erst als sich der furchteinflößende Kerl umgedreht hatte, sickerten seine Worte zu mir durch.
Wir gehen auf Frauen und Kinder Jagd, hatte er gesagt.

Hieß das also, dass wir nun ein Dorf überfallen und die Familien auseinanderreißen würden, genauso, wie sie es bei mir vor vier Wochen getan hatten?

Ich erschauderte und mir blieb für einen Moment der Atem weg. Fassungslosigkeit breitete sich in mir aus und als ich Jackson anschaute, verstand ich endlich warum er so gestresst wirkte. Natürlich ging auch ihm die Mission Nahe, so wie beinahe allen anderen Soldaten. Es gab vermutlich nur wenige, die wirklich erpicht auf diese Nacht waren. Doch sie mussten es tun, immerhin war es der Befehl der Königin.

Genau in dem Moment drang ein scharfes Pfeifen an mein Ohr und die Soldaten um mich herum setzten sich in Bewegung. Sie fingen an um die Mauern des königlichen Dorfes herum zu marschieren, rein in den dichten Wald.
Meine Beine fühlten sich an wie gekochte Nudeln, als ich dazu gezwungen war mitzulaufen. Das Entsetzen nahm meinen Körper vollkommen ein.

„Jackson, das-... Wir können das nicht machen", stammelte ich außer Atem. Ich wusste nicht einmal wieso, immerhin gingen wir in einem entspannten Schritttempo, doch mir fehlte jeglicher Sauerstoff in den Lungen.
„Ich weiß", seine Stimme klang ernst, allerdings hoffnungslos, „Uns bleibt aber keine andere Wahl. Wer gegen die Regeln der Königin verstößt, stirbt. Wir müssen das hier tun. Damit wir am Leben bleiben, verstehst du?".
„Nein, ich verstehe das nicht. Wir reißen Familien auseinander. Das ist nicht fair!", meine protestierende Stimme wurde immer lauter, sodass sich einige Soldaten in unserem Umfeld zu uns umdrehten und merkwürdige Blicke warfen. Doch das war mir in diesem Moment egal. Ich wollte und konnte den Familien eines unschuldigen Dorfes nicht dasselbe antun, was man mir angetan hatte und was ich so sehr verabscheute.

„Namjoon, hör mir zu!", mit wütend funkelnden Augen packte Jackson den Kragen meiner Rüstung und blieb stehen. Die anderen liefen währenddessen laut klagend um uns herum. „Ich weiß das es unfair ist. Ich weiß es besser als jeder andere! Auch ich bin einmal in so einem Dorf aufgewachsen. Mein Vater hat meine Mutter in einem dieser Dörfer kennengelernt. Ich bin dort aufgewachsen und als mein Vater irgendwann hörte, dass sie als nächstes mein Dorf säubern wollen, hat er mich die Nacht zuvor dort rausgeholt und mich dem König als neuen Rekrut vorgestellt. Meine Mutter ist die Nacht darauf von den Soldaten in Grund und Boden geprügelt worden, weil sie sich den Anweisungen wiedersetzt hat. Danach wurde sie versklavt und ich habe sie nie wieder gesehen... Also erzähle mir nicht, dass es unfair ist und wir das nicht machen können!".

Jackson's plötzlicher Wutausbruch ließ mich schweigend innehalten. Ich hatte nicht gewusst, dass er solch eine Vergangenheit gelebt und trotzdem ab und zu diese Missionen durchführen musste. Er kam mir auf einmal viel stärker vor, als ich am Anfang geglaubt hatte.

„Aber-...", murmelte ich gekränkt.
„Nein, Namjoon, keine Diskussionen jetzt. Wir machen das einfach so schnell und sanft wie es geht, dann ist alles vorbei", sagte Jackson mit einer nun deutlich ruhigeren Stimme und ließ von meiner Rüstung ab. Dann drehte er sich um und ging mit der Masse an Soldaten weiter.

Ich wäre in diesem Moment am liebsten zurück gerannt und hätte meinem Tod furchtlos zugestimmt, doch aufgrund meines Racheplans an der Königin war mir dies nicht möglich. Ich konnte jetzt nicht aufgeben. Ich musste das durchziehen, um mein Dorf und meine Familie zu rächen.

Mit einem Kloß im Hals und schweren Gliedern, ließ ich mich schließlich ebenfalls von der Menge mitgleiten.

Ich habe schon wieder vergessen zu updaten... Irgendwie bin ich in letzter Zeit nicht in dieser Welt anwesend xD

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