12.
Namjoon's PoV.:
An dem darauffolgenden Tag absolvierte ich meine erste Trainingseinheit im Palast. Hierfür stand die gesamte siebte Truppe, gemeinsam mit der achten Truppe, draußen in einem riesigen Innenhof aufgereiht unter der prallen Sonne und ließ sich von den beiden jeweiligen Truppenleitern unterrichten.
Ich war unheimlich froh, dass man uns Soldaten für die Trainingseinheit bloß die dünnen Klamotten tragen ließ, anstatt eine schwere Rüstung. Immerhin konnten wir uns so viel besser bewegen. Außerdem schien es verdammt warm unter dem Kettenhemd und Brustpanzer zu sein, denn man konnte auf Truppenanführer Jeon's Gesicht dicke Schweißperlen hinunterkullern sehen und auch der andere Truppenanführer – er hatte sich als Kim Seokjin vorgestellt – wischte sich andauernd mit den ledernen Armschienen durch sein Gesicht.
„Für den Nahkampf mit einem Feind ist es äußerst wichtig, dass ihr im Einklang mit euch selbst bleibt. Verliert ihr die Konzentration, dann seid ihr bereits so gut wie Tod", sprach Truppenanführer Jeon auf uns ein, während er vor den beiden Truppen hin und her marschierte. Da ich ganz außen Stand und sich zwischen der siebten und achten Truppe noch ein schmaler Gang befand, konnte ich den jüngeren Anführer perfekt beobachten.
Doch nun trat Kim Seokjin in mein Blickfeld, die Hände in seine Hüften gestemmt. „Und was ist nochmal die erste Regel, wenn ihr euren liebsten Kameraden in Gefahr seht?", rief er laut. Augenblicklich brüllten beide Truppen im Einklang zurück: „Sein Kampf ist sein Kampf und mein Kampf ist mein Kampf!".
Vollkommen verwirrt drehte ich meinen Kopf zu Jackson, der rechts neben mir stand. „Wir dürfen unseren Kameraden nicht helfen?", zischte ich ihm entsetzt zu. „Nein, das ist nicht erlaubt. Denn wie gesagt, es ist sein Kampf. Und sein Kampf ist nicht dein Kampf", antwortete er leise, ohne dabei den Blick von den beiden Anführern vor uns zu nehmen.
Ich schluckte trocken und wandte mich dann ebenfalls wieder dem Schauspiel vorne zu. Es war kein Wunder, dass die Soldaten des Hofes wie tote Fische an einem ausgetrockneten Teich starben, wenn sie sich nicht untereinander helfen durften...
„Ihr schnappt euch jetzt einen Partner aus der jeweils anderen Gruppe und dann durchlaufen wir noch einmal ein paar Grundübungen. Nachher geht es dann weiter mit Schwertkampftechniken", ordnete Truppenanführer Jeon laut an. Kaum hatte er zu Ende gesprochen, löste sich die aufrechte Haltung aller Soldaten auf und jeder suchte sich einen Partner. Dabei entstand das reinste durcheinander an brüllenden Männern. Ich wurde hin und her gestoßen, stolperte und fiel gegen andere Soldaten. Immer, wenn jemand laut durch die Menge schrie das er noch einen Partner benötigte, und ich mich dann versuchte zu dieser Person hervor zu kämpfen, war es bereits zu spät und ich stand etwas verloren in der Gegend herum.
Es dauerte eine Weile, aber letztendlich schienen sich die meisten gefunden zu haben und alle die bereits einen Partner hatten, stellten sich nebeneinander vor die geduldig wartenden Truppenanführer, sodass man am Ende einen perfekten überblick über die verbliebenden Soldaten hatte.
Ich streckte meine Hand nach dem erstbesten Kerl aus, der in meiner Nähe stand.
„Hey, wollen wir das Training zusammen machen?", sprach ich ihn freundlich von hinten an, doch als er sich dann umdrehte, blieb mir die Freundlichkeit geradezu im Hals stecken.
Der Kerl entpuppte sich als der kurzhaarige Mann, der an dem Abend des Überfalls von meinem Dorf eine scharfe Klinge an mein Hals gedrückt und den Befehl gegeben hatte, meine Mutter und Schwester zu verschleppen.
Mit großen Augen und offenem Mund starrte ich auf sein ausdrucksloses Gesicht hoch. Er jedoch schien mich nicht zu erkennen und mir mein plötzliches entsetzen auch nicht anzumerken, denn er nickte bloß mit einem gleichgültigen brummen. Wie in Trance taumelte ich ihm nach, sodass wir schließlich hinter einem anderen Paar standen.
Die Situation kam mir währenddessen immer absurder vor. Ausgerechnet den Soldaten anzutreffen, der mir meine Familie genommen hatte... Und aus allen Soldaten, musste ich gerade mit ihm die Partnerarbeit machen.
Urplötzlich stiegen mir Erinnerungen von der Nacht von vor zwei Tagen in den Kopf und liefen wie eine endlos scheinende Schleife in meinem Kopf ab, wiederholten und überspielten sich. Das kreischen und weinen von Byeol, ihr verzehrtes Gesicht und die blanke Panik in den Augen meiner Mutter, während sie versucht hatte sich aus den groben Händen des Soldaten zu befreien.
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich fühlte dieses wütende brennen in meiner Lunge, am liebsten einfach laut loszuschreien und den Kerl neben mir zusammen zu schlagen. Meine Hand bildete sich wie von selbst zu einer Faust. Die Stimmen von Truppenanführer Jeon und Kim gerieten in den Hintergrund, bis sie letztendlich vollkommen erloschen und ich nur noch das schnelle pulsieren meines eigenen Blutes in den Ohren rauschen hörte.
Mein ganzer Körper schrie förmlich nach Rache und ehe ich noch einmal vernünftig darüber nachdenken konnte, schnellte meine Faust auch schon auf das Gesicht meines Partners zu. Ich traf ihn hart am Unterkiefer, woraufhin dieser ungesund knackte. Der Mann johlte schmerzverzehrt auf und stolperte aus der Reihe, fiel seitlich auf die grauen Steinplatten.
Es dauerte keine Sekunde, da hatte ich mich bereits über ihn gebeugt und schlug ihm nochmal in sein Gesicht. Blut spritzte aus seiner Nase hervor und er gab wieder ein wehklagendes Geräusch von sich. Doch ich konnte nicht aufhören. Nicht einmal dann, als Truppenanführer Jeon es mit einer lauten und herrischen Stimme befahl.
Meine Faust traf immer wieder in sein Gesicht und verarbeitete ihn geradezu zu Brei. Die Befriedigung, die dabei in mir freigesetzt wurde, ließ mich während meiner Tat beinahe grinsen.
Gerade als ich von selber aufhören und mir sein blutverschmiertes Werk ansehen wollte, griffen zwei Arme um meine Brust und zogen mich förmlich von dem reglos liegenden Körper des Mannes herunter.
„Sag Mal, spinnst du?!", fuhr mich Jackson an, ehe er mich achtlos zu Boden stolpern ließ. Ich landete hart auf meinem Hintern und bemerkte erst dann, wie sich um uns herum ein kleiner Kreis von neugierigen Soldaten gebildet hatte. Truppenanführer Jeon und Kim standen dabei in erster Reihe und sahen mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Wut an.
„Wie heißt du, Soldat?", fragte Anführer Kim mit kalter Stimme nach, sodass mir für einen Moment das Blut in den Adern gefror.
„Namjoon", schnaubte ich schließlich aus und hievte mich im selben Moment wieder auf die Beine. Nun befand ich mich auf gleicher höhe mit den beiden Anführern.
„Und was genau, Namjoon, sollte das?", Kim deutete auf den bewusstlos geprügelten Mann. Allein sein Anblick erfüllte mich mit Genugtuung. „Das ist der Kerl der den Befehl gegeben hat, meine Mutter und Schwester zu entführen...".
„Hattest du vor ihn umzubringen?", hakte Jungkook plötzlich nach, woraufhin ich den Kopf zu dem Jüngeren herumriss.
Hatte ich ihn umbringen wollen?
Unsicher sah ich ein weiteres Mal auf den kurzhaarigen Soldaten hinab. Sein Blut klebte unangenehm warm an meinen Händen.
„Ich weiß nicht", antwortete ich dann ehrlich.
Truppenanführer Jeon und Kim sahen mich eine Weile lang einfach nur an, bis Letzterer auf einmal sein Schwert aus der Scheide zog und es mir hinhielt.
„Töte ihn", befahl er dann kurz angebunden.
„Bitte was?", dümmlich blinzelte ich ihn an.
„Töte ihn, na los. Du hast ihn doch eh schon halb umgebracht", der Braunhaarige schwenkte ungeduldig mit dem goldenen Griff seines Schwertes vor meiner Nase herum.
Für einen kurzen Moment kribbelte es mir tatsächlich in den Fingern, einfach das Schwert zu nehmen und das Leben des Mannes mit einem einzigen hieb auszulöschen. Doch irgendetwas hielt mich davon ab. Es war Unbehagen, welches plötzlich die Befriedigung in mir erstickte und ich wich ungewollt ein Stück zurück.
Der Soldat war nicht mein richtiges Ziel. Mein Ziel war die Königin und ich wollte kein Leben auf dem Gewissen haben, welches nicht ihres war.
„Was denn? Traust du dich auf einmal nicht? Dabei hast du dich vor ein paar Sekunden doch auch noch getraut wie ein Biest auf ihn einzuprügeln", merkte Anführer Kim an. Jeon Jungkook musterte ihn dabei von der Seite, so als würde er auf etwas abwarten und auch die anderen sahen unruhig zwischen Kim und mir her.
Plötzlich machte der Truppenanführer einen Schritt nach vorne, packte fest um den Griff seines Schwertes und stach es geradewegs in die Kehle des am Boden liegenden Soldaten. Er gurgelte daraufhin unverständliche Worte, spuckte Blut und verdrehte im nächsten Moment die Augen.
Tod, schoss es durch meinen Kopf.
Mein Herz setzte dabei für einen ungesund langen Moment aus und mit großen Augen starrte ich Truppenführer Kim an. Auch die anderen waren sichtlich schockiert, denn plötzlich wurde es so still in dem Innenhof, dass man den Flügelschlag der Vögel hören konnte.
„Dieses Leben geht auf dich, Namjoon. Wenn du jemanden angreifst, dann erwarte ich von dir das du es auch zu Ende bringst", er richtete sich auf und drehte sich dann zu den anderen Soldaten um, wobei er sein in Blut getränktes Schwert mitschwenken ließ, „Das erwarte ich von euch allen! Wenn ihr angreift, dann bringt ihr es auch zu Ende!".
„Jawohl, Sir!", brüllten sie daraufhin im Einklang zurück. Nur ich starrte stumm auf die leblose Gestalt am Boden und nahm wahr, wie sich das dickflüssige, dunkle Blut auf den Steinplatten ausbreitete.
Dieses Leben geht auf mich, sagte sich mein inneres Ich, genauso wie Kim Seokjin es mir vor ein paar Sekunden beigedichtet hatte. Für einen kurzen Moment wurde mir schlecht und ich dachte, ich müsse mich nun übergeben, genauso wie ich mich am Tag zuvor bei dem Anblick von Wangyu's aufgespießten Kopf übergeben musste. Doch ehe dies geschehen konnte, riss eine dominante Stimme mich aus den Gedanken.
„Was ist hier los?", fragte die Person – definitiv männlicher Abstammung – und die Soldaten fingen an sich nach der Stimme umzudrehen. Ein geschocktes raunen ging durch die Runde und schließlich traten sie alle beiseite, um einen schmalen Pfad zu dem Geschehen zu bieten. Auch ich sah auf und stellte mit großem Entsetzen fest, dass dort Prinz Yoongi angelaufen kam. Dicht hinter ihm lief sein Leibwächter Hoseok, von dem Jackson mir bereits erzählt hatte. Während dieser in derselben prächtigen Rüstung eingekleidet war wie unsere beiden Truppenanführer, trug Yoongi einen ansehnlichen Hanbok. Seine weite Hose schimmerte in der Sonne in einem goldgelb und darüber wehte ein langer, roter Mantel, mit einem goldenen Drachenmuster, das sich quer über seine Brust erstreckte.
Er hielt seine Hände in einer entspannten Haltung hinter dem Rücken. Als er dann allerdings die tote Gestalt auf dem Boden sah, brach er seine entspannte Haltung auf.
„Was ist hier los?", wiederholte er sich und besah die beiden Truppenanführer mit einem strengen Blick. Seokjin deutete daraufhin direkt auf mich. „Der ist hier los... Ist auf den Soldaten losgegangen und hat ihn bewusstlos geprügelt. Ich musste dann sein Leben beenden, um zu demonstrieren das wir unsere Angriffe nie unbeendet lassen".
Prinz Yoongi drehte sich zu mir um, besah meine blutigen Hände mit hochgezogenen Augenbrauen und schnalzte dann kopfschüttelnd. „Wenn mein Vater das erfährt, dann dreht der durch. Und ich darf mir dann wieder beim Essen sein Gejammer anhören...", Yoongi seufzte einmal, deutete dann auf mich und krümmte seinen Finger mehrmals in seine Richtung, „Du kommst kurz mit mir mit".
„Aber Prinz Yoongi, wir haben Training. Es wäre nicht sinnvoll, den Soldaten gerade jetzt davon zu be-...", fing Anführer Kim an, wurde jedoch augenblicklich von einem ungewöhnlichen Laut des Prinzen unterbrochen.
„Es ist mir egal, ob ihr gerade Training habt. Ich nehme ihn mit", nach einer schwungvollen Umdrehung stolzierte er ungestört den schmalen Weg zwischen den anderen Soldaten zurück. Sein Leibwächter Hoseok schnappte sich daraufhin grob meinen Oberarm und zerrte mich mit sich.
Jap, ich habe vergessen zu updaten. Es tut mir echt leid ;-;
Dafür haben wir jetzt endlich Seokjin in der Story. Und Jimin wird auch bald dazu kommen, allerdings hat er eine besondere Rolle, deswegen dauert es noch etwas :3
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