1.

Namjoon's PoV.:

„Kommst du, Byeol?!", rief ich und warf einen prüfenden Blick in unser Familienhaus. Von der Türschwelle aus konnte ich nur die Hälfte unseres Wohn- und Essbereiches sehen, doch es reichte aus um meine kleine Schwester auszumachen. Sie stand vor unserer Mutter und ließ sich einen Wangenkuss geben. Kurz darauf drehte Byeol sich schwungvoll um und stürmte zu mir nach draußen. Ihr dunkelbraunes Haar flog dabei wild umher und sie hatte dieses breite Grinsen im Gesicht, welches feine Grübchen auf ihren Wangen zeigte.

„Nicht so schnell", prustete ich, als sogar unser Arbeitspferd Mang vor der unbändigen Energie der Zwölfjährigen zurückscheute. Ich bekam daraufhin jedoch bloß ein freches kichern zu hören. Dann drehte Byeol sich wieder schwungvoll um und hüpfte den sandigen Gehweg nach unten zur Hauptstraße, welche uns zum Königreich führen sollte.
Kopfschüttelnd überprüfte ich den Halt von Mang's Satteltaschen, ehe ich das schneeweiße Tier schließlich losführte. Er trottete mit langsamen Schritten neben mir her, gab ab und zu ein kräftiges Schnauben von sich, oder pflückte ein paar einsame Grashalme vom Wegrand weg.

Als wir unten an der Hauptstraße ankamen, wartete Byeol bereits auf uns. Sie stand auf einem alten Baumstumpf, hatte die Hand über die Augen geschirmt und beobachtete mit aller Aufmerksamkeit die dichte Menschenmasse, die sich auf der Hauptstraße in Richtung Königspalast tummelte. Einige von ihnen konnte man sofort als Händler identifizieren; sie zogen Karren mit den verschiedensten Sachen hinter sich her. Andere wiederrum waren Käufer, mit großen Taschen und Körben in ihren Händen.

„Na los komm, ich will nicht das du mir hier verloren gehst", sagte ich an Byeol gewandt und zog sie von dem Baumstumpf herunter. Die Jüngere grummelte unzufrieden, fügte sich dann jedoch meiner Anweisung und ließ sich von mir auf Mang's breit gebauten Pferderücken heben. Die Hände der Jüngeren krallten sich instinktiv in die helle Mähne. Dennoch konnte sie es nicht lassen mir einen genervten Blick zuzuwerfen.

„Es ist zu deinem besten", erklärte ich, so wie ich es fast jedes Mal tat, wenn wir uns auf den Weg zum wöchentlichen Einkauf begaben. „Ich weiß", antwortete sie augenverdrehend, „Aber ich bin mittlerweile zwölf Jahre alt und ich bin stark genug, um mich zu wehren".
„Bist du nicht. Es gibt grausame Menschen auf dieser Welt und das weißt du auch", seufzte ich und mit einem auffordernden schnalzen setzte Mang sich wieder in Bewegung, sodass ich ihn direkt in die enge Menschenmasse führen konnte. Byeol antwortete mir daraufhin nicht mehr und vermutlich war das auch besser so, denn ansonsten hätte ich jetzt eine lange und ausführliche Diskussion mit ihr halten können.

Manchmal trieb mich die Naivität meiner kleinen Schwester wortwörtlich in den Wahnsinn. Ihre Welt bestand aus bunten Blumen, Schmetterlingen und melodischem Vogelgezwitscher, während die echte Welt von hinterhältigen Dieben, perversen Lüstlingen und herzlosen Soldaten besetzt war, die allesamt über das untere Volk – also uns – herrschten. Das schlimme an der ganzen Sache war, dass Byeol es nicht einmal zu bemerken schien. Sie hüpfte an späten Nachmittagen gerne in die Wälder hinein oder rannte zum Fluss, der sich in etwas weiterer Entfernung hinter unserem Haus befand. Dabei ignorierte sie meistens die verzweifelten rufe unserer Mutter, sodass ich letztendlich losgehen und den kleinen Wildfang wieder einsammeln musste.

Irgendwann würde ihr ihre eigene reine Seele noch mal zum Verhängnis werden, da war ich mir sicher. Jedoch nicht so lange ich in ihrer unmittelbaren Nähe stand, denn ich würde Byeol immer beschützen; egal ob vor einem breit gebauten Soldaten, oder vor einem zähnefletschenden Bären.

Ich holte einmal tief Luft, ehe ich meine Haare aus dem Gesicht strich und den Kopf in den Nacken legte. Die Sonne stand heute besonders tief. Es war warm und dadurch das kein einziger Windhauch wehte, auch verdammt stickig. Den Zikaden schien das warme Wetter allerdings zu gefallen, denn sie zirpten pausenlos zwischen all den dicken Baumstämmen des Waldes hervor.
Das Geräusch bereitete mir bereits nach einer kurzen Weile Kopfschmerzen und ich fing an mich ungeduldig durch die Menschenmenge zu kämpfen. Natürlich blieb es dabei nicht aus, dass ich einigen Männern und Frauen auf die Füße trat und mir im Gegenzug ein paar Ellbogen in die Rippen einfing. Doch den Schmerz nahm ich in Kauf, wenn es bedeutete das wir dafür schneller beim Markt ankommen würden.

Trotz meiner Bemühungen dauerte es noch eine ganze Weile, bis wir endlich im Dorf der Adeligen ankamen. Eine schützende Mauer umzog sich um dessen großflächigen Platz, gebaut aus grauen Backsteinen. Den Eintritt konnte man durch ein Tor erlangen, welches mittig in die Mauer eingebaut war und elegant geschwungene Verzierungen an dessen Holz hatte. Der Anblick ließ mich jedes Mal wieder aufs Neue staunen. Es sah so imposant aus, dass man sich bei dessen betreten automatisch klein und unbedeutend fühlte.

Das Gefühl wurde nicht viel besser, als wir die sauber gepflegten Straßen des adeligen Dorfes betraten. Die hier angereihten Lehmhäuser, die alle von der wohlhabenderen Sorte Mensch belebt wurden, ließen mich in meinen von schweißgetränkten dreckigen Klamotten deutlich fehl am Platz fühlen. Byeol schien es genauso zu gehen, denn sie sah sich andauernd um und strich bei den angewiderten Blicken einiger Soldaten ihre wilden Locken aus dem Gesicht.
„Wir sind gleich da", versicherte ich ihr leise und lächelte aufmunternd. Sie erwiderte die Geste sanft und nickte.

Da der Markt etwas weiter zentral des Anwesens lag, konnte man von dort aus perfekt auf das Schloss am anderen Ende der Mauer gucken, in dem die Königin, ihr Ehemann und der Prinz gerade vermutlich von zu vielem guten Essen durch die Gegend rollten. Die Vorstellung war lustig, doch da es mir nicht erlaubt war auf diese lächerliche Art und Weise von unseren Herrschern zu denken, wandte ich mich schnell dem Anblick ab und führte Mang weiter.

Es war ziemlich schwierig mit einem Pferd von seiner Größe durch die engen Wege zwischen den einzelnen Verkaufsständen zu laufen. Ich konnte von Glück reden, dass die Persönlichkeit des Schimmels sehr ruhig und gelassen war, ansonsten hätte er aufgrund der Menge an Menschen sicherlich schon mehr als einmal ausgetreten.

„Hast du noch im Kopf was wir alles brauchen?", fragte ich an Byeol gewandt. Die Kleinere legte nachdenklich den Kopf schief: „Also auf jeden Fall Kartoffeln, Möhren, Brot und Eier".
„Okay. Ich glaube Mama hat auch noch zwei Hühner erwähnt gehabt, oder?", hakte ich nach. Normalerweise konnte ich mir Dinge gut merken, doch wenn es um Einkaufslisten ging, vergas ich immer irgendeine Kleinigkeit. „Ja und wir sollten Fisch mitbringen", fügte sie dem bei.
„Fisch?", verwirrt blieb ich stehen und sah zu Byeol herauf, „Der ist doch voll teuer". Die braunhaarige zuckte mit den Schultern: „Mama hat gesagt, wir sollen Fisch mitnehmen".

Ein verächtliches Schnauben entkam mir. Ich wusste das unsere Mutter es mit dem Fisch nur gut meinte, da er viele wichtige Vitamine und Fettsäuren enthielt, doch er kostete für Leute aus der unteren Schicht einfach zu viel. Normalerweise aßen wir ihn nur zu besonderen Anlässen, beispielsweise Geburtstage, oder den Todestag unseres Vaters.

Seufzend steuerte ich einen der vielen Gemüsehändler an und warf einen Blick auf das viele Essen. Byeol rutschte daraufhin von Mang's Rücken herunter und gesellte sich zu mir. Sie hatte schon immer ein besseres Auge für gutes und frisches Gemüse gehabt, weswegen ich hier ihr die Oberhand ließ.

„Die sehen gut aus", meine Schwester deutete auf einen Korb voller Möhren, ehe sie welche herausnahm und abtastete, „Und sie fühlen sich nicht ranzig an", fügte sie schließlich hinzu.
„Okay gut", ich konnte mir ein stolzes Grinsen nicht verkneifen und strich der Jüngeren durch ihre wilden Locken, „Wenn der Boss sagt, dass sie gut sind, dann nehmen wir sie mit". Byeol kicherte amüsiert. Das hohe quicken klang fast schon wie Melodie in meinen Ohren.
Grinsend wandte ich mich von ihr ab und pfiff den Händler zu mir, ehe ich ihm Zehn Möhren für einen passenden Preis abkaufte. Das Gemüse landete danach in einer der vielen Satteltaschen von Mang. Byeol stieg wieder mit meiner Hilfe auf seinen Rücken und ließ sich dann von mir weiterführen.

So arbeiteten wir uns die komplette Einkaufsliste unserer Mutter durch. Jedes Mal, wenn wir vor einem Händler standen, stieg Byeol ab und half mir bei der Auswahl von dem frischen Essen. Mit der Ausnahme von den Hühnern und den Fischen, denn diese konnte sie in ihrem leblosen Zustand nicht von der Leine hängen sehen. Was das anging, hatte meine kleine Schwester ein ziemlich weiches Herz und ich konnte es ihr nicht übelnehmen, denn selbst ich fand den Anblick nicht sonderlich appetitlich.

Es dauerte eine geschätzte Stunde, bis wir alles beisammen hatten. Mang's Satteltaschen waren bis oben hin gefüllt und ich musste den Vielfraß ständig davon abhalten, nicht die aus der Öffnung hängenden Möhren zu fressen. Byeol brachte es jedes Mal laut zum Lachen, wenn ich fluchend den Kopf des Tieres wegdrücken musste.

„Lass ihn doch wenigstens eine knabbern", gluckste sie amüsiert, nachdem ich Mang zum tausendsten Mal aufhalten musste. „Nein, die Möhren sind für uns. Der Dickkopf kann sein Heu fressen, wenn wir zu Hause sind", antwortete ich genervt. Daraufhin schmollte die Jüngere gespielt beleidigt, beugte sich zu dem Hals des Tieres herunter und umarmte diesen mitfühlend. „Mein Bruder ist ein Spielverderber, nicht wahr Mangie? Keine Sorge, irgendwann schmuggel ich dir eine Möhre zu", sagte sie dann.
„Wenn du das machst, dann lass ich dich kopfüber in den Fluss hängen", murrte ich. Wieder musste Byeol laut lachen. „Das traust du dich doch gar nicht. Ich bin viel zu süß!", entgegnete sie. „Durchaus, aber ich möchte dich nur nochmal daran erinnern, dass ich dich vor einer Woche auch ins kalte Wasser getunkt habe", grinste ich. „Stimmt. Doch ich hoffe du hast nicht vergessen, wie ich dich danach mitgezogen habe", sie warf mir einen triumphierenden Blick zu, der sofort wieder die Erinnerungen an diesen Tag weckte.

Aufgrund der brütenden Hitze waren wir beide total am Schwitzen gewesen und nachdem Byeol gemeint hatte, sie benötige eine Abkühlung, habe ich sie einfach kopfüber ins kalte Wasser gehalten. Kaum stand sie wieder auf ihren eigenen zwei Beinen, bin ich allerdings selber im Fluss gelandet.

„Ich erinnere mich", gab ich zu, „Das gibt sowieso nochmal Rache".
„Wir werden ja sehen", die Kleinere wackelte spielerisch mit den Augenbrauen.

Da wir bereits alles beisammenhatten, machten wir uns schließlich auf den Heimweg. Hier und da schauten wir nochmal auf die Tische der Händler, doch da wir bereits das meiste Geld ausgegeben hatten und die anderen Dinge nun auch nicht mehr Lebensnotwendig erschienen, kauften wir nichts mehr.

An einem Tisch mit vielen verschiedenen Schmuck Sachen blieb Byeol am längsten stehen und betrachtete die ganzen Ketten, Ringe und Broschen mit glänzenden Augen. Sie liebte diese kleinen Accessoires und ich versprach ihr, dass ich ihr eines Tages – wenn ich genügen Geld gespart hatte – eine wunderschöne Kette kaufen würde.  

°°♡°°

I've been dying to post the first chapter of this story ;-;
Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist diese neue FF bereits jetzt zu starten, aber ich wollte nicht mehr länger warten. Und ich habe sowieso schon für die nächsten vier Monate vorgeschrieben, deswegen hau ich das jetzt einfach raus xD

Ich glaube das hier wird eine meiner komplexeren Geschichten. Habe hierfür verdammt viel recherchiert und einen ziemlich krassen Plot reingebaut, wenn man den Mal so mit meinen anderen Stories vergleicht. Das kann aber auch gut daran liegen, dass wir uns in dieser Story im Mittelalter (beziehungsweise in der Joseon Dynastie) befinden. Also alles sehr brutal und so...
Ich hoffe es wird euch trotzdem gefallen und lasst mir gerne euren ersten Eindruck da :3

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