Kapitel 22

Die Angst machte mich völlig wehrlos. Wahrscheinlich trug jedoch dabei das in Chloroform getränkte Tuch, welches auf direkt meine Nase gedrückt wurde, die meiste Schuld daran. Meine Augen wurden plötzlich sehr schwer. Die Person hob mich mit Leichtigkeit über ihre Schulter. Bevor ich ganz das Bewusstsein verlor, erkannte ich noch die dunklen Haare des Enführers. Die dunklen Haare des Junges, in den ich glaubte mich verliebt zu haben.
In dem Wissen, dass Daniel mich entführt hatte, fielen meine Augen zu. Danach war alles schwarz.

Als ich wieder aufwachte, war immer noch alles dunkel, obwohl ich bei vollem Bewusstsein war. Wegen der Geräusche und da ich mich zu bewegen schien, schloss ich daraus, dass ich mich in einem geschlossenem Kofferraum in einem fahrendem Auto befand. Ich richtete mich ein wenig auf, so dass ich nun saß. Dabei stellte ich fest, dass sowohl meine Hände, als auch meine Füße zusammengebunden waren. So sehr ich es auch versuchte, es gelang mir nicht die Knoten zu lockern.
Vorsichtig suchte ich den Kofferraumboden ab. Vielleicht würde ich dort ja etwas finden, das mir zur Flucht verhilft. Beim Abtasten erfühlte ich bloß ein paar leere Weinflaschen und ein bisschen Krimskrams. In diesem Moment verhinderte das Klebeband über meinem Mund, dass mir ein genervter Seufzer entfuhr. Dafür war ich wirklich dankbar, sonst wüsste Daniel, dass ich nicht mehr betäubt war. Obwohl ich es mir nicht eingestehen wollte, musste ich wohl damit klarkommen, dass ich mich in ihm geirrt hatte. Er war nur ein trinkender Entführer und vielleicht sogar Mörder. Ach, wem wollte ich denn was vormachen? Alle Zeichen deuteten darauf hin, dass er Cher und wahrscheinlich auch bald mich auf dem Gewissen hat.
Plötzlich bretterte das Auto mit hoher Geschwindigkeit über ein riesiges Schlagloch. Dabei kullerten die Flaschen durch den Kofferraum. Ich erschrack, als ich plötzlich eine mir unbekannte, weibliche Stimme hörte. Sie zischte:"Fahr ein wenig vorsichtiger, Dan. Sonst wacht sie noch auf." "Keine Panik, wir sind doch fast da." Hätte ich nicht gewusst, dass er es war, hätte ich Daniels Stimme nicht wiedererkannt. Sie war so verstellt. Das ließ mich darüber nachdenken, ob er sich die ganze Zeit vor mir verstellt hatte oder jetzt. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, dass dieser eine traumhafte Abend nur eine Lüge war. Weil diese Gedanken zu schmerzhaft waren, versuchte ich vehement an etwas anderes und schöneres zu denken. Doch immer wenn ich ein anderes Thema gefunden hatte, blitzte vor meinen Augen wieder die letzte Szene auf, die ich sah, bevor ich entführt wurde. Die scharfen Glasscherben, die einfach nur dalagen, und trotzdem so viel ausgesagt hatten. Spitze Glasscherben, welche die unheilvolle Nachricht brachte.
Auf einmal kam mir eine zündende Idee. Kurz wartete ich bis meine Entführer wieder zu reden bekannen hatten. Dann zerschlug ich so leise wie möglich eine der Glasflaschen an der Autowand. Die scharfkantigen Scherben nutzte ich daraufhin um meine Fesseln durchzuschneiden. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Körper, als ich aus Versehen auch in meine Hand gestochen hatte. Der Kupfergeruch meines eigenes Blutes stieg mir in die Nase. Panik stieg in mir auf. Mein Herz raste.
Auf einmal sagte das Mädchen mit Nachdruck:"Dan, ich glaube sie ist aufgewacht." Und da erkannte ich ihre Stimme.

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