6| Der erste Tag von vielen besonderen
"Hi mein Name ist Kendall Hutson und ich fange heute mit dem College an."
"Hey Kendall, was studierst du und in welchen Wohnheim sollst du wohnen?"
Ein Student im zweiten Semester sah mich am Infostand durch seine dicke Hornbrille an.
Er wirkte freundlich und aufgeschlossen, aber nicht das dies wichtig war. Ich brauchte nur meine Wohnheimnummer und meinen Stundenplan."
"Ich studiere Sportmedizin und soll im Wohnheim Delta untergebracht werden."
Er zog die Stirn kraus und suchte auf seinem Klemmbrett nach meinem Namen.
"Das ist komisch. Delta ist ein Wohnheim der Jungs und nicht der Mädchen."
Ich lächelte verlegen und strich eine lange blonde Strähne hinter mein Ohr.
"Das passiert mir öfter. Viele gehen wegen meines Namens davon aus das ich ein Mann bin."
Der Student nickte und suchte weiter.
"Ah da bist du ja. Tatsächlich haben sie dich hier versehentlich als Mann eingetragen. Meh, das ist blöd. Ich spreche mal mit der Verwaltung was wir da machen können!"
Ich wartete geduldig, ließ für einen Moment meine Reisetasche von der Schulter rutschen und schrieb meinem Bruder und meinen Vater das es mir gut ging und ich gerade dabei war mich hier einzurichten.
Mum würde schon von Ashley Bescheid bekommen, da war ich mir sicher.
Lautes Gelächter ließ mich Aufsehen und ich sah ein paar Typen, offensichtlich Sportler auf mich zukommen. Ich musterte sie kurz. Es könnten Hockeyspieler sein. Einer sah, dass ich sie anstarrte und schenkte mir ein kesses Lächeln mit einem auffälligen Zwinkern. Er war groß, dunkelbraun gebrannt und hatte auffällig hellgrüne Augen.
Seine dunklen Locken lagen quer und verstreut über seinem Kopf. Was seinem guten Aussehen keinen Abriss gab.
Auch wenn mein Herzschlag kurz stolperte, entschied ich mich meine Augen zu verdrehen und sie wieder zu ignorieren.
Ich hasste Arroganz und Überheblichkeit bei jedem Menschen und egal weswegen.
"Also ich habe mit der Verwaltung gesprochen, da gab es wohl ein Missverständnis. Aber nicht schlimm. Wir haben im Wohnheim Omega noch einen freien Platz finden können und haben dich umgebucht. Das ist ein gemischtes Wohnheim, ich hoffe das ist in Ordnung?"
"Mädchen und Jungen auf einem Zimmer?"
"Nein, nur in einem Haus aber verteilt auf verschiedene Stockwerke."
Ich nickte dankend, schenkte ihm ein kurzes Lächeln und nahm meine Unterlagen samt Schlüssel entgegen.
Das Wohnheim war wohl ziemlich neu und zeichnete sich durch Selbstverwaltung aus.
An meinem Zimmer im dritten Stock angekommen, öffnete ich meine Tür und lugte vorsichtig hinein.
Es war keiner hier und ich entspannte mich etwas.
Hier in dem kleinen Gemeinschaftszimmer, roch es seltsam nach Farbe und abgestandener Luft und ich beschloss sofort einmal frischen Sauerstoff hereinzulassen.
Zwei der drei Türen die vom Wohnzimmer abgingen, waren abgeschlossen.
Das dritte Zimmer war frei und außer einem neuen Bett, einem Schrank und einem Schreibtisch befand sich nicht viel in meinem neuen Zuhause.
Ein stolzes Lächeln zierte meine Lippen. Es hatte auch Vorteile in einem neuen Gebäude untergebracht zu werden. Wobei mich die zwei weiteren Türen nervös machten.
Hoffentlich waren die anderen zwei dezent und man konnte sich arrangieren.
Die nächsten Stunden begann ich mich so weit es ging einzurichten.
Ich hatte die Tür extra einen Spalt offen gelassen, um mitzubekommen, falls jemand die Wohnung betrat.
Erst gegen späten Nachmittag hörte ich, wie sich ein Schlüssel im Schloss umdrehte und eine junge Frau hereintrat.
Sie war viel kleiner und zarte als ich und hatte schwarzes Haar. Da ich nicht wie ein Stalker nur zusehen wollte, was passierte, öffnete ich meine Tür weit und setzte ein Lächeln auf.
"Hallo!"
Sagte ich feste und die Frau zuckte zusammen.
"Oh Hey! Hast du mich erschreckt."
Schmunzelte sie und trat auf mich zu.
"Ich bin Kendall Hutson, deine neue Mitbewohnerin."
Stellte ich mich freundlich vor und hielt ihr meine Hand hin.
Sie lachte leise und ignorierte meine Hand. Stattdessen drückte mich der Zwerg feste an ihre Brust.
So viel Kraft hatte ich ihr gar nicht zugetraut.
Etwas überfordert umarmte ich sie zurück und lächelte sie unsicher an.
"Ich bin Hillary Young, im zweiten Semester in englischer Literatur. Du kannst mich gerne Lary nennen."
Ihre asiatischen Wurzeln waren unverkennbar, doch sie sprach Akzentfrei.
Sicher war sie hier geboren.
Meine Anspannung fiel etwas ab. Sie schien auf jeden Fall offen und freundlich zu sein.
Mehr wollte ich auch gar nicht.
"Hast du die andere Mitbewohnerin schon kennengelernt?"
Ich schüttelte meinen Kopf. Kannte sie die auch schon länger.
Hillary rollte mit den Augen und ich befürchtete das Schlimmste.
"Sie ist wie du auch neu hier und schon seit drei Tagen wohnt sie bei uns. Sie ist sagen wir mal speziell."
Meine Fantasie malte sich schon eine seltsame Mischung aus der Exfreundin meines Bruders und der von Josh.
Ich musste wohl so entsetzt schauen das Hillary kicherte.
"Keine Sorge. Ich denke, sie bleibt nicht lange. Sie sucht schon bei den angesagten Verbindungen einen Platz für sich. Wir sind sie sicher bald los. Ich bin froh, dass du normal zu sein scheinst."
Ich schmunzelte und hoffte einfach, dass es nicht so schlimm werden würde wie in meiner Vorstellung.
Außerdem tat mir die Tatsache schon gut, dass eine von zwei in Ordnung zu sein schien und dasselbe über mich dachte.
"Was studierst du?"
"Sportmedizin aber das ist nur mein Plan B"
Hillary grinste schief.
"Was ist denn Plan A?"
"NHL. Ich habe ein Sportstipendium und spiele mit in unserem Team."
"Was?!"
Quietschte Hillary und sprang auf. Sie hatte sich auf das große Sofa gesetzt.
Stolz wie immer, wenn ich neuen Personen davon erzählte, grinste ich breit und nickte bestätigend.
"Wow du musst wirklich richtig gut sein. Ich mag Eishockey auch und gehe gerne mit meiner Freundin zu dem ein oder anderen Spiel."
"Danke. Ja ich hoffe, ich kann mich durchsetzen."
"Das ist echt Irre. Die erste Frau in einer College Eishockeymannschaft. Dann werde ich in Zukunft wohl öfter bei den Spielen dabei sein."
Sie zwinkerte mir zu und ich grinste verlegen.
"Jetzt wundert mich auch nicht, warum du so eine schöne Figur hast. Das Training scheint dir richtig gut zu bekommen."
Sie scannte mich von oben bis unten.
"Was würde ich für diese langen Beine tun und erst der Hintern. Der ist auch nicht von schlechten Eltern."
Ich lachte unsicher auf und strich mir meine heute mal offenen Haare zurück.
"Du brauchst nicht schüchtern sein Süße. Du bist ein Volltreffer. Sicher hast du schon einen Freund."
Ich schüttelte meinen Kopf und merkte gleich, dass ich rot anlief.
"Nein habe ich nicht."
"Kann nicht wahr sein."
Ich schmunzelte und nickte.
"Lass dir eins gesagt sein. Das wird nicht lange so sein!"
Sie meinte es gut und ich fand es nett, dass sie mich so mochte und mich lobte. Schließlich wollte sie sich bei mir beliebt machen. Aber das ich überhaupt keine Beziehung wollte und brauchte, behielt ich mal für mich.
"Hast du Hunger?"
"Ja, sehr sogar."
"Super. Ich auch. Dann lass uns gehen und ich zeige dir das beste thailändische Restaurant, das es hier in der Nähe gibt. Ich hoffe, du stehst auf scharfes Essen."
"Ich liebe es."
Das tat ich wirklich und ich war gerade einfach froh nicht alleine zu sein und vielleicht meine allererste Freundin gefunden zu haben. Am College war wirklich alles besser!
Hillary war nett, lustig und ein bisschen verrückt, aber ich mochte sie sehr. Hillary war offen und erzählte gerne von der Eastgold und den Studenten.
Sie berichtete, dass sie auch neu in unserem Wohnheim gezogen war, da das alte verkauft worden war. Das alte Gebäude war ziemlich schlecht beschaffen.
Der Abend mit ihr war ein toller Start gewesen und sie kamen recht spät nach Hauses.
Als wir eintraten, fanden wir fremde und große Schuhe neben der Tür stehen. Hillary sah sie zuerst und stöhnte auf.
"Oh scheint so, als ob unsere Mitbewohnerin, wieder einen »Gast« zu besucht hat."
Sie sagte es gedrückt und setzte »Gast« in Gänsefüßchen. Ich war zwar unerfahren. Wusste aber, gleich was sie meinte.
"Sie ist die Definition von Puckbunny. Pass auf das du nicht in ihre Fänge gerätst."
Ich lachte leise auf und musste um den Kaut zu ersticken, meine Hand vor den Mund pressen.
Hillary schlich in ihr Zimmer und kam mit ein paar Ohrstöpseln zurück.
"Falls es wieder laut wird. Glaub mir, die Frau kann schreien."
Angewidert verzog ich meine Mundwinkel und dankte Lary für die Ohrstöpsel.
"Meistens sind sie irgendwann nachts weg. Lass uns hoffen, dass es morgen wieder so ist."
Ich nickte bestätigend und wünschte Hillary eine gute Nacht. Im Moment war es super still. Wir gingen in unsere Zimmer. Ich schloss vorsichtshalber ab und zog mir meine Schlafkleidung an.
Ich trug nachts immer wenig und konnte es nicht ertragen, wenn mir heiß wurde.
Ein Slip und ein dünnes Croptop waren das, was ich nur brauchte.
Kurz bevor ich ins Bett steigen wollte, merkte ich erst was ich für einen Durst hatte. Das lag sicher an dem super scharfen Essen.
Genervt schnaufte ich auf.
Ich musste nochmal ins Wohnzimmer und mir Wasser holen, das ich dort in dem kleinen Kühlschrank gelagert hatte.
Leise öffnete ich meine Tür, ging zum Kühlschrank und holte mir eine Wasserflasche heraus.
Halb verdurstet öffnete ich diese und trank einen großen Schluck daraus.
Ich war so beim Trinken und in Gedanken bei dem morgigen Tag, an dem ich das erste Mal das Team kennenlernte, das ich nichts mitbekam.
Erst als sich zwei große Arme um meine Taille schlangen und an einen breiten warmen Körper drückten, wurde ich in die Realität zurückgeholt.
"Ich wusste gar nicht, das du auch wach bist. Bereit für eine dritte Runde?"
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