38| Echte Freunde
„Sugar?"
„Kandy?"
„Entschuldigung, haben sie eine große hübsche Frau mit einem dunklen Kapuzenpullover gesehen?"
Ich hörte Schritte.
„KENDALL!!"
Die sorgenvolle Stimme von Nick drang an mein Ohr und er stand genau vor mir. Es hatte nicht lange gedauert, bis er mir gefolgt war. Zumindest empfand ich das so.
Wie lange ich hier wirklich gesessen hatte, konnte ich nicht sagen.
„Kendall, was ist los?"
Aber ich schüttelte nur leicht meinen Kopf. Nick dachte nicht lange nach, zog mich mit einem Ruck zu sich hoch und ich klammerte mich wie eine Ertrinkende an seine starken Schultern. Ich weinte bitterlich und dabei dachte ich, keine Tränen mehr zu besitzen.
Das letzte Mal als ich so geweint hatte, war Jahre her gewesen.
Nick hielt mich einfach fest und streichelte mir beruhigend über den Kopf.
„Komm, wir verschwinden hier!"
Unfähig auch nur ein Wort zu reden, ließ ich zu, dass Nick uns ein Taxi rief und mich nach Hause brachte.
Wir hatten die ganze Zeit nicht miteinander geredet und als ich die Tür öffnete, sah uns Hillary direkt an, die heute vor ihrem Laptop hockte und irgendeinen Film sah.
Natürlich sprang sie sofort auf, weil sie merkte, dass ich nicht in Ordnung war.
„Was ist passiert?"
Mir schossen gleich wieder die Tränen in die Augen und Hillary dachte nicht zweimal nach, kam auf mich zu und umarmte mich fest.
Ein lautes Schluchzen kam über meine Lippen und weitere Tränen liefen über meine Wangen. Ich fühlte mich kraftlos und hilflos.
Es war der Punkt gekommen, an dem ich nicht wusste, wie es weiter ging.
Wir setzten uns auf das Sofa und meine Freunde platzierten mich in die Mitte zwischen ihnen.
„Du weißt, dass du uns alles sagen kannst. Wir verurteilen dich nicht!"
Meinte auch Hillary und ich nickte leicht. Ich sah wie sie suchend in Nicks Augen blickte.
„Wir lieben dich sehr Kandy!"
Betonte Nick und sofort kamen mir die Tränen. Wie hatte ich nur eine Sekunde annehmen können, dass Nick wie Josh ist? Vom
ersten Moment, als er herausgefunden hatte, wer ich wirklich war bis zu dem Tag, als er sofort gekommen war, weil ich Hilfe wegen Ashley brauchte, war er da gewesen.
Er hatte nie etwas im Gegenzug verlangt und er stellte mir nicht einmal unangenehme Fragen.
Er ließ mich ausreden und unternahm gerne etwas mit mir.
Er gab mir einen Spitznamen, betonte, dass ich seine beste Freundin war und zeigte mir seine freundschaftliche Zuneigung immer, wenn wir uns sahen.
Alles Dinge, die Josh nie getan hatte!
„Ein Freund von mir hat mich hintergangen und mir gedroht."
Hauchte ich schwach und der Satz schmeckten bitter auf meiner Zunge.
„Wer?"
„Es war dieser Josh, oder?"
Fragte Nick
Hillary und Nick wechselten einen Blick.
Ich nickte leicht auf Nicks Erkenntnis.
„Was hat er getan?"
„Er hat gesagt, er würde mich outen, wenn ich nicht meinen Mund halte."
Es fühlte sich schwer an das zuzugeben.
„Was darfst du nicht sagen?
Wollte Lary wissen.
Doch ich konnte es ihnen noch nicht sagen. Vance hatte mich eindringlich darum gebeten, mit niemandem über meinen Verdacht zu sprechen, auch nicht, wenn sich dieser bestätigt. Und wie er das hatte.
Ich ignorierte Hillarys fragte und sah stattdessen Nick mit wässrigen Augen an.
„Als du vorhin meintest, das es gut ist mit mir befreundet zu sein, weil ich dir deine One-Night-Stands vom Leib halten kann, sind all die Gefühle und Zweifel hochgekommen. Ich dachte, du würdest mich wie Josh nur ausnutzen...Es tut mir so leid, Nick..."
Ich schluchzte auf und Nick nahm mich sofort wieder in den Arm.
„Alles gut Sugar! Ich bin dir nicht böse und mir tut es leid, das ich diese Gefühle bei dir ausgelöst habe. Ich würde dich nie ausnutzen. Dafür habe ich dich viel zu gerne."
„Das weiß ich jetzt auch!"
Wimmerte ich.
„Und diesen Bastard kannst du einfach vergessen, wenn er sich auch nur meldet, kannst du mir Bescheid sagen und ich Regel das für dich."
„Das ist lieb von dir aber das geht nicht."
„Hat es etwas mit der Prügelei auf dem Eis zu tun?"
Schlussfolgerte er und ich nickte.
„Ich kann es euch nicht sagen, wenn etwas herauskommt, verliere ich alles."
Nick ballte seine Hand zu einer Faust. Es kostete ihn sehr viel Selbstbeherrschung jetzt nicht die Fassung zu verlieren.
„Meinst du nicht, es wäre besser langsam die Wahrheit zu sagen?"
Meinte Hillary vorsichtig.
„Ich kann nicht einfach mit der Wahrheit herausplatzen, jetzt stecke ich schon viel zu tief drin."
„Sie hat recht Kendall. So geht das nicht weiter. Aber wir dürfen auch nicht mit der Tür ins Haus fallen. Wir müssen uns sorgfältig überlegen, wie wir vorgehen und uns absichern."
Nick strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht .
Ich nickte langsam. Natürlich hatten beide recht und irgendwann kam die Wahrheit sowieso raus. Besser wäre es, wenn es alle von mir erfahren, statt durch einen dummen Zufall.
„Aber ich will es erst meinen Freunden und meiner Familie sagen, bevor alle darüber schreiben und reden."
„Das berücksichtigen wir Sugar."
„Ja, was das Thema betrifft. Ella hat mich wieder gefragt, wann sie das Interview mit deinem „Bruder" bekommt.
Warf Hillary ein und wirkte zerknirscht.
„Was für ein Interview?"
Wollte Nick wissen.
Ich erklärte ihm kurz, was mich Ella vor ein paar Wochen gefragt hatte. Er fasste sich nachdenklich an sein Kinn, wobei sein Dreitagebart knisterte, als er mit dem Finger immer wieder darüber fuhr.
„Vielleicht können sie das ja zu unserem Vorteil nutzen. Aber zuerst beenden wir die letzten Spiele vor der Winterpause. Das sind nur noch ein paar und danach sollten wir die Bombe platzen lassen. Damit hätten wir genug Zeit uns zu überlegen, wie wir es am besten machen und wen wir einweihen. Danach hat Josh auch nichts mehr gegen dich in der Hand und was immer er getan hat, kann dann bestraft werden. Ich werde nicht zulassen, das dir dieses Arschloch nochmal schadet."
Erschöpft lehnte ich mich an seine Schulter und sah Hillary an, bevor ich meinen Arm anhob und sie sich an meine Seite kuschelte.
„Ich danke euch!"
„Du brauchst uns nicht zu danken!"
„Doch! Denn ihr habt mir gezeigt, was wahre Freunde sind und das nicht jede Beziehung zum Scheitern verurteilt ist."
**
„Hast du dich jetzt angemeldet?"
Ich seufzte.
„Nein, das habe ich nicht. Ich bin mir unsicher, ob ich das will. Und außerdem brauche ich komplett neue Kleidung. Ich stand ewig nicht mehr auf den Brettern."
„Es würde dir guttun? Einfach mal rauskommen."
Versuchte mich Nick am Telefon zu überzeugen.
„Außerdem will ich meine beste Freundin dabei haben."
Jammerte Nick weiter.
„Vance ist auch da. Ihm habe ich gesagt das ich noch überlege und überhaupt will ich nur mitfahren, wenn Hillary mitkommt. Ich habe keine Lust mit irgendeiner einer Zicke auf dem Zimmer zu landen, weil ich sicher weiß, dass du ja nicht mein Zimmergenosse werden kannst."
Ich spürte das Nick etwas sagen wollte.
Hillary schlenderte mit einem großen Eispaket und dem Löffel mit Eis im Mund zu mir."
„Mhhh, worum geht es?"
Murmelte sie mit vollem Mund.
„Ist das Lary? Gib sie mir mal!"
Das war es nicht, was er eigentlich sagen wollte, das spürte ich.
„Hier Nick will mit dir reden."
Hillary nahm mir zögerlich das Telefon ab und antwortete Nick mit ihrem vollem Mund.
„Mhhh...okay. Ja gut....klar das ich kann ich machen. Natürlich komme ich mit. Ja, ich freue mich sogar darauf."
Ich stutzte bei ihren letzten Worten. Sie hatte mir noch vor dem Wochenende mit meiner Familie ganz deutlich erklärt, das sie nichts in dieses Skilager kriegen würde, keine verdammten zehn Pferde und jetzt brauchte es nur zwei Minuten mit Nick und sie willigte ein.
Sie war mein Ticket gewesen, um „Nein" sagen zu können.
Ich starrte sie mit großen Augen und offenen Lippen an.
„Hier, Nick will dir noch was sagen."
„Bist du stolz auf dich?"
Sprach ich als Erstes.
„Sehr!"
Lachte er so laut, das auch Lary grinsen musste, weil sie es gehört hatte.
„Das mit deinem Charme ist absolut nicht normal und auch total unfair."
„Charme hin oder her, du musst mitkommen, weil Hillary auch mitkommt."
„Aber sie kann kein Ski fahren!"
„Das ist egal, Nick meinte, dass ich mich davor drücken kann und das es einen beheizten Pool und einen Wirlpool geben wird, in denen ich mich entspannen kann, während ihr euch abrackert beim Sport."
Erklärte sie selbstsicher und grinste mich an.
Ich verdrehte nur meine Augen.
„Ihr seid unmöglich!"
„Hey, du hast gesagt, wenn Lary mitkommt, kommst du auch mit. Also Deal ist Deal!
Jetzt beweg seinen süßen Hintern zu deinem Laptop und meld dich da an, es sind noch genug Plätze frei."
„In Ordnung!"
Gab ich nach und Hillary zwinkerte mir zu.
„Ich kenne da jemanden, der sich noch mehr freuen wird als Nick."
Sagte sie laut und ich versuchte sie mit einem Lauten „Schuzzz" zum Schweigen zu bringen.
„Oh ja, soll ich es Vance gleich sagen oder willst du ihn überraschen?"
Lachte Nick und meine Ohren fingen Feuer.
„Gar nichts wirst du. Und so ist das bei uns nicht! Wir sind Freunde?!"
„Entschuldige mal Sugar, aber ihr seid keine Freunde und das wirst du auch nie mit Maverick sein können."
„Woher willst du das wissen?"
„Weil es bei ihm anders ist, als wie bei allen anderen davor oder?"
Ich schluckte schwer.
„Wir werden ja sehen!"
Blieb ich hart aber wusste, dass er mir viel zu viel wusste von meinem Gefühlschaos.
„Das werden wir Baby!"
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