34| Das Theater

"Keiner darf zu ihm. Ich habe gefragt. Im Moment ist der Coach und die Ärztin bei ihm. Aber es scheint ihm den Umständen entsprechend gut zu gehen. Er ist wach und ansprechbar."
Sagte Caleb.

Ich tigerte jedoch weiter nervös auf und ab. Dabei machte ich mir durchgehend Vorwürfe.

"Es war nicht deine Schuld."
Antworte Nick leise auf meine Unruhe.

Von Ashley hatte ich mich per Nachricht verabschiedet. Er konnte verstehen, dass ich nach der Niederlage und dem, was mit Maverick passierte war, keine Zeit mehr für ihn hatte.
Das machte die Sache nur in dieser Hinsicht einfacher.

Ich versprach ihm aber, dass wir Abends telefonieren würden, wenn ich Herr dieses Durcheinanders geworden war.

"Das ist ja nichts. Wie können wir herausfinden, was er hat und ob er die nächsten Wochen, Monate oder die ganze Saison ausfallen wird?"
Meldete sich Owen zu Wort.

Er bekam von vielen ein zustimmendes Murmeln und da schaltete sich Nick ein.

"Jetzt hört mal zu, Jungs. Vance ist taff, er wird das wegstecken, so wie keiner von uns. Wir sollten nicht vom Schlimmsten ausgehen."

Ich wusste nicht, ob er es meinetwegen sagte, weil er wollte, dass ich mich besser fühlte aber es half auch nichts.

Bis mir eine gute Idee kam.

"Ich habe eine Idee."
Flüsterte ich Nick zu.

"Will ich wissen, was du vorhast?"

Ich schüttelte nur meinen Kopf und er seufzte laut auf.

"Kannst du mir den Rücken frei halten."
Er nickte leicht und wirkte abgelenkt.

Da ich schon geduscht war, brauchte ich nur noch einen Ort um mich erneut umzuziehen. Für meinen Plan musste ich Kandy sein.

Ich verließ heimlich unsere Umkleide und fand am Ende des Flures die Kammer, in der ich mich ganz am Anfang immer zurückgezogen hatte.

Hier entledigte ich mich schnell meiner Perücke und allem anderen, das mich zum Mann machte. Auch das enge Stoffband um meinen Busen. Ich schlüpfte in meine Jeansshorts und zog ein frisches Trikot über den Kopf.

Es sollte so aussehen, als wäre ich bei dem Spiel Zuschauerin gewesen.

Danach übergab ich Nick meine Trainingstasche, der neben der Tür zur Umkleide gewartet hatte. Er sah an mir auf und ab.

"Jetzt bin ich eigentlich schon ziemlich neugierig, was das werden soll."

"Keine Zeit. Ich erkläre dir alles später."

Damit ließ ich ihn stehen und beeilte mich zur Behandlungsstation zu kommen. Hier musste Maverick irgendwo liegen. Ich brauchte einen Moment, bis ich das richtige Zimmer fand. Vorsichtig klopfte ich an der weißen fahlen Tür, die nach Krankenhaus schrie. Obwohl ich mich nicht in einem befand.

Die Tür ging einen Spalt auf und der Coach steckte seinen Kopf heraus.

"Was kann ich für dich tun?"

Er wirkte erschöpft und müde. Er war sicher nicht auf Streit aus, aber bei ihm konnte man nie wissen.
Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Das hier konnte auch richtig schiefgehen und für mich böse enden.

Es war schon zu lange ruhig und Coach Carter musterte mich intensiv.

"Kennen wir uns?"

"Ich bin hier um meinen Freund zu sehen. Er hat mir geschrieben, dass er verletzt ist. Kann ich ihn bitte sehen?"

Der Coach zog seine Augenbrauen zusammen und schien angestrengt nachzudenken.

"Ich wusste gar nicht das Maverick eine Freundin hat..."

Ich tippelte aufgeregte auf meinen Fußspitzen hin und her.

"Ja ist noch ganz frisch. Ich mache mir große Sorgen. Kann ich ihn bitte sehen?"

Der Coach fasste sich ans Kinn, schien erneut zu überlegen, ob er mir glauben konnte, aber nickte endlich und öffnete die Tür weit.

Ich trat an ihm vorbei in das helle Zimmer und sah Maverick mit geschlossenen Augen auf einem Klappbett liegen.

"Maverick deine Freundin ist hier."

Sagte der Coach langsam und mein Herz begann bei dem Wort sofort zu rasen.

"Freundin?"

Er öffnete langsam ein Auge und suchte den Raum ab. Das klang eher fragend als wie eine Aussage. Er würde mich verraten. Ich musste deswegen schnell handeln.

Mit schnellen Schritten ging ich auf ihn zu.

"Hey Baby. Ich bin es Kandy."

Ich stellte mich neben ihn und nahm seine große Hand in meine. Er blinzelte mich mehrmals an, als könne er nicht glauben, das ich hier vor ihm stand.

"Ich lass' euch mal alleine. Wenn du etwas brauchst, meld dich sofort Junge."

Der Coach verließ das Behandlungszimmer und wir waren endlich alleine. So musste ich meine schlechten Schauspielkünste nicht aufrechterhalten.

Ich ließ Mavericks Hand los und brachte einen Meter abstand zwischen uns, indem ich mich auf den Stuhl neben der Liege setzte.

"Wie geht es dir?"

"Was machst du hier Kandy?"

"Mein Bruder schickt mich. Alle machen sich große Sorgen um dich und wollen genau wissen, wie es dir geht."

"Mir geht es soweit gut. Ich habe mehrere Prellungen und eine Gehirnerschütterung. Aber es ist nichts gebrochen."

Ich atmete geräuschvoll aus. Ein riesiger Stein fiel mir von Herzen. Es beseitigte nicht ganz die Vorwürfe, die ich mir machte, aber das nichts Schlimmeres passiert war, half mir bei meinem Herzensfrieden.

"Hast du dir etwa Sorgen um mich gemacht?"
Neckte er mich und konnte das aufkommende Lächeln nicht verstecken.

"Mein Bruder hat mich geschickt..."

Wiederholte ich lediglich und Vance konnte ein kleines Schmunzeln nicht mehr unterdrücken. Aber dann verzog er gleich wieder sein Gesicht.

Wenn er eine Gehirnerschütterung hatte, dann tat ihm sein Kopf sicher sehr weh.

Das Tuch, was auf seiner Stirn lag, musste sicher erneuert werden.
Vorsichtig berührte ich es und vermied es seine Haut anzufassen.
Es war überhaupt nicht mehr kühlend.

Ich nahm es an mich aber dafür musste ich seine Hand, die es festhielt, berühren und zur Seite legen.

Als ich das machen wollte, hielt er meine kurz fest. Das Kribbeln, das durch meine Finger schoss, war nicht aufzuhalten.

"Danke, das du dich um mich kümmerst."

"Gerne."

Meine Stimme klang fremd und heiser.

Er strich sanft mit seinem Daumen über meinen Handrücken und diese Berührung brachte mich fast um den Verstand.

Erschrocken entzog ich ihm meine Hand und nahm das nasse Tuch von seiner Stirn.

In dem Raum befand sich ein Waschbecken und ich beeilte mich das Handtuch einmal kalt auszuspülen, damit er es erfrischt und neu auf seinen Kopf legen konnte.

"Deine Schauspielkünste sind so schlecht! Mich wundert es, das der Coach dir geglaubt hat, das du meine Freundin bist."
Hüstelte Maverick und lachte dabei kurz auf.

"Das liegt wohl daran, dass ich noch keinen Freund hatte."

Dieser Satz rutschte mir einfach so raus und ich bereute es sofort, dass mein Mundwerk schneller war, als mein Kopf.
Maverick räusperte sich hinter mir.

"Das erklärt einiges aber wirft auch wieder so viel Fragen auf. Dieser Joshua war also zu keiner Zeit dein Freund?"

Ich stolperte zu Vance zurück und legte ihm das kühle Nass auf seine Stirn.
Er seufzte wohlig auf.

"Nein, und mit dem bin ich für das Erste fertig. Glaub mir."

"Endlich. Bei dem hatte ich nie ein gutes Gefühl. Aber wie kommt das?"

Maverick schlug seine Augen auf und blickte direkt in meine. Es tat gut den beruhigenden grünschimmer in seinen Augen zu sehen.

"Ich...da muss ich dir wohl noch etwas erklären, ich..."

Ich wich seinem Blick aus, als es wieder an der Tür klopfte.

„Es ist alles meine Schuld..."
Rang ich mit belegter Stimme hervor.

Seine Augen weiteten sich.

„Wie kann das deine Schuld sein?"

Doch ich konnte ihm nicht antworten, da wurden wir beide schon unterbrochen. Der Coach trat erneut in das Zimmer. Maverick zog mich unglaublich schnell an der Hüfte näher zu sich heran und nahm anschließend meine Hand.
Er zwinkerte mir kurz zu.

Meine Fingerspitzen begannen sofort zu kribbeln und dieses Gefühl breitete sich über meine Hand, zu meinem Arm, bis in meinen ganzen Körper aus.

Gerne hätte ich ihm meine Hand entrissen. Aber das ging nicht.

So schlecht ging es ihm also wirklich nicht und ich konnte es mir nicht nehmen lassen, meine Augen in seine Richtung zu verdrehen. Dennoch blieb ein leichtes Lächeln auf meinen Lippen zurück.

„Ich will nicht stören, aber Mavericks Eltern sind am Telefon und wollen dringend mit ihm sprechen. Außerdem muss er noch eine weitere Untersuchung machen, damit wir sicher seien können, dass er nicht ins Krankenhaus muss."

Ich nickte langsam und wollte mich von Maverick zurückziehen, doch er hielt meine Hand einfach fest.

„Ich brauche nur noch fünf Minuten mit meiner Freundin Coach Carter."

„In Ordnung, aber keine Minute länger."
Damit ließ er uns wieder alleine.

„Was meintest du damit, dass alles deine Schuld ist?"

Er wurde ernst, dachte aber nicht daran, mich loszulassen.

„Ich habe da so eine Vermutung, wegen Josh und na ja ein schlechtes Gefühl aber ich muss erst mit ihm reden."

„Kandy..."
Mavericks Stimme klang unsicher und ein wenig Wut schwang mit.

War er sauer auf mich?

„Lass uns darüber reden, wenn ich mir sicher bin. Ich muss ihn erst zu Rede stellen und hier ist sicher nicht der passende Ort um dir alles zu erklären."

Er wirkte nicht begeistert und ich konnte es ihm nicht verübeln. Es war eine lahme Ausrede und Maverick war ein durch und durch neugieriger Mensch. Das hatte ich schon herausgefunden. Er konnte es nicht leiden, wenn er über etwas nicht die Kontrolle hatte.

Er seufzte ergeben und ließ endlich meine Hand los.

Doch nur um auf das schmale Stück neben ihm auf der Liege zu klopfen.
Ich sah ihn fragen an.

„Meinst du nicht, es sollte authentischer sein, dass wir zusammen sind? Ich meine, der Coach hat gerade schon komisch geguckt."
Ich lachte auf und schüttelte meinen Kopf.

„Selbst wenn, was soll passieren? Soll er mich hinausschmeißen? Ich habe doch schon alles an Information bekommen."

„Und die wäre?"

„Dir geht es besser als gedacht und du wirst nicht für den Rest der Saison ausfallen. Das kann ich deinen Jungs sagen und sie beruhigen sich dann hoffentlich."
Ich lächelte ihn an.

„Weißt du der Coach kann sehr streng sein, wenn es um unbefugtes Betreten eines Raumes seiner Spieler geht. Besonders bei einem Spieler, der verletzt ist. Vielleicht bekommst du dann Hausverbot."
Versuchte er es weiter.

Ich dachte einen Moment darüber nach. Die Kandy, die Maverick kannte, mochte keine Eishockeyspiele, mindestens hatte ich so was Mal angedeutet.

Deswegen zuckte ich nur gleichgültig mit den Schultern.

„Du machst es mir wirklich nicht leicht Kandy. Noch nicht mal, wenn ich verletzt bin."
Schmollte er.

In dem Moment klopfte es wieder an der Tür. Ich erschreckte mich leicht und machte einen kleinen Satz auf Maverick zu.

Der sah seine Chance und umfasste mich erneut an meiner Taille. Er dirigierte mich, wie er es wollte auf die schmal Fläche auf der Liege, direkt an seinen warmen Körper. Er hielt mich fest, also gab es kein entkommen.

Wie konnte jemand mit einer Gehirnerschütterung noch so stark sein?

„Maverick es wird Zeit."
Sagte der Coach streng und ich drehte mich zu Maverick um.

„Bekomme ich noch einen Abschiedskuss Bambi?"
Hauchte er und legte theatralisch seinen Unterarm auf seiner Stirn ab.
Ich beugte mich zu ihm herunter.

„Du genießt das alles viel zu sehr!"

„Darauf kannst du wetten süße!"
Hauchte er an mein Ohr. Mein Herz machte unverschämter Weise einen kleinen Sprung.

Kurz darauf berührte ich mit meinen Lippen kurz Mavericks Wange.

„Gute Besserung B-A-B-Y."

Presste ich zischen zusammengebissenen Zähnen heraus.

„Wir werden noch mal ganz in Ruhe reden, meine Süße. Du brauchst gar nicht hoffen, dass ich das hier vergesse."

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