24| Kaltes Wasser
Das Lauftraining war heute super anstrengend gewesen und meine Oberschenkel brannten.
Duschen konnte ich nach dem Training zu Hause.
Das Hallentraining und Krafttraining brachten mich nur in die Not in den Kabinen zu duschen, aber ich vertraute darauf, dass mir Nick zur Seite stand und sich alles gut überlegt hatte.
Morgen würde ich feststellen, ob sein Plan aufging und ich war ein wenig nervös.
Das kalte Wasser tat meiner erhitzten Haut sehr gut und ich genoss meine Ruhe.
Bis ich ein Stimmengewirr vor meinem Badezimmer hörte.
Ich wickelte meinen nassen Körper in eines der sehr weichen Handtücher, die ich liebte. Auch wenn ich kein girly Mädchen war, brauchte ich meine super weichen Badetücher.
Zu meiner Verwunderung standen neben Hillary, Venus und Ella. Sie unterbrachen sofort ihr Gespräch, als ich aus dem Badezimmer trat und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie über mich geredet hatten.
Neugierig zog ich eine Augenbraue hoch und fragte ehrlich nach.
"Alles okay bei euch? Oder warum lauert ihr hier vor dem Bad wie ein Rudel hungriger Löwen!"
Hillary wollte gerade ansetzten für eine Erklärung, aber Venus war schneller.
"Ella wollte dich fragen, ob sie ein exklusives Interview mit deinem Bruder bekommt. Also eigentlich wollte sie das Lary fragen, aber die weigert sich, obwohl sich die zwei ja offensichtlich daten."
Hillary warf mir einen zerknirschten Blick zu, während meine Wangen warm wurden.
"Da bin ich die falsche Ansprechpartnerin."
Gab ich schnell zur Antwort und wollte in mein Zimmer gehen. Doch Venus stellte sich mir in den Weg. Der griechische Sonnenschein ließ nicht locker.
"Bitte Kandy. Ella würde sich echt freuen und hätte dann die Möglichkeit weiter in der Medien AG zu wachsen und über das zu schreiben, was sie will."
Sie sah zu ihrer Freundin, die schüchtern auf den Boden starrte.
"Warum fragst du mich nicht selber Ella?"
Wollte ich wissen und verstand die Welt nicht. Sie war doch eine fast erwachsene Frau die studierte, es ging um ihr Projekt und sie schaffte es noch nicht mal selber zu fragen?
"Ihr ist das peinlich."
Antwortete wieder Venus und schob ihre runde Hornbrille zurück auf ihr Nasenbein.
Ella knete ihre Finger und sah auf. Unsere Augen trafen sich und sie tat mir leid.
Nick hatte recht, mir waren die Menschen in meiner Umgebung wichtiger als ich dachte.
Ich seufzte resigniert.
"Okay. Ich kann ihn ja wenigstens fragen."
Ellas Augen begannen zu leuchten und sie stolperte zu mir und nahm mich einfach in den Arm. Dafür das sie schüchtern war, überschritt sie gerade meine persönliche Grenze. Denn ich wurde nicht gerne umarmt, wenn ich nur ein Handtuch um mich hatte.
"Schon gut."
Ich tätschelte unbeholfen ihren Rücken, damit sie mich losließ.
"Danke... danke!!"
Stotterte sie.
"Aber eine Frage habe ich noch."
Ella sah mich mit ihren großen blauen Augen an.
"Warum Kendall?"
"Er ist der Neue und hat einfach unfassbar gut gespielt. Alle in der Redaktion wollen ihn kennenlernen, aber er ist schlecht zu fassen. Fast wie ein Geist, denn niemand weiß so wirklich, wo er sich außerhalb des Trainings aufhält."
Ich gab einen gequälten Laut von mir.
"Wenn ich es schaffe ein Interview mit ihm zu ergattern, dann werde ich endlich ernst genommen."
Ich nickte und versuchte, verständnisvoll zu reagieren.
"Warum stehst du nicht für dich ein und sagst, was du willst? So wie bei mir gerade..."
"Ich...also...na ja ich will niemanden Umstände machen und mir ist gleich alles unangenehm. Selbst einfache Nachfragen, das war schon immer so bei mir. Ich weiß, das ist wohl nicht verständlich für dich aber ich kriege das einfach nicht hin."
Gestand sie und mir gefiel ihre ehrliche Art.
"Schon gut. Nur weil ich etwas nicht verstehe, heißt das nicht, das ich kein Verständnis dafür haben kann."
Sie lächelte und auch Venus und Hillary blickten uns lächelnd entgegen.
"Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, ich sollte mich mal anziehen und muss dringend noch lernen."
Ich ließ die drei hinter mir und schloss meine Zimmertür. Das Getuschel ging weiter und klang nach einem erfreuten Quietschen. Mir wurde dagegen übel.
Noch mehr Leuten, denen ich vorspielen musste, dass ich ein Mann war und alles wurde in der Schülerzeitung veröffentlicht, das könnte für mich größere Schwierigkeiten breit halten, als gewollt.
Denn diese Zeitung würden auch die Dozenten lesen und jetzt konnte ich nur hoffen, das keiner meiner Dozenten zu aufmerksam war und die List erkannte die sich hinter meinem Namen versteckte.
Seufzend fuhr ich durch meine Haare.
Was hatte ich mir da nur eingebrockt? Vielleicht konnte ich da ja noch abspringen und einfach sagen Kendall würde das nicht wollen.
Wobei wenn ich mal ehrlich war, irgendwann wurde sicher jeder Sportler interviewt.
Da würde ich jetzt wohl nicht mehr so leicht herauskommen...
**
"Du bleibst cool? Es ist das normalste der Welt, dass sich ein Kerl nach dem Sport mit seinen Bros duscht."
Flüsterte Nick, als wir vom Krafttraining kamen.
Ich nickte vorsichtig und das mulmige Gefühl in meinem Magen nahm zu.
Ich war gezwungen Nick zu vertrauen, einem Mann, den ich noch nicht allzu lange kannte. Der zwar mein Freund war aber, dem ich hilflos ausgeliefert war.
Wenn er wollte, könnte die ganze Sache hier mehr als demütigend für mich enden.
"Bereit?"
Ich zuckte hilflos mit den Schultern und nickte Nick zu. Er öffnete die Türe und ich trat hinter ihm hinein. Eine Dunstwolke von heißem Wasser mit den verschiedensten herben Männergerüchen wehte mir entgegen.
Ich hatte schon die Befürchtung gehabt, dass es hier grauenhaft stinken würde.
Männer waren halt Männer und ich hatte fünfzehn Jahre mit meinem Bruder zusammen gelebt und einige Dinge gesehen und gerochen, die ich nie so erleben wollte.
Mein Herz klopfte feste gegen meine Rippen, als mir Jo-Jo nur mit einem um die Hüfte gewickelt Handtuch entgegenkam.
"Na Hutson, heute auch mal hier."
Ich behielt eine ausdruckslose Miene und versuchte mir nicht meine Unsicherheit anmerken zu lassen. Dass mich seine Halbnacktheit völlig aus dem Konzept brachte, hätte man nur erahnen können, weil ich nichts zu seinem Kommentar erwiderte.
Nick und ich liefen durch bis zu den letzten Spinden.
Im Moment waren die meisten in den Duschen und ich versuchte so lässig wie möglich meinen Eastgoldpullover über den Kopf zu ziehen.
Als keiner mehr zu sehen war, übergab ich Nick schnell den Beutel mit meinen frischen Sachen.
"Hier!"
Nick nahm ihn an und beeilte sich, ihn in der Kammer nahe der Duschen zu platzieren.
Er kam keine Minute später zurück und ich hatte mich so weit ausgezogen, wie es ging.
Er sah an mir auf und ab und gab mir einen Daumen.
"Ich gehe vor, du kommst nach, wenn die Luft rein ist."
Ich nickte, als ich lautes Gelächter hörte. Meine Augen weiteten sich.
Kurz entschlossen packte Nick mich am Handgelenk und zog mich um die Ecke hinter unsere Schränke.
Die Jungs liefen vorbei und als keiner mehr zu sehen war, schlichen wir schnellen Schrittes zu den Duschen.
Ich hatte Glück, die letzte Kabine war frei und Nick schubste mich hinein.
"Abschließen."
Raunte er mir mit gedämpfter Stimme zu.
Ich tat mir wie gesagt wurde und schloss sofort ab.
"Nick schloss sich in der Kabine neben mir ein und gab mir über die Bande meine Duschsachen, die er sich in der Eile noch geschnappt hatte."
"Danke."
Hauchte ich und nahm alles an.
"Kein Problem Sugar."
Flüsterte er und zeigte mir den Daumen über der Wand hinweg.
Ich hörte, wie immer wieder Duschtüren geschlossen und geöffnet worden.
Vorsichtig schaltete ich das Wasser ein, das eiskalt war. Er entlockte mir einen viel so hohen und spitzen Schrei.
Fuck!
Es war plötzlich ganz leise und mein Herz legte einen Sprint in.
"Kendall!"
Zischte Nick leise neben mir und klopfte gegen die Wand.
Wir hielten beide den Atem an und doch schien es keiner gehört zu haben.
"Sorry...Ich wusste nicht das, das Wasser hier so Arsch kalt ist."
Presste ich zwischen meinen mittlerweile blauen Lippen hervor.
"Schon gut. Ich glaube, es hat keiner gehört, was ein Wunder ist."
Ich nickte, als ich merkte, dass er es nicht sehen konnte, bestätigte ich ihm sein Gesagtes mit einem einfachen "Ja".
Das Wasser wurde endlich warm und ich beeilte mich unter die Dusche zu kommen.
Mein Lieblingsduschgel Zitrone umhüllte mich vollkommen und meine verspannten Muskeln wurden locker.
"Bist du fertig Sugar?"
Flüsterte Nick.
"Ja einen Moment."
Ich hörte wie Nick die Tür seiner Duschkabine öffnete und vor meine trat.
"Los jetzt Sugar. Wir haben nicht viel Zeit, die nächsten werden sicher gleich kommen."
Ich wickelte mich schnell in das weiche weiße Handtuch, öffnete die klapprige Tür, während Nick Schmiere stand.
Er sah mich mit leicht geöffneten Augen an und ein kesses Grinsen lag auf seinem Mund.
"Vielleicht sollte ich mir das mit der »Nicht-Nackt-Regel« nochmal durch den Kopf gehen lassen."
Gerade als ich ihm eine verpassen wollte, weil er anzüglich eine Augenbraue hob und mir diesen Spruch gedrückt hatte, wurden wir unterbrochen.
Vance Stimme hallte gefährlich nah durch den Raum.
Wie von der Tarantel gestochen drehte ich mich um und nahm meine Füße in die Hand, na ja so schnell es eben ging mit Badeschuhen.
Gerade noch rechtzeitig verschwand ich hinter der Kabinenwand zu dem Putzraum.
Er war offen und ich hechtete hinein.
Nick und Vances Stimmen hörte ich nur noch gedämpft.
Ich beeilte mich in die frischen Sachen zu kommen und war in Rekordzeit angezogen.
Die Perücke war leicht nass von der Dusche und ich fuhr durch die hindurch, damit es authentisch wirkte, dass ich ganz geduscht hatte.
Als ich die Tür öffnete, hörte ich sie immer noch reden.
Was war da los?
Möglich lässig ging ich um sie herum und trat auf sie zu aus der Richtung unsere Schränke, bei der sich sonst alle umzogen.
"Wo ist Hutson?"
"Keine Ahnung, ich bin nicht sein Babysitter."
Gab Nick cool von sich, obwohl er das für mich schon irgendwie war.
Mein Herz klopfte immer noch schnell unter meinen Rippen.
"Was ist los?"
Fragte ich so tief es ging und die beiden sahen mich erstaunt an.
Vance sprach direkt darauf los.
"Deine Schwester ist hier!"
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