21| Der ungewollte Montagstreff

Hillary und ich hatten uns an dem Abend noch ausgesöhnt und das war wichtig. Sie hatte sich entschuldigt und mir alles erzählt.

Mike hatte sie vor kurzem angefangen zu daten und sie dachte, es sei ihm ernst gewesen, bis sie ihn auf der Party mit einer Lucy aus ihrem Kurs zusammen gesehen hatte.

Dass, er so reagieren würde, hatte sie nicht erwartet. Sie dachte, sie wäre ihm egal, so wie sie ihm auch an diesem Abend unwichtig gewesen war.

Betrunken hatte sie sich, um das alles wegzustecken, was ihr na ja im Nachhinein nicht viel gebracht hatte.

Sie ärgerte sich, dass er ihr so unter die Haut gegangen war.

Sie bettelte fast schon um eine Verzeihung und ich konnte ihr nicht lange böse sein, weil sie mir auch leid tat.

Ein weiterer Grund mich auf keine Beziehung einzulassen. Die meisten Kerle schienen Idioten zu sein, die nur an sich dachten.

Natürlich hatte ich sie dann auch über Nick informiert und das er alles herausgefunden hatte.

Wie er damit umgegangen war, gefiel ihr und sie mochte ihn auf Anhieb.

Ihren lächerlichen Kupplungsversuch mit mir und ihm bremste ich aber gleich aus.

Nick und ich waren Freunde. Spätestens nach diesem miserablen Versuch, ihn zu küssen.

Aber jetzt hatte ich ganz andere Probleme. Es war achtzehn Uhr und in einer Stunde würde ich Vance treffen.

Genervt überlegte ich mir wie ihm klar und deutlich machen konnte, dass dies kein Date war.

Mir kam eine gute Idee und ich begann mich innerlich schon zu freuen.

Ich kramte in meinem Kleiderschrank nach der verwaschenen und ältesten Jogginghose, die ich finden konnte. Eine graue fiel mir in die Hand, die ich von Ashley geerbt hatte und mit der ich mich eigentlich immer nur in meinen eigenen vier Wänden zeigen würde.

Ich lachte auf und packte dazu einen schwarzen Hoddie von meiner alten Highschool. Die Kappe in meinem Auto würde alles abrunden.

Amüsiert verließ ich mein Zimmer. Hillary kam gerade nach Hause und sah verwundert an mir auf und ab.

"Hast du nichts mehr zum Anziehen?"

Ich kicherte.

"Doch alles gut. Bin kurz weg. Wir sehen uns in spätestens zwei Stunden."

Ich verließ schnell unser Apartment und schlurfte die Treppe herunter. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich spät dran war. Das war einfach perfekt und ich ließ mir noch mehr Zeit, damit ich bewusst zu spät kam.

Er sollte sehen, wie egal er mir und das Treffen war.

Ich parkte mit meinem Wagen auf einem der Parkplätze vor der Eishalle und sah ihn schon von weiten.

Genervt stöhnte ich auf, griff meine Kappe und die Sonnenbrille von meinem Beifahrersitz und zog mir beides an.

Die Kleidung hatte nämlich noch einen zweiten Vorteil, es würde mich keiner mit Vance erkennen.

"Du siehst...ähh hübsch aus..."

Begrüßte er mich und kratzte sich am Hinterkopf.

Ein freches Grinsen legte sich auf meine Lippen, bevor ich antwortete.

"Danke! Aber du kannst es ruhig beim Namen nennen. Ich sehe scheiße aus."

Ich lachte leise und er schüttelte, schmunzelte den Kopf. Er ließ sich leider nicht lang genug von meinem Äußeren beirren.

"Hier um die Ecke ist ein Diner, das nicht schlecht ist. Sollen wir dahin gehen?"

"Ich denke nicht. Da das hier kein Date ist und du nur eine Stunde hast, reicht mir was von dem Hotdogstand da drüben."

Ich ging los und ließ ich stehen. Aber natürlich schloss er sofort auf.

"Was hat es eigentlich mit der Kappe und der Sonnenbrille auf sich?"

"Damit ich nicht mit dir erkannt werde. Wer weiß, was dann für Gerüchte in Umlauf kommen."

Vance lächelte weiter, obwohl ich ihn gerade ziemlich offensichtlich beleidigt hatte. Wir kamen an dem kleinen Essensstand an und ich kramte nach meinem Portemonnaie.

"Zwei Hotdogs mit Senf bitte."

Bestellte ich und Vance schob sich in mein Blickfeld.

"Lass ruhig Kandy. Ich bezahle für uns."

"Nein! Schon vergessen, das hier ist kein Date. Also zahle ich für mich selber."

Ich hielt dem irritierten Studenten, mein Geld hin und ließ Vance für sich bestellen.

Anschließend setzten wir uns auf eine der alten Holzbänke in dem kleinen Park vor der Eishalle. Bequem waren diese nicht, aber für die Stunde würde es gehen.

"Hier ist keiner. Du kannst also wenigstens die Brille ausziehen."

Ich seufzte leise und stellte fest, dass er recht hatte.

Meine Brille verstaute ich im Hoddie und die Kappe legte ich neben mir auf die Bank.

Vance hatte ausreichend Abstand zu mir gelassen, die Kappe sollte verhindern das er näher zu mir rückte.

Er schien das alles unscheinbar lustig zu finden.

"Ich beiße nicht."

"Wer weiß..."

Ich bemerkte selber, dass es kein starker Konter gewesen war. Es war eher eine Vorlage, um einen blöden Flirtspruch zu bekommen, deswegen reagierte ich vor ihm auf meine Antwort.

"Und das will ich auch nicht, falls du es mir gerade anbieten wolltest."

Ich funkelte in leicht angesäuert an, als ich merkte, wie er sich das Lachen verkniff und mich nicht ernst nahm.

"Das wollte ich nicht sagen."

Log er.

"Schön, das ich jetzt deine Augen sehen darf, die übrigens sehr hübsch sind."

Vance Augen fuhren mein Gesicht auf und ab.

"Die sind nur Braun."

Ich wich seinem Blick aus und biss stattdessen herzhaft in meinen Hotdog, der gar nicht so schlecht schmeckte für einen Stand am Straßenrand.

"Die sind nicht nur braun, sondern haben eine faszinierende Mischung mit goldenen Sprenkeln am Rand."

Murmelte er.

Ich verschluckte mich fast an meinem zweiten Bissen und ignorierte seine Aussage.

"Ich weiß, wie du über mich denkst. Also habe ich mir überlegt, dass dir etwas von mir erzähle, das deine Meinung über mich vielleicht mildert."

In Schweigen aß ich meinen ersten Hotdog zu Ende.

Er erzählte davon, dass er in einem strengen Elternhaus groß geworden war, er zwei ältere Schwester und einen jüngeren Bruder hatte. Er war ein Hundeliebhaber, was drei Hunde daheim deutlich zeigten. Sein Großvater spielte Eishockey und seine Eltern waren Anfangs nicht begeistert als er damit anfing. Sie unterstützten ihn aber, nachdem sein großes Talent bekannt wurde.

Er liebte seine Eltern, obwohl sie streng waren und redete gut über seine Geschwister.

An die Eastgold wollte er sein ganzes Leben und dass er dieses Jahr Center wurde, nachdem der Alte seinen Abschluss gemacht hatte, war ein Traum, der für ihn in Erfüllung ging.

Er liebte den Winter und auch andere Wintersportarten wie Snowboarden und Skilaufen.

Die wichtigsten Charakterzüge für ihn waren Loyalität, Ehrlichkeit und Liebe.

Wobei ich bei dieser Aufzählung ein leichtes Schnauben nicht unterdrücken konnte.

Seine Lieblingsfarbe war Gold und er sah seine Freunde als Familie. In seiner Freizeit war er am liebsten mit ihnen zusammen.

Er mochte Camping und will irgendwann die Welt bereisen. Als Kind hatte er Gitarre spielen gelernt und am liebsten hörte er Pop oder Country Musik.

Ich hörte die ganze Zeit zu, zeigte aber so wenig wie möglich eine Regung auf das, was er erzählte.

Auch wenn er sich mehr und mehr nach einem ganz normalen jungen Mann anhörte, wollte ich es besser wissen und nicht auf ihn hereinfallen.

"Magst du mir etwas dir erzählen?"

Ich zuckte desinteressiert mit meinen Schultern.

"Was willst du wissen?"

Ich hatte bereits meine zwei Hotdogs aufgegessen, er war auch schon fertig. Wie war mir unerklärlich, weil er die ganze Zeit auch geredet hatte.

"Alles."

"Ich habe einen Bruder und eine Stiefschwester. Die beiden leben in Portland und mein Bruder studiert an einer Universität in Portland und spielt dort als Center Eishockey."

"Äh ich dachte dein Bruder spielt bei mir in der Mannschaft...."

Fuck!

"Mhh ja, also ich habe zwei Brüder. Der eine mein Zwilling hier und der ältere lebt in Portland."

Da ging es schon schief mit der einfachsten Kommunikation.

"Hast du kein gutes Verhältnis zu Kendall?"

"Doch natürlich. Aber wir sind manchmal zu eng...wie schon fast eine Person."

Ich lachte schief und gekünstelt auf.

"Ich verstehe..."

Ich drehte mich weg und verzog mein Gesicht. Was redete ich da für einen Scheiß.

"Und was magst du noch?"

In meinen Gedanken sprach ich es aus, »Eishockey«!

"Ich liebe Tiere, aber dürfte nie welche haben."

„Was machst du in deiner Freizeit?"

„Keine Ahnung, ich gehe auch gerne mit Freunden aus?"

„War das eine Frage?"

Er lachte leise in sich.

„Nein! Ich gehe gerne mit meinen Freunden aus!"

„Cool. Und deine Hobbies?"

„Ein bisschen Schlittschuhe laufen."

„Ah ha. Wow, ein bisschen Schlittschuhe laufen ist ja mehr als untertrieben. Du tust mehr! Muss ich dir alles aus der Nase ziehen?"

Ich sah ihn erneut genervt an und windet mich unter seinem Blick wie ein Regenwurm auf trockenem Boden. Wann war denn endlich diese Stunde vorbei?

Ich schielte auf meine Armbanduhr und sprang auf.

„Deine Zeit mit mir ist leider vorbei. Ich sollte jetzt gehen."

Doch Vance hielt mich am Arm zurück.

„Ich habe noch zehn Minuten! Und da kannst du mir doch wenigstens noch diese Frage beantworten."

Ich zappelte aufgeregt und versuchte meinen Arm zu befreien.

„Ja, also gut. Ich gehe auch gerne und viel laufen, dazu mache ich Krafttraining und in meiner freien Zeit laufe ich Schlittschuh und trainiere meine Brüder."

„Geht doch!"

Er grinste breit und trat noch etwas näher.

„Noch fünf Minuten. Was ist deine Lieblingsfarbe?"

„Grün?"

„Grün!"

Wiederholte er und funkelte mich an.

„Wie meine Augen!"

„Nein, gar nicht wie deine Augen. Ein anderes Grün, viel dunkler und kräftiger. Nicht so blass."

„Mhh."

Er kam noch was näher und ließ meine Arme los.

„Noch zwei Minuten."

Flüsterte er dicht an mein Ohr und ich bewegte mich nicht.

„Ich würde dich gerne wieder sehen. Aber diesmal richtig. Vielleicht gibst du mir ja eine echte Chance und ein richtiges Date?!"

Ich schwieg erst, bevor mir etwas Passendes einfiel.

„Das wäre keine gute Idee und du bist überhaupt nicht mein Typ."

„Okay..."

Er nahm Abstand und blinzelte mich mehrmals an. Sein Gesichtsausdruck war in sich zusammengefallen und er suchte wieder nach meinen Irden.

„Das ist sehr Schade...Wie wäre es dann als Freunde?"

Im nächsten Moment grinste er wieder frech. Er würde niemals aufgeben.

Ich verdrehte die Augen, als er seine Hand zu mir ausstreckte.

„Wir können es versuchen. Aber keine blöden Sprüche mehr und du grätschst mir nicht in meine Dates!"

Er knirschte kurz mit den Zähnen bei dem letzten Teil des zweiten Satzes.

„Geht klar."

Ich gab ihm meine Hand und spürte ein sofortiges Prickeln an meiner Handinnenfläche. Etwas erschrocken ließ ich los.

Vance musterte mich intensiv und sein Gesichtsausdruck ließ mich wissen, das er es auch gespürt hatte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top