14| Nicht warm geworden
"Hier sind die Schlüssel vom Ford."
Fernando hob seinen Blick und sah mich hinter dem massiven Holzschreibtisch mit großen Augen an. Er hatte seine Arbeit für mich unterbrochen.
Es war bereits Abend, als Bella und ich nach Hause gekommen waren und ich hatte meine Mutter direkt gefragt wo ich ihren Mann finden konnte.
Jetzt stand ich hier in seinem Büro taxierte ihn mit meinem Blick und wartete auf eine Reaktion.
Fernando schüttelte den Kopf und schob den Schlüssel zurück über den Schreibtisch zu mir.
"Du bist ein kluges Mädchen Kendall. Du hast bestimmt gesehen, dass der Wagen für dich sein soll. Also warum bringst du mir die Schlüssel zurück?"
Ich musste einen Moment überlegen, um die richtige Antwort darauf zu finden.
"Ich brauche ihn nicht und kann mir selber einkaufen, wenn ich das möchte. Wir haben schließlich bis auf die Tatsache, das du mit meiner Mutter verheiratet bist nichts zu tun."
"Ah da liegt das Problem."
Ich verschränkte trotzig die Arme vor meiner Brust. Was meinte er?
"Kendall ich will dir nichts Böses und vor allem möchte ich mich nicht als dein Vater in dein Leben drängen. Du hast einen Vater, das verstehe ich. Aber vielleicht könntest du mich trotzdem als einen Art Freund ansehen, der dir helfen will."
"Ich brauche keine Hilfe."
Mir gingen die Argumente aus. Aber eins war sicher, ich würde das hier nicht so ausnutzen, wie mein Bruder.
"Du bist meine Stieftochter. Ich sehe dich als Familienmitglied seit ich deine Mutter geheiratet habe und ich möchte meinen Kindern das Beste mögliche bieten. Besonders wenn sie so exzellente Leistungen bringen wie du. Sie es einfach als Belohnung für deine harte Arbeit."
Ich schüttelte den Kopf und blieb stur. Das würde bei mir nicht ziehen.
"Wie wäre es damit. Du zahlst den Wagen bei mir ab?"
Ich blieb stehen und verharrte in meiner Bewegung.
"Ich weiß nicht, ob ich mir das leisten kann."
Gab ich ehrlich zu.
"Das kannst du. Der Wagen war nicht besonders teuer. Ich habe einen fairen Preis für ihn verhandelt."
Ich drehte mich wieder zu Fernando und überlegte ernsthaft darüber nach. Ein Auto war schon praktisch und so musste ich nicht mehr mit Bus und Bahn fahren zu Ash fahren.
"Was muss ich dafür tun?"
"Nicht viel." Seufzte er.
"Was heißt das genau?"
"Ich wünsche mir nur, dass du versucht dich in diese Familie einzubringen. Unternimm etwas mit deiner Mutter oder geh mit Arabella auf den Debütantinnenball. Es würde euch mehr zusammenbringen."
Ich lachte höhnisch auf.
"Ich wusste, das es einen Haken gab.
Nein danke. Das ist Erpressung und keine Arbeit."
"Sieh es nicht als Arbeit, sondern einfach als Probe. Du kannst das Auto unabhängig davon haben."
"Netter Versuch!"
Schmetterte ich seine Erklärung ab.
"Das hier ist keine richtige Familie und das wird sie auch nie sein."
Ich deutete das zwischen uns an und verließ sein Arbeitszimmer.
Er konnte sich meine Liebe und den Respekt doch nicht einfach erkaufen. Ashley war da vielleicht anders aber mit mir ging das nicht.
Ich stürmte aus dem Zimmer, zuckte kurz zusammen als mir Bella entgegenkam. Trotzdem verschwand ich, obwohl ich sah, dass sie etwas sagen wollte, direkt in meinem Zimmer.
Worauf hatte ich mich hier eingelassen. Wütend knallte ich die Tür hinter mir zu.
Auch als Bella leise anklopfte, antwortete ich nicht. Ich wollte meine Ruhe haben und ignorierte das Hungergefühl in meinem Magen.
Genervt und gelangweilt nahm ich mein Handy an mich und klickte durch Instagram als Kandy. Hillary hatte ein Foto mit sich und Dave auf einem Konzert gepostet. Ich lächelte in mich hinein.
Die beiden schienen Spaß zu haben, während ich hier saß und mich ärgerte.
Wieder auf meinem Profil störte mich die Leere und ich überlegte, ob ich etwas posten sollte.
Ich sah über die Bilder, die Bella gemacht hatte und wählte ein Bild aus, auf dem nur ich zu sehen war beim Skaten. Meiner Meinung nach sah es gut aus und man sah mein Gesicht nicht, die Beine wirkten extra lang.
Ich postete es ohne Kommentar und mir Gedanken zu machen. Der Mut packte mich und ich stellte dazu sogar noch ein Video hoch, wo mir die halbe Umdrehung gelungen war und Bell mir zujubelte.
Ich lächelte.
Eigentlich war es ein wirklich schöner Tag gewesen.
Ich wollte mein Handy beiseitelegen, als es mir einen »Like« und einen »Kommentar« anzeigte. Bestimmt hatten mir Josh oder Hillary etwas zu dem Foto und dem Video geschrieben.
Aber mein Lächeln fiel in sich zusammen, als ich sah, dass es Vance war.
Hatte Bell nicht schon vorhin etwas davon gesagt, das er mich angeschrieben hatte?
Er hatte mein Bild geliked und darunter geschrieben wie gut es aussah. Mein Gesicht fing an zu glühen. Kurz darauf folgte ein weiterer »Like« und ein Kommentar zu meinem Video.
Er schrieb:
"Wir scheinen mehr gemeinsam zu haben, als du dachtest."
Und wie recht er damit hatte. Wenn der nur wüsste, wie viel Gemeinsamkeiten wir wirklich hatten.
Wie konnte es sein, dass er mir folgte und mir schrieb? Ich hatte mein Profil doch auf privat gestellt. Ich scrollte durch die Einstellungen und sah auf einen Blick das mein Profil öffentlich war.
Erschrocken versuchte ich nachzuvollziehen wie das passiert sein konnte.
Seine direkte Nachricht an mich lautete
"Hab dich gefunden! Genauso gut wie deine Nummer. Breit für ein Date?"
Diese musste Bella gelesen haben. Peinlich berührt und wütend boxte ich auf mein Kissen ein.
Fuck, wie konnte das passieren?
Es klopft erneut an der Tür aber Ashley wartete nicht auf eine Antwort und kam einfach rein. Mein Gesicht fühlte sich immer noch zu warm an. Wo war meine große Klappe geblieben?
"Was hast du gemacht?"
Wollte er wissen und wirkte mürrisch.
"Nichts. Warum?"
"Ach tu nicht so unschuldig Kandy. Mum weint in der Küche und Fernando versucht sie zu trösten. Er wirkt auch genervt. Also was hast du gemacht?"
"Ich habe nur sein überteuertes Geschenk abgelehnt."
"Den Mustang?"
"Ja. Also wusstest du davon!"
"Ja. Warum hast du das gemacht?"
"Ich lasse mich nicht kaufen!"
Ich war frustriert . Hatte die Nachrichten komplett vergessen und wurde jetzt wieder mit dem Ärgernis von gerade eben konfrontiert.
"Wieso denn kaufen? Fernando meint es nur gut. Mir hat er auch einen Wagen geschenkt."
Ich schnaufte verächtlich auf.
"Genau das meine ich. Bist du deswegen mit Mum mitgegangen? Weil du wusstest, dass ihr Neuer dir alles kauft, was du willst? Hast du mich und Dad deswegen im Stich gelassen?"
Es brodelte alles aus mir heraus.
Ash sah mich verletzt an.
"Es dreht sich nicht alles um dich Kendall. Denk mal darüber nach."
Mehr sagte er nicht, verschwand durch die Tür und ließ mich mit einem komischen Gefühl zurück.
"Dann geh doch. Verschwinde, das kannst du ebenso gut wie sie!"
Rief ich ihm zornig nach.
Ich hatte keine Lust mehr auf dieses Theater, schmiss ein paar frische Sachen zurück in meine kleine Reisetasche und packte alle anderen wichtigen Dinge zusammen.
Keiner konnte mich aufhalten. Für mich würde es zurück ans College gehen und das noch heute.
"Du willst schon fahren?"
Die zarte Stimme ließ mich hochfahren. Ash hatte vergessen meine Tür zu schließen und vor mir stand Bella, die mich traurig mit braunen Augen musterte.
"Ich denke schon. Es ist besser, wenn ich gehe."
Ich seufzte.
"Nein das glaube ich nicht!"
Ich zog meine Augenbrauen hoch.
"Du bist das fehlende Puzzleteil. Ich würde mir wünschen, dass du bleibst. Ich mag dich sehr gerne Kendall."
Bella war so offensiv, sagte, was sie dachte und war zu gutmütig. Etwas, das ihr später zum Verhängnis werden konnte und gerne leicht ausgenutzt wurde.
"Ich kann leider nicht Bell, weil ich den Frieden störe."
"Das tust du nicht! Dad ist manchmal einfach was darüber und macht so viel ohne darüber nachzudenken wie das ankommt. Ich habe ihm gerade erstmal richtig Bescheid gesagt, als ich gehört habe, was er getan hat."
Ich musste schmunzeln. Vielleicht irrte ich mich auch bei Bella und sie konnte auch ganz schön Gas geben, wenn sie wollte.
Sie gab sich einen Ruck und trat näher.
Ehe ich was tun konnte, umarmte sie mich und versteckte ihr Gesicht an meiner Halsbeuge. Wie erstarrt blieb ich stehen und sah auf den braunen Schopf herunter.
Wie konnte mich jemand so schnell vereinnahmen, den ich nicht kannte? Noch nicht mal bei Hillary war das so gewesen.
Sie ließ mich los.
"Es tut mir leid das deine Familie kaputtgegangen ist."
Damit hatte ich nicht gerechnet. Noch keiner hatte das gesagt und ich merkte das es genau das war was ich immer wollte. Verständnis dafür, dass die verkorkste Beziehung meiner Eltern in die Brüche gegangen war und mir das weh tat.
"Bitte bleib!"
Ihre Augen waren etwas wässrig geworden.
"Okay."
Hauchte ich und sie begann wieder zu lächeln.
"Hast du Hunger?"
"Sehr!"
"Ich bringe dir etwas nach oben. Rosa hat Hackbraten gemacht und der ist sehr gut."
Sie wollte gerade gehen und ich starrte meiner Stiefschwester in den Rücken.
"Danke Bell!"
"Nicht dafür."
"Nein das meine ich nicht. Sondern das du es verstehst."
Sie lächelte und nickte. Sie wirkte manchmal wie ein Kind, was sie auch war und im nächsten Moment war sie die reifste von uns allen.
Mein Handy gab keine Ruhe und vibrierte ohne Pause. Was war denn da los?
400 neue Follower und 640 Likes. Was war hier denn los? Ja, ich hatte vergessen, meinen Account wieder auf »Privat« zu stellen. Jetzt hatte ich den Schlamassel...
Darum musste ich mich jetzt erstmal kümmern.
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