10| Das Problem mit den Umkleiden

Der Alkohol entspannte mich und die Tatsache, dass ich Vance und sein Rudel nicht mehr sehen musste. Vielleicht waren sie weiter gezogen oder hatten früh beschlossen den erfolglosen Abend zu beenden.

Hillary kam verschwitzt von der Tanzfläche. Sie sah super aus in ihrem grauen Minirock und Oneshoulder-Top. Es stand ihr sehr gut.

"Komm mit mir und Dave tanzen!"

"Ich weiß nicht, ob ich das kann."

"Kannst du deine Hüften bewegen und deine Arme heben?"

Ich nickte und trank den letzten Schluck von meinem Bier.

"Dann kannst du auch tanzen. Los geht es!"

Hillary zog mich in die Menge zu Dave und zeigte mir was ich machen sollte. Ich versuchte, sie nachzuahmen, kam mir aber ziemlich albern vor.

"Ich kann das nicht."

"Lass dich gehen. Komm her ich zeige dir wie..."

Dave tanzte mit mir zusammen, legte seine Hände an meine Taille und bewegte mich im Takt der Musik hin und her, solange bis ich es alleine hinbekam.

Hillary lachte als ich immer lockerer wurde und mich austestete. Ob das gut aussah, wusste ich nicht, aber es machte Spaß.

Ich schloss meine Augen, ließ meinen Körper von der Musik führen, dabei atmete ich die energiegeladne Luft ein.

Als Dave sich mir wieder näherte und seine Hände an die exakt selbe Stelle legte, machte ich mit. Ich öffnete meine Augen und sah Dave und Hillary genau vor mir.

Mein Gehirn brauchte einen Moment, bis ich realisierte, dass jemand fremdes seine Hände an meinem Körper hatte und nicht Dave der vor mir stand.

Ich schnellte herum und sah einen fremden Mann, der älter war als ich.

Ich wollte die Flucht ergreifen, doch er hielt mich an Ort und Stelle fest.

"Lass mich los!"

Brüllte ich über die Musik hinweg.

Seine Hände rutschten weiter herunter und ich hatte genug. Kräftig trat ich auf seinen Fuß, er ließ sofort los und ich versuchte aus der Menschenmenge zu entkommen.

Ich hatte es fast geschafft, als mich jemand an meinen Oberarmen stoppte.

Vance sah mir ernst in die Augen.

"Hat dir der Dreckskerl was angetan?"

Er sah über meinen Kopf hinweg.

"Ich brauche keinen strahlenden Retter. Alles erledigt, lass mich bitte los."

Er nahm seine Hände von mir und ich stürmte erneut aus der Bar an die frische Luft. Was war heute nur los?

"Ich mag dein bissiges Mundwerk ja, aber du solltest es nicht übertreiben! Ich wollte dir nur helfen."

"Ich brauche deine Hilfe nicht. Ich komme prima alleine klar."

"Süß wie Candy, scheinst du mir nicht zu sein Baby!"

Schnurrte er und trat einen Schritt näher.

Ich schnaufte auf.

"Ich werde mit »K« geschrieben."

"Ahhh, also nicht so süß wie Candy, eher Sauer wie Zitronen. Mag ich sowieso lieber."

Er provoziert mich und ich hatte nicht vor ihm die Genugtuung zu geben, dass es etwas in mir bewirkte.

"Warum oh du süße Kandy bist du so sauer zu mir?"

Ich lachte bitter auf.

"Weil ich nichts mit Playern zu tun haben will!"

"Wer sagt, dass ich einer bin?"

"Du selber."

Er zog überrascht die Augenbrauen hoch.

"Oder hast du nicht nur mit Mary geschlafen?"

Er lachte und schüttelte seinen Kopf.

"Sie ist ein Puckbunny. Sowas gehört zu ihrem Geschäft."

Ich ließ einen verächtlichen Laut. Er hatte wirklich Nerven, sowas zu sagen. Ich kannte Mary nicht aber hasste es wenn man Frauen wie ein Objekt betrachtete oder als nutzlos bezeichnete.

Er war mir noch näher gekommen und sah mich mit funkelnden Augen an.

"Du weißt gar nicht, was ich von dir will saure Kandy und bist trotzdem so kratzbürstig."

Er wollte ein Haar aus meinem Gesicht streichen, aber ich machte gleich einen Schritt zurück.

Er sollte mich nicht mehr anfassen.

"Und was willst du?"

"Ein Date mit dir!"

"Ganz sicher nicht!"

"Warum?"

"Das habe ich dir gerade ganz schlüssig erklärt. Also denk nochmal darüber nach. Es sei denn du hast das schon wieder vergessen so wie meinen Namen nach diesem Abend."

Für heute reichte es mir. Ich schrieb Lary das ich auf dem Weg nach Hause war und sie morgen sehen würde. Das hier war einfach nicht meine Szene.

Die Bar glich eher einem Club.

"Deinen Namen kann man gar nicht vergessen."

"Funktioniert das eigentlich?"

"Was?"

"Diese aufreißerische Masche?"

"Sag du es mir!"

"Dann nicht."

"Das ist wirklich schade Kandy. Ich hätte so vieles zu bieten!"

Ich rief mir ein Taxi und brauchte nicht lange zu warten. Vance wurde bereits von zwei anderen Blondinen belagert, die ihm sehr gerne Gesellschaft leisten wollten.

Mein Taxi kam und er kam mir zuvor und öffnete mir die Tür.

"Bitte sehr."

"Danke."

Sagte ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen und hüpfte auf die Rückbank.

"Viel Spaß mit Dumm und Dümmer."

Ich deutete auf die beiden Frauen hinter ihm und knallte ihm die Tür vor der Nase zu und gab meine Adresse durch.

Auch wenn es mich einiges vom Ersparten kostete mich quer durch die Stadt fahren zu lassen, war es mir wert einfach nach Hause zu kommen.

Hillary schrieb mir das es okay war und wir uns morgen nach der Uni sehen würde.

Ich brauchte dringend eine Mütze Schlaf.

Morgen war mein erster Trainingstag.

**

Der Extraschlaf und die frühe Jogging Runde hatten mir sehr gutgetan.

Jetzt war auch auf dem Weg zu meiner ersten Stunde.

Ich hatte meine kurzes Haar offen gelassen und durch den Wind flog es mir jetzt immer wieder ins Gesicht.

Der Hörsaal war schon gut gefüllt, aber ich fand einen Platz in der Mitte. Von hier konnte ich den Professor gut hören.

Die Anwesenheitsliste wurde besprochen und keiner fragte, warum ich nicht ein Mann war.

Genau wie ich es mir gedacht hatte.

Der erste Tag verflog schnell und auf dem Weg zum Training musste ich noch einen Stopp einlegen, um mich zu verkleiden.

Ich suchte mir einen selten belegten Raum in der Nähe der Eishalle und zog mir alles über.

Meine Perücke, die Koteletten, buschige Augenbrauen, ein straffes festes Wickelband das meinen Busen versteckte und einen weiten Pullover mit einer locker sitzenden Jeans.

Ein letzter prüfender Blick in meinen kleinen Spiegel zeigte mir das alles gut aussah.

Ich schwang mir meine Trainingstasche über die Schulter und lief zu den Umkleiden.

Mein Ziel war es einen unauffälligen Spinnt in der letzten Reihe zu ergattern. Dort würde ich mich schnell umziehen.

Unter dem Pullover hatte ich ein eng anliegendes Sportshirt.

Keiner sollte etwas bemerken, außer das ich ein eher schmächtiger Mann war.

Zudem bemühte ich mich, als einer der ersten da zu sein.

So würden mich weniger sehen.

Der Rückweg würde sich eindeutig schwerer gestalten.

Ich hatte Glück, ich war heute wirklich die Erste.

Schnell hatte ich mich umgezogen und stopfte alles in meinen Spinnt.

Zügig machte ich mich auf den Weg zur Eishalle.

Die Schlittschuhe waren schnell an meine Füße gebunden. Einen Blick auf die alten Dinger, machte mir bewusst, dass ich dringend neue brauchte.

Ich wärmte mich auf und drehte langsam ein paar Runden.

Nach und nach kamen auch die anderen auf das Eis, aber keiner schien sich groß für mich zu interessieren bis Vance kam.

"Na Kleiner, bereit für dein erstes Training?"

Er lachte auf als hätte er einen guten Scherz gemacht.

Ein paar der Spieler lachten mit und ich ignorierte ihn einfach.

Ich ließ mich nicht auf seine billigen Spielchen ein.

Es dauerte nicht lange und der Coach stand am Rand und ließ uns alle durch die schrille Trillerpfeife vor ihm antanzen.

Wie ich diese Dinger hasste.

Als Erstes begannen wir mit ein paar Runden aufwärmen und anschließend ging es ans "Stickhandling". Das waren Übungen um besser mit Hockey und Puck umzugehen.

Ich gab mein Bestes, aber dürfte mir immer wieder Sprüche der anderen anhören. Für mich war das nichts Neues. Nur diesmal wurde ich nicht geärgert, weil ich eine Frau war, sondern der Neue!

Als es ums Passen und Schusstraining ging, wurden sie gröber. Es war wie ein Aufnahmeritual, indem sie versuchten dich zu provozieren, damit du deine volle Leistung zeigst.

Als Letztes ging es um die Schnelligkeit. Das war meine Chance um zu punkten und mir den nötigen Respekt zu verdienen, obwohl ich in den anderen Einheiten auch nicht schlecht gewesen war.

"Warum ist der überhaupt hier. Wir haben zwei rechte Flügelspieler"

Maulte einer, dessen Name ich nicht mehr kannte.

Das war ein weitere Seitenhieb und genau das was ich brauchte um mich extra anzustrengen.

Als ich dran war, gab ich direkt Vollgas und holte alles aus mir heraus. Ich spürte das ich schnell war und hörte erst auf als der erlösende Pfiff ertönte und ich über die Startmarkierung fuhr.

"Deswegen! Kendall ist mit Abstand der schnellste unter euch."

Er verlas noch meine Zeit und ich war fast sechs Sekunden schneller als der zweitschnellste.

Stolz auf meine Leistung und weil endlich jeder die Klappe hielt, wurde ich ruhiger. Das Training war beendet und ich kassierte noch einen Schulterklopfer von Coach Carter.

"Ab unter die Dusche Jungs. Ich sehe euch morgen beim Lauftraining!"

Ich schluckte feste ließ bewusst jeden vorbei, wobei mich Vance anrempelte und mir ein überhebliches Lächeln schenkte. Seinen Respekt hatte ich noch lange nicht.

Und doch ließ sich einer zurückfallen.

"Hey ich bin Nickolas Andersen. Aber nenn mich doch Nick."

"Hi ich bin Kendall!"

"Ich weiß."

Er grinste.

"Du hast echt was drauf. Vielleicht magst du mir mal ein paar Tricks zeigen, wie du so schnell wirst!"

"Danke. Klar kein Problem."

Ich versuchte locker zu bleiben aber freute mich riesig, dass mich wenigstens einer zu mögen schien.

"Nimm Vance nicht zu ernst. Er ist zu jedem Neuling so, seit er Center geworden ist und damit Teamkapitän. Er will dich nur testen und sehen wie gut du sein kannst mit Druck."

Ich nickte ab, folgte ihm während er mir von sich erzählt. Er spielte viel auf der linken Seite. Das heißt wir würden uns ergänzen müssen und mit ihm konnte ich mir das gut vorstellen.

Kurz vor den Umkleiden stoppte ich.

"Kommst du?"

Er hatte die Augenbrauen hochgezogen.

"Ja komme gleich. Geh schon mal vor. Ich muss kurz einen wichtigen Anruf machen."

Ich merkte Nick an das er sich darüber wunderte aber er fragte nicht nach und ließ mich im Flur zurück. Was sollte ich jetzt machen?

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