9. Electriliser

>> So eine lange Schwarzblende hab ich noch nie gesehen. <<

Nino beschwerte sich. Marinette sah sich nervös um. War etwas defekt?

Seit gefühlten fünf Minuten war die Leinwand nun schon schwarz und langsam standen die ersten Zuschauer auf um den Saal zu verlassen - wütend, wahrscheinlich um sich irgendwo zu beschweren oder den Eintritt zurückzuverlangen.

>> Vielleicht ein Stromausfall. << sagte Alya neben ihr enttäuscht und stand auf.

>> Komm Mari, ich will sehen, was das Problem ist. <<

>> Wir kommen mit. Es hat keinen Sinn, im dunklen Kinosaal zu sitzen und nichts zu tun. << sagte Nino auch, der Ärger war in seiner Stimme zu hören.

Adrien blieb sitzen.

>> Falls er wieder angeht << sagte er zu Nino, dann verschwanden seine drei Freunde aus dem Kinosaal.

Er saß alleine dort. Reihe um Reihe standen die rot gepolsterten Sitze da, nur spärlich beleuchtet, vollkommen leer.

>> Da stimmt was nicht. << meldete sich Plaggs Stimme aus seiner Hemdtasche.

>> Ich weiß. << murmelte Adrien, zögerte aber noch. Er wollte sich auf keinen Fall vorschnell verwandeln - außerdem wurde doch gerade erst Sabrina akumatisiert. Es wäre für Hawk Moth mittlerweile höchst ungewöhnlich, zwei Akumas am selben Tag zu schicken.

Ein dumpfes Krachen nahm ihn die Entscheidung ab.

>> Plagg, verwandle mich! << rief er und der Kwami verschwand in seinem Ring. Das vertraute Gefühl, alles zu können, überkam ihn wieder - ebenso die Freiheit.

Schnell nahm er seinen silbernen Stab und katapultierte sich über die Sitzreihen hinweg zum Ausgang.
Auch im Foyer des Kinos waren die Lichter aus. Es war Menschenleer.

>> Was zum... << murmelte er. Wo waren alle Leute hin? Die Popcornverkäufer, die Gäste, seine Freunde?

>> Alya? Mari? Nino? << ref er in die Stille hinein.

Keine Antwort.

Oh verdammt.

Der Boden um ihn war halb unter Wasser. Nur sehr wenige Stellen waren noch trocken.
Tageslicht drang durch die zerbrochenen Türscheiben, dessen getöntes Glas eigentlich kein Sonnenlicht einließen. Ruß klebte an den Bruchstellen.
Vorsichtig strich er darüber und besah sich das Zeug auf seinem Finger genauer an. Ja, eindeutig Ruß und Asche.
Glasscherben knirschten unter seinen Pfotenähnlichen Schuhen, als er durch das Bruchloch stieg.

>> Bah, schon wieder Glas- << murmelte er genervt. War Sabrina wieder wütend geworden? Oder war es diesmal der Staftäter, der wütend war, von Ladybug zur Polizei gebracht worden zu sein? Aber warum Ruß?
Und wie zum Teufel, hatte sich die ganze Stadt innerhalb der Minute geleert, in der er alleine im Kinosaal saß?

>> CHAT!! <<

Erschrocken zuckte er zu sammen und fuhr herum. Ladybug ließ gerade ihren Jojo los und landete keuchend neben ihm auf den Pflastersteinen.

>> Hey MyLady. So schnell sieht man sich wieder. << grinste er, konnte es einfach nicht lassen, die Situation ein wenig fröhlicher zu gestalten -

>> Ich bin so froh, das es dir - gut geht. << sie keuchte immer noch.

>> Warum sollte es mir nicht gut gehen? << Ladybug richtete sich auf und wirkte aufeinal verlegen.

>> Äh, naja, wegen heute morgen. Ich musste den ganzen Tag an dein Humpeln denken und - oh! << Langsam legte sie ihre Hand an seine Wange. Erstarrt beobachtete er sie.
Ladybug schob eine lange, blonde Strähne zur Seite.

>> Du hast auch einen Bluterguss? Von dem Glaskasten? << fragte sie. Damit zerplatzte seine Hoffnung, dass diese Verletzung von seiner Maske verdeckt wurde.

>> Auch? <<

Wieder wurde sie nervös.

Sie hatte sich wohl wieder verplappert.

>> Ja, ein Freund von mir hat sich verletzt. << murmelte sie leise.

>> Bist du Marathon gelaufen? << fragte er belustigt, nachdem sie ihre Hand wieder wegzog und tief Luft holte, um zu Atem zu kommen.

>> Nein. Ich hab dich gesucht. Ich hatte Glück nicht erwischt worden zu sein und du wie ich sehe auch. <<

>> Wovon erwischt? Ich habe keine Ahnung was passiert ist. <<

>> Siehst du das Wasser auf dem Boden? Erst ist der Strom ausgefallen, dann kamen die Blitze durch das Wasser, und jeder der damit in Berührung kam, hat sich einfach aufgelöst. << sagte Ladybug und schwang sich mit diesen Worten wieder hoch auf das Kinodach.
Das erklärt das nasse Kinofoyer, dachte Adrein und folgte ihr.

>> Wir müssen den Akumatisierten schnell finden. << murmelte Ladybug zu sich selbst.

>> Ich höre von hier aus nichts. << sagte Adrien. Außer von ihrem Herzschlag drang kein einziges Geräusch in seine Ohren.

>> Dann wohl auf die Altmodische Art. << sagte Ladybug und schwang los, Adrien folgte ihr.

So schwer zu finden war der Schurke nicht.
Nach Zehn Sekunden fing der Eiffelturm plötzlich an, unter Strom zu stehen - hellblaue Blitze zuckten ununterbrochen über das Metallgerüst.
Auf der mittleren Ebene stand der Akumatisierte.

Der Mann trug einen schwarzen Anzug, auf dessen Oberfläche blaue Blitze gezeichnet waren. Sein Gesicht war unter einer schwarzen Maske versteckt, das verstrubbelte Haar weißblau. In seinen Händen zuckten Blitze.

>> Wir kommen nicht ran. << sagte er zu Ladybug, das Landen auf dem Eiffelturm würde ihnen nur einen Stromschlag verpassen.

>> Ja, aber der Boden ist nass. Da können wir auch nicht hin. << überlegte sie.

Sekunden vergingen, keine von ihnen Dreien bewegte sich. Worauf wartete er? Dass sie so dumm waren und sich in einen Blitzsturm warfen?

>> Wir brauchen einen Ort, wo es keine Stromleitenden Materialien gibt. << überlegte Ladybug weiter.
Adrien dachte an Marinette, die zusammen mit allen anderen verschwunden war - wo hatte der Akumatisierte sie hingebracht?
Bitte tu ihnen nicht weh.

>> Vielleicht im Park. <<

>> Nein, da gibt es einen Springbrunnen. << sagte er.

>> MyLady, vielleicht solltest du deinen Glücksbringer benutzen. <<

Ladybug, Chat Noir!

Erschrocken zuckten sie zusammen.

Schön, das ihr endlich hier seit. Ich bin der Electriliser und habe jemaden etwas versprochen.

Die Stimme vom Electriliser kam von überall und nirgends. Der Boden vibrierte unangenehm und an den Füßen zuckte es, genauso wie wenn man einen leichten Stromschlag bei leichten Handberührungen immer bekam.

>> Ist dein Stab stromleitend? << fragte Ladybug plötzlich.

>> Äh - << sagte Chat verwirrt, doch Ladybug wartete nicht und hielt sich an seinen Schultern fest. Den Arm um ihre Hüfte legend, fuhr er mit ihr zusammen nach oben, gerade rechzeitig, bevor Blitze über den Boden zuckten und Electriliser auf sie zusprang.
Kein Strom kam zu ihnen herauf.

Es folgte eine wilde Verfolgungsjagd, Ladybug wehrte die Blitze mit ihrem Jojo ab, Chat konzentrierte sich darauf, sie beide außer Reichweite von Electriliser zu bringen.
>> Chat, das Stadtstromnetz. Wir müssen dahin. << sagte Ladybug und wehrte einen weiteren Blitz ab.
>> Warum? Willst du ihm noch mehr Strom zur Verfügung stellen? Ihn überladen? << fragte er, denn das war das einzige, was ihm einfiel. Das taten jedenfalls die Helden in Comics und Filmen so. Aber die haben auch keine Akumas.
>> Nein. Aber da ist Schutzkleidung. Und bis wir einen Plan haben müssen wir uns wenigstens vor den Blitzen schütz- Pass auf! << schrie sie plötzlich. Chat, der sich zuvor ganz auf ihre Stimme konzentrierte, um sie über den Wind hinweg verstehen zu können, übersah Elecriliser. Dieser nutzte seine Unaufmerksamkeit, flog um sie herum - seit wann kann der fliegen?? - und feuerte einen Blitz auf seine ungeschützte Seite.

Das plötzliche schmerzhaft scharfe Ziehen und Brennen drang selbst durch seinen schwarzen Anzug und ließ ihn aufschreien. Es schien, als schaltete sich sein Körper nur sekundenlang selbst aus, ein lähmendes Gefühl breitete sich erst in seinem Bauch, dann Brust und schließlich in seinen Armen und Beinen aus.
Als hätte sein Stab selbst zu glühen angefangen, ließ er zuckend los und stürzte nach unten. Er hörte nur noch Ladybugs Rufen, dann wurde alles dunkel.

Auf einmal war da nur noch Stille. Ihm tat auch nichts mehr weh, da war nur diese seltsame Taubheit. Er hatte das Gefühl in Watte gepackt worden zu sein, nichtmals seinen eigenen Herzschlag konnte er hören.
Am liebsten würde er liegen bleiben - die Stille war beruhigend, ihm war wohlig warm, hier war er in Sicherheit. Keine Kämpfe, keine Akumas - ruckartig setzte er sich auf. Was dachte er denn da? Er musste Ladybug helfen und nicht rumliegen und tagträumen.

Immer noch benommen sah er sich um und sah - nichts. Wortwörtlich nichts.

Es erinnerte ihn ein wenig an ihren Anfang der Superhelden-Karriere, wo er von einem Akumatisierten in ein Foto gesperrt wurde - andererseits war er damals nicht alleine - sondern mit Chloe - gewesen und es sah auch anders aus. Das weite, kalte Weiß hatte damals bedrückend und leer gewirkt, das schwarze jetzt war noch schlimmer.
Er hatte das Gefühl beengt zu werden - oder in einme unendlichen Raum zu stehen. Oder zu fallen. War es überhaupt ein Boden, oder schwebte er? Der harte Boden unter seinem Hintern war jedenfalls das einzige Plastische, Reale hier drin.
Andere Menschen würde er hören. Oder nicht?

>> Wo bin ich? << flüsterte er, er hörte nichtmal ein Echo. Nur verschluckende, dumpfe Stille.

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