Prolog
Wenn ich gewusst hätte, dass ich am Ende vom Jahr Gläser spülen müsste, während ich neidisch dabei zuschauen muss, wie andere Menschen sich zu saufen lassen... Dann hätte ich mir einen Flug nach New York gebucht, damit Yoongi mich überhaupt nicht erst fragen kann, ob ich ihm in der Bar aushelfe.
Mein bester Freund Yoongi arbeitet als Barkeeper in der beliebtesten Bar der Stadt, die den Namen 'Allrounder' trägt. Es gibt nämlich fast jeden erdenklichen Cocktail, Drink oder Shot auf der Getränkeliste, die es so gibt. Dementsprechend ist die Bar sehr gut besucht und heute an Silvester beinahe überfüllt.
Die ganzen Tische und Stühle wurden in den Keller gestellt, sodass es in der Mitte des Raumes genug Platz zum Tanzen gibt. Aber es gibt noch genug Sitzmöglichkeiten, da die Gastrobänke aus schwarzem Leder noch an den Wänden stehen.
Auf der Tanzfläche sind so viele Menschen, dass ich nicht mal mehr die Eingangstür gegenüber der Bar sehe. Die kleben auch förmlich aneinander und fressen sich teilweise auf. Eigentlich stört mich sowas nicht, aber ich habe gehofft, dass es wenigstens eine Person gibt, mit der ich ins neue Jahr starten kann. Auch, wenn ich hinter dieser Bar gefangen bin.
"Jeongguk! Wartest du auf schönes Wetter, oder warum spülst du die Gläser nicht?", mault mich Yoongi plötzlich von der Seite an und reißt mich aus meinen Gedanken.
"Nein, ich warte darauf, dass du mich gehen lässt", gebe ich genervt von mir und sehe den Älteren an, der mich wütend anschaut.
"Wieso hast du überhaupt zugestimmt, mir zu helfen, wenn du keine Lust hast?", regt er sich auf und macht Anstalten mich schlagen zu wollen, jedoch werde ich von Hoseok gerettet, der Yoongis Arm abwehrt und mich schützend an seine Brust drückt.
"Lass den armen Kerl in Ruhe, Yoongi! Er arbeitet nicht mal hier und ist traurig, dass er keinen Neujahrskuss bekommt", meint sein Kollege Hoseok lachend.
"Das interessiert mich kein bisschen. Er hat sich seine letzte Beziehung selbst versaut", gibt Yoongi desinteressiert von sich und verschränkt die Arme vor der Brust.
Beide tragen schwarze Hemden, dessen Ärmel sie bis zu ihrem Ellbogen hochgekrempelt haben. Mich haben sie ebenfalls dazu verdonnert, damit ihr Chef nicht komplett den Verstand verliert. Seokjin ist sehr... besonders, würde ich liebevoll sagen. Er liegt so viel wert auf die Arbeitskleidung, die immer sauber aussehen muss, damit der Ruf seiner Bar nicht zerstört wird. Darum hat er haufenweise Hemden im Personalraum gebunkert und sogar ein Bügeleisen mit Bügelbrett bereitgestellt, weil er es auch nicht leiden kann, wenn die Hemden Falten haben.
"Wie bitte? Ich habe rein gar nichts getan! Sie hat einfach nicht zu mir gepasst und meine Tante hat mich gezwungen, mit ihr auszugehen", rufe ich entsetzt über die laute Musik hinweg und lege einen Arm um Hoseoks Hüfte.
"Genau, nicht zu dir gepasst. Wie hieß sie nochmal?", fragt er mich plötzlich, wodurch ich ins Schwitzen komme.
"Ähm... Sora, Nora... Nein warte, es war Mira! Glaube ich jedenfalls", stammle ich und bringe Hoseok neben mir zum Lachen.
"Genau, deswegen wollte sie ihn nie wieder sehen. Sie hieß nicht Sora, Nora oder Mira, sondern ihr Name war Iseo", meint Yoongi und sieht seinen Kollegen entgeistert an.
"Hattest du nicht mehrere Dates mit ihr? Wie hast du sie denn immer angesprochen, wenn du dir ihren Namen nicht merken konntest?", gibt Hoseok verwundert und gleichzeitig belustigt von sich.
"Gar nicht. Ich habe ihr komische Kosenamen gegeben, die sie süß fand", meine ich schulterzuckend.
"Sei froh, dass du gut aussiehst, sonst würdest du bei niemanden in der Kiste landen", massiert sich Yoongi das Nasenbein und schüttelt sprachlos den Kopf.
"Ja, es ist nämlich auch gut für das Geschäft, wenn du hinter der Bar stehst. So einen gut aussehenden Kerl mit Tattoos starrt doch jeder gerne an", verteidigt mich der Rothaarige und umfasst mein Gesicht mit einer Hand, um meine Wangen zusammen zu drücken.
"Ich fühle mich ein wenig benutzt", nuschle ich und sehe Hoseok von der Seite an.
"Also ich benutze dich auf jeden Fall. Wieso flirtest du nicht mit ein paar Leuten? Es ist Silvester und du bist single. Mach ihnen schöne Augen und lass dir Drinks ausgeben. Die sollen alle ihr Geld hier lassen!", gibt er offen zu und schiebt mich vor die Bar.
"Darauf habe ich echt keine Lust! Ich find die alle total unattraktiv!", beschwere ich mich und versuche, mich irgendwo festzuhalten, jedoch lässt er nicht locker.
"Alter, Hoseok! Er sollte uns bloß helfen, weil Jimin sich krank gemeldet hat", meckert Yoongi ihn an.
"So kann er uns auch helfen. Los, mein Hübscher!", trällert Hoseok gut gelaunt und schubst mich den letzten Meter, damit ich keinen Rückzieher machen kann.
"Wer sagt, dass ich das machen werde?!", rufe ich entsetzt, aber da ignoriert mich der Rothaarige schon gekonnt.
Seufzend straffe ich meine Schultern und lasse meinen Blick über den Raum schweifen. Eng umschlungen tanzen die meisten Menschen auf der Tanzfläche und reiben ihre austretenden Körperflüssigkeiten aneinander. Mir ist zwar auch heiß, aber mir läuft der Schweiß noch nicht die Stirn runter. Kopfschüttelnd mache ich mich auf dem Weg in Richtung Eingangstür, da ich die Chance nutzen möchte, eine Zigarette rauchen zu gehen. Yoongi hat mich auch seit siebzehn Uhr gezwungen hinter der Theke zu stehen und das ist fünf Stunden her.
Angeekelt dränge ich mich durch die Menschenmasse und versuche so wenig Körperkontakt wie möglich zu haben, weil manche Leute extrem stinken. Als ich bei der Eingangstür ankomme, öffne ich diese schnell und werde direkt vom Türsteher angeschaut, der sich in eine dicke Winterjacke eingepackt und an seiner Zigarette zieht.
"Hey, Namjoon. Alles klar?", frage ich grinsend und genieße die kühle Luft auf meiner erhitzten Haut.
"Junge, es ist scheiße kalt. Wieso läufst du nur mit Hemd rum?", kommt es schockiert aus ihm und schüttelt sich am ganzen Körper.
"Mir ist zu warm. Hast du vielleicht eine Zigarette und ein Feuerzeug für mich?", schnorre ich gleich bei ihm.
"Ich kann dir nur eine Zigarette geben. Mein Feuerzeug ist kaputt", meint Namjoon und holt aus seiner Jackentasche sein Päckchen heraus.
"Danke~... Sehr nett von dir!", erwidere ich grinsend und nehme mir einen Stängel aus der Packung, als er sie mir hinhält.
Namjoon steckt die Packung wieder ein und ich schaue mich kurz nach potentiellen Menschen um, die ich nach einem Feuerzeug fragen kann. Augenblicklich fällt mir ein Typ ins Auge, der ein paar Meter weiter allein auf einer Bank sitzt und auf seinem Handy herumtippt, während er eine glühende Zigarette zwischen seinen Fingern hält. Ich sehe zwar nur sein Seitenprofil, aber er könnte in mein Beuteschema passen. Hoseok hat mir doch gesagt, dass ich mit jemanden flirten soll.
"Was ist mit dem Typen dahinten? Ist der besoffen?", frage ich Namjoon und behalte den Kerl mit dem hübschen Seitenprofil im Auge.
"Den habe ich auch gefragt. Er scheint ziemlich nüchtern zu sein", teilt mir Namjoon und bringt mich dazu direkt auf den Schwarzhaarigen zuzugehen.
Als ich bei ihm ankomme, setze ich mich mit etwas Abstand zu ihm auf die Bank. Erst reagiert er nicht und tippt konzentriert auf seinem Handy weiter. Scheinbar schreibt er mit jemanden. Ich werfe einen kurzen Blick auf den Bildschirm und sehe, dass er einen ganzen Roman in einer Nachricht verfasst. Die Person wurde auch mit einem Herz eingespeichert. Ach, fuck. Das deutet daraufhin, dass er in einer Beziehung ist.
"Hey, tut mir leid, dich zu stören... Aber kannst du mir mal dein Feuer leihen?", spreche ich ihn an und verwerfe die Überlegung, die Nacht mit ihm zu verbringen.
Direkt hebt er den Kopf und schaut in meine Richtung, was mir etwas die Sprache verschlägt, weil der Typ verdammt nochmal heiß ist. Ich habe mir schon vom Weiten gedacht, dass er attraktiv sein muss, aber das er SO gut aussieht, hätte ich nicht erwartet. Seine Lippen sind so voll und haben so eine schöne Form, sodass ich sie auf meinen spüren möchte. Seine Haut ist beinahe makellos und von seinen dunklen Augen möchte ich gar nicht erst anfangen.
"Ja, klar", antwortet er freundlich und seine tiefe Stimme haut mich beinahe um.
Oh, Mann. Jetzt schmerzt es noch mehr in mir, dass er nicht zu haben ist. Er sieht gut aus, hat eine schöne Stimme und riecht nicht nach Schweiß. Ich habe nicht mal so hohe Ansprüche! Wieso bin ich trotzdem seit fünf Jahren single?
Er kramt in seiner Jackentasche ein Feuerzeug heraus und hält es mir hin. Ich greife dankend danach und stecke die Zigarette zwischen meine Lippen, bevor ich sie anzünde. Ich nehme einen tiefen Zug und schließe kurz die Augen. In meiner Brust macht sich die angenehme Wärme breit, bevor ich den Rauch ausatme. Nach dem ganzen Stress fühlt sich das wie eine Belohnung an. Aber der Gedanke, dass der hübsche Kerl neben mir wahrscheinlich vergeben ist, enttäuscht mich etwas.
"Dankeschön. Falls wir uns nicht wiedersehen, wünsche ich dir schon mal einen guten Rutsch ins neue Jahr", sage ich und gebe ihm sein Feuerzeug zurück, bevor ich aufstehe.
Der Dunkelhaarige hebt seinen Blick und schaut mich für mehrere Sekunden still an, bevor ein sanftes Lächeln seine Lippen umspielt und er mir ebenfalls einen guten Rutsch wünscht. Mein Herz schlägt automatisch schneller in meiner Brust und ich bleibe versteinert vor ihm stehen. Das Schicksal ist doch so unfair. Wieso darf ich nicht auch so einen Hübschling als Freund haben?
"Jeongguk!", ruft mich Namjoon, wodurch ich mich von dem Anblick dieses hübschen Mannes losreiße und mich in seine Richtung drehe.
Namjoon sieht mich irritiert an und winkt mich zu sich rüber. Shit, habe ich ihn zu lange angestarrt? Wie von der Tarantel gestochen, gehe ich schnell zu Namjoon rüber und merke, wie mir mein ganzes Blut ins Gesicht schießt. Ich verhalte mit mit meinen 26 Jahren wie ein Teenager in der Pubertät. Das ist vollkommen peinlich.
"Bist du schockverliebt? Du hast ihn richtig angestarrt", flüstert er belustigt und haut mir gegen die Schulter.
"Hast du mal gesehen, wie hübsch er ist? Warum haben andere so viel Glück in der Liebe?", flüstere ich zurück und komme Namjoon immer näher, weil ich befürchte, dass der Dunkelhaarige mich hören könnte.
"Tja, wenn du deine Ansprüche mal runterschrauben und nicht nach zwei Wochen jede Person, die du kennenlernst, in den Wind schießen würdest, dann wärst du nicht so einsam", meint er schulterzuckend und schmeißt den Zigarettenstümmel in den Mülleimer neben uns.
"Ach, komm. Sei ruhig! Du und deine Frau sind seit der zehnten Klasse zusammen. Von dir nehme ich keine Ratschläge an. Du musstest ja nicht in diese eklige Welt der Dates gehen. Ich habe sogar Tinder ausprobiert und war absolut angeekelt nach dem ersten Treffen", meckere ich ihn an und nehme noch einen Zug von der Zigarette in meiner Hand, bevor ich sie am Mülleimer ausdrücke und wegschmeiße.
"Junge, wieso rauchst du überhaupt, wenn du nicht mal drei Züge nimmst?", mault mich Namjoon entsetzt an.
"Deine schmecken nicht. Wenn du mich entschuldigen würdest, Hoseok hat mich dazu verdonnert, die Leute zu unterhalten", antworte ich desinteressiert und gehe wieder rein, weil ich mir nun doch langsam den Arsch abfriere.
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