Kapitel 9

Taehyungs Sicht:

In einer Stunde schließen Jeongguk und ich das Café, da Seojun und Jeong-Eun Lebensmittel für morgen einkaufen müssen. Im Gegensatz zu heute Morgen ist Jeongguk nicht mehr damit beschäftigt sich mit den ganzen Gästen zu unterhalten, sondern bringt alle Bestellungen schnell zu den Tischen. Mich überrascht es total, dass gefühlt alle Gäste Jeongguk kennen, da sie ihn so herzlichst begrüßen und mit ihm sprechen wollen, als wäre er irgendeine Attraktion. Er scheint nicht mal genervt davon zu sein, weil er sein Lächeln kein einziges Mal verliert. Ich dachte auch, dass er mich den ganzen Tag ärgern wird, aber er hat mich in Ruhe gelassen.

"Tschüss, Jeongguk!", verabschiedet sich ein kleines Mädchen von ihm und schlingt die Arme um seine Beine.

Sie hat lange braune Haare und scheint im Alter von fünf Jahren zu sein. Ihr fehlen auch die beiden Schneidezähne, was ziemlich knuffig aussieht. Jeongguk grinst über das ganze Gesicht und hebt das Mädchen hoch, um sie durchzuknuddeln.

"Tschüss, du süßes Bärchen! Grüß deinen Appa von mir, okay?", sagt er und bekommt noch einen dicken Kuss auf die Wange, bevor er sie runterlässt.

Das Mädchen klammert sich direkt an die Hand ihrer Mutter, die Jeongguk in eine halbe Umarmung zieht. Die Frau hat so wie ihre Tochter lange braune Haare und ist einen ganzen Kopf kleiner als Jeongguk. Sie ist bildhübsch und grinst über das ganze Gesicht, als sie sich von ihm löst.

"Es ist so schade, dass es Namjoon doch nicht her geschafft hat. Er wollte unbedingt sehen, wie du herumrennst", meint sie schmunzelnd.

"Ich arbeite die nächsten zwei Wochen hier. Also hat er genügend Zeit vorbeizukommen und mich auszulachen. Kellnern ist gar nichts für mich. Eun Noona hat mich heute so oft angemeckert, weil ich ständig Gespräche mit den Gästen angefangen habe", erwidert Jeongguk seufzend und stemmt die Hände in Hüften.

"Oh, Eomma! Kommen wir dann öfter Jeongguk besuchen? Nächstes Mal nehmen wir Appa direkt mit!", freut sich die Kleine darüber und strahlt ihre Mutter an.

"Ja, mein Schatz. Aber findest du nicht auch, dass heute ein super Kellner war?", widmet sich die Braunhaarige an ihre Tochter und streichelt ihr über die Wange.

Diese nickt nur und grinst breit, während sie Jeongguk zwei Daumen noch oben zeigt. Jeongguk fängt an zu lachen und bedankt sich bei der Kleinen. Danach wende ich den Blick ab und schnappe mir den Lappen in der Spüle, um die Theke zu wischen und mich abzulenken. Den ganzen Tag habe ich Jeongguk kein einziges Mal aus den Augen gelassen und ich muss zugeben, dass er immer noch diese tolle Ausstrahlung hat, die mich von Anfang an in seinen Bann gezogen hat.

"Ich bin so müde!", jammert Jeongguk, der plötzlich neben mir steht und seinen Kopf auf meiner Schulter bettet.

Automatisch zucke ich zusammen und gehe einen Schritt zur Seite, sodass er seinen Kopf von meiner Schulter nimmt. Ich meide es ihn anzusehen und starre angestrengt auf die Marmorplatte vor mir. Das passt ihm wohl nicht, da er sich ganz dicht neben mich stellt und sich nach vorne beugt, um mir in die Augen zu schauen. Ich schnalze genervt mit der Zunge und drehe meinen Kopf in die andere Richtung.

"Das ist ja lustig. Ich bin mir sicher, dass du mich den ganzen Tag angestarrt hast. Aber wenn ich neben dir stehe, dann tust du so, als würdest bei meinem Anblick die Krätze bekommen? Sehr witzig, Taehyung", gibt er amüsiert von sich.

"Ich habe dich gar nicht angestarrt!", verneine ich seine Aussage und sehe ihn wütend an, obwohl er eigentlich damit Recht hat.

"Du kannst auch nichts anderes als zu lügen, oder? Aber wenn du meinst... Ich gebe nämlich offen zu, dass ich dir die ganze Zeit auf den Hintern geschaut habe", meint er mit todernster Miene und legt seine Hand auf meinen Po.

Fassungslos schaue ich ihn an und schlage seine Hand mit voller Wucht weg. Er zischt vor Schmerzen und streichelt über seine rechte Hand, während er mich schmollend anschaut. Wie schamlos kann man sein? Es sind noch Gäste hier und er berührt mich einfach so unsittlich.

"Lass deine Finger bei dir! Ich möchte nicht, dass du mir an den Hintern fasst!", keife ich ihn an.

"Okay, tut mir leid. Ich mache das nie wieder. Aber schau mich wenigstens an, wenn ich mit dir spreche. So hässlich bin ich nämlich nicht, auch wenn du der Meinung bist. Das ist richtig unhöflich", entschuldigt er sich und wendet sich schlecht gelaunt von mir ab.

"Ich habe nie gesagt, dass du hässlich bist!", erwidere ich entsetzt.

"Soll ich dich etwa an Neujahr erinnern? Seit dem Tag hatte ich nur noch schreckliche Dates, die mich verstört haben. Als hättest du einen Fluch auf mich gelegt, damit ich einsam und allein sterbe. Ich würde gerne mal deinen Freund sehen, dann kann ich wenigstens verstehen, warum ich so hart von dir abgelehnt wurde und werde", meint er eingeschnappt.

"Wieso musst du dafür meinen Freund sehen und kannst du mal leiser sein? Du bist zu laut!", frage ich ihn irritiert.

"Natürlich um zu schauen, ob er besser als ich aussieht. Dann kann ich verstehen, warum du mir sowas ins Gesicht gesagt hast. Übrigens bin ich gar nicht so laut. Die zwei hübschen Damen dahinten sind in ihren Siebzigern und interessieren sich einen feuchten Dreck für unsere Probleme. Sie genießen bloß die Show", beantwortet er meine Frage erst und muss dann breit grinsen, als er auf die beiden älteren Frauen deutet, die an der Fensterfront sitzen und an ihren Kaffees schlürfen.

"Das stimmt. Der liebe Jeongguk ist ein lustiges Kerlchen, da können wir nicht anders als zuzuhören. Aber wir gehen auch mal. Ihr möchtet ja Feierabend machen", entgegnet eine von den Beiden und sie lachen vor sich hin, während sie langsam aufstehen.

"Ich komme zu euch", meint Jeongguk lachend und schnappt sich den Geldbeutel, bevor er zu ihnen geht.

Er stellt sich zu ihnen und sie drücken ihm die Scheine sofort in die Hand und meinen, dass das so passt. Moment mal... Haben sie ihm ernsthaft 50 Prozent Trinkgeld gegeben? Jeongguk bedankt sich herzlichst bei ihnen und begleitet sie zum Ausgang, um ihnen die schwere Tür aufzuhalten. Da sie noch vier Treppenstufen nach unten steigen müssen, hilft er ihnen auch da und umarmt die Beiden kurz zur Verabschiedung, bevor sie ihren weg beschreiten. In meiner Brust wird es ganz warm und ich presse die Lippen zusammen, weil er wirklich ein sehr herzlicher Mensch ist. Danach kommt Jeongguk wieder mit einem Lächeln im Gesicht rein und dreht das 'Geöffnet'-Schild um, sodass draußen 'Geschlossen' steht. Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass wir wirklich nur noch dreißig Minuten vor Ladenschluss haben.

"Komm, wir fangen schon mal an zu putzen", fordert mich Jeongguk auf und räumt die Kaffeetassen der zwei Frauen ab.

Ich fühle mich in seiner Nähe, wie der schrecklichste Mensch auf dieser Welt. Er ist extrem lieb und höflich und behandelt jeden so, als wäre er schon seit Jahren mit ihnen befreundet. Wieso kann er kein Arschloch sein?! Dann würde es mir viel einfacher fallen, ihn auf Abstand zu halten und unfreundlich zu ihm zu sein.

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