Kapitel 36
Jeongguks Sicht
Ich lehne mich gegen die Tür der Bar und beobachte, wie Taehyung noch kurz mit seiner Jackentasche kämpft. Sein Blick ist leicht abwesend, fast so, als würde er mit sich selbst reden, während er versucht, den Reißverschluss zu schließen. Er wirkt nervös, aber gleichzeitig warm und vertraut. Es ist ein seltsames Gefühl, ihn so zu sehen, fast wie ein Fenster in eine Seite von ihm, die er sonst hinter einer sorgfältigen Fassade verbirgt.
"Alles klar? Oder soll ich dem Reißverschluss mal einen Vortrag über gutes Benehmen halten?", frage ich mit einem schiefen Grinsen, als er schließlich zu mir aufschaut. Ich sehe, wie seine Schultern sich ein wenig entspannen, als er lächelt. Es ist nur ein kleines, scheues Lächeln, aber es ist echt, das mein Herz zum Höherschlagen bringt.
"Nein, schon gut. Er hat sich ergeben", murmelt er, während er sich aufrichtet.
"Das freut mich. Wäre peinlich gewesen, wenn ich einen Reißverschluss schlagen müsste", sage ich und er lacht leise.
Das ist der Sound, den ich liebe. Dieses ungezwungene Lachen, das ich viel zu selten höre. Es ist wie ein kleiner Sieg jedes Mal, wenn ich es aus ihm herausbekomme. Wir treten gemeinsam auf die Straße, und die kühle Nachtluft begrüßt uns. Es riecht nach Regen, obwohl der Asphalt trocken ist. Die Laternen werfen ein weiches, gelbes Licht auf die Bürgersteige, und die Welt um uns herum fühlt sich plötzlich still an, fast wie eine Pause im Chaos.
"Also, was jetzt?" frage ich, meine Hände tief in die Taschen meiner Jacke vergraben.
Ich drehe mich zu ihm um, nur um zu sehen, wie er einen Moment zögert. Ich weiß, dass er mit sich ringt. Das macht er immer. Taehyung ist jemand, der alles in seinem Kopf tausendmal durchgeht, bevor er auch nur einen Schritt macht. Und obwohl es manchmal frustrierend ist, ist es auch irgendwie charmant. Weil es zeigt, wie sehr er sich kümmert.
"Ich weiß nicht. Du meintest, du hättest ein paar Ideen", gibt er schließlich zu, seine Stimme leise.
"Oh, also liegt die Verantwortung jetzt bei mir?", schmunzle ich und ziehe die Augenbrauen hoch.
Er sieht mich an, und für einen Moment glaube ich, einen Hauch von Herausforderung in seinen Augen zu sehen.
"Hast du nicht gesagt, du könntest mich aus der Reserve locken?", fragt er mich.
Da ist er wieder. Dieser Funke, der manchmal in ihm aufblitzt, wenn er sich ein bisschen sicherer fühlt. Ich liebe es, ihn zu sehen, wenn er diesen Moment hat, in dem er die Mauer ein Stückchen fallen lässt.
"Okay, Challenge accepted. Wie wäre es mit einem Spaziergang? Es gibt da einen Park in der Nähe. Still, ein bisschen abgelegen. Perfekt, um den Kopf frei zu bekommen", sage ich mit einem leichten Nicken.
"Oder ein perfekter Ort, um jemanden umzulegen", bringt er ganz trocken heraus, wodurch ich ihn etwas perplex und überrumpelt ansehe.
"Hast du mir irgendwas zu sagen?", frage ich nach und bringe ihn durch meine Reaktion zum Lachen.
"Tut mir leid. Ich schaue mir zum Einschlafen gerne Medical Detectives an und mein Gehirn verknüpft seitdem alles mit Mord und Totschlag", erklärt er mir, was die Sache irgendwie nicht besser macht.
"Du schaust dir Medical Detectives an, um einzuschlafen? Reden die aufs kleinste Detail darüber, wie die Opfer verstümmelt wurden und wie der Mord ablief?", hake ich weiter nach und bin echt überrascht davon, dass er sich freiwillig sowas vor dem Schlafen reinzieht.
"Versteh' mich jetzt nicht falsch, aber die Stimme vom Erzähler ist voll beruhigend. Ich schlafe innerhalb von ein paar Minuten ein, weil sie so tief und beruhigend ist", bringt er heraus und muss sich das Lachen verkneifen, weil ich ihn jetzt komplett entsetzt ansehe.
"Davon muss ich mich selbst überzeugen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Stimme so beruhigend ist, wenn er über Morde und Vergewaltigungen erzählt", gebe ich unüberzeugt von mir.
"Okay, wenn du schlafen gehst, schaust du dir eine Folge Medical Detectives an und wir werden dann sehen, ob du nicht auch total schläfrig wirst. Abgemacht?", fordert er mich auf und hält mir seine Hand hin, damit ich einschlage.
"Na gut, abgemacht. Aber wenn ich dadurch Albträume bekomme, dann rufe ich dich an und heule dir die Ohren voll", gebe ich zurück und schlage bei ihm ein.
"Ich singe dir dann auch Einschlaflied vor, damit du wieder ins Land der Träume fällst", meint er und grinst mich frech an.
"Oh, das hört sich ja verlockend an. Vielleicht sollte ich einfach so tun, als hätte ich Alpträume um deine Stimmen hören zu dürfen", erwidere ich und lächle breit los, als er lacht und gleichzeitig rote Wangen bekommt.
Ich fühle, wie etwas in meiner Brust warm wird. Es ist ein seltsames Gefühl, mit ihm hier zu sein und ihn so frei und sorglos zu sehen. Mit Taehyung habe ich das Gefühl, dass alles langsamer wird und genieße jede einzelne Sekunde mit ihm. Wir verfallen ins Schweigen und laufen durch die leeren Straßen, während ich mich selbst davon abhalten muss, ihn nicht ständig zu betrachten.
Die Geräusche der Stadt verblassen, je weiter wir uns dem Park nähern. Taehyung geht neben mir, seine Schritte ein wenig zögerlich, als ob er immer noch versucht, sich an die Idee zu gewöhnen, einfach planlos durch die Nacht zu wandern. Taehyung ist jemand, den man nicht drängen kann. Er muss die Dinge in seinem eigenen Tempo machen, und ich habe kein Problem damit, zu warten.
"Das ist... nett", sagt er plötzlich, als wir den Park betreten.
Die Laternen hier sind seltener, und die Dunkelheit umhüllt uns fast wie ein Mantel. Es ist ruhig, nur das Rascheln der Bäume im Wind begleitet unsere Schritte. Wenn ich jetzt so überlege, könnte das wirklich der perfekte Ort für ein Mord sein. Ich schüttle den Kopf und widme mich wieder Taehyung.
"Nett?", wiederhole ich.
"Ja. Ruhig. Nicht wie... alles andere", nickt er langsam.
Ich verstehe, was er meint, ohne dass er es erklären muss. Taehyung lebt in einer Welt, die immer in Bewegung ist, immer laut, immer fordernd. Dieser Moment, diese Stille, ist etwas, das wir beide brauchen.
"Ich komme manchmal hierher, wenn ich nachdenken muss. Manchmal ist es einfacher, die Dinge klarer zu sehen, wenn es keine Ablenkungen gibt", gebe ich zu.
Meine Stimme ist leiser, fast ein Flüstern in der Dunkelheit. Er sieht mich an, seine Augen glitzern im schwachen Licht.
"Du? Nachdenken?", erwidert er skeptisch.
"Ja, ich weiß, schwer zu glauben. Aber auch ich habe meine Momente der tiefen, existenziellen Philosophie", lache ich leise.
"Ich hätte gedacht, du wärst jemand, der einfach alles auf sich zukommen lässt", schüttelt er den Kopf, aber ich sehe, dass er lächelt.
„Das bin ich auch. Aber manchmal ist es wichtig, innezuhalten. Zu fragen, was man wirklich will", sage ich und bleibe stehen, um ihn anzusehen.
Er hält meinem Blick stand, und für einen Moment scheint die Welt stillzustehen. Dann nickt er langsam, seine Schultern sinken ein wenig, als ob er endlich einen Teil der Last ablegt, die er die ganze Zeit mit sich herumgetragen hat.
"Was willst du, Jeongguk?" fragt er plötzlich, seine Stimme leise, aber fest.
Es überrascht mich, dass er so direkt ist, aber es gefällt mir. Es zeigt, dass er mich wirklich sehen will – nicht nur das Bild, das ich anderen zeige. Ich nehme einen tiefen Atemzug, bevor ich antworte.
„Ich glaube, ich will genau das. Momente wie diesen. Einfach... ehrlich sein. Mit jemandem, der das versteht", sage ich ehrlich.
Seine Augen suchen meinen Blick, und ich sehe, wie seine Lippen sich leicht bewegen, als ob er etwas sagen will. Aber bevor er sprechen kann, lächelt er, ein echtes, warmes Lächeln, das mich mehr trifft, als ich zugeben will.
„Das klingt... gut", sagt er schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Ich sehe, wie Taehyungs Lächeln seine Gesichtszüge weicher macht, wie seine Schultern sich endlich ein Stück weit entspannen. Es ist, als würde er zum ersten Mal seit Langem loslassen. Dieses Lächeln ist anders. Nicht das höfliche, das er Gästen im Café schenkt, oder das gezwungene, das er zeigt, wenn er versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Es ist ehrlich. Ein echter Moment von ihm und ich bin der Grund dafür.
In meinem Inneren regt sich etwas, eine Mischung aus Erleichterung und Entschlossenheit. Ich habe Taehyung schon lange so nicht gesehen. Vielleicht sogar noch nie. Er war immer ein bisschen verschlossen, ein bisschen auf der Hut, als würde er die ganze Zeit ein Gewicht mit sich herumtragen, das nur er selbst wirklich versteht. Doch jetzt, hier im Schatten der Bäume, unter der sanften Decke der Dunkelheit, wirkt er wie jemand, der endlich ein Stück seiner Mauern eingerissen hat.
Und ich bin sicher, dass ich mehr davon sehen will. Ich will ihn so sehen – frei, entspannt, ehrlich. Nicht der Taehyung, der versucht, alles zusammenzuhalten, während er sich innerlich quält. Nicht der Taehyung, der an etwas festhält, das längst zerbrochen ist. Ich will den echten Taehyung, und ich werde alles tun, um ihn zu bekommen.
Ein Gedanke schleicht sich in meinen Kopf, und dieses Mal halte ich ihn nicht zurück. Es ist nicht Bogum, der hier mit Taehyung steht. Es war nicht Bogum, der ihn zum Lachen gebracht hat, der ihm gezeigt hat, wie es sich anfühlt, für einen Moment die Last seiner Gedanken loszulassen. Ich weiß, dass sie eine Geschichte haben, aber Geschichten verblassen. Und ich? Ich will seine Gegenwart. Und, wenn ich ehrlich bin, auch seine Zukunft.
"Weißt du, Taehyung", sage ich, meine Stimme etwas weicher als zuvor, während ich mich zu ihm drehe. Er hebt den Kopf, seine Augen treffen meine, und ich kann sehen, dass er aufmerksam zuhört. "Ich glaube, ich habe dich noch nie so gesehen."
"So gesehen? Was meinst du?", er runzelt leicht die Stirn, ein Ausdruck, der verrät, dass er nicht ganz versteht, worauf ich hinauswill.
"So... entspannt. Du wirkst sonst immer so, als würdest du die ganze Welt auf deinen Schultern tragen. Aber heute... heute bist du einfach du", antworte ich.
Für einen Moment sehe ich, wie er schluckt, seine Augen wandern kurz zur Seite, bevor sie wieder zu mir zurückkehren.
"Vielleicht liegt das an dir", sagt er leise, fast wie ein Geständnis, und ich merke, wie mein Herz ein wenig schneller schlägt.
Das ist es. Mein Moment. Meine Chance. Ich weiß, dass ich ihn langsam angehen muss, Schritt für Schritt, aber ich werde nicht zulassen, dass ich das hier verliere. Taehyung ist es wert, alles zu riskieren. Ich habe genug von Zurückhaltung, genug davon, darauf zu warten, dass sich Dinge von selbst klären. Wenn Bogum wirklich das ist, was ihn festhält, dann ist das Bogums Problem, nicht meines.
"Wenn das so ist. Dann will ich mehr davon. Mehr von dir, wenn du so bist. Ohne all die Mauern und Masken", sage ich, meine Stimme ein wenig tiefer, ein wenig bestimmter.
Er sieht mich an, überrascht von meiner Direktheit, aber er weicht meinem Blick nicht aus. Das ist es, was ich an Taehyung bewundere. Selbst wenn er unsicher ist, bleibt er stehen und sieht dir in die Augen, als würde er nach Antworten suchen.
"Das ist... nicht so einfach. Ich bin nicht... ich meine, ich bin nicht gut darin, Dinge loszulassen", murmelt er schließlich.
"Dann lass mich dir helfen", sage ich ohne zu zögern. "Du musst das nicht allein machen, Taehyung. Und ehrlich gesagt..." Ich halte kurz inne, um sicherzustellen, dass er jedes Wort versteht. "Ich will es nicht zulassen, dass du es allein machst."
Seine Augen weiten sich leicht, und ich kann sehen, dass er versucht, meine Worte einzuordnen. Doch bevor er etwas sagen kann, mache ich den nächsten Schritt.
"Bogum", sage ich, und ich sehe, wie er bei dem Namen leicht zusammenzuckt. "Ich weiß, dass er noch ein Teil von dir ist. Aber du hast mir heute gezeigt, dass du schon längst woanders bist, Taehyung. Dass du etwas suchst, das er dir nicht mehr geben kann."
Er öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch ich schüttle leicht den Kopf.
"Lass mich ausreden. Ich will dir nichts vorschreiben, und ich will dich nicht unter Druck setzen. Aber ich will, dass du weißt, dass ich hier bin. Für dich. Und ich werde nicht zulassen, dass irgendetwas, was Bogum betrifft, mich davon abhält, um dich zu kämpfen", spreche ich weiter und vollkommen entschlossen.
Die Worte hängen in der Luft, schwer und doch befreiend. Es fühlt sich gut an, sie endlich auszusprechen, die Wahrheit ohne Umschweife zu zeigen. Ich will Taehyung, und ich werde nicht so tun, als wäre das nicht der Fall. Egal, was kommen mag.
Er sieht mich an, seine Augen voller Emotionen, die ich nicht alle deuten kann – Überraschung, Unsicherheit, vielleicht ein Hauch von Erleichterung.
"Jeongguk...", beginnt er, aber seine Stimme bricht, und er sieht kurz zu Boden.
Ich trete einen Schritt näher, meine Hand leicht in seine Richtung ausgestreckt, bevor ich sie wieder sinken lasse.
"Es ist okay. Du musst jetzt nichts sagen. Denk einfach darüber nach. Und lass mich dir zeigen, dass ich es ernst meine", sage ich sanft.
Er nickt langsam, und ich sehe, wie ein kleines, unsicheres Lächeln auf seinen Lippen erscheint. Es ist nicht viel, aber es ist ein Anfang. Ein Anfang, den ich nutzen werde.
Die Stille zwischen uns dehnt sich aus, aber sie ist nicht unangenehm. Es ist diese Art von Stille, die alles sagt, was Worte nicht ausdrücken können. Taehyung steht vor mir, in Gedanken versunken, seine Schultern wirken entspannter als noch vor ein paar Minuten. Ich weiß, dass er über meine Worte nachdenkt, dass er versucht, einen Weg zu finden, sie einzuordnen. Und ich werde ihm die Zeit geben, die er braucht.
Wir gehen schweigend weiter, unsere Schritte hallen leise auf dem gepflasterten Weg. Die Nacht ist kühl, und der Wind raschelt sanft durch die Bäume. Es fühlt sich fast surreal an, wie ein Moment, der sich vom Rest der Welt losgelöst hat.
"Warum bist du so sicher?" fragt Taehyung plötzlich, seine Stimme leise, aber deutlich.
Er sieht mich nicht an, während er spricht, sondern blickt geradeaus, als würde er die Antwort irgendwo in der Dunkelheit suchen. Ich brauche einen Moment, um meine Gedanken zu ordnen. Warum bin ich so sicher? Die Antwort ist eigentlich einfach, aber sie fühlt sich so groß an, dass ich sie kaum in Worte fassen kann.
„Weil du jemand bist, den ich nicht aufgeben will. Es gibt nicht viele Menschen, die mich wirklich interessieren, Taehyung. Aber bei dir habe ich das Gefühl, dass es sich lohnt, zu bleiben. Dass es sich lohnt, zu kämpfen", sage ich schließlich.
Er bleibt abrupt stehen, und ich drehe mich zu ihm um. Seine Augen suchen meinen Blick, und ich sehe etwas in ihnen, das ich nicht erwartet habe – Hoffnung, gemischt mit einer Spur Angst.
"Du kennst mich doch kaum", murmelt er, als ob er sich selbst davon überzeugen will, dass ich falsch liege.
"Vielleicht", gebe ich ehrlich zu. "Aber das, was ich kenne, reicht mir, um sicher zu sein, dass ich mehr wissen will. Ich will dich wirklich kennenlernen, Taehyung. Nicht die Version, die du anderen zeigst, sondern die echte. Die, die heute Abend hier mit mir spazieren geht und die ich in der Silvesternacht kennenlernen durfte."
Sein Blick weicht meinem aus, und er schnaubt leise, als hätte ich ihn mit meinen Worten überrumpelt.
"Du machst es wirklich schwer, dich zu ignorieren", meint er und sieht mich kurz an, bevor er sich wieder abwendet.
"Das ist der Plan. Ich will, dass du mich siehst. Dass du weißt, dass ich nicht einfach verschwinden werde", sage ich mit einem kleinen Grinsen.
Er schweigt, aber ich sehe, wie sich seine Lippen leicht verziehen. Kein volles Lächeln, aber auch kein Ausdruck von Ablehnung. Es ist ein stilles Zugeständnis, und für mich ist das genug.
"Mir fällt es so schwer, meine Schutzmauern einzureißen. Auch, wenn du sie wortwörtlich mit jedem Tag immer mehr einschlägst und deine Wege in mein Herz findest", sagt er nach einer Weile.
Bei seinen Worten hämmert mein Herz heftig gegen meinen Brustkorb und in meinem Bauch kribbelt es heftig. Die Sehnsucht, von seinen süßen Lippen noch einmal kosten zu dürfen, verstärkt sich gerade immens.
"Dieser Abend ist doch schon ein guter Anfang. Du musst nichts überstürzen", bringe ich heraus und unterdrücke das Verlangen, ihm näher kommen zu wollen.
Er sieht mich an, und für einen Moment habe ich das Gefühl, dass er etwas sagen will – etwas Großes, etwas, das alles verändern könnte. Doch stattdessen nickt er nur langsam, und ich weiß, dass das sein Weg ist, mir eine Chance zu geben.
Wir setzen unseren Weg fort, und dieses Mal ist das Schweigen zwischen uns weniger schwer. Es ist ein Schweigen, das von Möglichkeiten spricht, von Dingen, die noch unausgesprochen sind, aber nicht länger als Last auf uns liegen.
Während wir durch den Park schlendern, beobachte ich Taehyung aus den Augenwinkeln. Er wirkt ruhiger, weniger angespannt, und das gibt mir Hoffnung. Hoffnung, dass das hier wirklich der Anfang von etwas tiefgründigem ist.
"Weißt du, du hast mir noch gar nicht gesagt, was du morgen vorhast", sage ich schließlich, meine Stimme leicht und locker, um die Atmosphäre aufzulockern.
Taehyung sieht mich an, und ich sehe, wie ein kleines Lächeln auf seine Lippen zurückkehrt.
"Arbeiten. Und danach... keine Ahnung", antwortet er.
"Dann lass uns etwas machen. Irgendwas, das nichts mit Arbeit oder Nachdenken zu tun hat", schlage ich vor.
"Du bist echt hartnäckig", lacht er leise und ich spüre, wie sich die Spannung weiter löst
"Nur bei den Dingen, die mir wichtig sind", erwidere ich ohne Scham.
Er hält meinem Blick stand, und in diesem Moment weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Taehyung mag noch nicht bereit sein, alles loszulassen, was ihn zurückhält, aber er hat mir eine Tür geöffnet – eine, durch die ich langsam treten werde. Und ich werde alles tun, um ihm zu zeigen, dass ich es ernst meine.
"Okay. Lass uns morgen was machen", sagt er schließlich leise.
"Deal", sage ich, ein kleines Grinsen auf meinen Lippen.
Ich weiß, dass das hier erst der Anfang ist, aber es ist ein Anfang, den ich nicht verlieren werde. Egal, wie lange es dauert – ich werde da sein, um Taehyung zu zeigen, dass es sich lohnt, loszulassen. Und vielleicht, nur vielleicht, wird er eines Tages sehen, dass ich derjenige bin, der bleiben will. Für ihn. Für uns.
Während wir weitergehen, dreht sich ein Gedanke in meinem Kopf, der mir keine Ruhe lässt. Es ist nicht das erste Mal, dass ich Taehyung so nah bei mir spüre, so verletzlich und offen. Mein Blick wandert zu ihm, und ich erinnere mich an diese eine Nacht vor ein paar Monaten – Silvester, als alles für mich angefangen hat.
Taehyung war mir damals fremd. Wahrscheinlich war das Liebe auf dem ersten Blick, als ich ihn allein auf der Parkbank sitzen sah und hin und weg von ihm war. Er wirkte an dem Abend schon absolut verloren, obwohl die Menschen um ihn herum ausgelassen das Jahresende feierten. Ich habe ihn beobachtet, wie er bei seinen Freunden saß, ein Glas in der Hand, aber abwesend, als würde er zu einem Ort gehören, den niemand außer ihm sehen konnte. Es war nicht schwer zu erkennen, dass er jemanden suchte – nicht unbedingt einen bestimmten Menschen, sondern etwas, das ihm fehlte. Nähe, Wärme, das Gefühl, begehrt zu werden.
Ich weiß noch, wie er mich damals angesehen hat, als ich vor ihm stand und mich wortwörtlich zum Affen gemacht habe, um ihm ein Lächeln zu entlocken. Da war diese Unsicherheit, gemischt mit einer leisen Hoffnung, dass ich vielleicht derjenige sein könnte, der ihm das gibt, was er braucht. Es war keine geplante Begegnung, kein bewusstes Spiel. Es war einfach Taehyung, der für einen Moment losgelassen hat. Und ich war da, bereit, ihm zu geben, wonach er suchte.
Bogum war an diesem Abend nirgendwo zu sehen. Und das ist es, was mich bis heute wütend macht. Wie kann man jemanden wie Taehyung haben und ihn nicht sehen? Nicht wertschätzen? Nicht erkennen, dass er jemanden braucht, der für ihn da ist, der ihn hält, wenn er zu fallen droht?
Taehyung hat sich damals auf mich eingelassen, weil Bogum ihm nicht das geben konnte, was ich ihm in nur wenigen Stunden gegeben habe – das Gefühl, wichtig zu sein. Begehrt zu sein. Er wollte für einen Moment jemand anderes sein, jemand, der nicht die ganze Welt auf seinen Schultern trägt, und ich habe ihm genau das ermöglicht.
Jetzt, Monate später, ist er wieder hier. Und Bogum hat sich nicht geändert. Er hält Taehyung fest, aber nicht aus Liebe, sondern vielleicht, weil er ihn als selbstverständlich ansieht. Doch Taehyung ist alles andere als selbstverständlich. Er verdient jemanden, der ihn sieht, der ihm zuhört, der ihm zeigt, wie wertvoll er ist – jemanden wie mich.
Ich spüre, wie sich meine Hände in den Taschen meiner Jacke zu Fäusten ballen, während ich die Erinnerung an Silvester zurückdränge. Dieser Abend hat mir gezeigt, was ich will – Taehyung. Und ich werde nicht zulassen, dass Bogum weiterhin etwas festhält, das er nicht zu schätzen weiß. Ich werde Taehyung zeigen, dass ich derjenige bin, der bleiben will, der ihn aufrichtig sieht und versteht.
"Jeongguk?", reißt mich Taehyungs Stimme aus meinen Gedanken. Er bleibt stehen und sieht mich mit einem leicht fragenden Ausdruck an. "Alles okay? Du wirkst plötzlich so... abwesend."
Ich atme tief durch und zwinge mich, ein Lächeln aufzusetzen.
„Ja, alles gut. Ich war nur in Gedanken", entgegne ich und mein Blick trifft seinen, und ich sehe die leise Unsicherheit, die immer noch in seinen Augen liegt. Er zweifelt an sich, daran, ob er das Richtige tut. Und genau hier werde ich ansetzen.
"Weißt du, Taehyung", sage ich ruhig, während ich einen Schritt näher trete. "Du verdienst jemanden, der dich wirklich sieht. Jemanden, der erkennt, was für ein unglaublicher Mensch du bist."
Er blinzelt überrascht, und ich sehe, wie seine Lippen sich leicht öffnen, als wolle er etwas sagen, doch er bringt kein Wort hervor. Stattdessen sieht er mich nur an, und für einen Moment ist da nichts als Stille zwischen uns.
"Bogum...", beginne ich vorsichtig, "er schätzt dich nicht so, wie er sollte. Und das weißt du. Du bist bei ihm geblieben, weil du dachtest, das sei das Beste, was du bekommen kannst. Aber das stimmt nicht. Du verdienst mehr, Taehyung. Viel mehr."
Ich sehe, wie seine Augen sich langsam mit Emotionen füllen – Schmerz, Unsicherheit, aber auch etwas, das wie Hoffnung aussieht.
"Ich... ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich weiß nicht, ob ich den Mut habe, loszulassen", murmelt er schließlich.
"Du musst nicht alles sofort loslassen", sage ich sanft und lege eine Hand auf seine Schulter. "Aber lass mich dir zeigen, dass es anders sein kann. Dass es jemanden gibt, der bereit ist, alles für dich zu geben, weil du es wert bist."
Er sieht mich an, und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Das hier ist meine Chance – meine Gelegenheit, ihm zu beweisen, dass er mehr verdient als einen Mann, der ihn nicht zu schätzen weiß. Ich werde Bogum zeigen, wie man Taehyung richtig behandelt. Und ich werde Taehyung zeigen, dass er nicht länger allein kämpfen muss.
"Okay", sagt er schließlich leise, kaum mehr als ein Flüstern. Doch in diesem Wort liegt so viel – ein kleines, aber bedeutendes Zeichen, dass er bereit ist, mir eine Chance zu geben.
Und das reicht mir. Für jetzt reicht es, zu wissen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ich werde ihm zeigen, dass ich derjenige bin, der bleibt. Derjenige, der ihn wirklich sieht. Derjenige, der ihn verdient.
Ich sehe, wie Taehyung langsam aufatmet, als würde er die Schwere des Gesprächs mit einem tiefen Atemzug abschütteln. Ich spüre, dass es jetzt an der Zeit ist, die Stimmung aufzulockern – genug Nachdenken und ernste Gespräche für heute. Schließlich habe ich gesagt, dass ich ihm zeigen will, wie es sich anfühlt, loszulassen, also sollte ich genau das tun.
"Weißt du was? Ich habe eine grandiose Idee, wie wir den Abend richtig genießen können", beginne ich und setze ein spielerisches Grinsen auf.
"Oh? Und was wäre das?", hebt Taehyung eine Augenbraue und sieht mich neugierig an.
Ich lehne mich ein Stück näher und senke meine Stimme, als ob ich ihm ein großes Geheimnis anvertraue.
"Wir gehen zu McDonald's", flüstere ich ihm zu.
Für einen Moment sieht er mich verwirrt an, bevor ein leises Lachen über seine Lippen kommt.
"McDonald's? Schon wieder?", hakt er nach, ob er richtig verstanden hat.
"Ja, schon wieder. Manchmal braucht es nicht mehr als einen Cheeseburger und Pommes, um glücklich zu sein", grinse ich breiter.
Taehyung schüttelt den Kopf, aber ich sehe, dass er lächelt – ein echtes, entspanntes Lächeln, das mir zeigt, dass er den Gedanken zumindest nicht komplett abwegig findet.
"Du bist unmöglich, weißt du das?", sagt er und kommt nicht aus dem Grinsen heraus.
"Schon oft gehört. Also, was sagst du? Bist du dabei? Oder hast du Angst, dass dich jemand in deiner edlen Begleitung im Fast-Food-Restaurant erkennt?", erwidere ich lässig und deute mit einer Kopfbewegung auf die Straße.
Er lacht erneut, dieses Mal etwas lauter, und ich fühle, wie die Atmosphäre zwischen uns leichter wird.
"Okay, okay. Aber nur, weil ich Hunger habe", gibt er nach.
"Perfekt", sage ich zufrieden und mache mich auf den Weg in Richtung der nächsten McDonald's-Filiale, Taehyung an meiner Seite.
Es dauert nicht lange, bis wir das leuchtend gelbe M entdecken. Die Türen öffnen sich und der vertraute Geruch von frittierten Pommes und frisch gebratenen Burgern schlägt uns entgegen. Taehyung wirft mir einen leicht skeptischen Blick zu, aber ich sehe das kleine Lächeln, das er zu verbergen versucht.
"Also, was willst du?", frage ich, während wir zur Kasse schlendern.
"Ich glaube, ich nehme einfach einen Cheeseburger und Pommes", sagt er, und ich nicke, bevor ich unsere Bestellung aufgebe.
Wenig später sitzen wir mit unserem Tablett in einer der hinteren Ecken des Restaurants. Die Atmosphäre ist entspannt, und die sanften Gespräche der anderen Gäste um uns herum bieten genau die Art von Hintergrundgeräusch, die einem das Gefühl gibt, einfach im Moment zu leben.
"Siehst du? Gar nicht so schlecht", sage ich, nachdem ich in meinen Burger gebissen habe.
Taehyung nimmt ebenfalls einen Bissen und nickt zögernd.
"Okay, ich gebe zu... das war eine gute Idee", stimmt er mir endlich zu.
"Natürlich war es das. Ich bin voller guter Ideen", sage ich und sehe ihn mit einem triumphierenden Grinsen an.
"Hm, das bleibt abzuwarten", murmelt er, aber das Lächeln auf seinen Lippen verrät, dass er das nicht ernst meint.
Wir essen schweigend weiter, aber es ist kein unangenehmes Schweigen. Es ist die Art von Stille, in der man einfach den Moment genießen kann, ohne das Gefühl zu haben, etwas sagen zu müssen. Ich lehne mich zurück und betrachte Taehyung, der gerade versucht, seinen Burger zu essen, ohne dabei die Hälfte des Ketchups auf seine Hände zu bekommen. Ein vergebliches Unterfangen. Ich grinse breit.
"Braucht der Herr zufällig eine Serviette oder gleich einen Ganzkörperanzug?", frage ich mit gespieltem ernsten Ton.
Taehyung wirft mir einen schiefen Blick zu, während er sich hektisch die Finger an einer winzigen Serviette abwischt.
"Du könntest mir einfach helfen, statt blöde Kommentare abzugeben", erwidert er und mir gefällt es extrem, dass er so frech antwortet.
"Warum sollte ich? Du siehst doch gerade super unterhaltsam aus", kontere ich und lehne mich mit verschränkten Armen zurück.
"Ich hätte nie gedacht, dass ich mal mit jemandem McDonald's essen gehe, der mehr Comedy als Hilfe liefert", seufzt er dramatisch und greift nach einer weiteren Serviette.
"Ich hab dir doch gesagt, dass ich viele Talente habe. Unterhaltung gehört dazu", zucke ich mit den Schultern.
"Und Hilfsbereitschaft offensichtlich nicht", murmelt er, aber ich sehe, wie sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen ausbreitet.
Ich nehme einen großen Bissen von meinem Burger und kaue übertrieben langsam, während ich ihn weiterhin beobachte.
"Du musst zugeben, das ist der entspannteste Abend seit Langem, oder? Kein Stress, keine komplizierten Gespräche. Nur wir, Fast Food und ein bisschen Chaos", meine ich und sehe ihn abschätzig an.
"Ja, ich glaube, das ist genau das, was ich gebraucht habe. Auch wenn du unerträglich bist", nickt Taehyung langsam und nimmt einen Schluck von seinem Getränk.
"Unerträglich charmant, meinst du", verbessere ich ihn, woraufhin er gespielt genervt die Augen verdreht.
Ein paar Minuten vergehen, und wir essen schweigend weiter. Doch als Taehyung gerade in seine Pommes greifen will, sehe ich meine Chance. Mit blitzschneller Bewegung greife ich ebenfalls nach einer Portion und schnappe sie ihm vor der Nase weg.
"Hey!", ruft er empört und sieht mich mit großen Augen an, während ich triumphierend die Pommes in meinen Mund stecke.
"Tja, schnell sein ist auch ein Talent von mir", sage ich mit vollem Mund.
"Du bist unmöglich, Jeongguk." Taehyung versucht ernst zu bleiben, aber ich sehe, wie er gegen ein Grinsen kämpft. „Wenn du noch einmal meine Pommes klaust, wars das."
Ich hebe abwehrend die Hände. "Okay, okay, ich verspreche, dass ich es nicht noch mal mache. Solange du nicht den Schluck meiner Cola trinkst".
"Mal sehen, wie großzügig ich heute noch bin", grinst er breit.
Für einen Moment fühle ich mich, als wären wir zwei ganz normale Freunde, die einfach Spaß haben, ohne Sorgen, ohne all die komplizierten Gefühle, die uns sonst begleiten.
Als wir mit dem Essen fertig sind, lehnt sich Taehyung entspannt zurück und seufzt zufrieden.
"Okay, das war besser, als ich erwartet habe", meint er und lächelt mit etwas an.
"Ich hab dir doch gesagt, ich bin voller guter Ideen", sage ich mit einem siegessicheren Grinsen.
"Gut, dass dein Ego auch noch genug Platz im Raum hat", schnaubt er leise und schüttelt den Kopf.
"Es ist schwer, bescheiden zu sein, wenn man so genial ist wie ich", gebe ich eingebildet von mir und streiche mir die Haare nach hinten.
Taehyung starrt mich für einen Moment schweigend an, bevor er plötzlich anfängt zu lachen. Ein herzhaftes Lachen, das ihn fast nach vorne kippen lässt. Und in diesem Moment weiß ich, dass der Abend genau das erreicht hat, was ich wollte – Taehyung zum Lachen zu bringen, zum Loslassen.
"Danke", sagt er schließlich, als er sich beruhigt hat. Seine Stimme ist leise, aber aufrichtig.
"Wofür?", frage ich nach.
"Für das hier. Für den Abend. Für... einfach mal nichts Kompliziertes", sagt er und deutet auf das leere Tablett vor uns.
"Gern geschehen. Aber nächstes Mal schuldest du mir ein Happy Meal", lächle ich und nehme mein Getränk in die Hand.
"Ein Happy Meal? Warum das?", kommt es verwirrt aus ihm.
"Weil ich ein Spielzeug will. Vielleicht erinnert es mich daran, wie toll ich bin", gebe ich ernst von mir, aber muss selbst dagegen ankampfen, nicht zu lachen.
"Du bist wirklich unmöglich", verdreht Taehyung die Augen, aber sein Lächeln bleibt bestehen.
"Das hast du schon gesagt" Ich hebe mein Becher zum Anstoßen. "Auf uns. Und auf noch mehr unvernünftige Entscheidungen."
"Auf uns", wiederholt er und stößt seinen Becher leicht gegen meinen.
Ich lehne mich zufrieden zurück und beobachte, wie Taehyung seinen Becher absetzt. Sein Gesicht ist leicht gerötet, vielleicht vom Lachen, vielleicht von der Wärme hier drinnen – oder vielleicht, weil er sich endlich entspannt fühlt. Es ist ein seltsames Gefühl, das ich nicht genau in Worte fassen kann, aber ich weiß, dass ich diesen Moment am liebsten festhalten würde.
„Also", sage ich und sehe ihn mit einem herausfordernden Grinsen an. „Wie fühlst du dich jetzt, nachdem du den besten McDonald's-Besuch deines Lebens erlebt hast?"
Taehyung schnaubt und spielt mit dem Strohhalm in seinem Becher.
"Ich würde es nicht gerade den besten nennen", wagt er zu sagen, aber lächelt schief.
"Oh, komm schon." Ich beuge mich ein Stück vor und lege meine Ellenbogen auf den Tisch. "Du hast gelacht, du hast gut gegessen, und du bist nicht mehr halb so nervös wie vorhin. Gib's zu, ich habe recht."
Er verzieht leicht die Lippen, als würde er einen inneren Kampf mit sich selbst austragen, bevor er schließlich nachgibt.
„Okay, vielleicht war es... besser, als ich gedacht habe", bringt er heraus und schenkt mir erneut sein schönes Lächeln, was ihn noch schöner und irgendwie süßer erscheinen lässt.
"Das ist alles, was ich hören wollte." Ich lehne mich zufrieden zurück und deute auf den leeren Tablettständer in der Ecke. "Willst du die Ehre haben, das Tablett wegzubringen? Oder soll ich mich weiterhin als dein Unterhaltungsservice beweisen?"
Taehyung verdreht erneut die Augen, aber ich sehe, wie er versucht, ein Grinsen zu unterdrücken.
"Du bist so ein Idiot", beleidigt er mich und selbst das gefällt mir.
"Ein charmanter Idiot", korrigiere ich und greife nach dem Tablett, bevor er überhaupt reagieren kann. "Bleib sitzen, ich mach das. Bin ja nicht völlig herzlos."
Während ich das Tablett wegbringe, denke ich darüber nach, wie sehr sich der Abend gewandelt hat. Es begann mit einer schweren, nachdenklichen Stimmung, aber jetzt... jetzt fühlt es sich leicht an. So, wie es zwischen uns sein sollte.
Als ich zurückkomme, sitzt Taehyung immer noch da, seine Hände locker um seinen Becher gelegt, sein Blick ein wenig nachdenklich. Doch als ich mich wieder setze, sieht er auf und lächelt, das bedeutet mir mehr, als ich zugeben möchte.
"Bereit, aufzubrechen?" frage ich sanft.
Er nickt und steht auf, während wir uns auf den Weg nach draußen machen. Die kühle Nachtluft schlägt uns entgegen, und ich sehe, wie Taehyung kurz die Schultern einzieht. Ohne darüber nachzudenken, bleibe ich stehen und greife nach seinem Arm, um ihn ebenfalls zum Stehen zu bringen. Irritiert schaut er mich an, während ich nach dem Reißverschluss seiner Jacke schnappe und ihn bis zu seinem Hals schiebe und seine Kapuze über seinen Kopf ziehe, bevor ich es nicht lassen kann und ihm einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze hauche.
"Was machst du da?" fragt er überrascht und sein Gesicht wird augenblicklich feuerrot vor Verlegenheit.
"Ich wärme dich. Du sahst so aus, als würdest du frieren. Jetzt ist dir eindeutig wärmer, oder? ", sage ich und grinse ihn an.
Er öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch dann schließt er ihn wieder und beginnt schwach zu lächeln.
"Danke. Jetzt ist mir wirklich wärmer", murmelt er schließlich, und wir setzen unseren Weg fort, die Straßenlaternen werfen lange Schatten vor uns.
Nach ein paar Schritten sieht er zu mir hinüber und fragt: „Also, was jetzt? Hast du noch eine brillante Idee für den Abend?"
"Das kommt ganz darauf an. Bist du bereit, dich auf ein kleines Abenteuer einzulassen?", grinse ich und weiß ganz genau, dass er nur von der Situation ablenken möchte.
"Ein Abenteuer? Klingt gefährlich", sagt er und zieht skeptisch eine Augenbraue hoch.
"Es ist nur gefährlich, wenn du es zu ernst nimmst", erwidere ich und bleibe stehen, um in die Richtung des kleinen Spielplatzes auf der anderen Straßenseite zu deuten.
"Ein nächtlicher Spielplatzbesuch?" fragt Taehyung mit einem skeptischen Blick, während er mir folgt, ohne wirklich abzuwarten, was ich vorhabe. "Was genau ist daran abenteuerlich?"
Ich schüttle dramatisch den Kopf, als wäre ich enttäuscht von seinem Mangel an Fantasie. „Oh, Taehyung, du unterschätzt völlig das Potenzial eines leeren Spielplatzes mitten in der Nacht. Wir könnten über eine geheime Verschwörung stolpern, einen Schatz finden oder von einer Mäusebande verfolgt werden."
"Von einer Mäusebande?" Er sieht mich an, als hätte ich endgültig den Verstand verloren.
"Ja, Mäuse sind nachts besonders gefährlich", erkläre ich todernst. „Die tun immer so harmlos, aber in Wirklichkeit führen sie eine geheime Untergrundbewegung an. Die wollen die Kontrolle über alle Parkbänke übernehmen."
Er bleibt kurz stehen, mustert mich mit einem ungläubigen Ausdruck und schüttelt dann lachend den Kopf. "Du bist wirklich nicht normal."
„Danke", sage ich stolz, als wäre das das größte Kompliment, das ich je bekommen habe.
Wir betreten den kleinen Spielplatz, der in einem ruhigen Wohnviertel liegt. Es ist still, nur das Rascheln der Bäume im Wind ist zu hören. Die Laternen werfen ein sanftes, gedämpftes Licht auf die Spielgeräte, und alles wirkt wie eine Szene aus einem alten Film. Ich bleibe vor den Schaukeln stehen und drehe mich zu Taehyung um.
"Setz dich", sage ich und deute auf die Schaukel.
Er sieht mich kurz misstrauisch an, folgt dann aber meiner Aufforderung. Ich setze mich neben ihn auf die andere Schaukel, lege den Kopf in den Nacken und starre in den klaren Nachthimmel, der über uns aufgespannt ist.
"Siehst du die Sterne?", frage ich ihn.
"Kaum welche. Die Lichter der Stadt überstrahlen sie", murmelt Taehyung, während er ebenfalls den Kopf hebt.
"Tja, das ist das Problem mit großen Dingen – sie lassen manchmal die kleinen übersehen, die eigentlich wichtig sind", sage ich nachdenklich und sehe aus dem Augenwinkel, wie er mich ansieht.
"War das gerade eine tiefgründige Metapher, Jeongguk?" fragt er, und ich spüre das leise Lächeln in seiner Stimme.
"Manchmal überrasche ich mich selbst", zucke ich mit den Schultern.
Er lacht leise, und die Nacht um uns herum fühlt sich plötzlich wärmer an. Wir sitzen eine Weile schweigend da, beide in Gedanken versunken. Es ist dieser Moment – einfach wir, ohne Druck, ohne Erwartungen. Das ist alles, was ich wollte.
"Danke. Für heute Abend. Ich weiß, dass ich manchmal... schwierig bin. Aber das hier... das hat mir gutgetan", sagt Taehyung schließlich leise und sieht mich ernst an.
"Das war der Plan. Dich ein bisschen aus deiner Reserve zu locken", lächle ich sanft.
"Es hat funktioniert", kommt es aus ihm. Er sieht mich an, und in seinen Augen liegt etwas, das mich innehalten lässt – etwas Weiches, Verletzliches, aber auch Mutiges.
Für einen Moment sage ich nichts. Ich genieße einfach diesen Blick, diesen stillen Moment, der mehr sagt als jedes Wort. Und dann, ganz langsam, greife ich nach seiner Hand, lasse meine Finger leicht über seine streichen. Er zieht sie nicht weg, und das ist genug für mich.
"Bereit für das nächste Abenteuer?" frage ich leise.
"Ich weiß nicht, ob ich das wirklich will", grinst er schief und schüttelt den Kopf.
"Zu spät", gebe ich von mir und stehe auf, um ihn schließlich an den Händen ebenfalls auf die Beine zu ziehen.
"Das nächste Abenteuer ist der Heimweg. Wer zuerst beim Ausgang ist, bekommt ein Happy Meal auf meine Kosten", spreche ich weiter.
Er blinzelt mich überrascht an, aber als er sieht, dass ich es ernst meine, zieht er die Augenbrauen hoch.
"Du willst wirklich ein Wettrennen machen? Mitten in der Nacht?", fragt er nach.
"Was? Hast du Angst zu verlieren?", grinse ich breit.
"Vergiss es", sagt er und bevor ich noch einen weiteren Spruch loslassen kann, sprintet Taehyung plötzlich los.
"Hey! Das ist Betrug!", rufe ich hinter ihm her, lache aber und renne ihm nach.
Während wir durch den leeren Spielplatz rennen, unser Lachen die Nacht erfüllt und die Sterne über uns leise funkeln, weiß ich, dass das hier einer dieser Momente ist, die man nicht vergisst.
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