Kapitel 24
Taehyungs Sicht:
Ich steige aus dem Auto und spüre sofort den feinen Nieselregen auf meinem Gesicht. Die kühle Luft umhüllt mich, und meine Gedanken sind ein einziges Durcheinander. Jeongguks Worte, die Stille während der Fahrt. Alles wirbelt in meinem Kopf herum, während ich die Straße entlanggehe. Ich ziehe meine Jacke fester um mich, als könnte sie mich vor dem Gefühl schützen, das sich in meiner Brust ausbreitet. Doch da ist nichts außer der wachsenden Nervosität.
Das Apartmentgebäude kommt in Sicht. Mein Zuhause. Unser Zuhause. Ich bleibe kurz stehen, bevor ich die Tür öffne. Die kalte Luft des Treppenhauses schlägt mir entgegen, als ich die Stufen hinaufsteige, und mit jedem Schritt fühlt es sich an, als würde ich mehr Gewicht auf meinen Schultern tragen. Mein Herz schlägt schneller. Der Gedanke, Bogum gleich gegenüberzustehen, macht mich nervös, obwohl ich es mir nicht erklären kann.
Oben angekommen, bleibe ich vor der Tür stehen. Mein Schlüssel fühlt sich kalt in meiner Hand an, und für einen Moment zögere ich. Soll ich einfach hineingehen, als wäre nichts? Soll ich mit ihm reden? Oder schweige ich, bis er es merkt?
Langsam drehe ich den Schlüssel im Schloss und öffne die Tür leise. Die Wohnung ist still. Nur ein schwaches Licht schimmert aus dem Schlafzimmer. Ich schließe die Tür hinter mir, ziehe meine Schuhe aus und hänge meine Jacke an den Haken. Die Stille ist fast erdrückend, als ob etwas unausgesprochen in der Luft liegt.
Bogum ist im Schlafzimmer. Seine Stimme ist gedämpft, ruhig, als ob er mit jemandem am Telefon spricht. Mein Herzschlag wird lauter in meinen Ohren. Soll ich reingehen? Ich schleiche leise durch den Flur, meine Füße bewegen sich fast lautlos auf dem Boden. Ein Teil von mir möchte sich verstecken, ihm nicht sofort begegnen... noch nicht.
Vor der leicht geöffneten Schlafzimmertür bleibe ich stehen. Durch den Spalt sehe ich Bogum auf dem Bett sitzen, das Handy ans Ohr gedrückt. Seine Schultern sind entspannt, er lächelt leicht, während er spricht. In diesem Moment fühle ich mich wie ein Außenseiter, als würde ich etwas sehen, das nicht für mich bestimmt ist.
Er lacht leise, ein warmes Lachen, das durch die Stille schneidet, und ich spüre, wie sich meine Brust zusammenzieht. Ich sollte froh sein, ihn so zu sehen - entspannt und glücklich -, aber stattdessen fühle ich mich, als würde meine bloße Anwesenheit hier alles komplizierter machen.
Ich atme tief durch, mein Blick bleibt auf der Tür, die nur einen Spalt offen steht. Was soll ich jetzt tun?
Ich stehe vor der Tür und lausche dem gedämpften Gespräch. Die Wärme in Bogums Lachen löst ein schmerzliches Ziehen in meiner Brust aus. Irgendetwas in mir möchte die Tür öffnen, hineingehen, ihn sehen, ihn daran erinnern, dass ich da bin. Aber ich bleibe wie angewurzelt stehen.
Das Gefühl der Fremdheit ist überwältigend. Es ist seltsam, wie ich mich in meinem eigenen Zuhause plötzlich so fehl am Platz fühle. Ich liebe Bogum, oder? Ich sage mir das immer wieder. Die Jahre, die wir zusammen waren, all die Erinnerungen - die guten und die schwierigen Zeiten. Es ist doch normal, dass es manchmal schwer ist, oder? Dass man sich manchmal unsicher fühlt.
Ich schließe die Augen und versuche, meinen Herzschlag zu beruhigen. Die Gespräche mit Jeongguk hängen immer noch in meinem Kopf, dringen durch jede Mauer, die ich versuche hochzuziehen. Was er gesagt hat, hallt nach. Die Frage, die ich mir nicht stellen will: Liebe ich Bogum wirklich noch so, wie ich es mir einrede, oder halte ich nur an einer Vergangenheit fest, die nicht mehr existiert?
Plötzlich höre ich, wie Bogum sich verabschiedet und das Gespräch beendet. Seine Stimme ist wieder ernst, fast schon geschäftlich, als er das Telefon auf den Nachttisch legt. Ich weiß, dass ich jetzt nicht mehr zurück kann. Er wird gleich herauskommen, und ich werde ihm gegenüberstehen müssen.
Mit einem letzten tiefen Atemzug öffne ich die Tür ganz leise und trete ein. Bogum hebt den Kopf, als er mich bemerkt. Seine Miene ist undurchdringlich, aber ich erkenne das leichte Stirnrunzeln, das immer auftaucht, wenn er überrascht ist.
"Hey", sagt er nur, seine Stimme ruhig, aber es liegt eine gewisse Anspannung darunter.
"Hey", antworte ich leise und schließe die Tür hinter mir. Der Raum fühlt sich plötzlich kleiner an, die Luft schwerer.
Ich gehe langsam zum Bett, während er mich beobachtet. Er sagt nichts, sieht mich nur an. Es ist, als ob er darauf wartet, dass ich etwas erkläre, aber was soll ich sagen? Die Worte bleiben mir im Hals stecken. Ich setze mich auf die Bettkante und lasse meinen Blick über das Zimmer schweifen, überall sind Spuren unseres gemeinsamen Lebens. Fotos, kleine Andenken, Dinge, die wir zusammen gesammelt haben. Alles sollte mich daran erinnern, warum ich hier bin, warum ich immer noch bei ihm bin. Doch stattdessen verstärken diese Dinge nur das Gefühl, dass ich mich irgendwie von ihm entfernt habe.
"Du bist spät", bemerkt er schließlich, als ich weiter schweige.
"Ja", antworte ich knapp und ziehe meine Hände unruhig in meinem Schoß zusammen.
Er zieht leicht die Augenbrauen hoch, sein Blick bohrt sich in mich.
"War das Jeongguks Auto?", fragt er mich.
Diese Frage. Natürlich wusste ich, dass das kommen würde, aber sie trifft mich trotzdem wie ein Schlag. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ich nicke langsam.
"Er hat mich nach der Arbeit nach Hause gefahren", erkläre ich und vermeide es, ihm direkt in die Augen zu sehen.
Die Anspannung in der Luft wird greifbar, und ich spüre, wie Bogum sich leicht aufrichtet.
"Ich dachte, du wolltest den Bus nehmen", sagt er, und ich höre die Schärfe in seiner Stimme.
Diese unausgesprochene Eifersucht, die immer dann aufkommt, wenn Jeongguk im Gespräch auftaucht.
"Es hat geregnet und er hat darauf bestanden", murmele ich, als ob das irgendeine Bedeutung hätte.
Bogum schweigt, doch ich sehe, wie sich seine Kiefermuskeln anspannen. Er blickt für einen Moment an mir vorbei, als würde er versuchen, seine Gedanken zu sortieren. Ich fühle, wie sich mein Magen zusammenzieht. Diese Spannung zwischen uns... Sie ist immer da, lauert unter der Oberfläche, bereit, bei jeder kleinsten Berührung zu explodieren.
"Es geht nicht nur darum, dass er dich nach Hause gefahren hat, Tae. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich vertraue ihm nicht. Irgendwas an ihm fühlt sich falsch an", sagt Bogum schließlich leise, aber seine Worte sind fest.
Ich sehe ihn an, verstehe nicht, warum das Thema so groß für ihn ist.
"Bogum, du kennst ihn doch gar nicht. Jeongguk ist nur der Neffe meiner Chefin. Mehr nicht. Wir arbeiten zusammen. Er ist einfach nett. Du machst dir viel zu viele Gedanken", erkläre ich ihm erneut.
"Mir ist egal, wer er ist oder dass er der Neffe deiner Chefin ist. Es geht darum, wie er dich ansieht, Tae. Du merkst es vielleicht nicht, aber ich sehe es jedes Mal, wenn du seinen Namen erwähnst. Er will mehr. Und das kann ich nicht ignorieren", erwidert Bogum und lehnt sich leicht nach vorne.
Ich öffne den Mund, um zu protestieren, aber die Worte bleiben mir im Hals stecken. Was soll ich darauf antworten? Ich kann nicht verleugnen, dass er Recht hat. Jeongguk hat mir deutlich gemacht, dass er Gefühle für mich hegt, aber das kann ich Bogum nicht einfach sagen.
Bogum sieht mich an, seine Augen dunkel vor Anspannung. Die Luft im Raum wird schwerer, als ob jedes unausgesprochene Wort eine Last zwischen uns legt. Ich will ihm sagen, dass er sich keine Sorgen machen muss, dass Jeongguk nichts bedeutet, aber ich schaffe es nicht. Ich weiß, dass Bogum meine Gefühle für ihn bezweifelt, aber ich kann ihm nicht einfach gestehen, was in mir vorgeht.
"Du schweigst", bemerkt Bogum leise, und in seiner Stimme liegt eine Mischung aus Enttäuschung und Resignation.
"Das heißt, dass ich Recht habe. Du weißt, dass er dich mit anderen Augen sieht und trotzdem steigst du mit ihm in einen Wagen! Ich kann nicht einfach so tun, als wäre alles in Ordnung, Taehyung", wird er etwas lauter.
Seine Worte treffen mich tief. Ich spüre die Verantwortung, die Erwartungen, die ich möglicherweise nicht mehr erfüllen kann.
"Bogum... Du musst dir keine Sorgen machen. Ich liebe dich. Das tue ich wirklich. Jeongguk ist nichts als ein Kollege für mich. Ich würde niemals unsere Beziehung aufs Spiel setzen", sage ich, und meine Stimme zittert ein wenig.
"Bist du dir da sicher?", fragt er nach und sieht mich skeptisch an.
Ich will ihm die Sicherheit geben, die er braucht, aber ich kann das Gefühl nicht abschütteln, dass ich in letzter Zeit mehr über meine eigenen Gefühle nachdenken muss.
"Ja. Ich liebe dich, und ich will nicht, dass du dich schlecht fühlst. Du bist der, den ich will", antworte ich und rutsche näher zu ihm.
Die Unsicherheit in mir flüstert, dass ich vielleicht nicht so fest im Sattel sitze, wie ich es gerne hätte. Ich kann sehen, wie sich die Anspannung in seinem Gesicht langsam löst, aber er bleibt misstrauisch.
"Das ist leicht gesagt, Tae. Aber ich spüre, dass sich etwas zwischen uns verändert hat. Und ich will nicht, dass du mich verlässt", erwidert er und legt seinen Arm um meine Hüfte, damit ich mich an ihn lehne.
"Das werde ich nicht," sage ich fest, auch wenn ich innerlich kämpfe.
"Wir sind zusammen, und ich werde alles tun, um das zu beweisen", spreche ich weiter und lege meine Hände sanft auf seine Wangen und ziehe ihn näher zu mir.
In diesem Moment gibt es nur uns beide. Ich kann die Unsicherheit in seinen Augen sehen, aber ich kann auch den Wunsch nach Nähe spüren. Ich beuge mich vor und küsse ihn sanft, meine Lippen treffen seine und übermitteln all die Gefühle, die ich nicht in Worte fassen kann.
Der Kuss ist warm und vertraut, und ich hoffe, dass er die Worte ersetzt, die mir fehlen. Bogum antwortet zögerlich, als ob er mir nicht ganz glaubt, aber ich spüre, wie er sich mehr entspannt und in den Kuss hinein sinkt. Es ist, als würde der Kuss all die Spannungen zwischen uns vertreiben und den Raum mit einer neuen Wärme füllen.
Als ich mich zurückziehe, sehe ich in seine Augen.
"Siehst du? Ich liebe dich immer noch. Du bist mein bester Freund", wispere ich und zwinge mich zu einem kleinen Lächeln.
In mir regt sich ein Zweifel, ein nagendes Gefühl, dass ich diese Worte vielleicht nicht vollständig verinnerlichen kann.
"Ich will dir glauben, Tae. Ich will, dass das wahr ist", murmelt er und beugt sich zu mir, um einen sanften Kuss auf meinen Lippen zu hinterlassen.
"Es ist wahr", versichere ich ihm, während ich seine Hände halte.
Aber während ich ihn ansehe, fühlt es sich an, als würde ich versuchen, meine eigenen Lügen zu verkaufen.
"Ich werde mein Bestes tun, um dir das zu zeigen. Lass uns einfach zusammenbleiben und sehen, wohin das führt", lächle ich ihn an und fahre mit meinen Daumen über seine Handrücken.
Bogum nickt langsam, seine Miene entspannt sich.
"Ich hoffe, du hast recht. Denn ich kann nicht einfach zusehen, wie du dich von mir entfernst", sagt er und entzieht mir eine Hand, um mit dieser über meine Wange zu streichen.
Ich ziehe ihn näher und küsse ihn erneut, diesmal mit mehr Entschlossenheit. Bogum ist mein Zuhause, und ich will nicht, dass er an mir zweifelt. Doch während ich ihn küsse, bleibt der Zweifel in mir bestehen - was, wenn ich mich irre? Was, wenn diese Liebe nicht mehr reicht, um die Kluft zwischen uns zu überbrücken?
"Lass uns nicht mehr streiten", bitte ich ihn schließlich, und ich sehe, wie ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen erscheint.
Aber in meinem Herzen bleibt die Frage: Werde ich in der Lage sein, die Unsicherheit zu überwinden, die mich so oft plagt?
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Pain in the ass 🙂
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